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Historische Translationskulturen

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3 Korrespondenzen, Zeitungen und Fachzeitschriften

Um die Ausprägungen der Translationskultur untersuchen zu können, wurden Korrespondenzen der Redakteure und Translatoren des RGBl. sowie Beiträge in zwei Zeitungen und zwei Fachzeitschriften analysiert, die die slowenischen Übersetzungen des RGBl. thematisieren.

Von den Korrespondenzen als primäre Quellen wurden in der vorliegenden Untersuchung einerseits bereits veröffentlichte Briefe der slowenischen Übersetzer des RGBl., andererseits die anhand eigener Recherchen in der Handschriftenabteilung der National- und Universitätsbibliothek (NUK) in Ljubljana ermittelten 88 Briefe herangezogen.

Von den Printmedien wurden zunächst zwei Zeitungen aus dem Zeitraum der Märzrevolution ausgewählt, die eine wichtige Rolle für die Entwicklung des slowenischen Nationalbewusstseins spielten. Die Zeitung Kmetijske in rokodelske novice (KRN) (vgl. Narodna in univerzitetna knjižnica 2016) erschien von 1843 bis 1902.1 Neben populärwissenschaftlichen und politischen Themen war eines der Hauptanliegen von KRN die Schaffung einer einheitlichen slowenischen Standardsprache. Das erste slowenische politische Blatt Slovenija (Habe 2005: 23) erschien in den Jahren 1848 bis 1850 als ein Mitteilungsblatt des Vereines Slovensko društvo (Slowenischer Verein). Die erörterten Themen waren sowohl politischer als auch literarischer Natur. Des Weiteren wurden die Fachzeitschriften Pravnik slovenski (PS) und Slovenski pravnik (SP) herangezogen. PS (Jemec Tomazin 2010: 112f.) erschien in drei Jahrgängen in der Zeit von 1870 bis 1872. Die Zeitschrift SP (Pravna fakulteta Univerze v Ljubljani 2010) wurde mit einigen Unterbrechungen von 1881 bis 1944 herausgegeben. Sowohl PS als auch SP diskutierten die Terminologie der Gesetzestexte und prägten zugleich selbst neues Fachvokabular für Bereiche, wie z.B. öffentliche Verwaltung und Gerichtswesen (vgl. ibid.: 113).

Maßgeblich für diese Analyse sind je Redakteur die ersten drei Jahre der Redaktionszeit. Teilweise weichen die Perioden, abhängig von der Erscheinungszeit der Zeitungen und Zeitschriften, voneinander ab (siehe Tabelle 1):


Redaktionszeit KRN Slovenija PS SP
Franc Miklošič 1849 1849 1849
Matej Cigale 1849–1889 1850–1852 1850 1870–1872
Karel Štrekelj 1890–1898 1890–1892 1890–1892
Fran Vidic 1898–1918 1898–1900 1898–1900

Tabelle 1: Analysierte Zeitungen und Zeitschriften nach Redakteuren des RGBl.

Im Folgenden sollen jene Dimensionen der Translationskultur erörtert werden, die in den oben untersuchten primären Quellen, Zeitungen und Zeitschriften erschlossen wurden.

4 Dimensionen der Translationskultur

Aus den Beiträgen in den Zeitungen KRN und Slovenija sowie den Fachzeitschriften PS und SP gehen vier Dimensionen der slowenischen Translationskultur hervor: Diskurs über Sprachformen, Kooperativität bzw. translatorische Netzwerke, Sensibilisierung der Öffentlichkeit für translatorische Arbeit und Qualifikationskriterien für Redakteure.

4.1 Diskurs über Sprachformen

Wie bereits dargestellt wurde, war die slowenische Sprache im Jahr 1849 weder standardsprachlich normiert noch lexikalisch ausreichend differenziert. Somit stellten die Übersetzungen des RGBl. ein sprachlich und fachlich äußerst anspruchsvolles Projekt dar, durch welches allerdings eine Entwicklungsplattform für die slowenische Sprache geschaffen wurde (vgl. Prunč 2005: 28). Die linguistischen Aspekte standen somit bei der Beurteilung der Qualität der Übersetzungen im Vordergrund. Ausgehend davon soll im Folgenden der Diskurs über die sprachliche Form rekonstruiert werden, mit dem der Konsens und Dissens einzelner Zielgruppen in den beiden Zeitungen KRN und Slovenija sowie den Fachzeitschriften PS und SP zum Ausdruck gebracht wurde.

Vor allem zu Beginn des Erscheinens des RGBl. können den beiden Zeitungen und Zeitschriften translationskulturelle Ausprägungen auf linguistischer Ebene entnommen werden. Eine detaillierte Analyse der Übersetzungsarbeit der ersten slowenischen Ausgabe des RGBl. wurde in Slovenija am 16. und 27. November veröffentlicht (vgl. Svečan 1849a: 365f.; 1849b: 377f.), in der Zeitung KRN hingegen erst am 19. und 26. Dezember 18491 (vgl. Vredništvo 1849a: 223f.; 1849b: 227f.). Svečan merkt an, dass die Übersetzungen grundsätzlich gut sind, es gibt aber zu bemängelnde Punkte (Svečan 1849a: 365).2 Seine Kritikpunkte beziehen sich insbesondere auf die Grammatik, Orthografie, Morphologie, Terminologie, Fremdwörter und die zahlreichen Druckfehler (vgl. ibid. 1849a: 366; 1849b: 377f.). Die Übersetzer sollen seiner Meinung nach darauf achten, dass in den Translaten keine morphologischen und terminologischen Besonderheiten vorkommen, die nur in einer Region des slowenischsprachigen Gebietes verwendet oder verständlich sind (vgl. ibid. 1849a: 365; 1849b: 377):

Zatorej še enkrat: gospodi provoditeli! ne po krajnsko, ne po štajersko, ne po koroško, goriško ali primorsko – temuč vselej in povsod po občeslovensko!!3 (Svečan 1849b: 378)

Eine bessere Übersetzung könnte seiner Meinung dadurch erzielt werden, dass man die Verständlichkeit der Übersetzungen in den Vordergrund rückt, damit auch der „prost Slovenec“4 (ibid.: 377) die Gesetzestexte verstehen würde. Konkret rät er den Übersetzern, die langen, teilweise schwer verständlichen deutschen Sätze zu kürzen, die Hauptwörter nicht mit Hauptwörtern wiederzugeben etc. (vgl. ibid.). Die in einigen Fällen unverständlichen Übersetzungen werden in der Nummer 98 durch den Zeitdruck, unter dem die Übersetzer arbeiten mussten, begründet. Dabei wird anhand von konkreten Beispielen aufgezeigt, dass manche Textstellen in der slowenischen Übersetzung trotzdem verständlicher als die entsprechenden deutschen Textausschnitte sind (vgl. J. 1849: 390).

Die erste slowenische Ausgabe des RGBl. wurde in der Zeitung KRN (N.N. 1849d: 201) heftig kritisiert, weil es angeblich niemanden gibt, der mit der Übersetzung zufrieden wäre. Auch für die KRN gilt die Verständlichkeit der Übersetzungen als oberstes Postulat. Bereits das zweite Stück (N.N. 1849e: 209f.) wird in Bezug auf die Qualität der Übersetzungen in ein positiveres Licht gestellt. Zugleich wird Verständnis dafür aufgebracht, dass die erste Übersetzung wohl deshalb nicht in Ordnung war, weil jeder Anfang schwer ist. Aus dem vierten Stück der slowenischen Ausgabe des RGBl. geht für die Redaktion von KRN klar hervor, dass die Übersetzer die grammatikalischen Formen der slowenischen Sprache noch nicht endgültig festgelegt haben. In KRN wird des Weiteren ausdrücklich auf jene Gesetzestexte hingewiesen, die bereits vor dem RGBl. ins Slowenische „lepo in gladko“5 (Vredništvo 1849a: 223) übersetzt worden sind. Man soll sich diesbezüglich die Übersetzungen der Gesetze von Maria Theresia anschauen. Es gilt nun festzulegen, wie das RGBl. verfasst werden soll, damit die slowenischen Texte den Erwartungen der Mehrheit der Leser entsprechen und zugleich verständlich sind. Erneut wird also die Verständlichkeit der Übersetzungen für die slowenischsprachige Bevölkerung als oberstes Postulat hervorgehoben. Nach Meinung der Redaktion ist die Sprache kein „Modeartikel“ (Vredništvo 1849b: 228) und kann keineswegs aufoktroyiert werden.

Die in Kritik geratenen ersten Übersetzungen des RGBl. versucht der Jurist und Kontrolltranslator Dolenc mit der entsprechenden Übersetzungsmethode6 zu begründen: „Die Natur der Übersetzung eines Gesetzes bringt es mit sich, daß sie vor Allem den Sinn desselben getreu widergebe“ (Lokar 1909: 83f.). Dolenc zeichnet nach, wie das erreicht werden kann und welche Folgen eine andere Übersetzungsmethode haben könnte:

Dieser wichtigste und höchste Zweck kann öfters kaum anders erreicht werden, als daß man sich sclawisch an den deutschen Text hält, – aus Besorgniß, den Sinn zu ändern, und dadurch Veranlassung zu Streitigkeit, zu kostspieligen Prozessen u. zu Reclamationen zu geben, welche nicht wenig geeignet wären, die Regierung zu bestimmen, die den verschiedenen Nationalitäten gemachten Conceßionen zu schmällern oder ganz zurückzunehmen. (Ibid.: 84)

 

Den Übersetzungen von Gesetzestexten, bei denen man sich genau an die Vorlage zu halten hat, hält Dolenc literarische Übersetzungen entgegen, die elegant und dem sprachlichen Ausdruck angemessen sein müssen und deshalb auch frei übersetzt werden dürfen. Wenn bei literarischen Texten nämlich ein ausgangssprachlicher Ausdruck nicht in der gleichen Form in der Zielsprache existiert, kann seiner Meinung nach ein vollkommen anderes Wort in der Zielsprache gewählt werden (ibid.).

Wie wichtig die Übersetzungen des RGBl. für die sprachliche Entwicklung waren, kann einer in KRN veröffentlichten Anordnung des Unterrichtsministeriums entnommen werden. Minister Leo Thun hebt darin die Bedeutung der Übersetzungen des RGBl. für die Schaffung einer einheitlichen slowenischen Standardsprache hervor. Die Sprache und die grammatikalischen Regeln, die im slowenischen Teil des RGBl. verwendet werden, sollen in die Schulen eingeführt und bei der Herausgabe neuer slowenischer Lesebücher und anderer Schulbücher für Gymnasien beachtet werden (vgl. Vredništvo 1851: 45).

Für die Redaktion der Fachzeitschrift PS ist ein Beweis für die Qualität der slowenischen Übersetzungen des RGBl. die Tatsache, dass auch Juristen bei Unklarheiten, die aus der deutschsprachigen Version hervorgehen, diese erst beim Lesen der slowenischen Übersetzung klären konnten (vgl. N.N. 1870: 12). Eine negative Kritik einer slowenischen Übersetzung aus dem RGBl. wird in PS erst in der vorletzten Ausgabe des Jahres 1871 veröffentlicht. Der Jurist Ivan Geršak (1871: 322ff.) geht in seinem Beitrag auf die Übersetzung des Gesetzes über die notarielle Errichtung von Rechtsgeschäften (vgl. ALEX/ÖNB 1871: 205) ein und stellt dabei fest:

[…] sploh je ta postava v našem jeziku preokorna, tam pa tam nedosledna ter stvarno nepopolna, kar se že več časa pri državnem zakoniku zapazuje.7 (Geršak 1871: 323)

Neben der inhaltlich fehlerhaften und stilistisch unbeholfenen Übersetzung diskutiert Geršak kritisch auch die im slowenischen Gesetz verwendete Terminologie (vgl. ibid.).

Ratschläge linguistischer Natur sind auch in den Korrespondenzen der Redakteure zu finden. So rät Karel Štrekelj im Brief aus dem Jahre 1898 seinem Nachfolger Fran Vidic, eine freiere Übersetzungsmethode zu bevorzugen:

Pri prelogi je gledati na to, da obsega vse, kar izvirnik, izvzemši morda kake nepotrebne zamaške („Flickworte“) n.p.: ‚die Arbeiten werden unter die vorhandenen Richter vertheilt‘; ‚vorhanden‘ bi tukaj ne bilo sloveniti s ‚kar jih je‘, ampak popolnoma izpustiti: unter die nicht vorhandenen kann eben nichts vertheilt werden!8 (Štrekelj 1898a)

Im Jahr 1890, zur Redaktionszeit von Karel Štrekelj, veröffentlichte SP eine detaillierte Analyse der Übersetzungen der Gesetze, die das Strafgerichtsverfahren und die Zuständigkeit der Strafgerichte regeln. Der Jurist Jakob Kavčič änderte teilweise die 104-seitige Übersetzung der Strafprozessordnung aus dem RGBl. (ALEX/ÖNB 1873: 397ff.) auf Grundlage des Vergleiches der deutschen und der slowenischen Version. In SP wurden Ausgangstextausschnitte mit der korrespondierenden RGBl.-Übersetzung sowie der jeweiligen Korrektur von Kavčič angeführt. Die übersetzerischen Eingriffe umfassen Korrekturen von Druckfehlern, Ausbesserungen inhaltlicher Mängel und einzelner Termini. An jenen Textstellen, bei denen eine freie Übersetzungsmethode angewandt wurde, wurde eine wortwörtliche Übersetzung angestellt (vgl. N.N. 1890c: 188ff.).

Während der Redaktionszeit von Fran Vidic werden in den analysierten Ausgaben von KRN keine Beiträge veröffentlicht, die Rückschlüsse auf einen Diskurs über Sprachformen zulassen würden. In SP hingegen wurden im Jahr 1898 die Übersetzungen der Gesetzestexte über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit ordentlicher Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen kritisiert (vgl. ALEX/ÖNB 1895a: 329ff.; 1895b: 333ff.). Die Übersetzung stellt zwar eine getreue Wiedergabe des deutschen Ausgangstextes dar und ist eigentlich gut, denn „on hrani v sebi mnogo suhega zlata“9 (N.N. 1898a: 126). Sie ist aber nicht exzellent, sondern „povit je preveč v nemško, preveč v starikovo slovenščino“10 (ibid.). Im Beitrag werden zunächst einzelne Termini und weitere grammatikalische Belange diskutiert, deren Übersetzung als gelungen bezeichnet wird (vgl. ibid.). In den nächsten drei Ausgaben von SP werden dann problematische Ausschnitte aus der Übersetzung mit Schwerpunkt Terminologie und Stilistik erörtert. Insbesondere wird hervorgehoben, dass der slowenische Übersetzer sich noch immer zu stark am deutschen Ausgangstext orientiert:

Nasičeni smo vsi nemškim duhom in mislimo za trdno, da nam je prevajati v naš jezik ad litteram prav vsako nemško besedo, kakor da ne bi smeli pomagati si drugače.11 (N.N. 1898c: 222)

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es nicht verwunderlich ist, wenn in den untersuchten Medien der Sprachformendiskurs als Dimension der Translationskultur relativ oft vorgefunden wurde, denn die slowenische Sprache war in der Anfangszeit des Erscheinens der slowenischen Übersetzungen noch nicht standardisiert. Der Schwerpunkt der Anmerkungen und Empfehlungen lag somit vor allem auf der Grammatik, Morphologie und Rechtschreibung. Auch das Unterrichtsministerium schien sich der Wichtigkeit der Schaffung einer einheitlichen slowenischen Sprache bewusst zu sein und ordnete sogar die Befolgung der Regeln aus der slowenischen Ausgabe des RGBl. für Schul- und Lesebücher an (vgl. Vredništvo 1851: 45). Obwohl man offensichtlich auch in den Ministerien erkannt hatte, wie wichtig die Übersetzungen für die Schaffung einer Standardsprache waren, schien die schnelle Abgabe der Translate Vorrang vor der Qualität zu haben.12 Terminologische Angelegenheiten treten erst ab 1871 in den Vordergrund. Das erste nicht grammatische Kriterium, an dem die Translate beurteilt wurden, war die Verständlichkeit. Ebenfalls in der Anfangsphase kreiste die Diskussion um die Dichotomie treue versus freie Übersetzungsmethode. Der Kontrolltranslator Dolenc setzte sich als Jurist für eine treue Übersetzungsmethode ein. Die slawistische Ausbildung des dritten Redakteurs Karel Štrekelj führte vermutlich dazu, dass er eine freie Übersetzungsmethode bevorzugte. In der vorliegenden Untersuchung wurde nicht überprüft, inwiefern die slowenischen Redakteure die Empfehlungen in ihren Übersetzungen konkret beachtet haben, sondern es soll im Folgenden vielmehr der Frage nachgegangen werden, ob die Redakteure bei Übersetzungsproblemen für einen fachlichen Meinungsaustausch offen waren und sich daran beteiligten.

4.2 Kooperativität und translatorische Netzwerke

Eines der Konstruktionsprinzipien der Translationskultur stellt nach Prunč (2017: 33) die Maxime der Kooperativität dar. Da das translatorische Handeln stets in einen konkreten sozialen Raum eingebettet ist, schließt Prunč (2008: 30f.) in sein Kooperativitätsprinzip einerseits die Machtasymmetrien zwischen den Handlungspartnern und deren legitimen Eigeninteressen ein. Andererseits stellt die Kooperativität in strukturierten Gesellschaften sicher, dass „komplexe Aufgaben ohne Reibungsverluste gemeinsam gelöst werden können“ (Prunč 2017: 33). Als maßgeblich für die vorliegenden Überlegungen im Rahmen der Kooperativität ist nicht der ethische Bezug, sondern die arbeitsteilige Berufsausübung, die im Rahmen der Übersetzungen des RGBl. in translatorischen Netzwerken identifiziert werden soll.

Einen ersten Hinweis auf Kooperativität findet man zu Beginn Cigales translatorischer Arbeit beim RGBl. in seinem Brief an den Schriftsteller und Übersetzer des LGBl., Jožef Muršec.1 Darin bittet er Muršec, die slowenischen Übersetzungen des RGBl. zu lesen und ihm seine Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge mitzuteilen. Auch die Materialien für die Juridisch-politische Terminologie (JpT) wäre Cigale bereit, slowenischsprachigen Autoren zur Durchsicht zu schicken, wenn er das selbst finanzieren könnte (Cigale 1849).2

Ein weiterer Hinweis auf Kooperativität findet sich in der Zeitung KRN aus dem Jahr 1850. Es wird darüber berichtet, dass der Verein Slovensko društvo bereits im Jahr 1848 mit Übersetzungsarbeiten am Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und am Strafgesetzbuch begonnen hat. Matej Cigale wurde mit der Übersetzung des Strafgesetzbuches, der Jurist Anton Mažgon mit der Übersetzung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches beauftragt. Nachdem Mažgon 1850 starb und Cigale 1849 nach Wien ins Redaktionsbureau des RGBl. wechselte, wurden die Übersetzungsarbeiten an den beiden Gesetzestexten eingestellt. Als Cigale den Redakteursposten übernahm, wurde der Verein gebeten, die slowenischen Translatoren im Redaktionsbureau in terminologischen und linguistischen Angelegenheiten zu unterstützen. KRN berichtete, dass der Austausch über die erwähnten Fragen bereits im Gange war. Der Verein forderte seine Mitglieder auf, ihre Wünsche, Kommentare und Anmerkungen zu den Übersetzungen an den Verein zu schicken, damit diese dann an die Translatoren in Wien weitergeleitet werden (vgl. N.N. 1850d: 78).

In der ersten Ausgabe der Fachzeitschrift PS (N.N. 1870: 5ff.) wurde Cigales Beitrag zu den Übersetzungen von Gesetzestexten ins Slowenische veröffentlicht. Darin argumentiert er seinen Wunsch, dass die Übersetzungsarbeiten für das RGBl. weiterhin zentral in Wien erfolgen, zumindest so lange, bis in Ljubljana oder anderswo in Slowenien eine zentrale Übersetzungsstelle eingerichtet wird. Seiner Meinung nach würde man mit der Übersetzung von Gesetzen an drei unterschiedlichen Orten lediglich eine babylonische Verwirrung schaffen. Um dies zu untermauern, führt Cigale Beispiele aus dem Wehrgesetz an, welches zuerst in Wien und danach in Graz und Triest übersetzt worden ist. Der Übersetzer aus Graz folgte dem Vorbild aus Wien, der Übersetzer in Triest tat das jedoch nicht. Das Ergebnis dieser Übersetzung veranschaulicht Cigale anhand einiger konkreter Übersetzungen einzelner Termini. Die slowenischen Übersetzungen des RGBl. betrachtet er als eine wichtige Grundlage für die Einführung der slowenischen Sprache als Verkehrssprache. Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass die Öffentlichkeit die Übersetzer des RGBl. durch Vorschläge und Anmerkungen bei der Arbeit unterstützt:

Če Slovenci res hočejo, da se kdaj slovenščina vpelje v sodne in sploh uradne pisarnice, če hočejo, da se osnuje pripraven opravilni jezik, mora jim mar biti tudi slovenskega zakonika, morajo, kar je zmožnih, na prestave paziti, prestavljalce podpirati in opominjati.3 (Ibid.: 12)

Als Forum für diesen Austausch ist seiner Meinung nach die Fachzeitschrift PS besonders gut geeignet.

Auch im Jahr 1871 geht es in der Fachzeitschrift PS um Netzwerke und die Zusammenarbeit mit anderen Experten, Sprachwissenschaftlern und Juristen. In diesem Sinne bietet PS anlässlich der geplanten Überarbeitung bzw. Erweiterung der JpT aus dem Jahre 1853 Platz für die Diskussion allfälliger neuer slowenischer Entsprechungen in der Zeitschrift an. PS erwartete Wort- und Rückmeldungen vor allem vom slowenischen Redakteur Matej Cigale, aber auch von anderen Sprachwissenschaftlern (vgl. N.N. 1871: 158). Bereits in der nächsten Ausgabe bittet Cigale (1871: 189) um Meinungen und Stellungnahmen slowenischer Juristen und Sprachwissenschaftler zu den 14 Paragrafen des Gesetzes über die neue Maß- und Gewichtsordnung (vgl. ALEX/ÖNB 1872: 29ff.).

Aus der Korrespondenz von Cigale im Jahre 1880 geht hervor, dass ihn der slowenische Schriftsteller Josip Vošnjak um Rat bei der Übersetzung von militärischen Termini, wie z.B. Landsturm und Landsturmmann, gebeten hatte. Cigale bedauerte, dass er wenig Kontakt mit den Abgeordneten in Wien hatte und nicht wusste, wen er diesbezüglich konsultieren sollte (vgl. Cigale 1886).

Der Korrespondenz des dritten slowenischen Redakteurs, Karelj Štrekelj, kann ebenfalls entnommen werden, dass er als Redakteur des RGBl. um Rat in terminologischen Belangen gefragt wurde. Der Literaturhistoriker und Übersetzer des LGBl., Fran Levec, bat ihn beispielsweise um Hilfe beim Terminus freiwillige Feuerwehr und dem Feuerwehrgruß Gut Schlauch (Štrekelj 1890). Gegen Ende seiner Redaktionszeit hilft Štrekelj Fran Vidic bei der Übersetzung eines Gesetzestextes mit detaillierten Anmerkungen auf vier Seiten, die sich auf einzelne Termini, die Verwendung von Komposita, Relativsätze und die Wortfolge beziehen (Štrekelj 1898b).

 

Auch der letzte Redakteur der slowenischen Ausgabe des RGBl., Fran Vidic, stand in Kontakt mit anderen Übersetzern. Aus seinem Brief an Fran Levec im Jahr 1913 geht beispielsweise hervor, dass Levec Vidic um Rat bezüglich militärischer Termini Armee im Felde und am Meer, Feldpost und Feldkriegsgericht gefragt wurde. Wie aus dem Brief hervorgeht, beriet er sich beim Terminus Feldkriegsgericht mit dem Juristen Janko Babnik, dem Autor des deutsch-slowenischen Rechtswörterbuches (vgl. Vidic 1913).

Auf der Grundlage der gewonnenen Daten können die slowenischen Übersetzungen des RGBl. zweifelsohne als eine Plattform für die Kooperativität und das Entstehen translatorischer Netzwerke betrachtet werden. Diese Netzwerke waren informeller Natur und erfolgten vor allem auf individueller Ebene, es wurde aber auch die breite Öffentlichkeit aufgerufen, Übersetzungen zu beurteilen. Es konnten drei spezifische Subdimensionen der Translationskultur festgestellt werden. Einerseits baten die Redakteure ihrerseits die Linguisten, Juristen oder die breite Öffentlichkeit um Austausch oder Ratschläge bei Übersetzungsproblemen. Vor allem der zweite Redakteur, Matej Cigale, hatte ein großes Interesse am Austausch. Da er bereits am 1. November 1849 als provisorischer Redakteur seine Arbeit beim RGBl. begann, ist dies auch verständlich. Während seiner Redaktionszeit stellten die mangelnde Standardisierung des Slowenischen, die fehlenden Fachtermini und (Fach-) Wörterbücher wohl ein großes Problem dar, was in einem regen Austausch mit anderen mündete. Von großer Professionalität zeugt die Tatsache, dass er sich auch in den späteren Jahren gerne austauschte und stets bereit war, seine Übersetzungen zu überprüfen. Andererseits wurden auch von außen Anfragen zur Kooperation an die slowenischen Redakteure herangetragen, wie aus den gewonnenen Daten über den dritten und vierten slowenischen Redakteur hervorgeht. Eine dritte Subdimension der Translationskultur betrifft die Kooperationsbereitschaft zwischen dem amtierenden Redakteur und dem Redakteursanwärter. Auch hier bestand durchaus Bereitschaft zur Kooperativität. In diesem Sinne überprüfte Karel Štrekelj die Übersetzung von Fran Vidic, die von ihm als Übung für die bevorstehende Probeübersetzung angefertigt wurde, und versah sie mit detaillierten Anmerkungen.