Handbuch des Strafrechts

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C. Die Voraussetzungen der Anstiftung

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§ 26 StGB erfasst als Anstifter denjenigen, der vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. Schon im Begriff des „Bestimmens“ ist ein Erfolg impliziert, den das Gesetz im Erfordernis der vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat, der sogenannten Haupttat (dazu I.), konkretisiert. Weiter bedarf es einer Bestimmungshandlung (dazu II.), die einen spezifischen Zusammenhang zu der Haupttat aufweisen muss (dazu III.). Subjektiv ist vorsätzliches Handeln des Anstifters vorausgesetzt (dazu IV.).

I. Die Haupttat

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Der Erfolg der Anstiftung ist die Begehung einer vorsätzlichen (auch § 11 Abs. 2 StGB) rechtswidrigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) Haupttat durch einen anderen. Auf ein Verschulden kommt es nicht an (limitierte Akzessorietät, (dazu → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 93 ff.). Man kann, analytisch zutreffend, den Tatentschluss als Zwischenerfolg auf dem Weg zur Tatbegehung festhalten,[100] ohne dass dieser Differenzierung eine eigenständige Bedeutung zukäme.[101]

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Die Anforderungen an eine Haupttat erfüllt auch der Versuch.[102] Gelangt die Haupttat nicht einmal in das Versuchsstadium, so kommt eine versuchte Anstiftung nach § 30 Abs. 1 StGB in Betracht. Die Anstiftung zur versuchten Haupttat ist formal gesehen vollendete Anstiftung, weil alle Voraussetzungen von § 26 StGB – Bestimmungshandlung und Haupttat – erfüllt sind. Legt man den Strafgrund des akzessorischen Rechtsgutsangriffs zugrunde, so ist daraus allerdings abzuleiten, dass der eigene (mittelbare) Angriff des Anstifters auf die Rechtsgüter des Opfers genauso im Versuchsstadium verbleibt wie die Haupttat selbst.[103] Bei materieller Betrachtung charakterisieren § 30 und § 26 StGB (im Fall der nur versuchten Haupttatbegehung) also lediglich zwei unterschiedliche Stadien eines im Vorfeld der Erfolgsherbeiführung steckengebliebenen Rechtsgutsangriffs. – Es wird sich zeigen, dass diesen strukturellen Einsichten Relevanz für die Anstiftung zum untauglichen Versuch und bei fehlendem Vollendungsvorsatz zukommt (Rn. 65 f.).

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Vorsätzlich begangen ist die Tat auch dann, wenn der Haupttäter einem Erlaubnistatbestandsirrtum erlegen ist.[104] Das gilt nicht nur auf der Grundlage der rechtsfolgenverweisenden Variante der eingeschränkten Schuldtheorie, sondern auch dann, wenn man bereits das Vorsatzunrecht analog § 16 Abs. 1 StGB ausgeschlossen sieht.[105] Denn es spricht nichts dagegen, den Vorsatz im Sinne von § 26 StGB allein als Tatbestandsvorsatz zu interpretieren.[106]

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Die Haupttat muss täterschaftlich verwirklicht werden; die Tat eines anderen Teilnehmers ist also keine Haupttat.[107] Im Fall der Kettenanstiftung (dazu noch näher Rn. 147) liegt folglich eine (vermittelte) Anstiftung zur täterschaftlich begangenen Haupttat vor.[108] Wird dagegen ein Gehilfe zu seinem Beitrag bestimmt, so liegt keine Anstiftung zur Haupttat, sondern Beihilfe vor, weil sich das Bestimmen in der Haupttat lediglich durch einen fördernden Beitrag auswirkt.[109]

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Aus dem Erfordernis des akzessorischen Rechtsgutsangriffs folgt, dass das durch die Haupttat angegriffene Rechtsgut auch gegenüber dem Anstifter geschützt sein muss.[110] Straflos bleibt also, wer einen anderen auffordert, ihn zu töten.[111] Nicht erforderlich ist dagegen, dass der Anstifter den Tatbestand auch täterschaftlich verwirklichen könnte: Der Extraneus, der einen Amtsträger zur Begehung eines Amtsdelikts auffordert, macht sich also wegen Anstiftung strafbar.[112] Denn das Rechtsgut des Vertrauens in die Amtsausübung ist gegenüber jedem Bürger schutzwürdig, auch wenn der Außenstehende die spezifische Pflicht des Amtsträgers nicht selbst verletzen kann.[113] Auch die fehlende Eigenhändigkeit steht zwar einer Täterschaft, nicht aber einer Anstiftung entgegen.[114] Und schließlich kann die Haupttat auch ein (echtes oder unechtes) Unterlassungsdelikt sein.[115]

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Möglich ist auch eine Anstiftung zu einem erfolgsqualifizierten Delikt.[116] Das Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat steht nicht entgegen, weil § 11 Abs. 2 StGB für Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen anordnet, dass diese im Sinne des Gesetzes als vorsätzlich anzusehen sind. Zudem verdeutlicht § 18 StGB durch seine explizite Erwähnung der Teilnahme deren Einbeziehung. Konstruktiv basiert die Möglichkeit einer Anstiftung zum erfolgsqualifizierten Delikt auf der Einsicht, dass die Anstiftung bezogen auf das Grunddelikt zugleich einen Fahrlässigkeitsvorwurf bezogen auf den Eintritt der schweren Folge begründen kann. Wenn also etwa eine Anstiftung zu einer Körperverletzung zugleich ein rechtlich missbilligtes Risiko dahingehend schafft, dass es zum Tod der verletzten Person kommt, so liegt bei Realisierung dieses Risikos eine Anstiftung zur Körperverletzung mit Todesfolge vor.[117] Das gilt auch dann, wenn der Haupttäter hinsichtlich der schweren Folge vorsätzlich handelt (und deshalb im Beispiel § 212 StGB § 227 StGB verdrängt).[118] Die gleichen Überlegungen treffen auch auf sonstige Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen (z.B. § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB) zu,[119] wobei hier vereinzelt unter Hinweis auf das Fehlen einer § 18 StGB vergleichbaren expliziten Regelung ein Vorsatz des Anstifters hinsichtlich der vom Haupttäter verwirklichten Fahrlässigkeitskomponente gefordert wird.[120]

II. Die Bestimmungshandlung

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Schon aus dem Begriff des „Bestimmens“ folgt als Mindesterfordernis, dass der Anstifter eine Handlung vornehmen muss, die beim Haupttäter den Tatentschluss hervorruft. Was allerdings mit diesem Mindesterfordernis genau gefordert ist und ob bzw. welche zusätzlichen Anforderungen den Begriff des Bestimmens konturieren, ist in hohem Maße ungeklärt.

1. Die Ursächlichkeit als Charakteristikum der Bestimmungshandlung

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Die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur verstehen das Bestimmen nach § 26 StGB im Sinne des Hervorrufens des Tatentschlusses.[121] Damit wiederum ist gemeint, dass der Anstifter für den Tatentschluss und damit auch für die Begehung der Haupttat ursächlich werden muss. Da in jeder Entscheidung eine ganze Reihe unterschiedlicher Einflüsse zur Wirksamkeit kommen und dies der Ursächlichkeit der einzelnen Bedingungen keinen Abbruch tut, muss Mitursächlichkeit genügen.[122]

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Ausgehend von der freien Entscheidungsmacht des Haupttäters kann mit der Ursächlichkeit des Anstifterverhaltens freilich kein naturkausaler Zusammenhang gemeint sein.[123] Es lässt sich nicht (oder von einem deterministischen Weltbild aus: jedenfalls nicht zuverlässig) angeben, ob ein bestimmtes Anstifterverhalten den Entschluss zur Begehung einer Tat hervorrufen wird. Gemeint ist also ein Motivationszusammenhang. Vorausgesetzt ist, dass der Haupttäter in seinem Entschluss ein vom Anstifter angebotenes Motiv übernimmt.[124] Die conditio sine qua non-Formel kann diesen Sachverhalt zwar nicht erklären, vermag ihn aber treffend in Worte zu fassen:[125] Ursächlichkeit ist gegeben, wenn der Haupttäter ohne das Verhalten des Anstifters den Tatentschluss nicht gefasst hätte.

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Das Erfordernis der Ursächlichkeit begründet keine spezifischen Anforderungen an das Verhalten des Anstifters. Da der Motivationszusammenhang vom Haupttäter hergestellt wird, kommen beliebige Handlungsweisen als Anstiftung in Betracht.[126] Bei konsequenter Anwendung des Verursachungskriteriums steht es letztlich in der Definitionsmacht des Haupttäters zu entscheiden, welches Verhalten die Qualität eines Anstifterverhaltens hat, woraus zugleich die Konsequenz zu ziehen ist, dass einem Verhalten erst rückwirkend von der Verursachung her die Qualität als Tathandlung beigelegt wird. Schon damit ist offenkundig, dass die Anforderungen an Begründung und Konturierung typisierten Unrechtsverhaltens vom Kriterium des Verursachungszusammenhanges her nicht entwickelt werden können. Von Seiten der Verfechter dieses Kriteriums werden freilich von vornherein nur solche Verhaltensweisen als Anstiftungsverhalten diskutiert, die ihrer Art nach immerhin grundsätzlich geeignet sind, den Tatentschluss hervorzurufen. Genannt werden etwa die Schaffung tatanreizender Situationen,[127] tatanreizende Fragen,[128] Behauptungen,[129] Anregungen[130] oder Überredung[131].

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Während bei Ausbleiben eines Tatentschlusses offenkundig auch ein Ursachenzusammenhang fehlt, wird der Fall, dass der Tatentschluss unabhängig vom Anstifterverhalten besteht, unter dem Stichwort „omnimodo facturus“ intensiv diskutiert. Die Lehre vom omnimodo facturus wird unmittelbar aus dem Kausalitätserfordernis abgeleitet: Ist der Haupttäter bereits vor der Anstiftung zur Tat entschlossen, so könne der Anstifter für die Tat nicht mehr ursächlich werden.[132] Diese Lehre soll jedenfalls dann Geltung beanspruchen, wenn der Haupttäter bereits unumstößlich zur Tat entschlossen war. Umgekehrt ist klar, dass es einer Anstiftung nicht entgegensteht, wenn der Haupttäter lediglich tatgeneigt war.[133] So liegt es auch dann, wenn der Haupttäter allgemein zu derartigen Taten bereit war oder sich sogar zur Tat erboten hat, aber der Entschluss zu einer konkreten Tat noch hervorgerufen werden musste.[134] Zwischen diesen Polen bleibt ein Bereich, für den die h.M. die Frage diskutiert, wie fest der Tatentschluss des späteren Haupttäters sein muss, damit für eine Anstiftung kein Raum mehr ist.[135] Es liegt auf der Hand, dass sich diese Frage nicht aus dem Kausalitätserfordernis beantworten lässt, sondern bereits eine normative Entscheidung hinsichtlich des geforderten Anstiftungserfolges verlangt. Im Regelfall wird angenommen, dass auch ein im Sinne der Annahme eines omnimodo facturus „fester“ Tatentschluss noch mit Unsicherheiten behaftet sein könne, weil andernfalls die psychische Beihilfe durch Bestärkung eines Tatentschlusses ihren Anwendungsbereich verliere.[136] So will Roxin einen omnimodo facturus dann annehmen, „wenn die zur Tat hindrängenden Motive beim Täter ein deutliches Übergewicht über die etwa noch bestehenden Bedenken erlangt haben“.[137] Zwar ist das Argument der psychischen Beihilfe schwach, weil eine solche Rechtfigur weder zwingend vorgesehen noch bei einem „fest“ Entschlossenen ausgeschlossen wäre.[138] Bedeutsamer dürfte dagegen die Überlegung sein, dass der tätergleiche Strafrahmen bei ganz untergeordneter Einflussnahme auf einen schon fast entschlossenen Haupttäter unangemessen wäre.

 

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Die Lehre vom omnimodo facturus weist allerdings grundlegende Schwächen auf:[139] Treffend ist sie nur, wenn sich der Täter bereits im Ausführungsstadium befindet. Der dann bereits vorhandene Tatentschluss kann nicht mehr vom Anstifter hervorgerufen werden. Dieses Ergebnis ist aber evident und die genannte Fallgruppe praktisch bedeutungslos. Der Lehre vom omnimodo facturus geht es um den Normalfall der Anstiftung, in dem der Anstifter bereits im Vorfeld der Tatbegehung an den potentiellen Haupttäter herantritt. Hier stellt sich aber das Problem, dass ein „Tatentschluss“ im technischen Sinn, also im Sinne der Versuchs- und Vorsatzdogmatik, noch gar nicht vorliegen kann. Vor dem Ausführungsstadium mag der Haupttäter mehr oder minder konkrete Tatpläne geschmiedet haben – einen Tatentschluss, der „die Feuerprobe der kritischen Situation bestanden hat“,[140] gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.[141] Damit ist nicht nur eine begriffliche Ungenauigkeit angesprochen. Vielmehr gilt für den eine Tat Planenden grundsätzlich die normative Erwartung rechtstreuen Verhaltens[142] – dieser Erwartung ist die Grundlage erst dort entzogen, wo der Haupttäter einen wirkmächtigen Entschluss gefasst hat, er also in das Ausführungsstadium eingetreten ist.[143] Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es also möglich, auch bei demjenigen, der einen „festen“ Plan gefasst hat, einen Tatentschluss hervorzurufen.[144] Dass ein bereits gefasster Tatplan einer Anstiftung nicht entgegen steht, lässt sich an solchen Konstellationen verdeutlichen, in denen eine Anstiftung nach der überkommenen Lehre daran scheitern müsste, dass sie auf einen omnimodo facturus trifft, der dann aber die seinen anfänglichen Entschluss tragenden Motive und damit die Tat aufgibt, sich aber schließlich aus den Gründen zur Tat entschließt, die der Anstifter an ihn herangetragen hat.[145] Richtigerweise kann hier die Anstiftung nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil sie (zunächst) auf einen omnimodo facturus trifft.[146] Der Grund dafür ist trivial und folgt bereits aus dem geforderten Ursachenzusammenhang: Dieser muss nämlich zwischen dem Anstifterverhalten und der Haupttat bestehen, ohne dass es auf die Wirkungen der vom Anstifter angebotenen Motive in Zwischenstadien im Entscheidungsprozess des Haupttäters ankommt. Es ist gerade eine Besonderheit personal vermittelter Ursächlichkeit, dass es der Adressat einer Aufforderung in der Hand hat, einem Motiv Wirksamkeit zu geben oder zu nehmen, ohne auf eine frühere Entscheidung festgelegt zu sein.

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Richtigerweise kommt es also nicht auf den „Tatentschluss“ im Vorfeld der Tat an, sondern auf die Wirkungen, die das Anstifterverhalten im Tatentschluss (im Ausführungsstadium) entfaltet.[147] An der Ursächlichkeit fehlt es jedenfalls dann, wenn der im Ausführungsstadium bestehende Tatentschluss nicht vom Anstifter hervorgerufen, sondern aus anderen Quellen gespeist wurde.[148] Die im Zusammenhang mit dem omnimodo facturus diskutierten Fragen bleiben im Grundsatz bestehen, können aber klarer gestellt werden. Präzisiert man nämlich im Sinne des hier vorgetragenen Ansatzes die Fragestellung, so geht es um das Verhältnis der Einflussnahme des Anstifters zu anderen Beweggründen, die sich im Tatentschluss niedergeschlagen haben. Ob eine dem herkömmlichen Fall des omnimodo facturus entsprechende Konstellation vorliegt, ob also andere Gründe als das Anstifterverhalten für den Tatentschluss des Haupttäters ausschlaggebend geworden ist, hängt davon ab, unter welchen Voraussetzungen man sagen kann, dass sich gerade die Bestimmungshandlung in der Entschlussfassung realisiert hat.

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Die damit implizit gestellte Frage nach der Qualität des Anstiftungsverhaltens zeigt freilich schon, dass mit dieser Diskussion das Thema der Ursächlichkeit verlassen und das normative Problem des vorauszusetzenden Anstifterverhaltens und dessen Bedeutsamkeit für das Zustandekommen des Tatentschlusses in den Blick genommen wurde. Mit dieser Einsicht wird auch sogleich deutlich, dass das Problem nicht im Anstiftungserfolg, sondern im Anstiftungsverhalten liegt: Es geht in einem ersten Schritt um die Frage, welche Qualität ein Verhalten aufweisen muss, um als Anstiftung im Sinne von § 26 StGB angesehen werden zu können. Erst im zweiten Schritt stellt sich die Frage, inwieweit sich das so in seiner Qualität bestimmte Verhalten auch in der Haupttat realisiert hat. Der Realisierungszusammenhang, auf den die nähere Analyse der Fälle des „omnimodo facturus“ den Blick gelenkt hat, ist gegenüber dem Verhaltensunwert sekundär. Das liegt in der Logik des normentheoretischen Zusammenhanges:[149] Jede Strafbarkeit setzt zunächst ein rechtlich missbilligtes Verhalten voraus. Der Erfolg bezieht seinen Unwert gerade daraus, dass sich in ihm das Fehlverhalten des Beteiligten realisiert. Es ist also nicht möglich, die Anforderungen an den Anteil der Anstiftung im Tatentschluss zu konkretisieren, ohne zuvor Klarheit über den vorausgesetzten Verhaltensunwert zu erlangen. Folglich ist auf den omnimodo facturus zurückzukommen (Rn. 85 ff.).

2. Einschränkende Anforderungen an die Bestimmungshandlung

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Beschränkt man mit der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur die Anforderungen an das Bestimmen auf das Hervorrufen eines Tatentschlusses, so verschieben sich die Ansätze zur Einschränkung der Anstifterstrafbarkeit in den subjektiven Tatbestand.[150] Ansonsten setzen die Bemühungen um eine Konturierung der Bestimmungshandlung bereits am Strafgrund der Anstiftung an. Dort (Rn. 9 ff.) sind auch bereits die umstrittenen Anforderungen an die Bestimmungshandlung, die sich aus dem Strafgrund ergeben, erörtert worden. Hinsichtlich des vorzugswürdigen Strafgrundes des „akzessorischen Rechtsgutsangriffs“ wurde bereits auf das Erfordernis einer näheren Konturierung des anstiftungsspezifischen Fehlverhaltens hingewiesen. Dabei ist der unvermittelte Zugriff auf phänomenologische Kriterien wie das des geistigen Kontakts nicht sachgerecht (s. Rn. 20, 26); ein solches Kriterium bleibt äußerlich und hat weder direkten Bezug zur Gefährlichkeit des Anstifterverhaltens in Richtung auf das Hervorrufen des Tatentschlusses noch zur Freiheit des Angestifteten.

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Erforderlich sind normative Kriterien, die zunächst einen Rahmen dafür geben, die Freiheit der Beteiligten zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.[151] Der Begriff des Rechtsgutsangriffs umschreibt zwar treffend die Zielrichtung des Anstifterverhaltens, thematisiert aber gerade deshalb zu einseitig die Gefahr für das Rechtsgut, ohne auch die Handlungsfreiheit des „Angreifers“ und das rechtliche Verhältnis der Beteiligten zur Geltung zu bringen. Die erforderlichen Kriterien müssen also die Möglichkeit eröffnen, zum einen die rechtliche Freiheitsordnung insgesamt und zum anderen die spezifischen Forderungen des jeweiligen Tatbestandes aufzunehmen.[152] Das hierfür entwickelte Instrumentarium ist die Lehre vom tatbestandsmäßigen Verhalten[153] bzw. die objektive Zurechnungslehre.[154] Diese für die täterschaftliche Tatbestandsverwirklichung entwickelten Instrumentarien sind auf die Teilnahme zu übertragen.[155] Denn auch bei der Teilnahme ist der Einsicht Rechnung zu tragen, dass die Ursächlichkeit eines Verhaltens für einen Erfolg über den Verhaltensunwert überhaupt nichts sagt. Jedes strafrechtlich relevante Verhalten setzt vielmehr einen Verstoß gegen eine den Strafvorschriften vorgelagerte Verhaltensnorm voraus. Zu fordern ist also die Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr, die sich in der Haupttatbegehung realisiert.[156] Die Beteiligungsformen unterscheiden sich freilich in Art und Bezugspunkt der geschaffenen Gefahren und hinsichtlich des Realisierungszusammenhanges.

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Die im Erfordernis der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung liegende Konkretisierungsleistung sollte nicht unterschätzt werden. Eine Einschränkung gegenüber einer Konturierung der Bestimmungshandlung, die sich lediglich an der (ex post zu beurteilenden) Kausalität orientiert, liegt schon im Gefahrerfordernis: Als Bestimmungshandlung kommt nur ein Verhalten in Betracht, das bereits ex ante eine auf konkreten Anhaltspunkten gegründete Wahrscheinlichkeit begründet, dass der Haupttäter einen Tatentschluss fasst und auf dessen Grundlage ein Rechtsgut verletzt. Schon damit kann nicht mehr jede beliebige Verhaltensweise (die sich letztlich zufällig als ursächlich erweist) als Anstiftungshandlung erfasst werden.

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Weiter muss die Gefahr rechtlich missbilligt sein; ein rechtlich erlaubtes Verhalten kann nicht strafbar sein. In einem ersten Schritt kommt es also darauf an, dass der Anstifter gegen die Vorgaben der Primärordnung verstößt (dazu Rn. 46 ff.). Der damit vorausgesetzte Verhaltensnormverstoß erfüllt aber noch nicht ohne weiteres einen Straftatbestand. Aus dem ultima ratio-Prinzip und aus dem Erfordernis eines gesetzlich bestimmten Straftatbestandes folgt, dass nicht jede rechtlich missbilligte Verhaltensweise auch bei Strafe verboten sein muss. Das rechtlich missbilligte Verhalten muss also ein solches sein, das von dem jeweiligen Tatbestand erfasst ist (dazu Rn. 55 ff.).