Handbuch des Strafrechts

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B. Der Strafgrund der Anstiftung

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Die allgemeinen Überlegungen zum Strafgrund der Teilnahme (dazu → AT Bd. 3: Bettina Noltenius, Die Lehre von der Beteiligung, § 50 Rn. 70 ff.) beanspruchen natürlich auch für die Anstiftung Geltung. Obwohl es Teilnahmetheorien gibt, die in besonderer Weise auf die Anstiftung zugeschnitten sind (dazu sogleich Rn. 10 ff.), müssen die allgemeinen Teilnahmelehren mit ihrem Anspruch, auch den Strafgrund der Beihilfe zu erfassen, noch zu unspezifisch bleiben. Unterhalb der Frage nach dem allgemeinen Strafgrund der Teilnahme sind deshalb solche Ansätze angesiedelt, die speziell die Anstiftung betreffen (dazu Rn. 17 ff.).

I. Ansätze in den allgemeinen Lehren zum Strafgrund der Teilnahme

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Die Schuldteilnahmetheorie, wesentlich ein Relikt der überkommenen theologischen Grundlegung (Rn. 2), ist zwar als allgemeine Lehre zum Strafgrund der Teilnahme konzipiert,[20] passt aber in besonderer Weise auf die Anstiftung.[21] Nach dieser Auffassung verstrickt der Anstifter den Haupttäter in Schuld. Damit verselbstständigt sich das Unrecht der Anstiftung gegenüber dem Haupttatunrecht[22] und müsste sich in seinem Gewicht folglich konsequenterweise an dem bewirkten Gesinnungsmangel orientieren. Mit der Einführung der limitierten Akzessorietät hat die Schuldteilnahmetheorie ihre Bedeutung für das geltende Recht verloren. Grundlegender ist das Bedenken, dass die Beeinflussung der inneren Einstellung in einem freiheitlichen Staat überhaupt kein Gegenstand des Rechts sein kann. Der Angestiftete ist im Regelfall für seine innere Einstellung selbst verantwortlich.[23]

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Die Unrechtsteilnahmetheorie hingegen hält die Verstrickung des Haupttäters in das Unrecht für maßgeblich; der Anstifter fördere die soziale Desintegration des Täters.[24] Auch dieses Konzept löst das Unrecht der Anstiftung von dem der Haupttat mit der Konsequenz, dass sich das Strafmaß an der vom Anstifter verursachten Desintegration orientieren müsste.[25] Das ist weder überzeugend noch mit dem geltenden Recht vereinbar. Das Rechtsgut der „sozialen Integrität“ ist nicht nur konturlos,[26] es versperrt auch die Einsicht, dass nicht der Anstifter, sondern der Haupttäter selbst die Verantwortung für seine Rechtstreue trägt.[27] Als Fortführung des Gedankens der sozialen Desintegration hat Heghmanns speziell für die Anstiftung die Überlegung entwickelt, dass die bewirkte Desintegration weniger wegen der Persönlichkeitsrechte des Haupttäters, als vielmehr mit Blick auf die Gefahren, die der einmal bewirkte Wertverlust für die Zukunft bedinge, Unrecht begründe.[28] Gegen dieses Konzept wird man aber einwenden müssen, dass die generelle Senkung der Normtreue, auch wenn sie in Beziehung zum Gewicht der Haupttat steht,[29] sich vom Tatunrecht löst und zudem den Täter in einer Weise, die seiner Freiheit keine Rechnung trägt, auf die Rolle einer gefährlichen Person festlegt.[30]

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Ausgangspunkt der von H. Schumann entwickelten Solidarisierungstheorie ist die Pointierung des Prinzips der Selbstverantwortung: Da die Haupttatbegehung im Verantwortungsbereich des Täters liege, könne das Teilnahmeunrecht nicht in einer Mitverantwortung für diese Tat, sondern „nur darin liegen, dass die Teilnahmehandlung als solche schon einen besonderen Aktunwert beinhaltet, der sie als ein für die Rechtsgemeinschaft ,unerträgliches Beispiel‘ erscheinen lässt“.[31] Der ein selbstständiges Teilnahmeunrecht begründende sozial unerträgliche Handlungsunwert liege in der Solidarisierung mit fremdem Unrecht, welche in der Rechtsgemeinschaft einen rechtserschütternden Eindruck hervorrufe.[32] Für die Anstiftung sieht Schumann die erforderliche Solidarisierung nur bei einer ausdrücklichen oder konkludenten Aufforderung gegeben.[33] Nun kann man gerade bezogen auf die Anstiftung schon kritisch fragen, ob die Aufforderung, mit der der Anstifter nur seine eigenen Interessen verfolgt und sich gerade scheut, die Tat selbst zu begehen, als Solidarisierung mit fremdem Unrecht verstanden werden muss.[34] Zentral ist aber der Einwand, dass das „für die Rechtsgemeinschaft unerträgliche Beispiel“, das der Anstifter durch seine Solidarisierung gebe, das Unrechtsverhalten auf einen sozialpsychologischen Reflex reduziert, anstatt die Verletzung des Rechtsverhältnisses des Anstifters zu dem Opfer der Haupttat zu thematisieren.[35]

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Die von der Rechtsprechung[36] und einem starken Teil der Literatur[37] vertretene akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie sieht den Strafgrund der Teilnahme in der „Verursachung fremden Unrechts durch Mitwirkung an der Normverletzung des Täters“.[38] In dieser Fassung ist die Lehre in besonderer Weise auf die Anstiftung zugeschnitten, wenn man gerade die Anstiftung – im Unterschied zur Beihilfe – durch eine kausale Mitwirkung gekennzeichnet sieht.[39] Die Anstiftung wird danach durch die „Verursachung eines rechtswidrigen Verhaltens“ charakterisiert.[40] Die Art der Verursachung ist grundsätzlich gleichgültig; es kommt auch nicht darauf an, dass der Haupttäter sich überhaupt der Beeinflussung bewusst ist.[41] Mit diesem Ansatz wird zutreffend verdeutlicht, dass die Anstiftung auf das gleiche Rechtsgut bezogen ist wie die Haupttat; die Abgrenzung zu anderen Beteiligungsformen muss nach der Art des Angriffs erfolgen – und gerade hier bleibt die Verursachungstheorie farblos.

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Eine stärker den materiellen Unrechtsgehalt des Teilnehmerverhaltens betonende „Verfeinerung“[42] der akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie ist die Lehre vom akzessorischen Rechtsgutsangriff. Danach ist jede Teilnahme „eine akzessorische Verursachung, eine mittelbare, über den Täter laufende Herbeiführung einer tatbestandsmäßigen Rechtsgutsverletzung“.[43] Mit dem Erfordernis eines Rechtsgutsangriffs wird ein Aspekt hervorgehoben, der in der akzessorietätsorientierten Verursachungstheorie kaum zum Tragen kommt, nämlich der in der Teilnahme liegende Handlungsunwert, der sich nicht darin erschöpfen kann, dass der Anstifter (irgendwie) ursächlich für die Haupttat wird.[44] Mit dieser stärker auf den materialen Unrechtsgehalt der Teilnahme bezogenen Bestimmung wird zugleich verdeutlicht, dass der Anstifter zwar auf den Haupttäter einwirkt, sich die Rechtsverletzung[45] aber in seinem Verhältnis zum Opfer vollzieht. Schärfer als bei der Verursachungstheorie tritt so auch das Problem der Begründung des Unrechts der Anstiftung hervor, die nur vermittelt über die Entscheidungsmacht des Haupttäters eine Verletzung des Rechtsverhältnisses zwischen Anstifter und Opfer begründen kann.

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Grundsätzlich abweichend wendet sich Jakobs gegen die Annahme, der Teilnehmer verwirkliche durch ein Verhalten im Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung Unrecht.[46] Unrecht sei „nicht irgendwelche böse Planung und deren Umsetzung durch physische Vorbereitung, vielmehr nur der Einbruch in die Organisation eines anderen …“; „Verbrechen ist die mit dem (materiell verstandenen) Versuch beginnende Anmaßung fremder Organisation.“[47] Bezogen auf die Anstiftung bedeute das, dass deren Unrecht nicht im Hervorrufen des Tatentschlusses liege.[48] Teilnahme sei vielmehr „Tatausführung durch fremde Hand“, verlange also Zurechnung des Haupttatunrechts.[49] Basis dieser Zurechnung könne nach dem Gesagten freilich nicht ein Verhaltensunrecht des Teilnehmers sein, sondern eine Obliegenheitsverletzung (eine „Pflicht gegen sich selbst“): Der Teilnehmer habe „sich in eine Lage begeben, in der er von dem zukünftig verwirklichten Unrecht nicht distanziert werden kann, da er die zu seiner Realisierung erforderlichen Vorbereitungen vorangebracht hat.“[50] Womit dann der Ausführende sowohl sein als auch das Werk der Vorbereitenden vollziehe.[51] Dieser Ansatz ist, wie Jakobs sieht, mit dem geltenden Recht, insbesondere mit § 30 StGB, nicht vereinbar.[52] Es kann aber auch in der Sache nicht überzeugen, wenn etwa die Aufforderung zum Mord gegen Bezahlung dem Bereich des Privaten zuzuordnen sein soll.[53] Dass dies auch schwerlich den von Jakobs immer wieder in Anspruch genommenen gesellschaftlichen Überzeugungen[54] entspricht, sei nur am Rande vermerkt. Es folgt auch nicht aus der Einsicht, dass die Vorbereitungen des Täters als solche (soweit sie nicht von speziellen Tatbeständen erfasst sind) kein Unrecht begründen.[55] Auch wenn solche Vorbereitungshandlungen selbstverständlich den Plan ebenfalls voranbringen,[56] macht es doch für die Legitimation einer Verbotsnorm einen Unterschied, ob der Haupttäter seine eigene Tat vorbereitet, und damit das Weitere stets unter dem Vorbehalt seiner eigenen Entschlussfassung steht, oder aber auf fremde Freiheit eingewirkt und damit nicht beherrschbare Risiken für das Opfer geschaffen oder erhöht werden.

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Grundsätzlich berechtigt bleibt damit die Lehre vom akzessorischen Rechtsgutsangriff. Aus dieser folgt das Bedürfnis, die Anstiftungshandlung in einer Weise zu konturieren, die den Anforderungen an den tatbestandlich geforderten Rechtsgutsangriff gerecht wird. Ansätze, die auf eine solche Konturierung zielen, finden sich auf zwei Ebenen. Zum einen noch im Grundsätzlichen bei der Frage nach dem spezifischen, dem allgemeinen Strafgrund der Teilnahme gewissermaßen nachgelagerten Strafgrund der Anstiftung (dazu sogleich Rn. 17 ff.).[57] Und zum anderen bei den Bemühungen um eine genauere Konturierung der Bestimmungshandlung Rn. 34 ff.

 

II. Spezifische Ansätze zum Strafgrund der Anstiftung

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Die Benennung eines spezifischen Strafgrundes der Anstiftung ist mit Blick auf die unterschiedlichen Anforderungen an Anstiftung und Beihilfe und wegen der unterschiedlichen Strafrahmen, die Unterschiede im Unrechtsgehalt implizieren, unerlässlich.[58] Wie beim Strafgrund der Teilnahme allgemein geht es auch hier nicht um einen Strafgrund der Anstiftung „an sich“, sondern um die Legitimation der Anstiftung gerade in der Form, in der sie im StGB geregelt ist.[59] Demzufolge sind etwa das Erfordernis der limitierten Akzessorietät (für die Teilnahme allgemein) und der tätergleiche Strafrahmen (für die Anstiftung im Besonderen) bei den Überlegungen zum Strafgrund der Anstiftung zu berücksichtigen.

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Die Ansätze, die sich um eine spezifische Fassung des Strafgrunds der Anstiftung bemühen, zielen auf die Formulierung von Anforderungen ab, die dem Gewicht der Täterschaft äquivalent, gegenüber der milder strafbewehrten Beihilfe aber höher sind.[60] Dabei geht es im Verhältnis zur Beihilfe nicht nur um ein graduell gesteigertes Unrecht; die Anstiftung ist nicht etwa eine besonders intensive Beihilfe, sondern ein qualitativ andersartiges Unrecht, das mit der Beihilfe lediglich den über den Haupttäter vermittelten Rechtsgutsangriff gemein hat.[61] Vor diesem Hintergrund ist es von Relevanz für die Überzeugungskraft der allgemeinen Teilnahmelehren, dass sie unterschiedlich geeignet erscheinen, die anstiftungsspezifischen Restriktionen aufzunehmen. Das gilt insbesondere für die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie, für die solche Restriktionen deshalb einen Fremdkörper darstellen, weil ausgehend von der Äquivalenztheorie alle Formen der Haupttatverursachung gleichwertig sein müssten und eine Anstiftung danach grundsätzlich immer dann vorläge, wenn ein Verursachungszusammenhang mit der Haupttat besteht.[62]

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Dagegen ist die Lehre vom akzessorischen Rechtsgutsangriff für anstiftungsspezifische Präzisierungen des Strafgrundes aufgrund ihres betont normativen Ausgangspunktes offener. Dabei lässt sich freilich keine scharfe Grenze zwischen Präzisierungen des Strafgrunds einerseits und den Anforderungen an die Tatbestandsverwirklichung andererseits ziehen. Das ist nicht weiter überraschend, denn die Tatbestandsvoraussetzungen vertypen das spezifische Unrecht und konkretisieren damit auch den Strafgrund. Beispielhaft: Das Erfordernis eines geistigen Kontakts lässt sich als Präzisierung des Strafgrundes thematisieren[63] und muss sich dann natürlich auch notwendig in den Anforderungen an die Bestimmungshandlung niederschlagen.[64] Dem Strafgrund wird man solche Anforderungen zuschlagen können, die, auch wenn sie sich nicht schon zuverlässig aus dem Wortlaut ergeben, mit Blick auf die ratio des § 26 StGB vorausgesetzt werden müssen.

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Als anstiftungsspezifische Konkretisierung der Anforderungen eines akzessorischen Rechtsgutsangriffs lässt sich die Lehre vom geistigen Kontakt interpretieren. Danach verlangt die Anstiftung einen offenen geistigen Kontakt oder eine „kommunikative Beeinflussung“.[65] Damit soll die Schaffung tatanreizender Situationen aus dem Bereich des Tatbestandsmäßigen ausgeschlossen werden.[66] Wer also etwa eine Situation arrangiert, in der der Ehemann seine Frau in flagranti ertappt und sodann, dem Wunsch des Arrangeurs entsprechend, den Liebhaber misshandelt, soll danach nicht als Anstifter strafbar sein. Für diese Anforderung wird der Wortsinn des Begriffs „bestimmen“ ebenso geltend gemacht wie das Erfordernis restriktiver Interpretation mit Blick auf die tätergleiche Strafe für den Anstifter.[67] Einwenden lässt sich gegen diesen Ansatz freilich, dass Tatsachenarrangements besonders effiziente Mittel zur Hervorrufung eines Tatentschlusses sein können,[68] wie das vorstehende Beispiel zeigt.

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Mit dem Erfordernis eines geistigen Kontakts bleiben allerdings solche kommunikativen Vorgänge erfasst, bei denen dem Täter lediglich bestimmte kriminelle Verhaltensoptionen aufgezeigt und zur Disposition gestellt werden. An dieser Stelle setzt ein Vorschlag zu einer weiterer Konkretisierung der Anforderungen an einen akzessorischen Rechtsgutsangriff an,[69] nämlich das Erfordernis eines kollusiven Kontakts, womit im Regelfall gemeint ist, dass der Anstifter den Haupttäter zur Tat auffordern müsse.[70] Erst damit erhalte das Anstiftungsverhalten die finale Ausrichtung auf die Haupttatbegehung, die es als Angriff auf fremde Rechtsgüter auszeichne.[71]

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Am Inhalt der Aufforderung setzt der Gedanke einer Planherrschaft an. Der Anstifter beherrsche entweder die Planungsphase der Tat[72] oder „die für die Entschlussfassung erforderliche Willensenergie“.[73] Zum letztgenannten Aspekt, der in Fällen einschlägig sein soll, in denen der Anstifter das Ziel, aber nicht den Weg dorthin vorgibt, passt der Aspekt der Planherrschaft freilich ersichtlich nicht.[74] Bloy sieht deshalb im Anschluss an Schulz als das übergeordnete Leitprinzip, welches den Gedanken der Planherrschaft und die „Anstiftung hinsichtlich der voluntativen Komponente des Tatentschlusses“ zusammenfasse, den „Dominanzgedanken“.[75] Die darin liegende Einschränkung des Kriteriums der Planherrschaft verweist auf eine prinzipielle Grenze.[76] Denn auch eine weitreichende Planungsleistung genügt nicht, wenn der Anstifter den Tatentschluss nicht hervorruft – womit einerseits die voluntative Beeinflussung auch bei der Planherrschaft unverzichtbar ist und andererseits allein das Element der Planungsleistung eine zuverlässige Abgrenzung zur Rathilfe nicht erlaubt.[77]

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Restriktiver noch verlangt Puppe mit ihrer Lehre vom Unrechtspakt zur Legitimation der tätergleichen Bestrafung des Anstifters nach „einem gemeinsamen Tatplan, zu dessen Ausführung der Täter sich gegenüber dem Anstifter verpflichtet und sich so dessen Bestimmung bei der Tatausführung freiwillig unterordnet“.[78] Der Anstifter soll damit gleich dem Mittäter an der Planung, im Unterschied zu diesem aber nicht an der Tatausführung beteiligt sein.[79] Gleichwohl wirkt der Unrechtspakt freilich auch in die Tatausführung insofern hinein, als der Pakt für den Haupttäter so bedeutsam sein müsse, dass er die Tatausführung davon abhängig macht, dass auch der Anstifter an dem Plan festhält.[80] Puppe selbst weist darauf hin, dass es erhebliche Schwierigkeiten machen kann, diese Art der Beziehung zwischen Anstifter und Haupttäter im Einzelfall festzustellen.[81] Positiv lässt sich zur Lehre vom Unrechtspakt feststellen, dass sie die tätergleiche Strafbarkeit des Anstifters plausibel zu machen vermag. Dafür schränkt sie allerdings den Bereich der Anstiftung in einer Weise ein, die mit dem Wortlaut von § 26 StGB schwerlich zu vereinbaren ist[82] und letztlich an die Stelle der Gleichwertigkeit von Anstiftung und Täterschaft eine weitgehende Gleichartigkeit setzt.[83] Letztlich zu ähnlichen Ergebnissen kommt Jakobs, der zunächst – noch auf einer Linie mit dem Erfordernis der Aufforderung – eine Beeinflussung dahingehend verlangt, dass „die Tat stattfinden soll“.[84] Aus dem Erfordernis eines wirkmächtigen Sollens folgert er dann aber im Einklang mit Puppe, dass der Täter seinen Entschluss in Abhängigkeit vom Willen des Beeinflussenden nicht nur fasst, sondern auch durchhält.[85] Aber die Aufforderung realisiert sich nicht nur dann in dem Entschluss, wenn der Haupttäter seine Entscheidung von der des Anstifters abhängig macht. Der Täter kann sich ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, dass ihn nur das frühere Zuraten, aber nicht die spätere Abkehr des Auffordernden interessiere.[86]

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Noch weiter den Anwendungsbereich der Anstiftung einengend sieht M. Köhler „in Anbetracht der Entschlussfreiheit des Täters“ weder im „Rat“, noch in der „Befürwortung“ und selbst in der „Aufforderung“ zur Tatbegehung eine hinreichende Tatmacht; solche Stellungnahmen könnten „dem Täter außerhalb von freiheitseinschränkenden Abhängigkeitsverhältnissen gleichgültig sein“.[87] Auch „Kollusion“ oder „Unrechtspakt“ sollen nicht ausreichen, „denn das Kommunikations- oder Kollusionsmoment gibt dem der Tatausführung Fernstehenden noch keine Macht über den Täter“.[88] Die erforderliche Tatmacht müsse vielmehr „durch die äußere Abhängigkeit des Guts- und Wohlkonzepts des Täters vom Verhalten des Anstifters vermittelt“ werden und könne in Anlehnung an § 48 StGB a.F. durch die dort genannten Anstiftungsmittel typisiert werden.[89] Damit erfasse die Anstiftung auch die von der h.M. der mittelbaren Täterschaft zugeordneten Fälle des Irrtums, der Nötigung und der Organisationsherrschaft.[90] Ungeachtet der von Seiten der (primären) Täterlehre zu klärenden Frage, ob die Zuordnung dieser Fälle zur mittelbaren Täterschaft berechtigt ist, werden auf diese Weise irrtums- und nötigungsgegründete Gestaltungsmacht mit der Setzung sonstiger wirkmächtiger Motive auf eine Stufe gestellt, obwohl man zwar bei der Nötigung, schwerlich aber bei einem Lohnversprechen von einem Verhältnis freiheitsbeschränkender Macht sprechen kann.[91]

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Abweichend von den bisherigen Konzepten sieht Hoyer ausgehend vom Strafgrund der Teilnahme als eines akzessorischen Rechtsgutsangriffs den spezifischen Strafgrund der Anstiftung darin, dass dem Anstifter nicht nur (wie dies beim Gehilfen der Fall sei) das Erfolgsunrecht der Haupttat, sondern auch das in der Haupttat realisierte Handlungsunrecht zugerechnet werden könne.[92] Die Zurechnung des Handlungsunwerts resultiere aus dem Beitrag, den der Anstifter zum Zustandekommen des Tatentschlusses leisten müsse. Das „Bestimmen“ müsse deshalb so ausgelegt werden, dass es eine Zurechnung des Handlungsunwerts erlaube, was nach einer „Motivherrschaft“ dergestalt verlange, dass der Anstifter „die Tatausführung als eine an ihn zu erbringende Leistung fordern“ und der Täter die Tat begehe „weil er dem Anstifter die geforderte Leistung erbringen will“.[93] Erforderlich sei ein gemeinsamer Tatentschluss zwischen den Beteiligten,[94] womit die Nähe zur Lehre vom Unrechtspakt unübersehbar – und die an ihr geäußerte Kritik übertragbar – wird (Rn. 23).[95] Nun lässt sich freilich nach der Konzeption des Gesetzes gar nicht bestreiten, dass sich das spezifische Unrecht der Anstiftung aus der Qualität der Bestimmungshandlung für das Zustandekommen des Tatentschlusses ergeben muss. Zutreffend ist auch, dass hierfür die Zurechnungslehre – genauer: die Lehre vom tatbestandsmäßigen Verhalten – wesentliche Einsichten bereithält (dazu Rn. 43 ff.). Aber auch bei der Beihilfe kann der Bezug zum Erfolgsunwert der Haupttat nur über einen Handlungsunwert vermittelt werden; hier kann also schwerlich die Unterscheidung gefunden werden.[96] Schließlich sind auch die Anforderungen an eine „Zurechnung“ näher klärungsbedürftig (dazu Rn. 84 ff.).

26

Richtigerweise lässt sich das Erfordernis eines akzessorischen Rechtsgutsangriffs nicht unvermittelt durch phänomenologisch umschriebene Anforderungen, wie etwa einen geistigen Kontakt, konkretisieren.[97] Es ist vielmehr auf die elaborierten Instrumentarien zurückzugreifen, mit deren Hilfe auch sonst der tatbestandlich vorausgesetzte Verhaltensunwert ermittelt wird und die ihrer Begründung nach nicht auf die täterschaftliche Tatbestandsverwirklichung beschränkt sind. Es sind also die allgemeinen Anforderungen, die in der Lehre vom tatbestandsmäßigen Verhalten bzw. im Rahmen der objektiven Zurechnungslehre für den Verhaltensunwert entwickelt wurden, auf das tatbestandliche Verhalten bei § 26 StGB zu übertragen. Erforderlich ist damit, dass der Anstifter eine rechtlich missbilligte Gefahr schafft. Da Bezugspunkt dieser Gefahrschaffung der Tatentschluss und die darauf gegründete Tatbegehung des Haupttäters ist, verlangt die Anstiftung die Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr in Richtung auf das Hervorrufen eines Tatentschlusses.[98] Dieser Aspekt ist (in anschaulicher, aber rechtlich gleichwohl ungenauerer Terminologie) angesprochen, wenn die Äquivalenz mit dem täterschaftlichen Unrecht damit begründet wird, dass der Anstifter der „Initiator“ oder „geistige Urheber“ der Haupttat sein müsse.[99] Selbstverständlich bedarf der Ausgangspunkt bei der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung der Konkretisierung, die sich in zwei Stufen vollzieht: Zum ersten sind rechtlich missbilligte Gefahren von tolerierten Risiken abzugrenzen. Es kommen also von vornherein nicht solche Verhaltensweisen als Anstiftung in Betracht, die trotz ihrer Gefährlichkeit von der allgemeinen Handlungsfreiheit gedeckt sind (hier ist insbesondere an die „neutrale Anstiftung“ zu denken; dazu Rn. 47 ff.). Zum zweiten ist für eine Anstifterstrafbarkeit vorausgesetzt, dass die Gefahrschaffung ihrer Art und ihrem Gewicht nach das in § 26 StGB vorausgesetzte Handlungsunrecht erfüllt. Dies ist sowohl eine Forderung der Gesetzesbestimmtheit als auch der tätergleichen Strafandrohung, die Anforderungen impliziert, die über der Schwelle liegen, ab der überhaupt eine Strafandrohung legitim ist. Diese Anforderungen sind im Einzelnen im Rahmen der Auslegung der Bestimmungshandlung zu thematisieren (Rn. 34 ff.).

 

12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 53 Anstiftung › C. Die Voraussetzungen der Anstiftung