Die Menschen verstehen: Grenzüberschreitende Kommunikation in Theorie und Praxis

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Von der Angewandten Linguistik zur Sprachlehr-/-lernforschung:

Subjektiver Rückblick auf Impulse zur fachdidaktischen Reflexion und Arbeit in den ersten Studienjahren

Eynar Leupold

Nos vies sont toutes de sable,

nos vies sont toutes des fables

et c’est seulement dans la manière

de les conter que se dévoilent

leurs lumineuses trames.

A. Cadéo

1 Einleitung

Der portugiesische Schriftsteller Fernando Pessoa stellt die Frage: „Wer von uns kann, wenn er sich auf seinem Weg umdreht, auf dem es keine Rückkehr gibt, sagen, er habe ihn verfolgt, wie er ihn verfolgt haben mußte?“ (Pessoa 1985: 45)

Mit zunehmendem Alter erfolgt das „Sich umdrehen“ oft. Aber so klar die Antwort auch erscheinen mag, so vielfältig auch die Gründe für Mäander auf dem beruflichen Lebensweg sein mögen, es sind vor allem Menschen, die maßgeblich durch ihre Person und ihr Wirken einen richtungweisenden Einfluss nehmen. Meine Immatrikulation in den Fächern Romanistik, Germanistik sowie Philosophie und Pädagogik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Sommersemester 1969 führte zu der Begegnung mit Prof. Dr. Albert Raasch. Der nachfolgende persönliche Rückblick auf einzelne Momente der ersten Studienjahre im Sinne eines berufsbiographischen Ansatzes ist nicht nur Ausdruck einer dankbaren Reminiszenz an den Hochschullehrer, sondern er ist auch verbunden mit der Absicht, Begegnungsinstanzen mit einer Disziplin, nämlich der Fremdsprachendidaktik, aufzuzeigen, an deren Entwicklung und Profilierung in Deutschland Professor Raasch einen maßgeblichen Anteil hat.

2 Erste Orientierungen in den Bereichen Fachdidaktik– Angewandte Linguistik – Linguistik

Eine „Beratungswoche Erstsemester“, wie sie heute von zahlreichen Hochschulen angeboten wird, gab es im Sommersemester 1969 nicht. Und dies nicht nur wegen der insgesamt unruhigen Zeit.

Als Student fühlte man sich vor dem ersten Semester fast verloren. Die Anschläge am Informationsbrett des Romanischen Seminars der Universität Kiel – überwiegend in französischer Sprache abgefasst – waren in Unkenntnis der internen Organisation sowie der damit verbundenen Anforderungen für einen Studienanfänger kaum verständlich.

Auf zwei Wegen versuchte ich, Orientierungen für das Studium im ersten Semester zu bekommen. Mit dem Vorlesungsverzeichnis in der Hand wandte ich mich erstens an eine Beratungsstelle für das Lehramt an Gymnasien, die vom schleswig-holsteinischen Kultusministerium eingerichtet war. Die freundliche Dame riet mir, doch auf jeden Fall Veranstaltungen von Professor Raasch zu besuchen. Er sei sehr freundlich, er verfüge selber über Schulpraxis, und seine Seminare seien für Studienanfänger gut verständlich und sehr nützlich.

Geleitet von der diffusen aber wohl richtigen Vorstellung, dass ein Studium mit der Verfügbarkeit über Fachbücher verbunden sei, klopfte ich zweitens vor Semesterbeginn an die Tür des Büros der Wissenschaftlichen Hilfskräfte am Romanischen Seminar an und fragte, welche Bücher sie mir als künftigem Erstsemester zur Anschaffung raten könnten. Einer der Mitarbeiter, Peter Scherfer1, beriet sich kurz mit den anderen beiden Kommilitonen, um mir dann die Anschaffung der folgenden drei Bücher zu empfehlen: Das einsprachige Wörterbuch Le Petit Larousse, die Grammatik von Maurice Grevisse mit dem Titel Le bon usage sowie die deutsche Übersetzung eines Buches von André Martinet mit dem Titel Grundzüge der Allgemeinen Sprachwissenschaft.

Zu Beginn des Studiums im Sommersemester 1969 konnte ich noch nicht ahnen, dass sowohl die personale Empfehlung als auch der Buchtipp sich bald als richtungweisend für das weitere Studium herausstellen sollten.

1969 erfolgte von Albert Raasch die Veröffentlichung des Buches „Französischer Mindestwortschatz“. In dem von ihm im SS 1969 angebotenen Seminar „Wortschatz der französischen Gegenwartssprache“ wurde nicht nur das Wissen der Studierenden für die sprachwissenschaftlichen Grundlagen der Bestimmung und Auswahl eines Grundwortschatzes – auch in ihrer historischen Dimension – gelegt, sondern auf dem Wege der Analyse des Wortschatzes in Lektionstexten gängiger Lehrbücher für das Fach Französisch wurde auch das Bewusstsein geschärft z.B. für Fragen danach, was eigentlich ein Wort sei, welchen Unterschied es zwischen code oral und code écrit gebe, und welche Bedeutung der Authentizität von Lehrwerktexten, gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung unterschiedlicher niveaux de langue, zukomme.

Der Brückenschlag von dem Einzelwort hin zu komplexeren lexikalischen Strukturen erfolgte in dem von Albert Raasch parallel angebotenen Seminar mit dem Titel Ausgewählte Probleme der Angewandten Sprachwissenschaft. Das Wissen um die Grundlagen der strukturalistischen Syntaxtheorie wurden am Beispiel der Arbeiten von André Martinet und Lucien Tesnière vermittelt, und zugleich wurde immer wieder der Bezug zum schulischen Fremdsprachenunterricht hergestellt.

Dieser Studienbeginn war geprägt von dem Kennenlernen „systemlinguistischer“ Arbeiten. Fachdidaktische Bezüge im Sinne eines Einbezugs unterrichtsbezogener Fragestellungen und Exkurse gab es, aber sie erfolgten gleichsam als post scriptum unter Rückbezug auf linguistische Arbeiten und Erkenntnisse. Bei den Studierenden bildete sich ein erster, naiver Eindruck vom Gegenstandsbereich der „Angewandten Linguistik“.

Die Herausbildung eines überzeugenden Praxisbezugs war folgendem Umstand geschuldet. Die Einrichtung von Sprachlabors an Schulen und Hochschulen war verbunden mit einem methodischen Vorgehen, der so sogenannten pattern practice im Rahmen der Sprachausbildung. Die Einbeziehung der behavioristischen Lerntheorie in die Diskussion um syntaktische bzw. semantische Einheiten ergab insgesamt einen plausiblen theoretischen Rückhalt mit deutlicher Praxisanwendung.

Das theoretische Wissen um die Bedeutung prosodischer Einheiten, das ausgebildete Bewusstsein für den Unterschied von syntagmatischen und paradigmatischen Beziehungen in einer Äußerung im Vergleich zu anderen waren wichtige Voraussetzungen für erfolgreiches Arbeiten in der Übung zur Aussprache sowie der Übung zur Grammatik, die freitags im Sommersemester 1969 jeweils halbstündig um acht Uhr morgens (!) von Professor Raasch angeboten wurden. Beide Übungen fanden im neu eingerichteten Sprachlabor der Universität statt und dienten der Verbesserung der Sprachkompetenz der Studierenden. Zum besseren Verständnis dieses neuen Mediums erfolgte auf Anraten eines Kommilitonen der Kauf des gerade erschienenen Buches von Reinhold Freudenstein zum Unterrichtsmittel Sprachlabor.

Grundlage der Übungen im Sprachlabor waren Sprachprogramme zur französischen Aussprache und Grammatik, die die Studierenden über Kopfhörer zugespielt bekamen und die sie autonom bearbeiten konnten. Einhilfe, Korrektur und gegebenenfalls klärende Hinweise der überwiegend nach dem traditionellen Muster des 4-Phasen Drills angelegten Übungssequenzen erfolgten zusätzlich durch Professor Raasch.

Dieser nutzte die ruhige und konzentrierte Arbeitsatmosphäre im Sprachlabor auch für Informationen z.B. zu einzelnen Vortragsveranstaltungen der Deutsch-Französischen Gesellschaft-Kiel oder zu Hinweisen auf Begegnungsprogramme des 1963 ins Leben gerufenen Deutsch-Französischen Jugendwerks.

Es geschah im Anschluss an eine sensibel übermittelte sprachliche Korrektur, dass Albert Raasch mich auf ein Austauschprogramm für deutsche und französische Lehramtsstudierende aufmerksam machte. Mein Interesse war geweckt, und so konnte ich im Herbst 1969 zu einem vierwöchigen Studienaufenthalt an die Ecole Normale d’Instituteurs de Paris fahren. Vor der Abreise erhielt ich von Professor Raasch noch die Anregung, doch mit Professor André Martinet von der Sorbonne Kontakt aufzunehmen. Dass dieser sicherlich gut gemeinte Ratschlag angesichts der Schwierigkeiten, die allein das Verstehen des Buches von André Martinet mit der ungewohnten Terminologie mit sich brachte, von mir als Student im Anfangssemester eher zurückhaltend aufgenommen wurde, werden Kenner des linguistischen Strukturalismus verstehen.

Aber im Verlauf des Aufenthaltes in Paris wurde mit der Hilfe der französischen Gasteltern schließlich ein Brief an Professor Martinet formuliert, in dem ich mit Bezugnahme auf die intensive Rezeption der „Grundzüge“ an der Universität Kiel um ein Interview bat. Dass ich auf meine schriftliche Anfrage wenig später zu einem Gespräch mit Professor Martinet in sein Haus in Sceaux eingeladen wurde und mit ihm ein dreiviertelstündiges Interview führen konnte, gehört zu den unerwarteten positiven Erfahrungen in meinem Leben. Im Gespräch äußerte er sich u.a. auf die Frage, welches die Kriterien seien, die einen Linguisten als Strukturalisten auszeichnen, wie folgt:

Eh bien, à mon sens, c’est étymologiquement, si vous voulez, le fait de considérer qu’une langue est une structure, c’est-à-dire quelque chose où toutes les parties dépendent les unes des autres. Je pense que c’est ceci qui est fondamental, même si certaines écoles structuralistes comme les écoles bloomfieldiennes n’ont pas pris conscience aussi nettement que les écoles européennes de ce travail particulier du structuralisme. (Leupold 1970: 114)

So sehr einerseits das Paradigma eines dem Strukturalismus verpflichteten linguistischen Ansatzes der Sprachbeschreibung dominierte, so deutlich zeichneten sich andererseits durch die Arbeiten von Chomsky u.a. zur Transformationsgrammatik neue Herausforderungen für den Unterricht ab. Und die Arbeiten zur linguistischen Pragmatik von Wunderlich, Austin und Searle beeinflussten Anfang der 1970-er Jahre zunehmend stärker die linguistische und fachdidaktische Reflexion.

 

3 Fachdidaktische Vertiefung in der „Arbeitsgruppe für Angewandte Linguistik-Kiel“ (AALF-Kiel)

Das Referat im Seminar über den Inhalt des Interviews mit Professor Martinet führte nicht nur zu einem Proseminarschein, sondern die Transkription des Gesprächs wurde als Beitrag angenommen und erschien in der ersten Publikation der von Albert Raasch 1969 ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe für Angewandte Linguistik Französisch-Kiel.

Diese Kieler Arbeitsgruppe unter der Leitung von Professor Raasch setzte sich zusammen aus Studierenden der Romanistik, vornehmlich fortgeschrittener Semester, aus Referendarinnen und Referendaren sowie aus interessierten Lehrerinnen und Lehrern im Schuldienst.1 Das gemeinsame Interesse galt der Frage, wie das Lehren und Lernen von Fremdsprachen – insbesondere des Französischen – wirksamer, vor allem unter Einbezug der Arbeiten der Angewandten Linguistik, erfolgen kann.

Die Lehrveranstaltungen von Professor Raasch im Wintersemester 1969 / 1970 mit einem Seminar Einführung in die Angewandte Linguistik sowie Angewandte Linguistik und Französischunterricht an Gymnasien und Realschulen führten durch Inhalte wie:

 Analyse der gängigen Lehrwerke in den Bereichen Wortschatz, Phonetik und Grammatik

 Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von adäquaten Übungssequenzen für den Sprachunterricht

 Analyse audio-visueller Sprachlernmethoden aus landeskundlicher (heute würde man sagen interkultureller) als auch linguistischer Perspektive sowie

 Gestaltung und Einsatz von Tests als möglicher Form der Lernstandsdiagnose

zu einer Profilierung fachdidaktischer Anliegen.

Auch auf den wöchentlichen Zusammenkünften der AALF-Kiel wurden diese Forschungsanliegen intensiv diskutiert. Wochenendseminare und ein Arbeits- und Forschungsaufenthalt der Gruppe am CAVILAM (Centre Audiovisuel de Langues Modernes in Vichy; https://www.cavilam.com) erweiterten das Themenspektrum vor allem im Hinblick auf einen Sprachunterricht mit spezifischen Voraussetzungen.

Die konkrete Umsetzung theoretischer Überlegungen in ein Unterrichtsmaterial, das sowohl dem Stand der Fachdidaktik als auch Erkenntnissen der Angewandten Linguistik Rechnung trug, wurde durch folgenden Umstand eingeleitet. Professor Raasch hatte einen Kontakt zu dem Leiter des Sprachenreferats des Deutsch-Französischen Jugendwerks, Dr. Fritz Kerndter. Diese Institution förderte nicht nur deutsch-französische Aktionen auf regionaler Ebene – so zwischen Schleswig-Holstein und Poitou-Charentes (1975/1976) –, sondern sie subventionierte auch deutsch-französische Jugendbegegnungen. Das besondere Interesse lag dabei auf der Sprachförderung während des Aufenthaltes.

Da es weder eine adäquate pädagogische Methode der Sprachvermittlung gab noch Unterrichtsmaterial, das in seinem Inhalt auf das Alter der Jugendlichen und den zweisprachigen Kontext zugeschnitten war, stellten sich die Mitglieder der AALF-Kiel unter der Leitung von Professor Raasch dieser Herausforderung. Das Ergebnis war die spezifisch für diesen Kontext konzipierte Tandem-Methode. Sie zielte darauf ab, dass sich deutsche und französische Teilnehmer im Sprachunterricht nebeneinandersetzen und sich gegenseitig beim Erlernen der Sprache des Nachbarn helfen. Damit wurde in Kiel ein Methodenansatz kreiert, der später auch in andere institutionelle Kontexte im Zusammenhang mit dem Sprachlehr- und -lernprozess aufgenommen wurde.

Und es wurde Sprachmaterial in deutscher und französischer Sprache erarbeitet, das jeweils zehn Lerneinheiten mit Übungen und Wortschatzliste sowie Hör- und Bildmaterial umfasste und das 1978 jeweils in deutscher und französischer Fassung unter den Titeln Kommen Sie mit nach Deutschland? und La France, on y va! veröffentlicht wurde.2

Diese Methode und das Material wurden 1970 auf einer deutsch-französischen Begegnung mit zwei Schulklassen erprobt, bevor sie dann in den Folgejahren in deutsch-französischen Jugendbegegnungen, die vom Bureau International de Liaison et Documentation (B.I.L.D.) mit Unterstützung des DFJW durchgeführt wurden, zum Einsatz kamen.3

An der Ausbildung der animateurs-interprêtes, die für die Spracharbeit während der Begegnungsaufenthalte verantwortlich waren, wurden immer auch Mitglieder der AALF-Kiel beteiligt, die die sprachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Prinzipien der Methode den künftigen Animateuren erklären und die auf diese Weise erste pädagogische Lehrerfahrungen sammeln konnten.

In den Ausführungen zu den Grundlagen der Methode, die sich an Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren ohne Vorkenntnisse richtet, erfolgt eine konkrete Zielbeschreibung der Methode mit der Nennung folgender Grobziele:

„Die Teilnehmer sollen in der Lage sein,

 mündliche Äußerungen in der Fremdsprache zu verstehen,

 Grundbedürfnisse (Fragen, Bitten etc.) in der Fremdsprache zu artikulieren,

 über den Weg des Abbaus von Sprachhemmungen die Befangenheit gegenüber dem fremdsprachlichen Partner überwinden,

 eventuelle vorhandene Vorurteile gegenüber dem Partner und dem Land abzubauen,

 Partnerschaftliches Verhalten beim Lösen von Sprachschwierigkeiten zu zeigen,

 Hilfsmittel wie Wörterbücher etc. zur Überwindung von Sprachschwierigkeiten zu benutzen.“4

In den Ausführungen zu den Funktionen der einzelnen Teile der Sprachmethode wird im Hinblick auf die Bedeutung der zu den Dialogtexten visuellen Darstellungen auf Klarsichtfolie ausgeführt, dass die visuelle Komponente unentbehrlich sei, „weil sprachliches Handeln immer an Faktoren wie Ort und Zeit der Handlung, Rolle des Partners etc. gebunden ist.“ (Ebd., 9)

Schon diese Liste der Grobziele zeigt, in welchem Maße in den 1970er Jahren Forschungserkenntnisse der linguistischen Pragmatik in die spezifisch fachdidaktische Arbeit der AALF-Kiel zur Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts eingeflossen sind.

Die durch Albert Raasch initiierte Zusammenarbeit mit dem DFJW wurde komplementiert durch seine Arbeit für den Deutschen Volkshochschulverband. Das Wissen der Studierenden um die wegweisende Erarbeitung des VHS-Zertifikats für Französisch (1969) öffnete eine weitere Tür für Überlegungen zur Lernzielbestimmung im Fremdsprachenunterricht, die – konsequenterweise – auch in klar beschriebenen Abschlüssen mit dem entsprechenden Material mündeten.

Die Einladung von Albert Raasch an Studierende zur beobachtenden oder aktiven Teilnahme an von ihm geleiteten Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte der Schulen oder Unterrichtenden an Volkshochschulen vermittelten den Studierenden oft einen nachhaltigen Eindruck davon, wie stark die Kluft zwischen dem unterrichtlichen Handeln in einem traditionellen Unterricht und einem Fremdsprachenvermittlungsprozess war, dessen fachdidaktische Orientierung nach Albert Raasch „in der Ermöglichung optimalen Lernens unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen einer Lehr- / Lerngruppe im Hinblick auf eine reflektierte Lernzielsetzung (lag).“ (Raasch 1981: 46)

4 „Kontakte …Kontakte“

Im Kreis der Studierenden und Lehrenden, die aktiv und interessiert die Arbeiten von Albert Raasch verfolgten, machte meistens im Flüsterton, verbunden mit einem Augenzwinkern, das Wortpaar „Kontakte …Kontakte“ die Runde.

Es war einerseits eine Anspielung auf den wiederholten Ratschlag von Albert Raasch an die Studierenden, Kontakte bei der Teilnahme an Fortbildungsseminaren oder Kongressen zu Vortragenden, Zuhörerinnen und Zuhörern oder auch ausstellenden Verlagen zu knüpfen. Es war andererseits anerkennender Ausdruck für die Person, die diese Haltung bei vielfältigen Anlässen überzeugend vorlebte.

Mit dem Schwerpunkt Deutsch-Französische Verständigung bildeten die ersten konzentrischen Kreise das lokale Engagement für die Deutsch-Französische Gesellschaft-Kiel sowie für die Städtepartnerschaft Kiel-Brest. Es wurde erweitert durch den Kontakt zum Deutsch-Französischen Jugendwerk.

Die Arbeiten für den Deutschen Volkshochschulverband, die langjährige verantwortungsvolle Arbeit für die Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) sowie die intensive Mitwirkung an den Aktivitäten des Fachverbandes Moderne Fremdsprachen (FMF, später umbenannt in Gesamtverband Moderne Fremdsprachen GMF), waren den Schwerpunkten der Profilierung der Angewandten Linguistik sowie der Qualitätsverbesserung des fremdsprachlichen Lehrens und Lernens in unterschiedlichen institutionellen Kontexten gewidmet. Kontakte zu kulturellen Einrichtungen, zur Wirtschaft und zur Politik führten auf Initiative von Albert Raasch im Jahr 1991 zur beispielhaften Einrichtung des Sprachenrats Saar.1

Kontakte mit der Absicht einer Netzwerkbildung, das war die Idee von Professor Raasch. Und die freundliche Aufforderung an die Studierenden, sich dieses Prinzip zu eigen zu machen, war deshalb überzeugend, weil sie durch stete Rückmeldungen ihres Professors zu institutionellen Entwicklungen sowie in dem Aufzeigen von Prozessen und Entscheidungen auf dem Gebiet der Sprachlehr-/-lernforschung eingebunden waren.

5 Die Bedeutung fachdidaktischer Publikationen

Nicht nur in den von Albert Raasch geleiteten Arbeitsgruppen und in seinen Hochschulseminaren wurde man als Studierender mit den aktuellen Erkenntnissen im Bereich von Fachdidaktik und Angewandter Linguistik konfrontiert. Angesichts der Nichtexistenz des Internets kam den Fachzeitschriften und Kongresspublikationen eine große Bedeutung für das Verfolgen aktueller fachdidaktischer Diskussionsbeiträge und Forschungsbeiträge aus dem Bereich der Angewandten Linguistik zu.

Die Zeitschrift Französisch, später Zielsprache Französisch, die Albert Raasch als Schriftleiter verantwortete, bot interessierten Studierenden erste Möglichkeiten zur Veröffentlichung eigener Forschungsergebnisse. Als Redaktionsmitglied der Zeitschrift des FMF Neusprachliche Mitteilungen ermutigte Albert Raasch Studierende, sich mit einem Beitrag – sei es eine Buchrezension, sei es ein redaktioneller Beitrag – zu beteiligen und sich auf diese Weise in die fachdidaktische Diskussion einzubringen.

Und mancher Student von Albert Raasch, der sich auf einem der Kongresse der Gesellschaft für Angewandte Linguistik mit einem Referat beteiligt hatte, fand seinen Sektionsbeitrag gedruckt als erste Veröffentlichung in einem der Kongressbände, an deren Zusammenstellung Albert Raasch als federführendes Mitglied des Publikationsausschusses der Gesellschaft für Angewandte Linguistik beteiligt war.

SALUS, die Schriften zur Angewandten Linguistik und Sprachlehrforschung der Universität des Saarlandes führten diese in Kiel begründete Tradition universitärer Publikationen für eine interessierte Öffentlichkeit später im Saarland fort.