Handbuch des Strafrechts

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

g) Günther Jakobs „Theorie der Beteiligung“[193]

88

Jakobs Theorie der Beteiligung verfolgt einen anderen Ansatz. Bereits die Unterscheidung von Tätern und Teilnehmern ersetzt er durch die Differenzierung zwischen der „ein Delikt Ausführenden“ (Täter) von „im Vorfeld der Ausführung Beteiligten“ (Teilnehmer). Dabei geht es ihm um „Quantitäten der Zuständigkeit“.[194] Derjenige sei für ein eingetretenes Delikt „zuständig“, der es „voranbring(e)“.[195] Das Unrecht der Tat liege in der Tatausführung, d.h. in der Tatbestandsverwirklichung vom Versuchsbeginn bis zum Abschluss des Erfolgseintritts.[196] So bringe die Realisierung einer deliktischen Planung derjenige voran, der eine Leistung erbringe, die insgesamt für den Abschluss der Ausführung erforderlich sei. Das beinhalte sowohl ein Verhalten im Vorfeld der Tat (Beteiligung) als auch die Ausführung der Tat selbst (Ausführender).[197]

89

Die Beteiligten (Teilnehmer) sollen nun für ein Unrecht haften, das sie selbst nicht mit eigener Hand vollziehen. So untersage die Norm wie § 212 oder § 223 StGB, einen anderen zu töten, zu verletzen usw. Ihr komme damit die Aufgabe zu, das Verhalten der Bürger zu steuern und so stabilisierend auf das Gesellschaftssystem zu wirken. Das Strafrecht garantiere daher nicht einen Güterschutz, sondern die Sicherung der Normgeltung, die „Enttäuschungsfestigkeit der wesentlichen normativen Erwartungen“.[198] Nicht die Verursachung des Todes eines Menschen sei für die Strafrechtsgutsverletzung entscheidend, denn sie stelle nur eine schlichte Gutsverletzung dar, sondern der in der „vermeidbaren Tötung liegende Normwiderspruch“.[199] Das Strafrecht wirke daher generalpräventiv, nicht nur negativ in Form von Abschreckung, sondern vor allem positiv in der Einübung von Normanerkennung.[200] Für den Beteiligten bedeute die Norm folgendes: Du sollst dich nicht für die Ausführung einer Verletzung (auch im Versuch) zuständig machen.[201] Die Ausführung der Normverletzung sei dann für den Beteiligten auch eine eigene, wenn auch eine durch fremde Hand vollzogene; insofern stelle sie auch eigenes Unrecht dar. Ein bloßes Verhalten im Vorfeld (vor Versuchsbeginn) sei insoweit noch nicht normwidrig. Wer also einen anderen dazu bringe, den Entschluss zu fassen, einen Feind zu töten, widerspreche dadurch noch nicht der Tötungsvollzüge untersagenden Norm. Damit ist, was Jakobs auch erkennt, § 30 StGB nicht kompatibel.[202] Bedeutung soll ein solches Vorfeldverhalten aber insofern haben, als es zwar noch kein Unrecht nach außen darstelle, aber eine Obliegenheitsverletzung nach innen sei. Komme es (zumindest zum Versuch) durch den Ausführenden („durch fremde Hand“) und werde so die „interne deliktische Planung externalisiert“, werde damit auch eigenes Unrecht des Beteiligten begründet.[203]

90

Eine Beteiligung setze zudem eine schuldhafte Tatausführung voraus, da einem schuldlos Handelnden die Kompetenz fehle, „seine Verhaltensbedeutung gegen die Bedeutung der Norm zu stellen“.[204] So lasse sich eine Trennung zwischen Vorsatz und Unrechtsbewusstsein nicht durchführen: Die Kenntnis der Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen umfasse zum einen auch das Bewusstsein, sich unrecht zu verhalten. Zum anderen sei das Handeln Schuldloser, wie seelisch kranker Menschen, letztlich „reine Triebregung“, sie könnte normative Erwartung nicht enttäuschen, sondern entsprächen vielmehr dem „Einsatz von Maschinen oder Tieren“.[205] Daher fordert Jakobs eine strenge Akzessorietät der Beteiligung. Handelt der Ausführende schuldlos, komme bei demjenigen, der „über einen nicht Verantwortlichen“ agiere, nur mittelbare Täterschaft in Betracht.

91

Der (positiv) generalpräventive Ansatz Jakobs verliert schon im Begründungsansatz die Person aus den Augen. Maßgeblich ist die Wirkung der Strafe für die Gesellschaft. Der Einzelne wird damit weder in die Normbegründung noch in die Strafbegründung aufgenommen, sondern als Objekt zum Mittel anderer. Er wird nicht bestraft, weil er eine Straftat begangen hat, sondern seine Bestrafung dient den anderen Systemmitglieder als Einübungsobjekt ihrer „normativen Erwartungen“. Aber auch die übrigen (rechtstreuen) Gesellschaftsmitglieder werden in ihrem Selbstverständnis zu Objekten herabgesetzt, da sie nicht als autonome Personen, sondern als solche behandelt werden, die aufgrund ihrer Hilflosigkeit in ihrer Normorientierung immer wieder zu Lasten anderer Rechtstreue erlernen müssen.[206] Zudem macht das Jakobs’sche Verständnis des schuldlos Handelnden deutlich, dass er ihn mit einem Naturereignis oder einer Maschine gleichsetzt. Er geht dann auch davon aus, dass es sich dabei nicht um einen Fall der Beteiligung, sondern um einen „phänotypisch verkappt(en) Fall unmittelbaren Begehens“ handle.[207] Das ist zwar in der Sache konsequent, reduziert jedoch den Menschen auf einen Kausalprozess. So betrachtet Jakobs auch schuldlos Handelnde nicht mehr als Rechtssubjekte, sondern als natürliche oder mechanische „Störfaktoren“ der sozialen Gemeinschaft[208].

h) Die Lehre vom akzessorischen Rechtsgutsangriff

92

Die Lehre vom akzessorischen Rechtsgutsangriff beschreibt zutreffend sowohl die Mitwirkung an fremdem Unrecht als auch das Erfordernis der limitierten Akzessorietät. Allerdings mangelt es dieser Lehre an einer Begründung, warum eine „bloße“ Mitwirkung am Unrecht eines anderen, der selbst tatbestandsmäßig und rechtswidrig handelt, strafbares Unrecht begründen kann. Es ist daher einerseits näher auszuweisen, welche Bedeutung die limitierte Akzessorietät für die Teilnahme hat und wie die unterschiedlichen Beiträge des „Bestimmens“ bzw. des „Hilfeleistens“ bezogen auf die Haupttat zu bestimmen sind.

2. Erfordernis der limitierten Akzessorietät

93

Anders als dem Täter kommt dem Teilnehmer nicht die Herrschaft über die Verletzungshandlung und damit auch über den Verletzungserfolg zu, sondern er wirkt „nur“ an der Gestaltung eines anderen mit. Voraussetzung für die Teilnahme an der Tat eines anderen ist zweierlei: Zum einen muss einer anderen Person die Herrschaft über ein tatbestandsmäßiges Verletzungsgeschehen zukommen, an der der Anstifter oder Gehilfe teil-nehmen kann. Damit wird deutlich, dass sich die Teilnahmehandlung nicht unabhängig vom Verhalten des Täters bestimmen kann, sondern einen unmittelbaren Bezug zur konkreten tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Haupttat haben muss (sog. limitierte Akzessorietät, vgl. näher Rn. 94–96). Zum anderen muss die teilnehmende Person an dieses konkrete Verhalten anknüpfen und zwar nicht unabhängig vom Ersthandelnden oder rein zufällig, sondern bewusst. Das bedeutet auch, dass der Teilnehmer nur hinsichtlich seines tatsächlich geleisteten Tatbeitrags bezogen auf die Haupttat haftet. Begeht beispielsweise der Haupttäter eine gefährliche Körperverletzung, bezog sich der Tatbeitrag des Teilnehmers aber nur auf eine einfache Körperverletzung, kann sich die Mitzurechnung nur auf letztere beziehen. Schließlich ist eine Teilnahme nur möglich, wenn das vom Täter angegriffene Rechtsgut auch für den Teilnehmer ein fremdes ist. Ist er selbst Inhaber des Rechtsgutes, ist seine Teilnahme straflos.[209] Näher zu den Formen der Teilnahme und ihrem Teilnahmebeitrag unten Rn. 93 ff.

94

a) Die Handlung des Teilnehmers ist nicht nur zufällig mit dem Handeln eines anderen verbunden, vielmehr bezieht der Teilnehmer sein Verhalten auf das einer anderen Person, die als Täter die tatbestandsmäßige Verletzung vornimmt. Die Verbotsnormen stellen keine abstrakten Sollenssätze dar, sondern beziehen sich auf den konkreten Normverstoß durch ein Subjekt und enthalten insofern auch eine Sperrwirkung für den Einzelnen, solange dieser kein Verhalten an den Tag legt, welches einen Rechtsbruch begründet. Wurde die Tat vom unmittelbar Handelnden noch nicht einmal versucht, ist strafrechtliches Unrecht noch nicht gegeben, so dass die ursächliche Einwirkung seitens des Teilnehmers allein eine straflose Vorbereitungshandlung hinsichtlich der vom Täter zu begehenden Rechtsverletzung begründet (anders demgegenüber § 30 StGB, vgl. hierzu → AT Bd. 3: Harro Otto, Besondere persönliche Merkmale § 55). Die Strafbarkeit der Beteiligung bleibt ansonsten unbestimmt und wird auf Handlungen ausgedehnt, die noch keinen Bezug zur Rechtsverletzung selbst haben. Die tatstrafrechtliche Grundlage wird damit verlassen, wenn jede Form der Bedingungssetzung bereits genügt, um Unrecht zu begründen. Dies widerspricht aber der in Art. 103 Abs. 2 GG normierten rechtsstaatlichen Garantiefunktion des Strafrechts. Diese erfordert also notwendig, dass die Strafbarkeit der Teilnahme in Abhängigkeit von der im Gesetz erfassten Haupttat steht.[210]

95

b) Auch das in den §§ 26 f. StGB normierte Vorliegen einer rechtswidrigen Haupttat ist Voraussetzung für eine Teilnahme. Wie unter Rn. 54 dargelegt, setzt die Verwirklichung von Un-Recht neben der Verwirklichung des Tatbestandes voraus, dass sich die Verletzung auf einer „zweiten Stufe“ als eine rechtswidrige darstellt. Auch wenn beim Vorhandensein einer Erlaubnisnorm das Verletzungsgeschehen als solches bestehen bleibt, kann es aufgrund der besonderen Sachlage nicht als verbotene Wendung gegen das Recht beurteilt werden. Aufgrund der konkreten Situation fehlt es an einer Unrechtsverwirklichung. Soll auch die Beteiligtenhandlung die Qualität „Unrecht“ aufweisen, kann sie nicht unabhängig von der rechtswidrigen Ausführungshandlung betrachtet werden, sondern muss gerade auf diese bezogen sein. Eine Teilnahme ist daher nur möglich, wenn sich das Verhalten des Haupttäters als Widerspruch zur Rechtsordnung darstellt.

 

96

c) Für die Teilnahme ist hingegen nicht erforderlich, dass der Haupttäter schuldhaft handelt (§§ 26 f., 29 StGB). Das ergibt sich aus dem Begriff der Schuld, der die persönliche Vorwerfbarkeit betrifft. Der innere Verschuldensprozess ist weder einer Zurechnung fähig noch kann der (freie) Wille an sich manipuliert oder korrumpiert werden. Ausgeschlossen ist damit freilich nicht, wie dargelegt, dass auf die Entschlussfassung des Gegenübers Einfluss genommen wird, sei es z.B. durch Zwang oder sei es durch Täuschung.

97

d) Es genügt nicht, dass der Teilnehmer nur objektiv einen Beitrag zur vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat leistet, vielmehr muss er die Haupttat auch in ihren wesentlichen Umrissen kennen; unwesentliche Abweichungen der realisierten Haupttat zum Vorstellungsbild des Anstifters oder Gehilfens schließen den Vorsatz hingegen nicht aus.[211] Hierzu gehört die Kenntnis der Tatsachen, die das Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat beinhalten. Der Vorsatz muss sich also einerseits auf die Tatbestandsmäßigkeit der Haupttat beziehen, andererseits aber auch auf die Rechtswidrigkeit der Tat. Vgl. zum Vorsatz bezüglich der Haupttat näher Beihilfe und Anstiftung → AT Bd. 3: Uwe Murmann, Anstiftung § 53 Rn. 117 ff.; Hans Kudlich, Beihilfe § 54 Rn. 24 ff.

98

e) Auf der Grundlage eines personalen Begriffs des Unrechts ergibt sich auch, dass spezifische subjektive Voraussetzungen in der Person des Handelnden vorliegen müssen und insoweit nicht (mit-)zugerechnet werden können. Vgl. zu den Sonderpflichtdelikten unten Rn. 109.

3. Formen der Teilnahme

99

Die Unterschiede der beiden Teilnahmeformen ergeben sich aus der Art und Weise ihres Teilnahmebeitrags zur vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und auch aus ihrem unterschiedlichen Strafmaß. Dabei unterscheiden sich Anstiftung und Beihilfe nicht nur quantitativ, sondern ebenso qualitativ.

a) Anstiftung

100

Kennzeichnend für die Anstiftung ist, dass der Anstifter einen anderen zur Tat „bestimmt“ (§ 26 StGB). Er beeinflusst den Entscheidungsprozess eines anderen im Hinblick auf dessen vorsätzliche rechtswidrige Tat. Da die Anstiftung der Täterschaft in der Straftatfolge gleichgestellt ist, muss die Einflussnahme eine besondere Qualität aufweisen, die diese Gleichstellung rechtfertigt. Zugleich ist zu berücksichtigen, dass der unmittelbar Handelnde den Tatbestand selbst vorsätzlich und rechtswidrig bewirkt. Es bedarf also eines Bestimmungsmittels von besonderer Qualität, die dem Anstifter eine täterschaftsähnliche Tatmacht verleiht. Während bei der mittelbaren Täterschaft die Tatherrschaft über das rechtsverletzende Geschehen selbst dem Hintermann zukommt, liegt diese hier bei der Mittelsperson. Sie ist diejenige, die mit ihrer Handlung den Erfolgszusammenhang stiftet. Das Verhalten des Anstifters ist zwar auch Teil des Geschehens, aber er stiftet nicht selbst die Einheit zwischen seiner Handlung und dem rechtsverletzenden Erfolg (wie der mittelbare Täter). Der Anstifter beteiligt sich vielmehr durch seine Einflussnahme auf den Entscheidungsprozess des unmittelbar Handelnden an der von diesem selbst gestifteten Verletzungseinheit. Er ist Teilnehmer einer, wenn auch von ihm entscheidend mitbewirkten, fremden Unrechtstat.

101

Es kann daher nicht jede Form der (ursächlichen) Einflussnahme auf die Willensbildung ausreichen. Ein Rat oder Tipp genügt daher ebenso wenig wie der bloße Vorschlag oder ein Lohnversprechen. Ansonsten würde auf der einen Seite die Selbstbestimmtheit des Haupttäters unterbewertet, die autonom zur Unrechtsverwirklichung übergeht, und auf der anderen Seite die Macht des Anstifters überbewertet. Solche Einflüsse stellen vielmehr untergeordnete Formen der Beteiligung dar und sind daher der in ihrer Straftatfolge gegenüber der Täterschaft geminderten Beihilfe zuzuordnen.

102

Eine Anstiftung kommt in Betracht, wenn der Anstifter die Fehlbarkeit der Mittelsperson in der Weise ausnutzt, dass er sie in eine Lage versetzt, die sie für sich nicht widerspruchslos zu bewältigen vermag. Er missbraucht oder schafft ein Abhängigkeitsverhältnis zum Vordermann, der dann zwar sein eigenes Unrecht verwirklicht, aber dabei auf eine äußere Wahlfreiheit eingeschränkt ist, so z.B. vor die Wahl gestellt wird, selbst in seiner Guts- und Wohlkonzeption beeinträchtigt zu werden oder zur Rechtsverletzung überzugehen (z.B. Fälle des sog. Nötigungsnotstandes oder andere Formen von Abhängigkeitsverhältnissen). Der Hintermann formt damit durch seine willensbestimmende Macht (nicht: Willensherrschaft) entscheidend den Willen der Mittelsperson.

103

Aus der Unvollkommenheit des Einzelnen und der damit verbundenen Möglichkeit, auf den Entscheidungsprozess eines anderen im Hinblick auf die Verletzung eines Rechtsguts Einfluss zu nehmen, ergibt sich so die Mitzurechnung einer fremden Rechtsverletzung. Diese ist bei einer bestimmten Qualität der Beeinflussung mit der Herrschaft über die vom unmittelbar Handelnden bewirkten Freiheitsverletzung vergleichbar, mit ihr aber dennoch nicht gleichzusetzen, da der Vordermann weiterhin seinen Unrechtsentschluss realisiert. Für die Anstiftung ist es erforderlich, dass der Anstifter so auf die Mittelsperson einwirkt, daß diese der Willensbestimmung bedingt durch ihre Endlichkeit nicht zu widerstehen vermag. Ebenso wie der mittelbare Täter macht sich also auch der Anstifter die Endlichkeit des Gegenübers zunutze, allerdings in einer anderen Form als jener.

b) Beihilfe

104

Gehilfe ist derjenige, der einem anderen zu dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat Hilfe leistet (§ 27 Abs. 1 StGB). Nach § 27 Abs. 1 S. 1 StGB richtet sich die Strafe des Gehilfen nach der Strafdrohung des Täters, ist jedoch nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (§ 27 Abs. 2 S. 2 StGB). Im Vergleich zur Täterschaft und auch zur Anstiftung unterstützt der Gehilfe nur die Tat des Haupttäters. Das Unrecht des Gehilfen ist daher gemindert. Eine nur versuchte Beihilfe ist generell straflos (§ 30 StGB e contrario).

105

Vor dem Hintergrund des verminderten Unrechtsmaßes der Beihilfe und der Straflosigkeit der versuchten Beihilfe bedarf es einer Konkretisierung des Merkmals „Hilfeleisten“.

106

Nach der Rechtsprechung soll als Hilfeleistung „jede Handlung anzusehen (sein), welche die Herbeiführung des Taterfolges objektiv fördert“; kausal muss der Beitrag für die Haupttat nicht geworden sein.[212] Beispielsweise soll auch derjenige Hilfe geleistet haben, der ein Tatwerkzeug geliefert hat, welches aber für die Haupttat nicht verwendet wurde. Große Teile der Literatur[213] verlangen hingegen einen kausalen Beitrag des Gehilfen zur Haupttat, insbesondere auch mit dem Argument, dass die versuchte Beihilfe straflos ist. Teilweise wird in der Literatur zumindest verlangt, dass „der Gehilfe durch seinen Beitrag das in der Haupttat liegende Risiko zulasten des Opfers erhöht und sich diese Risikoerhöhung in der Haupttatbegehung niedergeschlagen haben muss“ und übertragen damit sinngemäß die Voraussetzungen der objektive Zurechnung auf die Beihilfe.[214] Das soll z.B. auch dann gegeben sein, wenn die Tat durch den Gehilfen sicherer wird (Beispiel: sog. Schmierestehen).

107

Aus der dargelegten Begründung der Teilnahme wird deutlich, dass es einerseits nicht auf eine bloße Kausalität ankommen kann, andererseits sich der Beitrag des Gehilfen aber auch in der Haupttat niedergeschlagen haben muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Gehilfe im Gegensatz zum Mittäter bewusst nur einen untergeordneten Tatbeitrag leistet. Dabei kann der Gehilfe zwar auch ein eigenes Ziel mit seiner Hilfeleistung verbinden (z.B. Geldleistung oder Anerkennung). Sein Beitrag bezieht sich aber nicht auf die Haupttat, sondern auf den Entschluss bzw. die Tatausführung des Haupttäters, die er durch seine Handlung zum Beispiel durch Rat oder einen physischen Beitrag stützt. Dem Gehilfen fehlt hingegen im Unterschied zur Mittäterschaft einerseits die Tatmacht über das konkrete Verletzungsgeschehen, andererseits ordnet er sich auch subjektiv dem Entschluss des Täters unter.[215]

12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 50 Die Lehre von der Beteiligung › E. Besondere Problemstellungen: Eigenhändige Delikte, Sonderdelikte, Unterlassungsdelikte, Fahrlässigkeit und Unternehmensstrafbarkeit

E. Besondere Problemstellungen: Eigenhändige Delikte, Sonderdelikte, Unterlassungsdelikte, Fahrlässigkeit und Unternehmensstrafbarkeit

I. Sog. Eigenhändige Delikte

108

Teilweise verlangt ein Deliktstatbestand eine eigenhändige Vornahme der tatbestandlich umschriebenen Handlung.[216] So setzt beispielsweise § 153 StGB voraus, dass jemand uneidlich falsch aussagt. Bei diesen Tatbeständen ist eine täterschaftliche Mitzurechnung nicht möglich, wenn die tatbestandliche Handlung nicht eigenhändig erfolgt. Das gilt sowohl für die Mittäterschaft als auch die mittelbare Täterschaft. So finden sich denn auch im Gesetz Sonderregelugen zur mittelbaren Täterschaft, vgl. § 160 StGB. Anstiftung und Beihilfe (Teilnahme) an eigenhändigen Delikten sind hingegen möglich.

II. Sonderpflichtdelikte

109

Bei Tatbeständen, die eine bestimmte Sonderpflicht voraussetzen, kann Täter nur sein, wer diese Pflicht verletzt. Täter in § 348 StGB (Falschbeurkundung im Amt) kann z.B. nur ein Amtsträger sein, der „zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt ist“. Teile der Literatur[217] gehen davon aus, dass der Sonderpflichtige stets Täter ist, unabhängig von der Qualität seines Tatbeitrages. Die Kriterien der Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft sollen hier keine Anwendung finden. Es genüge vielmehr allein die Tatsache, dass die Verletzung der Sonderpflicht durch den Intraneus erfolge.[218] Veranlasse z.B. ein Grundbuchbeamter einen Nichtbeamten zur Vornahme einer Falschbeurkundung, so solle (auch wenn die tatsächliche Herrschaft über das tatbestandsmäßige Geschehen dem Nichtbeamten zukomme) der Beamte mittelbarer Täter sein, während dem Ausführenden lediglich eine Gehilfenstellung zukomme. Für diese Lösung werden insbesondere kriminalpolitische Argumente und der Wille des Gesetzgebers angeführt: Würde hier eine Täterschaft verneint, brauchte jeder Sonderpflichtige sich „zur Tatausführung der Tatbestandhandlung nur eines Extraneus zu bedienen, um mit seinem Komplizen straflos davonzukommen – ein kriminalpolitisch unerträgliches und vom Gesetzgeber zweifellos nicht gewolltes Ergebnis!“[219]

110

Ein kriminalpolitisches Bedürfnis ist indes nicht in der Lage, quasi automatisch die Strafbarkeit einer Person zu begründen, sondern kann nur Mängel der Gesetzeslage aufzeigen. Der bloße Pflichtverstoß alleine vermag daher noch keine Täterschaft zu rechtfertigen. Denn eine bloße Verursachung allein genügt nicht, um ein täterschaftliches Handeln annehmen zu können. Auch bei Sonderpflichtdelikten müssen daher die allgemeinen Kriterien von Täterschaft und Teilnahme Anwendung finden.[220] Sollten Strafbarkeitslücken entstehen, ist es Aufgabe des Gesetzgebers, diese ggf. zu schließen.

111

Ebenso problematisch sind die umgekehrten Fälle, in denen ein Nichtsonderpflichtiger einen Sonderpflichtigen zur Tat bestimmt. Befindet sich letzterer nämlich in einem Irrtum, so z.B. wenn der Psychologe nicht weiß, dass er zur Preisgabe eines Berufsgeheimnisses veranlasst wurde, fehlt es an einer vorsätzlichen tatbestandsmäßigen Haupttat (§ 203 StGB) seitens des unmittelbar Handelnden, während dem Veranlasser die tatbestandskonstitutive Sonderpflicht fehlt. Hier wird eine Teilnahme an vorsatzloser Haupttat angenommen, weil nicht das vorsätzliche Handeln des Intraneus das Entscheidende sein soll, sondern die Verletzung der besonderen Pflicht das Hauptunterscheidungsmerkmal darstelle.[221] Dem ist aber ebenso wie bei den zuerst genannten Fällen zu entgegnen, dass eine Sonderpflichtenstellung allein nicht bereits zur Tatbestandserfüllung ausreichen kann. Vielmehr ist zu untersuchen, ob der Nichtsonderpflichtige durch das Einsetzen eines sich über seine tatbestandsmäßige Ausführungshandlung irrenden Sonderpflichtigen damit auch eine allgemeine Pflicht verletzt; nur dann kann jener mittelbarer Täter sein, während dieser sich in einem tatbestandsausschließenden Irrtum befindet. Das zeigt sich auch im Gesetz selbst, welches z.B. in § 160 StGB „Verleitung zur Falschaussage“ solche Fälle besonders normiert hat, während es bei § 203 StGB an einer derartigen Regelung fehlt. Die Struktur des Verhaltens des Rechtssubjekts und seine tatsächliche Wirkmacht in der Außenwelt blieben hingegen ansonsten zurück.