Handbuch des Strafrechts

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[200]

Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 12; ders, AT 1/15.; vgl. auch Lesch, Sukzessive Beihilfe, S. 246 ff. Die Vollziehung der Strafe diene daher mit ihrer generalpräventiven Ausrichtung der Bewahrung der Gesellschaft insgesamt.

[201]

Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 19.

[202]

Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 14, 16.

[203]

Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 18 ff.

[204]

Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 37.

[205]

Jakobs, GA 1996, S. 255; ders., Theorie der Beteiligung, S. 36.

[206]

Vgl. dazu auch Kahlo, Das Problem des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs, S. 210 f.

[207]

Jakobs, Theorie der Beteiligung, S. 37.

[208]

Vgl. Jakobs, Schuld und Prävention, 1976, S. 17.

[209]

Vgl. näher Sch/Sch-Heine/Weißer, Vor §§ 25 ff. Rn. 42.

[210]

Vgl. auch Kühl, AT, § 20 Rn. 134.

[211]

Näher hierzu Sch/Sch-Heine/Weißer, Vor §§ 25 ff. Rn. 39 m.w.N.

[212]

BGHSt 46, 107, 109; BGHSt 8, 390; RGSt 58, 113 ff.

[213]

LK13-Schünemann, § 27 Rn. 1, 2 ff. m.w.N.

[214]

Murmann, GK Strafrecht, 5. Aufl., 2019, § 27 Rn. 127 m.w.N.

[215]

Vgl. insgesamt auch Köhler, AT, S. 492

[216]

Auf die Diskussion, welche Tatbestände des Besonderen Teils als „eigenhändige Delikte“ anzusehen sind, kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. hierzu näher Satzger, JURA 2011, 103.

[217]

Roxin, AT Bd. 2, § 25 Rn 271 f.; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, 2017, § 6 Rn. 72.

[218]

LK13-Schünemann, § 25 Rn. 134.

[219]

LK13-Schünemann, § 25 Rn. 139.

[220]

So z.B. Stratenwerth/Kuhlen, AT, § 12 Rn. 40.

[221]

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 367 ff.

[222]

Kaufmann, Unterlassungsdelikte, 1959, S. 191; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 1969, S. 206 f.: Beteiligung an Unterlassungsdelikten sei immer nur Täterschaft.

[223]

Kaufmann, Unterlassungsdelikte, S. 203.

[224]

Vgl. näher zur Kritik Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 520 ff.

[225]

Geppert, Zur Problematik des § 50 Abs. 2 StGB, ZStW 82 (1970), 40 (70); Ranft JZ 1995, 1186 (1187).

[226]

Näher Kahlo, Unterlassung als Kriminaldelikt, 2001, S. 249 ff.

[227]

Vgl. auch SSW-Kudlich, § 13 Rn. 48 m.w.N.

[228]

BGHSt 41, 1 (4), zur Verletzung von Informationspflichten gegenüber den Finanzbehörden im Rahmen von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; hierzu näher NK-Puppe, Vorbem. zu §§ 13 ff. § 72; SSW-Murmann, § 28 Rn. 8.

[229]

Vgl. auch Murmann, FS-Beulke, S. 181.

[230]

„Wertende Gesamtbetrachtung“: BGH HRRS 2012 Nr. 534; HRRS 2017 Nr. 685; ohne nähere Begründung Täterschaft BGHSt 38, 325, 337 ff.; 41, 113, 116 ff.

[231]

BGHSt 43, 381 (397); HRRS 2017 Nr. 685.

[232]

BGHSt 41, 113 (116f.); BGHSt 38, 325 (337).

[233]

Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 1034; Sch/Sch-Heine-Weißer, Vorb. zu §§ 25 ff. Rn. 102.

[234]

MK-Joecks, § 25 Rn. 281.

[235]

Vgl. auch die Kritik bei Otto, Jura 2017, S. 289 (292 f.).

[236]

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 470 f.; Pariona, Täterschaft und Pflichtverletzung, 2010, S. 182 ff.

[237]

Otto, Jura 2017, S. 289 (291); Sch/Sch-Heine-Weißer, Rn. 92; Murmann, FS-Beulke, S. 184.

[238]

Herzberg, Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip, 1972, S. 259 ff.; Geppert, Jura 1999, 266 (271); ähnlich Murmann, Beulke-FS, 184 ff; Krüger, ZIS 2011, S. 1 ff., nimmt umgekehrt an, dass Überwachergaranten regelmäßig als Täter anzusehen sind, da ihnen die Herrschaft über ihren zu überwachenden Bereich zukomme; Jakobs unterscheidet nach Pflichten „institutioneller Zuständigkeit“ und „Pflichten kraft Organisationszuständigkeit“, Theorie der Beteiligung S. 53 ff.

[239]

Vgl. zur Kritik auch Otto, Jura 2017, S. 289 (293); Sch/Sch-Heine-Weißer, Rn. 91.

[240]

Gallas, JZ 1960, S. 686, 687.

[241]

Gallas, JZ 1960, S. 686, 687.

[242]

Sch/Sch-Heine-Weißer, Rn. 91 m.w.N.

[243]

Geppert, Jura 1999, 266 (271); Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 789.

[244]

Pariona, Täterschaft und Pflichtverletzung, S. 192 f.

[245]

Zutreffend Gallas, JZ 1960, S. 686, 687.

[246]

Ebenso Köhler, AT, S. 537.

[247]

Köhler, AT, S. 537.

[248]

Köhler, AT, S. 540; Schlehofer, Herzberg-FS, S. 355, 365 ff.

[249]

NK-Schild, Vor § 25 Rn. 6.

[250]

Vgl. Otto, Spendel-FS, S. 271, 272 f.

[251]

Weiter Köhler, AT, S. 540.

[252]

MK-Joecks, Vor §§ 25 ff., Rn. 17; Sch/Sch-Heine-Weißer, Vor §§ 25 ff., Rn. 121 ff.

[253]

MK-Joecks, Vor §§ 25 ff., Rn. 16.

[254]

Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/539400/9f7fe461015429dc5f71c4c3d2816704/wd-7-070-17-pdf-data.pdf.

 

[255]

Ries, RIW 1993, 545; Otten, Die Sanktionierung von Unternehmen, 2005, S. 75 ff.

[256]

Abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMI16-127.pdf.

[257]

Abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMI16-127.pdf, S. 1 ff.; vgl. zudem den Kölner Entwurf eines Verandssanktionengesetzes, VerbSG-E, abrufbar unter http://www.jpstrafrecht.jura.uni-koeln.de/sites/iss_juniorprof/Projekte/Koelner_Entwurf_eines_Verbandssanktionengesetzes__2017.pdf. S. zur Kritik Mommsen/Laudien-BeckOK, § 14 Rn. 34.

[258]

Heinitz, Mitteilungen zum 40. DJT, NJW 1953, 1462, 1463.

[259]

v. Liszt, Lehrbuch, 4. Aufl., 1884, S. 128; vgl. auch dens., ZStW 8 (1888), 151.

[260]

Vgl. auch Achenbach, ZIS 2012, 178 ff.

[261]

Vgl. zur grundlegenden Kritik v. Freier, Kritik der Verbandsstrafe, 1998; ders., GA 2009, 98 (108).

[262]

v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. 2, 1840, S. 312.

[263]

BVerfGE 25, 269.

[264]

Vgl. zur Kritik auch BEckOK-Mommsen/Laudien, § 14 Rn. 31.

[265]

BGHSt 4, 244 (247); BGH 31, 136.

[266]

Sch/Sch-Heine/Weißer, Vor §§ 25 ff. Rn. 47.

[267]

BGH NStZ 2000, 197; NStZ 2009, 258.

[268]

IStGH, 01/04-01/07, Pros. v. Katanga and Chui, Pre-Trial Chamber 30.9.2008, Nr. 496 ff. Vgl. auch MK-Weigend, § 2 VStGB Rn. 15 m.w.N.

[269]

Vgl. zur Begründung BT-Drs. 14/8524, 17.

12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 51 Mittäterschaft

Bettina Noltenius

§ 51 Mittäterschaft

A.Geschichte der Gesetzgebung4 – 10

I.Die Entwicklung bis 18715, 6

II.Die Regelung der Mittäterschaft seit dem Reichsstrafgesetzbuch von 18717 – 9

III.Reformüberlegungen10

B.Die Entwicklung der Rechtsprechung11 – 19

C.Begründungsansätze in der Literatur20 – 39

I.Die subjektive Täterlehre und ihre Bedeutung für die Mittäterschaft21 – 23

II.Die Mittäterschaft auf der Grundlage einer finalen Handlungslehre24 – 29

III.Die Mittäterschaft als funktionale Tatherrschaft30 – 32

IV.Mittäterschaft auf der Grundlage neuerer Ansätze in der Literatur33 – 39

D.Die Mittäterschaft auf der Grundlage einer personalen Handlungslehre40 – 70

I.Begründung der Voraussetzungen mittäterschaftlicher Begehung42, 43

II.Gemeinsamer Tatentschluss44 – 54

1.Willensübereinstimmung der Mittäter45 – 47

2.Der Inhalt des Tatentschlusses48

3.Die sog. Scheinmittäterschaft49

4.Das Aufgeben des gemeinsamen Tatentschlusses50 – 53

5.Mittäterschaft mit einem schuldlos Handelnden54

III.Die gemeinsame Tatausführung55 – 67

1.Die Qualität des mittäterschaftlichen Tatbeitrags56 – 59

2.Der Zeitpunkt des Tatbeitrags60 – 67

a)Beiträge vor Versuchsbeginn60 – 64

b)Beiträge nach formeller Vollendung65 – 67

IV.Folgen der mittäterschaftlichen Zurechnung68 – 70

E.Besondere Problembereiche71 – 119

I.Eigenhändige Delikte71

II.Sonderpflichtdelikte72 – 76

III.Mittäterexzess77 – 85

IV.Unterlassung und Mittäterschaft86 – 97

1.Zusammenwirken von Unterlassenden87, 88

2.Zusammenwirken eines Garanten mit einem aktiv Handelnden89 – 97

V.Fahrlässigkeit und Mittäterschaft98 – 104

VI.Alternative und additive Mittäterschaft105 – 111

1.Alternative Mittäterschaft105 – 109

2.Additive Mittäterschaft110, 111

VII.Versuch und Mittäterschaft112 – 119

1.Mittäterschaftlicher Versuch113 – 118

2.Versuch der Mittäterschaft119

F.Mittäterschaftliche Begehung anderer Beteiligungsformen120 – 129

I.Mittäterschaftliche mittelbare Täterschaft121

II.Mittäterschaftliche Teilnahme122

III.Teilweise Mittäterschaft123 – 127

IV.Mittäterschaft und tatbestandslose Selbstschädigung128

V.Notwendige Mittäterschaft129

G.Strafzumessung130, 131

Ausgewählte Literatur

1

Die Mittäterschaft ist in § 25 Abs. 2 StGB geregelt. Danach sind diejenigen Mittäter, die die Tat gemeinschaftlich begehen. § 25 Abs. 2 StGB beinhaltet nicht einen Täter- bzw. Mittäterbegriff, sondern beschreibt die gemeinschaftliche Tatbegehung zunächst nur. Die Norm geht auf das am 1. Januar 1975 in Kraft getretene[1] 2. StRG[2] zurück und entspricht im Wesentlichen dem seit 1871 gültigen § 47 RStGB. Beide Normen sind Ausdruck der Entscheidung des Gesetzgebers gegen einen Einheitstäterbegriff (näher → AT Bd. 3: Bettina Noltenius, Die Lehre von der Beteiligung, § 50 Rn. 12 ff.).

2

§ 25 Abs. 2 StGB stellt eine Zurechnungsnorm dar. Denn die von einem anderen frei gesetzte Handlung kann dem Mittäter ebenso wie dem Teilnehmer nicht per se als Tatbestandshandlung zugerechnet werden, da sein Beitrag für den gesamten Erfolg nicht eine für sich hinreichende, sondern nur vermittelt über die Handlung des anderen relevante Bedingung des Erfolgs ist. Seine Haftung für den gesamten Erfolg bedarf wegen des Mitwirkens eines anderen Beteiligten einer Begründung.[3] Insbesondere in den Fällen, in denen eine Person die Tathandlung nicht selbst verwirklicht hat, kann nicht ohne weitere Begründungsschritte davon gesprochen werden, dass sie jemanden „getötet“ oder „körperlich misshandelt“ hat usw.[4] § 25 Abs. 2 StGB ist daher notwendig, um eine Zurechnung von Handlungen mehrerer in Bezug auf das im Tatbestand des Besonderen Teils normierte Unrecht zu ermöglichen. Dies entspricht einem restriktiven Täterbegriff. Nicht geklärt ist damit die Frage, wie weit diese Erweiterung der strafrechtlichen Haftung reicht.

 

3

Die Dogmatik der Mittäterschaft hat sich an dem Begriff der „gemeinschaftlichen Tatbegehung“ auszurichten und ist an ihm zu entfalten, insbesondere sind der Zeitpunkt und die Qualität der einzelnen Tatbeiträge näher zu bestimmen. Die Mittäterschaft ist dabei vor allem von der Beihilfe, aber auch von der Anstiftung abzugrenzen. Vor dem Hintergrund des § 25 Abs. 2 StGB haben sich eine Vielzahl von Lehren zur Mittäterschaft entwickelt, die sich sodann mit der Dogmatik der Unterlassungs- und Fahrlässigkeitsdelikte usf. verzahnen und so eine kaum zu überblickende Theorienvielfalt ergeben.

12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 51 Mittäterschaft › A. Geschichte der Gesetzgebung

A. Geschichte der Gesetzgebung

4

Die Geschichte der Mittäterschaft ist eng verwoben mit der Geschichte der Beteiligungslehre insgesamt (dazu → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 3 ff.). Für die Mittäterschaft ist insoweit nur auf die Besonderheiten hinzuweisen.

I. Die Entwicklung bis 1871

5

Die Peinliche Halsgerichtsordnung Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina, CCC) regelte die Beteiligung mehrerer an einer Tat in Art. 148, 177 CCC. Dem Wortlaut nach fehlte in Art. 177 CCC eine Erfassung der materiell als Mittäterschaft zu qualifizierenden Konstellation. Vielmehr wurden hier nur drei Formen der Beihilfe benannt. Andernteils erfuhren bestimmte, heute materiell als Mittäterschaft zu erfassende Fallgestaltungen, eine Regelung in Art. 148 CCC. Dabei erfasste dieser mit dem Raufhandel primär Konstellationen der Nebentäterschaft, in denen also kein gemeinschaftliches Begehen vorlag,[5] klärte aber jedenfalls teilweise die Behandlung der Mittäterschaft beim Raufhandel. Die dort geregelte, maßgeblich auf subjektive Willensübereinstimmung abstellende Figur des Komplotts, bildet die Grundlage der engeren, an gemeinsamer Tatausführung orientierten Mittäterschaft, die sich als solche aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts eigenständig herauskristallisierte.[6]

6

In der Folge entwickelte sich im deutschen Strafrecht eine grundsätzliche Zweiteilung der Beteiligungsformen in Urheber (auctor) und Gehilfe (socius), wobei sich ersterer wiederum in den physischen und den intellektuellen Urheber (heute meist Anstiftung)[7] unterteilte. Physischer Urheber war, namentlich bei Feuerbach, nur derjenige, der unmittelbar durch eigene Kräfte die tatbestandliche Handlung vollzog.[8] Demgegenüber erfuhren die Personen, die sich zur gemeinschaftlichen Ausführung verbunden hatten, als coauctores ex coniuratione eine eigene Behandlung. Die Strafbarkeit als Mittäter erforderte eine Mitwirkung „zur wirklichen Existenz der That“.[9] Schon die Behandlung bei Feuerbach zeugt von einer Sonderstellung der Mittäterschaft in der damaligen Zweiteilung zwischen Urheber und Gehilfe. Das BayStGB von 1861 nahm eine Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme vor, jedoch wurde die Mittäterschaft nicht selbstständig geregelt. Art. 52 BayStGB normierte zwar die Strafbarkeit von Anstifter und Gehilfe gesondert, differenzierte aber im Rahmen der Täterschaft nicht zwischen unterschiedlichen Formen.[10]

II. Die Regelung der Mittäterschaft seit dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871

7

Das RStGB regelte die Mittäterschaft als einzige Form der Täterschaft ausdrücklich. § 47 RStGB bestimmte: „Wenn Mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausführen, so wird Jeder als Thäter bestraft.“ Diese Norm befand sich im Titel „Theilnahme“, was die historisch gewachsene Zwitterstellung der Mittäterschaft zwischen eigener Tatausführung (Täterschaft) und Teilnahme an fremder Tat deutlich macht.

8

Das 2. StRG ersetzte den Begriff des „gemeinschaftlichen Ausführens“ durch das „gemeinschaftliche Begehen“. Die Motivation für diese Änderung lag darin, dass das „Ausführen“ vermeintlich auf Eigenhändigkeit hindeutete.[11] Die Rechtsprechung, nach der Mittäter auch der sein könne, der die Tat nicht eigenhändig ausführt, sollte aufrecht erhalten werden.[12] Indes bestand für eine solche Änderung keine Notwendigkeit: Das Merkmal „ausführen“ war weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur als Erfordernis von Eigenhändigkeit verstanden worden, zumal ein solches Erfordernis eine Regelung der Mittäterschaft überflüssig gemacht hätte, war doch der eigenhändig ausführende ohnehin schon als unmittelbarer Täter strafbar.[13] Allerdings wurde auch in § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB das Merkmal „begehen“ dem Merkmal „ausführen“ vorgezogen: Zum Teil wurde die Ansicht geäußert, aufgrund dieser Formulierung sollte jemand trotz eigenhändiger Tatausführung in bestimmten extremen Fällen nur als Gehilfe strafbar sein.[14] Das Aufrechterhalten der bisherigen Rechtsprechung („subjektive Theorie“) hatte insoweit eine strafbarkeitseinschränkende Wirkung, was auch für die Mittäterschaft gelten musste. Den Wortlaut der Regelungen von unmittelbarer Täterschaft und Mittäterschaft insoweit gleichlaufen zu lassen, war also durchaus konsequent.

9

Für die Beteiligung auf dem Gebiet der damaligen DDR galt § 22 DDR-StGB.[15] Inhaltlich entsprach die Regelung der Mittäterschaft dem Merkmal des „gemeinschaftlichen Ausführens“ des § 47 RStGB. Die Mittäterschaft im Strafrecht der DDR weist in dogmatischer Sicht die Besonderheit auf, dass sie nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 DDR-StGB als Teilnahme bestraft und in ihrer Intensität hinter die Anstiftung zurückgestuft wurde. Dies zeigte sich sodann konsequent in der Möglichkeit einer fakultativen Strafmilderung, wenn der Tatbeitrag des Mittäters im Verhältnis zur Gesamttat gering war (§ 22 Abs. 4 S. 2 DDR-StGB). Bei geringer Schuld und unbedeutendem Tatbeitrag konnte von einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Teilnehmers, also auch der des Mittäters, nach § 22 Abs. 4 S. 3 DDR-StGB gänzlich abgesehen werden. Wesentlicher Unterschied zum bundesdeutschen Recht war, dass aufgrund der in der DDR herrschenden formal-objektiven Theorie die Mittäterschaft eine Beteiligung im Ausführungsstadium erforderte.[16]

III. Reformüberlegungen

10

Verschiedentlich wurde eine Reform der Lehre von der Beteiligung insgesamt und eine Verschiebung zum „Einheitstäter“ befürwortet (dazu → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 20 ff.). Von den Konzeptionen, die sich im Rahmen des differenzierenden Beteiligungssystems bewegen, fanden sich kaum inhaltlich divergierende Vorschläge für die Mittäterschaft. Abweichende Entwürfe für eine gesetzliche Regelung unterschieden sich von der lex lata nur durch zwei Punkte: Zum einen sahen Reformvorschläge die Mittäterschaft entgegen der Konzeption des § 25 Abs. 2 StGB schon als vom jeweiligen Tatbestand des Besonderen Teils erfasste Form der Täterschaft und wollten die gesetzliche Regelung so fassen, dass § 25 Abs. 2 StGB ein rein deklaratorischer Charakter zukommt.[17] Zum anderen wurde eine größere Regelungsdichte des Gesetzes gefordert, dabei aber nicht eine grundsätzlich abweichende Regelung für notwendig erachtet, sondern dafür plädiert, die hinter dem „gemeinschaftlichen Begehen“ stehende Dogmatik im Gesetz festzuschreiben.[18] Auch im Rahmen der Strafrechtsreform blieben die in der „Großen Strafrechtskommission“ vorgeschlagenen Regelungen zur Mittäterschaft inhaltlich (zur begrifflichen Änderung s.o. Rn. 8) durchgehend am damals wie heute geltenden Recht orientiert.[19]

12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 51 Mittäterschaft › B. Die Entwicklung der Rechtsprechung

B. Die Entwicklung der Rechtsprechung

11

Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sah die Mittäterschaft lange als wechselseitige mittelbare Täterschaft an,[20] ohne freilich darzulegen, warum in diesen Fällen eine teilweise mittelbare Täterschaft anzunehmen sein sollte, obwohl beim jeweiligen Tatmittler kein Strafbarkeitsdefizit, sondern eine prinzipiell freie Handlung vorlag.[21] Hinsichtlich der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme vertrat das Reichsgericht auch bei der Mittäterschaft eine subjektive Lehre. Grundlage der subjektiven Theorien bildete die Äquivalenztheorie, nach der alle kausalen Tatbeiträge für den Erfolg objektiv gleichwertig sein sollen, so dass sich die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme notwendigerweise auf die subjektive Ebene verlagern musste.[22] Auf dieser Ebene wurde dann zwischen dem mit Täterwillen („animus auctoris“) handelnden Täter und dem mit bloßem Teilnehmerwillen („animus socii“) handelnden Teilnehmer unterschieden. Nach den vom Reichsgericht grundsätzlich in unterschiedlichen Entscheidungen vertretenen Ansätzen[23] sollte Täter derjenige sein, der die Tat als eigene will (formell-subjektive Theorie)[24] bzw. im eigenen Interesse will (materiell-subjektive Theorie).[25] Teilweise wurden beide Punkte verbunden[26] oder darauf abgestellt, ob der Beteiligte mit der Tat einen selbstständigen oder nur vom Haupttäter abhängigen Willen zur Geltung bringe.[27]

12

Das Reichsgericht nennt mit der subjektiven Seite des Handelnden ein wesentliches Element. Als Abgrenzungskriterium reicht sie indes nicht aus, da grundsätzlich jeder, auch der Teilnehmer, jedenfalls seinen Tatbeitrag als eigenen erbringen will.[28] Zudem kann jemand eine Tat auch in fremdem Interesse selbst begehen (vgl. § 216 StGB und seit 1998 auch die Dritt-Zugeignungs-/Dritt-Bereicherungsabsicht).[29] Schließlich bestimmt gerade der Anstifter regelmäßig aus Eigeninteresse den unmittelbaren Täter zur Tat.[30] Die entsprechenden Abgrenzungen bleiben insoweit letztlich unbestimmt.

13

Entgegen (weniger) anderslautender Entscheidungen vertrat das Reichsgericht jedenfalls im Grundsatz keine extrem-subjektive Lehre, nach der allein der Wille maßgeblich sein sollte, so dass auch derjenige, der die Tathandlung eigenhändig ausführt, als bloßer Teilnehmer in Betracht käme – eine Möglichkeit, die von Buri ausdrücklich abgelehnt hatte.[31] Der prominente Fall, in dem mit dieser rein subjektiven Abgrenzung die Höchststrafe für täterschaftlichen Mord vermieden wurde, war die sog. Badewannen-Entscheidung.[32] Diese Rechtsprechung des Reichsgerichts blieb allerdings eine Ausnahme, während zur Zeit des NS-Regimes der VGH die extrem-subjektive Theorie exzessiv zur Strafbarkeitsausdehnung nutzte, um das nationalsozialistische Willensstrafrecht zu verwirklichen.[33] Das Reichsgericht nahm hingegen eine Täterschaft an, wenn der Handelnde die Tat selbst ausführte. Dementsprechend wurde bei eigenhändiger Tatausführung zum Teil auf eine nähere Untersuchung des Täterwillens verzichtet.[34] Umgekehrt sollte nur derjenige die Tat als eigene wollen, der diese auch mit ausführen wollte. Somit bedurfte es wenigstens (des Willens zu) einer tatsächlichen, sei es auch nur vorbereitenden, dem gemeinsamen Tatplan entsprechenden Mitwirkung an der Haupttat.[35] Darin lag eine Relativierung der rein subjektiven Theorie bzw. eine Normativierung der Bestimmung des Täterwillens.

14

Der BGH vertrat in der Mehrzahl der Fälle zunächst ebenfalls eine moderate Form der subjektiven Theorie und verfolgte den normativierenden Ansatz des Reichsgerichts weiter.[36] Nur in einer Entscheidung wurde ein Bandenmitglied, das die Zollhinterziehung mit ausführte, trotzdem als Täter behandelt, obwohl es nur Gehilfenvorsatz aufwies.[37] In sonstigen Fällen wurde die Möglichkeit einer Beurteilung des eigenhändig die Tat ausführenden Beteiligten als bloßer Gehilfe zunächst nicht ausdrücklich aufgegeben, die eigenhändige Ausführung aber jedenfalls als gewichtiges Indiz für den Täterwillen gesehen.[38] Eine bloße Teilnehmerstrafbarkeit sollte in diesen Fällen nur dann möglich sein, wenn „der Handelnde seinen Willen dem eines anderen vollständig unterordnet und zu diesem in einem Verhältnis steht, das diesem anderen trotz der vollständigen Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale durch das eigene Verhalten die volle Tatherrschaft überläßt“.[39]

15

Allerdings neigte der BGH in militärischen Zusammenhängen – wohl begünstigt durch § 47 MStGB, welcher nur die Teilnahmestrafbarkeit des Untergebenen erwähnte – zur Annahme einer solchen vollständigen Unterordnung.[40] In einem nicht-militärischen Fall forderte er dagegen unter ausdrücklicher Ablehnung der „Badewannenentscheidung“, den Willen des Angeklagten, mit seinem Tatbeitrag nicht bloß fremdes Tun zu fördern. Vielmehr müsse der Mittäter seinen Tatbeitrag als Teil der Tätigkeit aller und die Handlungen der anderen folglich als Ergänzung des eigenen Tatanteils auffassen.[41] Dies wurde dann wiederum maßgeblich aufgrund objektiver Umstände ermittelt, und der Täterwille damit letztlich nicht mehr als rein innere Tatsache verstanden.[42] Dem Angeklagten wurde ein Täterwille, den er eigentlich nicht nachweisbar hatte, unter Rückgriff auf objektive Umstände fiktiv unterstellt. Diese Tendenz findet sich auch in anderen Entscheidungen, in denen der Täterwille maßgeblich unter Rückgriff auf den objektiven Umstand der (vermeintlichen) Mitbeherrschung der Tat begründet wird.[43]

16

Losgelöst vom Täterwillen und allein auf normative Umstände (richterliche Unabhängigkeit) gestützt, begründete der BGH, dass ein berufsrichterlicher Beisitzer am VGH Täter, nicht bloßer Gehilfe Freislers sei.[44] Dagegen wendete der BGH in anderen Fällen wiederum eine extrem-subjektive Theorie an, degradierte die Tatherrschaft zum bloßen (widerlegten) Indiz, und kam so zu einer Beihilfe des eigenhändig die Tat Begehenden[45] bzw. einer Mittäterschaft bei denjenigen, die bei der Tat nicht anwesend waren, sondern nur den Haupttäter zur Begehung ausgewählt hatten.[46] Der BGH vertrat eine strafbarkeitseinschränkend wirkende extrem-subjektive Theorie nicht nur im prominenten „Staschynskij-Fall“ (BGHSt 18, 87[47]), sondern vor allem auch in mehreren Entscheidungen zu Taten im Rahmen der Vernichtungspolitik des Dritten Reiches.[48] Die Linie des BGH, nach der Täter der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik nur Hitler, Himmler und die engste Führungsriege des Dritten Reiches waren, ließ viele Menschen, die während des NS-Regimes eigenhändig getötet hatten, als bloße Gehilfen (oder, wegen der frühen Verjährung des Totschlags, gar gänzlich ungestraft) erscheinen.[49] Diese Sehweise deckte sich aber nicht mit der sonstigen Rechtsprechung und nicht einmal mit dem „Staschynskij-Fall“, wonach derjenige, dessen Ziele sich mit denen des Taturhebers deckten, nicht bloß Gehilfe sein sollte.[50] Das Bedürfnis nach einer konsistenten Theorie zur Abgrenzung gab der BGH in den Nachkriegsjahren faktisch auf und degradierte das Merkmal des Täterwillens zur Leerformel, die je nach gewünschtem Ergebnis mit beliebigen Kriterien von extrem-subjektiv bis zu den objektiven Aspekten einer Tatherrschaftslehre ausgefüllt werden konnte.[51] Die Rechtsprechung bis 1975 ist danach weniger durch „die“ subjektive Theorie als vielmehr durch die Abwesenheit klarer Abgrenzungskriterien gekennzeichnet.[52] In den Beratungen der Großen Strafrechtskommission wurde die animus-Theorie der Rechtsprechung als „Tarnung für eine richterliche Wertung aufgrund einer Ganzheitsbetrachtung“ bezeichnet.[53]

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Mit der Reform von 1975 änderte sich die Rechtsprechung nur teilweise. Die Beratungen hatten zwar keine abschließende Entscheidung für oder wider die subjektive Theorie bringen können, deutliche Kritik wurde aber an der zu weitgehenden Annahme von Beihilfe trotz eigenhändiger Tatausführung und damit an einer extrem-subjektiven Theorie laut. Durch die Beratungen hinweg wurde die Sicht geäußert, Fallgestaltungen wie den „Badewannen-Fall“ künftig als Mittäterschaft zu erfassen.[54] Daher ging man nach der Reform davon aus, dass die extrem-subjektive Theorie nun überholt sei.[55] Dem folgte im Wesentlichen auch die Rechtsprechung.[56] Gleichwohl ist anzumerken, dass die meisten an der Reform Beteiligten die (extrem-subjektive) Annahme der Beihilfe in Extremfällen weiter für angemessen hielten, so dass sich auch der BGH nicht gehalten sehen musste, von dieser bisherigen Rechtsprechung vollständig abzurücken und sich die Möglichkeit einer Beihilfe trotz eigenhändiger Tatbegehung weiterhin als Ausnahmefall offenhalten konnte.[57] Insgesamt zeichnete sich die Rechtsprechung des BGH insbesondere dadurch aus, dass sie durch Auswechseln der für sie maßgeblich gehaltenen Kriterien weiter auf eine konsistente Abgrenzungstheorie zugunsten einer vermeintlich gerechte Ergebnisse produzierenden Flexibilität verzichtete.[58]

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Inzwischen nimmt der BGH zur Ermittlung des Täterwillens eine „wertende Gesamtbetrachtung“ vor, bei der verschiedene normative Kriterien miteinander kombiniert werden.[59] Diese Form der Gesamtbetrachtung ermöglicht der Rechtsprechung eine umfassende Würdigung der Gesamtumstände und soll dem Tatrichter „in Grenzfällen“ einen Beurteilungsspielraum eröffnen.[60] Die Mittäterschaft sei durch den Täterwillen aller Beteiligter gekennzeichnet, welcher sich maßgeblich nach dem Grad des eigenen Interesses an der Tat, dem Umfang der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft bzw. dem Willen zur Tatherrschaft bestimme.[61] Über die drei letzteren Kriterien der Täterschaft spielen dabei wiederum objektive Kriterien in die Abgrenzung hinein,[62] die sich aber nach Belieben durch das unspezifische Kriterium des eigenen Interesses beiseite schieben lassen. Gerade dieses Interesse wird aber oft auf tatbestandsfremde Umstände, namentlich Motive der Beteiligten, gegründet, die weniger mit der gemeinschaftlichen Begehung der Straftat zu tun haben.[63] Da es sich bei den normativen Kriterien nur um Indizien handelt, binden sie zudem den Richter nicht, dieser kann auch (selbst wenn alle Indizien für die Bejahung der Täterschaft sprechen) nach einer Gesamtschau eine Teilnahme annehmen und umgekehrt. Damit wird dann aber die Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme zu einem „strafzumessungsähnlichen Akt“.[64] Das widerstreitet dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.[65]

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Die Rechtsprechung betont also einerseits im Ausgangspunkt zutreffend die maßgebliche Willensübereinstimmung der Mittäter als subjektive Seite der Mittäterschaft. Andererseits bleibt die Abgrenzung der Rechtsprechung jedoch nach wie vor – gerade aufgrund der Auswechselbarkeit der angelegten Kriterien – beliebig und unbestimmt.[66] Zudem darf auch das subjektive Element nicht losgelöst von der durch den gemeinsamen Entschluss bedingten erweiterten Tatmacht gedacht werden:[67] Ein reines Wollen kann keine Verantwortlichkeit für fremdes Handeln begründen.[68] Mittäterschaft erfordert mehr als nur einen gemeinsamen Willensentschluss der Beteiligten, wie dies für den Komplott ausreichte.