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Investitionsbericht 2021–2022 der EIB - Ergebnisüberblick

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Europa muss die Dynamik des Wandels jetzt aufrechterhalten und stärken

Europas Maßnahmen haben zu höheren Erwartungen geführt und die Erholung gestützt

Die Wirtschaft erholt sich schneller als ursprünglich erwartet, und die Marktbedingungen entspannen sich. Daher gehen europäische Unternehmen davon aus, dieses Jahr mehr zu investieren. Im zweiten Quartal 2021 lagen die Realinvestitionen in den meisten EU-Ländern wieder auf dem Vorkrisenniveau von 2019. Die EIBIS-Daten bestätigen diesen Trend. Der Anteil der Unternehmen, die im abgelaufenen Jahr investierten, war relativ gering (79 Prozent), aber unter dem Strich rechneten zusätzliche 18 Prozent der Unternehmen für 2021 mit höheren Investitionen – eine scharfe Trendwende gegenüber dem Vorjahr (-28 Prozent). Zudem beurteilen die Unternehmen die Investitionsbedingungen im kommenden Jahr insgesamt optimistisch. Die EIBIS-Stimmungsindikatoren für das Wirtschaftsklima und den Zugang zu interner Finanzierung drehen mit der anhaltenden Erholung ins Positive.

Der Optimismus der Unternehmen und die Erholung beruhen allerdings teilweise auf Wachstumserwartungen, die sich auf die Hilfsmaßnahmen der EU stützen sowie auf die Bereitschaft der EU-Länder, die Pandemie gemeinsam zu überwinden. Da die Pandemie noch längst nicht vorbei ist, bleibt die makroökonomische und politische Unsicherheit hoch. Für 73 Prozent der Firmen ist dies immer noch ein Investitionshindernis. Zudem könnten das Auslaufen einiger Unterstützungsmaßnahmen und die Umsetzung des Politikrahmens für die Zeit nach der Krise die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen auf die Probe stellen. Die Gefahr von Spätfolgen in einigen Sektoren und Regionen Europas sowie Probleme vieler Firmen bei der Anpassung an strukturelle Veränderungen zeigen, dass eine Strategie benötigt wird, um die Unterstützung auslaufen zu lassen, ohne die Erholung dadurch zu gefährden.

Europäische Firmen erwarten höhere Investitionen


Quelle: EIBIS 2021

Unternehmen beurteilen auch die Investitionsbedingungen im kommenden Jahr optimistisch

EU-Firmen (in %), die in den nächsten 12 Monaten mit einer Verbesserung rechnen, abzüglich derer, die eine Verschlechterung erwarten


Quelle: EIBIS 2021

Europa muss von Nothilfen zu einem Umfeld kommen, das den Strukturwandel fördert

Die EU braucht weiter eine abgestimmte Finanzpolitik, damit die Wirtschaft sich erholt und der Strukturwandel gelingt. Nach der Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts[3] konnten die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um die unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie zu begrenzen. Die Klausel nun einfach zu deaktivieren und den Pakt wiederherzustellen, würde allerdings fiskalische Anpassungen erfordern, die kaum tragbar wären. Diese Anpassungen könnten die Erholung gefährden und öffentliche Investitionen in Klimaschutz und -anpassung sowie in die Digitalisierung belasten – gerade in Mitgliedstaaten, die besonders unter der Pandemie leiden und deren Verschuldungsgrad sich stärker erhöht hat.

Die erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität wird in den kommenden Jahren wichtige öffentliche Investitionen sichern. Dies fördert den Strukturwandel der EU-Wirtschaft und begrenzt die Auswirkungen auf die öffentliche Verschuldung. Die Fazilität ragt wegen ihres Umfangs und ihrer Ausrichtung auf strukturell wichtige Investitionen aus den Förderprogrammen der EU heraus. Sie verlangt von den Mitgliedstaaten, dass mindestens 37 Prozent ihrer Investitionen in grüne und 20 Prozent in digitale Projekte fließen.

Die Fazilität könnte die Konvergenz in der Europäischen Union erheblich stärken. EIB-Schätzungen auf Basis des makroökonomischen Modells Rhomolo legen nahe, dass die Fazilität ein rund 2 Prozent höheres BIP im Jahr 2030 und ein 1,3 Prozent höheres im Jahr 2040 gegenüber dem Basisszenario bewirken dürfte. In Südeuropa ist die geschätzte Wirkung auf das BIP am stärksten. Hier dürfte das BIP durch die strukturellen Verbesserungen bis 2030 um bis zu 5 Prozent höher ausfallen – und 2040 um immerhin noch 2,5 Prozent. Auch in Mittel- und Osteuropa ist die Wirkung noch beträchtlich. In West- und Nordeuropa dürfte der Effekt etwas unter 1 Prozent liegen, wobei die Hälfte der prognostizierten Wirkung auf grenzüberschreitende Ausstrahlungseffekte vom Rest Europas entfällt.

Wiedereinführung der bisherigen Schuldenregel würde für die höchstverschuldeten Mitgliedsländer eine dramatische haushaltspolitische Korrektur bedeuten

Staatsverschuldung, zur Einhaltung der Schuldenregel erforderliche Primärüberschüsse und Überschüsse (linke Achse: Staatsschulden in % des BIP; rechte Achse: Primärüberschuss in % des BIP)


Quelle: Datenbank AMECO der Europäischen Kommission, Berechnungen der EIB

EIB-Schätzungen auf der Basis von Rhomolo – Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität auf das makroregionale BIP

Die Aufbau- und Resilienzfazilität dürfte vor allem das BIP in Südeuropa stärken (BIP-Anstieg im Vergleich zum Szenario ohne Fazilität, in %)


Quelle: Europäische Kommission, Berechnungen der EIB

Anmerkung: Die hellen Säulenabschnitte zeigen die geschätzte Wirkung von Investitionen in anderen EU-Regionen auf das BIP (Ausstrahlungseffekte)

Öffentliche Investitionen spielen bei der digitalen und grünen Wende eine wesentliche Rolle – nicht zuletzt, um private Investitionen und den Wandel zu beschleunigen. Viele Regionen haben immer noch eine sehr mangelhafte digitale Infrastruktur – dies hat die Pandemie gezeigt. Die Unternehmen haben in der Pandemie vor allem dann digital aufgerüstet, wenn ein besseres Internet vorhanden war, das die Nutzung digitaler Tools und neue Arbeitsweisen erleichterte. An der aktuellen Belastung des europäischen Energiesystems sowie dem Preisanstieg zeigt sich, wie dringend in diesem kritischen Jahrzehnt der Klimawende in die erneuerbare Energieerzeugung und europaweite Übertragungsnetze investiert werden muss.

Auf die Umsetzung kommt es an. Die Planung und Genehmigung von Investitionsprogrammen war eine beeindruckende Leistung. Nun kommt es darauf an, wie gut sie in den einzelnen Ländern umgesetzt werden. Denn die Auszahlung von Mitteln ist an die effektive Umsetzung von Reformen und vorgeschlagenen Investitionsprogrammen gebunden.

Jetzt sind gezielte Initiativen zur Risikoteilung gefragt, um der Unsicherheit entgegenzuwirken und ein Umfeld des Aufbruchs zu schaffen

Das Augenmerk muss auf den nichtfinanziellen Investitionshindernissen liegen. Die größten Hürden sind hier die Qualifikationen und die Infrastruktur. Der Mangel an angemessen qualifizierten Fachkräften wird von 79 Prozent der europäischen Unternehmen als langfristiges Investitionshindernis genannt. Auch die Infrastruktur ist wichtig. Der Zugang zu Digital- und Verkehrsinfrastruktur sowie die Energiekosten gewinnen als Investitionshindernisse in Europa in der aktuellen Erholung an Bedeutung.

Größtes langfristiges Investitionshindernis bleibt der Fachkräftemangel, aber auch Energiekosten und Infrastruktur gewinnen an Gewicht

Langfristige Investitionshindernisse (% der EU-Firmen, die das Hindernis als groß oder gering bewerten)


Quelle: EIBIS 2021

In puncto Klimainvestitionen sind das ungewisse regulatorische Umfeld und die Besteuerung zentrale Hindernisse. Laut den Unternehmen wären ein klarer Dekarbonisierungskurs, Beratung zu verfügbaren Finanzierungen und technische Unterstützung am sinnvollsten, um Klimainvestitionen zu stärken.

Die größten Hürden für Investitionen in Digitaltechnik sind neben den Kosten der Investitionstätigkeit die benötigten Fachkräfte, um diese Investitionen zu identifizieren und umzusetzen. Als wichtigste Hilfen auf dem Weg zur Digitalisierung geben die Unternehmen technische Unterstützung, Beratung zur Finanzierung und einheitliche Vorschriften in Europa an.

Klimainvestitionen brauchen klare Rahmenbedingungen

Wichtigste Hilfen (% der Firmen)


Quelle: Zusatzbefragung EIBIS 2021 – Stichprobe von EU-KMU aus verarbeitendem Gewerbe und Dienstleistungssektor

Investitionen in Digitaltechnik brauchen technische Unterstützung

Wichtigste Hilfen (% der Firmen)


Quelle: Zusatzbefragung EIBIS 2021 – Stichprobe von EU-KMU aus verarbeitendem Gewerbe und Dienstleistungssektor

 

Bei KMU hat sich gezielte finanzielle Unterstützung als effektiv erwiesen, um die Bereitschaft für transformative Investitionen zu erhöhen, auch als Reaktion auf die Pandemie. Europäische KMU, die in den letzten drei Jahren Digitalisierungsanreize erhielten, tendierten fast doppelt so häufig dazu, ihre Investitionen in die Digitalisierung pandemiebedingt zu verstärken. Das zeigt, dass derartige Anreize vielen Firmen helfen, aktiv zu werden. Auch bei den Klimainvestitionen erwies sich gezielte finanzielle Unterstützung als effektiv. Von ihr profitierten allerdings nur 6–7 Prozent der Firmen in Süd-, Mittel- und Osteuropa (in West- und Nordeuropa waren es 16 Prozent). Digitalisierungsanreize erhielten in Mittel- und Osteuropa lediglich 5 Prozent der Unternehmen, während es anderswo 16–17 Prozent waren.

Unternehmen, die zuvor gezielte Digitalisierungsanreize erhielten, investierten als Reaktion auf die Pandemie eher in die Digitalisierung

Anteil der Unternehmen, die ihre Digitalisierungsinvestitionen wegen Covid-19 erhöht haben


Quelle: Zusatzbefragung EIBIS 2021 – Stichprobe von EU-KMU aus verarbeitendem Gewerbe und Dienstleistungssektor

Finanzielle Anreize sollten durch Hilfen für Firmen, Kommunen und einzelne Länder zur Entwicklung ihrer technischen Fähigkeiten flankiert werden. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) – der Aufbauplan der Europäischen Union nach der Staatsschuldenkrise – hat gezeigt, was zusätzlich zu finanzieller Unterstützung erforderlich ist: die Fähigkeit, erstklassige Projekte zu identifizieren, vorzubereiten und umzusetzen. Nur mit einer breiten Pipeline an hochwertigen Projekten kann sichergestellt werden, dass öffentliche Unterstützung private Investitionen nicht verdrängt, sondern mit an Bord holt. Technische Hürden und fehlende Informationen sind für die Unternehmen weitere Hindernisse.

Die Politik muss Umschulungen und die Verbesserung der Qualifikationen zu Kernzielen erklären, um die anstehenden Verschiebungen am Arbeitsmarkt zu bewältigen. Nur so lässt sich verhindern, dass Arbeitskräfte in großer Zahl in schrumpfenden Branchen und Firmen feststecken, die keine Zukunft haben. Viele Beschäftigte drohen in Firmen zu verbleiben, die sich nicht an die neue Normalität anpassen – und die auch nicht in Schulungen investieren. Gleichzeitig könnte der Fachkräftemangel die Investitionstätigkeit transformativer Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial weiter bremsen. Bessere Qualifikationen und Umschulungen sind daher wesentliche Ziele, wenn der Übergang wirklich für alle gerecht werden soll.