Jahrbuch der Baumpflege 2021

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1 Bodenbelüftung – ein Minimumfaktor für Bäume

Ein Boden ist für Bäume ein geeigneter Wurzelraum, wenn er die Wurzeln gleichzeitig mit Wasser, Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und ihnen darüber hinaus die Möglichkeit der Verankerung gibt. Im Gegensatz zur Wasser- und Nährstoffversorgung wird die Notwendigkeit einer ausreichenden Versorgung mit Sauerstoff allzu oft unterschätzt. Dabei ist die Sauer stoffversorgung wie beim Menschen, der wochen lang ohne Nährstoffe, tagelang ohne Wasser aber nur wenige Minuten ohne Sauerstoff überleben kann, von elementarer Bedeutung.

Allein durch die Atmung der Wurzeln werden in Wäldern 25 bis 50 % des in der Vegetationszeit gebundenen Kohlenstoffs verbraucht (QI et al. 1994). Die Voraussetzung für alle aeroben Atmungsvorgänge ist die Versorgung mit Sauerstoff und die Entsorgung von Kohlendioxid. Der von Wurzeln und Bodenorganismen benötigte Sauerstoff muss über den luftgefüllten Porenraum des Bodens aus der freien Atmosphäre nachgeliefert werden, produziertes CO2 muss analog entsorgt werden. Die luftgefüllten Bodenporen haben damit in gewisser Weise für Wurzeln die Funktion, die Bronchien für den Menschen haben. Sie sind die Straßen, auf denen die Luft zum Ort des Gasaustauschs mit dem Organismus geführt wird. Führt eine Veränderung der Bodenstruktur zu einer Verringerung des luftgefüllten Porenraumes oder werden luftleitende Poren unterbrochen, ist der Gasaustausch zwischen freier Atmosphäre und Bodenluft eingeschränkt. Dabei kommt der Struktur des obersten Bodenhorizontes aufgrund seiner Schleusenfunktion eine besondere Bedeutung zu: Die Gasdurchlässigkeit dieser Grenzschicht steuert den Gasaustausch des gesamten Wurzelraumes.

Für Bäume können Belüftungsstörungen dramatische Auswirkungen haben. Es kann angenommen werden, dass aufgrund unzureichender Sauerstoffversorgung und CO2-Entsorgung die Wurzelatmung und damit auch die Wurzelaktivität und das Wurzelwachstum zurückgeht. Das an günstigere Belüftungssituationen angepasste Wurzelwerk passt sich den geänderten Belüftungsverhältnissen an, es wird kleiner. Damit ändert sich das Wurzel-Spross-Verhältnis des Baumes. Der noch an ein größeres Wurzelsystem angepasste oberirdische Teil des Baumes kann nicht mehr optimal mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. Im Bereich der Krone wird versucht, durch Ast- und Zweigabgliederungen wieder einen Gleichgewichts zustand herzustellen (vgl. ROLOFF und KLUGMANN 1997). Treten in dieser labilen Phase schadensverstärkende Faktoren (phytophage Insekten, Pilze, Trockenheit) auf, ist eine Regeneration der Bäume aufgrund des unzureichenden Wurzelsystems nur begrenzt oder gar nicht möglich.

2 Belüftungsstörungen diagnostizieren – aber wie?

Um die genannte Hypothese überprüfen zu können, muss die Belüftungssituation des Bodens beurteilt werden. Übliche bodenphysikalische Strukturparameter wie die Lagerungsdichte oder das Porenvolumen charakterisieren die Transportkapazität eines Bodens für Gase nur unzureichend. Dies mag das Beispiel einer auf den Boden gelegten Folie verdeutlichen: Ohne nennenswerte Änderung bodenphysikalischer Strukturparameter wird der Gastransport in den Boden unterbunden. So einen Plastikfolieneffekt finden wir häufig infolge von Verschmierungen der Bodenoberfläche oder infolge oberflächennaher Strukturstörungen.

Zur Charakterisierung der Belüftungssituation bieten sich zwei Messgrößen an:

 der Gasdiffusionskoeffizient des Bodens (DS/D0) und

 die Kohlendioxidkonzentration der Bodenluft.

Für den Gasaustausch zwischen der Bodenluft und der freien Atmosphäre ist die Diffusion der bedeutendste Transportprozess (GLINSKI und STEPNIEWSKI 1985). Der Gasdiffusionskoeffizient gibt Auskunft darüber, um wie viel die Geschwindigkeit der Gasdiffusion durch den Boden im Vergleich zur Diffusion durch die freie Atmosphäre verringert ist. Ein Gasdiffusionskoeffizient (DS/D0) des Bodens von beispielsweise 0,1 besagt, dass der Gasfluss durch diesen Boden bei gleichem Konzentrationsgradienten 10 % des Gasflusses in der freien Atmosphäre beträgt. Der Gasdiffusionskoeffizient wird bestimmt, indem gemessen wird, wie schnell ein Tracer gas in den Boden bzw. durch eine ungestörte Boden probe diffundiert. Damit steht ein aussagekräftiger Parameter zur Beurteilung der Belüftungssituation des Bodens zur Verfügung.

Als ein einfaches Verfahren zur Beurteilung der Belüftungssituation hat sich die Messung der CO2-Konzentration im Wurzelraum erwiesen. Obwohl hohe CO2-Konzentrationen theoretisch auch auf hohe Produktionsraten hinweisen können, konnten in zahlreichen Untersuchungen hohe Respirationsraten nur dann gemessen werden, wenn das produzierte CO2 auch entsorgt werden kann (SCHACK-KIRCHNER 1994, GAERTIG et al. 2002). QI et al. (1994), BURTON et al. (1997) sowie MCDOWELL et al. (1999) konnten sogar nachweisen, dass hohe CO2-Konzentrationen im Boden die Wurzelrespiration von Baumwurzeln hemmen.

In Abbildung 1 ist der Zusammenhang zwischen dem Gasdiffusionskoeffizienten (DS/D0) des Oberbodens und der CO2-Konzentration der Bodenluft in 5 cm Tiefe an verschiedenen Standorten in drei Vegetationszeiten dargestellt. Die CO2-Konzentration der Bodenluft wird offensichtlich maßgeblich vom Gasdiffusionskoeffizienten gesteuert. Solange sich die Gasdurchlässigkeit des Oberbodens oberhalb einer kritischen Grenze befindet, liegen die CO2-Konzentrationen der Bodenluft unter 0,6 %. Sinkt der Gasdiffusionskoeffizient des Bodens auf Werte unter 0,08 bis 0,06 steigt die CO2-Konzentration in der Bodenluft exponentiell mit der Abnahme des Gasdiffusionskoeffizienten (vgl. GAERTIG 2001).

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen dem Gasdiffusionskoeffizienten (D S /D 0 ) und der Konzentration der Bodenluft in 5 cm Bodentiefe

3 Die Reaktion von Bäumen auf Belüftungsstörungen im Boden
3.1 Befahrung von Böden

Um die Folgen von Belüftungsstörungen abschätzen zu können, ist es sinnvoll, Bäume aufzusuchen, die in einem natürlichen Umfeld aufgewachsen sind und von denen ein Kollektiv mit Belüftungsstörungen im Oberboden konfrontiert ist. Solche Bedingungen finden wir in alten Waldbeständen, die erst seit etwa 50 Jahren mit Bodenstrukturstörungen durch Befahrungen belastet sind.

An knapp 2000 Messpunkten wurden in einem etwa 160-jährigen Eichenbestand die CO2-Konzentration in 5 cm Bodentiefe gemessen und die Feinwurzeldichte eingeschätzt. Im oberen Teil der Abbildung 2 ist die flächige Verteilung der CO2-Konzentration auf der Versuchsfläche dargestellt. Extrem hohe CO2-Konzentrationen treten im Bereich der Rückewege, sowie in befahrenen Bestandesteilen auf. Niedrige CO2-Konzentrationen sind in unbefahrenen Bereichen anzutreffen. Mit gleichem räumlichen Interpolationsgrad ist im unteren Teil der Abbildung 2 die flächige Verteilung der Feinwurzelerschließung des Oberbodens dargestellt. Das Muster der Feinwurzelverteilung ist nahezu deckungsgleich mit dem Verteilungsmuster der CO2-Konzentration. In Bereichen mit hoher CO2-Konzentration, also in intensiv befahrenen Bereichen, sind die Feinwurzeln im Oberboden völlig oder teilweise abgestorben.

Abbildung 2: Verteilungsmuster der CO2-Konzentration der Bodenluft in 5 cm Bodentiefe (oben) und der Feinwurzeldichte (unten) in einem Laubholzaltbestand

Die Tiefenwirkung verringerter Gasdurchlässigkeit auf die Durchwurzelung ist in Abbildung 3 dargestellt. Im oberen Teil der Grafik sind die Ergebnisse einzelner Gasdiffusionsmessungen eines den Rückeweg querenden Transekts (links) den Ergebnisse von 63 Gasdiffusionsmessungen in unbefahrenen Bestandesteilen (rechts) gegenübergestellt. Es wird sichtbar, dass direkt unter den Fahrspuren ein Gasaustausch zwischen Bodenluft und Atmosphäre nicht mehr möglich ist. Auch in der Fahrspurmitte und den Randbereichen der Fahrspur ist das Potenzial zum Gasaustausch gegenüber der Referenzfläche um die Hälfte reduziert. In den unteren Abbildungsteilen ist die Wurzeldichte unter der Fahrspur sowie unter einem 8 m von der Rückegasse entfernten Referenzprofil, das im unbefahrenen Bestandesteil angelegt wurde, dargestellt. Während der ungestörte Boden intensiv und gleichmäßig durchwurzelt ist, ist der Boden unter der Fahrspur nur sporadisch durchwurzelt. Besonders unterhalb der sichtbar eingetieften Fahrspuren finden sich kaum noch Feinwurzeln.

Abbildung 3: Oben: Bodengasdurchlässigkeit (D S /D 0 ) einer Fahrspur (links) und unbefahrener Böden wenige Meter von der Fahrspur entfernt (rechts). Unten: Tiefenprofil der Feinwurzelverteilung (≤ 1 mm) unter der Fahrspur (rechts) und eines unbefahrenen Bodens (links)

 

Es ist anzunehmen, dass überall dort, wo in Abbildung 2 im A-Horizont vermehrt abgestorbene oder kaum lebende Feinwurzeln anzutreffen sind (28 % der Messpunkte), die Tiefendurchwurzelung ähnlich ist, wie in Abbildung 3 unter der Fahrspur. Unter dieser Annahme kann der Boden auf mehr als einem Viertel der Untersuchungsfläche seine Funktion als Wurzelraum aufgrund von befahrungsbedingten Belüftungsstörungen nicht mehr erfüllen.

3.2 Bodenbelüftung – Steuergröße der Feinwurzelerschließung und der Vitalität von Bäumen

Wenn Belüftungsstörungen auf befahrenen Waldböden den Boden als Wurzellebensraum zerstören, stellt sich die Frage, ob Bäume auf schlechter belüfteten Standorten weniger vital sind, als Bäume auf gut durchlüfteten Standorten. Im Rahmen von Untersuchungen zum Eichen sterben wurde in 38 zufällig ausgewählten baden -württembergischen Eichenwäldern der Zusammenhang zwischen Bodenbelüftung, Durchwurzelung und Vitalität der Eichen untersucht (GAERTIG und V. WILPERT 2005). Zur Beurteilung der Belüftungssituation wurde in allen Beständen der Gasdiffusionskoeffizient des obersten Mineralbodens anhand von jeweils 10 Stechzylinderproben bestimmt. Zur Beurteilung der Durchwurzelung wurden alle Feinwurzeln an einer 2 m langen und 1 m tiefen, radial zum Baum orientierten Profilwand im 16 cm2-Raster gezählt. Die Vitalität der Eichen eines Bestandes wurde über die Kronenansprache von 25, dem Profil am nächsten stehenden Eichen im Winter bestimmt (vgl. ROLOFF 1989). Anhand der Kronen- und Feinreisigstruktur wurde jeder Baum einer von 5 „Kronenstrukturstufen“ zugeordnet. Der Stufe 0 werden die Eichen ohne Strukturmängel mit viel Feinreisig zugeordnet. Bäume der Stufe 4 sind abgestorben. Bäume der Stufen 1 bis 3 unter scheiden sich durch zunehmende Feinreisigverluste und zunehmende Totastanteile.

Da die Feinwurzeldichte mit einer Tiefenauflösung von 4 cm aufgenommen wurde, konnte für jede 4 cm-Tiefenstufe der Zusammenhang zwischen dem Gasdiffusionskoeffizienten des oberen Mineralbodenhorizontes (0–10 cm) und der Dichte der darunter liegenden Feinwurzeln berechnet werden. Abbildung 4 zeigt diesen Zusammenhang exemplarisch für die Tiefenstufe 28–32 cm. Jeder Punkt repräsentiert den mittleren Gasdiffusionskoeffizienten im Oberboden und die mittlere Feinwurzeldichte eines Eichenbestandes in der gezeigten Tiefenstufe. Über die Steigung der Regressionsgerade kann berechnet werden, wie sich die Feinwurzeldichte mit dem Gasdiffusionskoeffizienten des Oberbodens verändert. In der betrachteten Tiefenstufe 28–32 cm geht die Feinwurzeldichte über alle Eichenbestände hinweg um ca. 50 % zurück, wenn der Gasdiffusionskoeffizient an der Bodenoberfläche von 0,1 (gut belüfteter Oberboden) auf 0,01 (schlecht belüfteter Oberboden) sinkt.

Abbildung 4: Zusammenhang zwischen dem Gasdiffusionskoeffizienten (D S /D 0 ) des Oberbodens (0–10 cm) und der Feinwurzeldichte (≤ 1 mm) in der Tiefenstufe 28–32 cm. Jeder Punkt repräsentiert die Mittelwerte eines Eichenbestandes. Die beiden vertikalen Linien befinden sich bei den Gasdiffusionskoeffizienten 0,01 (schlecht belüftet) und 0,1 (gut belüftet), die für die Berechnung des Modells in Abbildung 5 verwendet wurde

Berechnet man für alle Tiefenstufen die durchschnittliche prozentuale Veränderung der Wurzeldichte für einen derartigen Rückgang des Gasdiffusionskoeffizienten, kann man feststellen, dass die Feinwurzeldichte bis in eine Bodentiefe von 80 cm um gut die Hälfte zurückgeht, wenn sich die Belüftungsverhältnisse des Bodens im Grenzbereich zur Atmosphäre verschlechtern (Abbildung 5). Erst in tiefer liegenden Horizonten nimmt der Zusammenhang zwischen Gasdiffusionskoeffizient und Feinwurzeldichte ab. Dort ist die Sauerstoffversorgung für aerobe Organismen möglicherweise aufgrund der großen Entfernung zur Atmosphäre generell eingeschränkt.

Abbildung 5: Modellierte Veränderung der Feinwurzeldichte im Tiefenprofil. Dargestellt ist die Feinwurzeldichte (≤ 1 mm), die sich einstellt, wenn der Gasdiffusionskoeffizient der Bodenoberfläche (0–10 cm) von 0,1 auf 0,01 sinkt. Berechnungsgrundlage ist die Regressionsgleichung jeder Tiefenstufe (vgl. Abbildung 4). Bezugsgröße (100 %) ist die Feinwurzeldichte bei einem Gasdiffusionskoeffizienten von 0,1

In Abbildung 6 sind die Unterschiede in der Feinwurzel dichte zwischen den gesunden Eichenbeständen (das Viertel der untersuchten Eichenbestände mit den vitalsten Kronen) und den am stärksten geschädigten Eichenbeständen (das Viertel der Eichenbestände mit der ungünstigsten Kronenstruktur) dargestellt. Bezugsgröße ist die mittlere Feinwurzeldichte der Bäume in den gesunden Eichenbeständen. In den obersten 25 cm des Mineralbodens ist kein signifikanter Unterschied zwischen der Feinwurzeldichte und der Vitalität sichtbar. Dies ist im Unterboden völlig anders. In 25–60 cm Tiefe ist die Feinwurzeldichte der „geschädigten Bäume“ um ein Drittel geringer als die der „gesunden Bäume“. In größerer Tiefe geht die Feinwurzeldichte der geschädigten Bäume um mehr als die Hälfte zurück.

Abbildung 6: Feinwurzeldichten (≤ 1 mm) „gesunder“ und „geschädigter“ Eichen im Vergleich. Bezugsgröße (100%) ist Feinwurzeldichte der „gesunden“ Eichen

Der Zusammenhang zwischen dem Gasdiffusionskoeffizienten des obersten Mineralbodenhorizontes (0–5 cm) und dem mittleren Feinreisigverlust aller untersuchter Standorte ist in Abbildung 7 dargestellt. Die über die mittlere Kronenstrukturstufe ermittelte Vitalität der Eichen nimmt mit der Abnahme des Gasdiffusionskoeffizienten des Oberbodens ab. Stark geschädigte Eichenbestände finden sich ausschließlich dort, wo die Gasdiffusionskoeffizienten des obersten Mineralbodenhorizontes unter 0,06 sinken. Dabei ist die Eichenart von untergeordneter Bedeutung. Sowohl die Stieleichen als auch die Traubeneichen reagieren sensibel auf Belüftungsstörungen des Oberbodens.

Fazit: In den untersuchten Eichenbeständen konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Belüftungssituation des Oberbodens, der Feinwurzelerschließung und der Vitalität der Eichen festgestellt werden. Bis in Bodentiefen zwischen 70 und 80 cm (Abbildung 4) steuert der Diffusionswiderstand des Oberbodens die Feinwurzelerschließung der Eichen. Eichenbestände mit einem hohen Anteil geschädigter Bäume finden sich nur dort, wo die Messungen des Gasdiffusionskoeffizienten Belüftungsstörungen anzeigen.

Abbildung 7: Zusammenhang zwischen dem Gasdiffusionskoeffizienten des Oberbodens und der Kronenvitalität. Die schwarzen Punkte zeigen den Mittelwert, die horizontalen Radien der farbigen Ellipsen die Standardabweichung des Mittelwertes der Gasdiffusionskoeffizienten; die vertikalen Radien die Standardabweichung der mittleren Kronenstrukturstufe

3.3 Melioration durch mechanische Bodenlockerung

Wenn Belüftungsstörungen den Boden als Wurzellebensraum unbrauchbar machen können, stellt sich die Frage, inwieweit die Bodenbelüftung durch Sanierungsmaßnahmen verbessert werden kann und dadurch eine Wiederbesiedlung des Bodens durch Wurzeln ermöglicht werden kann. Im Großraum Heilbronn wurden in den achtziger Jahren Eichen- und Buchenwälder von Militäreinheiten für regelmäßige Manöver genutzt. Die Böden waren durch die militärische Befahrung derart verdichtet, dass die Bäume abstarben und die Verjüngung aufgrund des Bodenzustands nicht auflaufen konnte. In einem verdichteten 160-jährigen Buchen-Eichen-Mischbestand im Stadtwald Heilbronn wurde im Oktober 1991 versucht, die Belüftungssituation des Bodens über eine Bodenlockerung zu verbessern. Der Boden wurde bis zur Tiefe von 60 cm mit dem Verfahren der Abbruchlockerung (vgl. SCHULTE-KARRING et al. 1999) gelockert.

Ziel der Abbruchlockerung war, im Bereich der Spateneinstiche Belüftungskorridore in den Boden zu legen, wodurch sich dort die Lebensbedingungen für Wurzeln und Bodenfauna verbessern sollten. Acht Jahre nach der Abbruchlockerung wurde die Auswirkung dieser Maßnahme auf den Belüftungszustand des Bodens und die Durchwurzelung untersucht. Neben der gelockerten Fläche wurde zusätzlich ein Rückeweg, der aufgrund weiterer Befahrungen nicht von der Lockerungsmaßnahme profitieren konnte sowie eine nicht durch Befahrung und Lockerung beeinflusste Referenzfläche untersucht. Neben der Durchwurzelung wurden die Gas diffusionskoeffizienten bis in 90 cm Tiefe bestimmt.

Da die Lockerungsmaßnahme 1992 bei ausreichender Bodentrockenheit erfolgte, war noch nach 8 Jahren das durch die Abbruchlockerung entstandene Makrogrobgefüge aus außerordentlich festen Brocken sichtbar. Die Brocken selbst waren ca. 5–10 cm groß und nicht durchwurzelt, wurden aber im gesamten gelockerten Raum netzartig von Wurzeln umwachsen. In Abbildung 8 ist der Tiefenverlauf der Gasdiffusionskoeffizienten aller Varianten dargestellt. Auf der nicht gelockerten Fläche ist am Verlauf der Gasdiffusionskoeffizienten deutlich der „Plastikfolieneffekt“ sichtbar. Durch den als Diffusionsbarriere wirkenden gasundurchlässigen Oberboden ist der Wurzelraum komplett vom Gasaustausch mit der Atmosphäre abgekoppelt. Obwohl die Gasdurchlässigkeit unterhalb einer Tiefe von 10 cm um mehr als eine Zehnerpotenz steigt und sich im Unterboden nicht mehr signifikant von der Gasdurchlässigkeit des ungelockerten Referenzprofils unterscheidet, ist der Boden nahezu wurzelfrei (vgl. Abbildung 9). Im gesamten gelockerten Bodenraum hingegen übertrifft die Gasdurchlässigkeit sogar die unbeeinflusste Referenz.

Durch die mechanische Bearbeitung können Diffusionsbarrieren aufgebrochen, bzw. Belüftungskorridore geschaffen werden. Dies bedeutet, dass wieder Sauerstoff in den Boden gelangen kann bzw. CO2 aus dem Boden heraus diffundieren kann. In der Folge können die Wurzeln den gelockerten Boden bis an die Untergrenze der Lockerung besiedeln. Die Untergrenze der Lockerung verhindert als tief liegende Diffusionsbarriere die weitere Wurzelerschließung.

Fazit: Für die Sanierung stark verdichteter Oberböden ist die Abbruchlockerung eine geeignete Maßnahme, um über Belüftungskorridore die Tiefenerschließung mit Feinwurzeln zu fördern und den Boden als Lebensraum für Wurzeln wieder nutzbar zu machen. Neben diesem Bearbeitungserfolg wird gleichzeitig auch die Grenze der Bearbeitungsmaßnahme und das geringe natürliche Regenerationspotenzial verformter Böden sichtbar. Zum einen zeigt die scharfe Grenze der Wurzeldichte zwischen dem Bereich, der von den Spaten einstichen erreicht wurde, und dem Bereich, der davon nicht erreicht wurde, dass von dem bearbeiteten, gut belüfteten und gut durchwurzelten Bereich kaum Erschließungsvorstöße der Wurzeln in den nicht bearbeiteten Bereich stattfinden. Zum anderen sind auch innerhalb des bearbeiteten Bereichs solche Grenzen sichtbar. Das Innere der durch die Bearbeitung aufgebrochenen Brocken konnte in acht Jahren nicht von den Wurzeln erschlossen werden.

Abbildung 8: Tiefenprofile der Gasdiffusionskoeffizienten der Varianten „Referenz“ „nicht gelockert“ und „mechanisch gelockert“. Die Linien zeigen die Mittelwerte, die farbigen Bänder die einfache Standardabweichung der Messwerte

Abbildung 9: Feinwurzelverteilung (≤ 1 mm) unter dem mechanisch gelockerten Boden (oben) und dem nicht gelockerten Boden (unten). Der Bereich sichtbarer Spateneinstiche ist durch die gestrichelte Linie abgegrenzt

 

Die eingeschränkte räumliche Wirkung der Abbruchlockerung zeigt deutlich, dass das Schadensausmaß der Vorverdichtung nicht durch die anschließende Bearbeitung kompensiert werden kann. Zudem ist der Zeitraum Erfolg versprechender Bodenlockerung auf wenige Tage im Jahr mit ausreichender Bodentrockenheit beschränkt (vgl. HORN und Lebert 1992).