Die Macht der Meinungsführer: von Celebrities bis zu Influencern

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Der Autor

Jens Lönneker ist Gründer und Geschäftsführer der Markt- und Medienforschungsagentur rheingold salon. Er befasst sich in seiner Forschungs- und Beratungstätigkeit mit moderner Alltagskultur. In seiner Freizeit widmet sich Jens Lönneker besonders seiner Familie. Er liebt es, sich Zeit zum Lesen und Faulenzen zu nehmen. Außerdem ist der Diplom-Psychologe begeisterter Marathonläufer. Mehr zu ihm und rheingold salon unter: www.rheingold-salon.de.

Erläuterungen

1 Das Zitat der Kreativagentur Kemmler und Kemmler stammt aus einem Vortrag zur Kommunikationsstrategie von Zalando auf dem Deutschen Handelskongress von 2015.

2 Die tiefenpsychologische Studie „Öffentliche Meinung in der Krise“ wurde 2015 von Jens Lönneker vom rheingold salon im Auftrag der Heinz-Lohmann-Stiftung zur Meinungsbildung in unserer Gesellschaft durchgeführt.

Besser für die Marke – Celebrity-Selektion mit dem Human-Brand-Ansatz

Daniel Althaus, Head of Quantitative Research, Splendid Research GmbH, Hamburg

1. Human Brand Index. Wie schnell das Bauchgefühl bei der Promi-Auswahl irren kann

Es existieren nur wenige Anlässe im Wirtschaftsbereich, bei denen Bauchentscheidungen so populär sind, wie bei der Suche nach einer geeigneten Celebrity.1 Lediglich eine Minderheit der werbetreibenden Unternehmen kennt einschlägige wissenschaftlich-empirische Verfahren zur fundierten Auswahl von Prominenten, geschweige denn nutzt diese auch.2 Während bei Entscheidungen zu Märkten, Produkten, Standorten, Vertriebskanälen und Werbeetats aufwendige Analysen üblich sind, werden sie bei der Promi-Auswahl offenbar nicht für sonderlich wichtig erachtet. Dabei geht es immerhin um Entscheidungen, die das „Gesicht der Marke“ betreffen und mitunter sechsstellige Honorare ausmachen.

Weshalb die Suche nach einem populären Werbegesicht mit relativ geringem Aufwand betrieben wird, liegt sicher auch an der scheinbaren Einfachheit des zu lösenden Problems: Zum einen genügt eine Portion gesunde Menschenkenntnis, die sich niemand selbst absprechen würde. Zum anderen reicht als Auswahlkriterium aus, dass der Prominente bei möglichst vielen Kunden gleichermaßen bekannt und beliebt ist. Tatsächlich würde man mit dieser Strategie häufiger richtig als falsch liegen. Wenn ein Irrtum nur nicht so teuer wäre. Denn im Misserfolgsfall werden nicht nur die Kampagnenziele für die Marke verfehlt, sondern oft auch ein mitunter massiver Imageschaden bei der Zielgruppe riskiert, der erst wieder behoben werden muss.

Um die Auswahl einer geeigneten Persönlichkeit nicht völlig aus dem Bauch heraus zu treffen, sollten zumindest die im Internet meist frei verfügbaren Informationen zur Bekanntheit und Beliebtheit von Celebrities recherchiert werden. Ergebnisse aus Rankings, Umfragen und Social-Media-Kennzahlen reichen für eine erste grobe Einschätzung bereits aus.

Allerdings lässt sich die Erfolgsquote noch erheblich steigern, wenn die Verteilung insbesondere der Beliebtheit des Prominenten in der jeweiligen Zielgruppe genauer analysiert wird. Ein Prominenter, der bei vielen Kunden einer Marke bekannt und beliebt ist, eignet sich nicht unbedingt als Werbepartner, wenn er bei allen anderen Kunden zwar ebenso bekannt, aber in ganz entscheidender Weise unbeliebt ist. Die besondere Bedeutung von Beliebtheitsunterschieden bei ausgewählten Celebrities in der Markenzielgruppe macht ein tiefergehendes Verständnis dieser Erfolgsgröße unbedingt erforderlich.

In unseren Untersuchungen zur Bewertung von Prominenten konnten wir feststellen, dass sich die Beliebtheit durch insgesamt fünf Faktoren beschreiben und erklären lässt, die Abbildung 1 zusammenfasst. Dazu zählen sowohl die Sympathie als auch die Attraktivität, die einer Celebrity von der betreffenden Zielgruppe zugeschrieben wird. Ferner drückt sich die Beliebtheit eines Prominenten durch die besonderen Leistungen in seinem jeweiligen Metier (wie z. B. Film, Sport oder Musik) aus und der dafür erhaltenen Anerkennung in Öffentlichkeit und Medien. Schließlich ist die Einflussstärke einer Celebrity relevant, also der Grad, mit dem sich eine Zielgruppe mit dem jeweiligen Prominenten identifizieren kann. Den höchsten Einflussgrad bildet die Vorbildfunktion, wenn eine Celebrity sogar als persönliches Idol dient.

Abb. 1: Fünf zentrale Faktoren zur Beurteilung der Beliebtheit von Prominenten

Auf Basis dieser fünf Kriterien befragen wir die Teilnehmer unseres Online Access Panels zu den wichtigsten und interessantesten, wie auch für Unternehmen speziell in Frage kommenden Celebrities.3 Zu jedem Prominenten sind neun geschlossene Fragen zu beantworten, die zunächst auf die visuelle und namentliche Bekanntheit bei den Untersuchungsteilnehmern eingehen, woran sich sieben Fragen zu den fünf Beliebtheitskriterien anschließen. Aus den Antworten können wir sowohl individuelle Beliebtheitsprofile zu den abgefragten Prominenten erstellen, als auch den „Human Brand Index“ berechnen, der den Gesamtwert für die Beliebtheit einer Celebrity darstellt und sich zwischen 0 und 100 Punkten bewegt.

Darüber hinaus haben wir für den Human Brand Index bestimmte Schwellenwerte ermitteln können, die eine klare Änderung in der Beliebtheitsbewertung des jeweiligen Prominenten anzeigen.4 So ist jemand, der einen Prominenten mit 90 von 100 Punkten bewertet, ein begeisterter Fan, während jemand, der den gleichen Prominenten mit 45 Punkten bewertet, ihm gleichgültig gegenübersteht. Wie Abbildung 2 zeigt, können wir anhand der Schwellenwerte zwischen vier Beliebtheitstypen in Bezug auf einen Prominenten unterscheiden, wobei der Typ des Nicht-Kenners noch hinzukommt, für den der fragliche Prominente gänzlich unbekannt ist.

Abb. 2: Beliebtheitstypologie mit graduellen Unterschieden in den Einstellungen zu Prominenten

Die fünf Einstellungstypen zu Prominenten zeichnen sich durch charakteristische Bewertungsunterschiede zwischen den beurteilenden Menschen aus:

• Die Fans eines Prominenten bewerten diesen als sehr sympathisch und attraktiv, identifizieren sich weitgehend mit ihm, bewerten seine Leistung weit überdurchschnittlich und finden oft, er bekomme dafür zu wenig Anerkennung. Fans nehmen die Medienpräsenz ihres Stars am stärksten wahr und finden, dass diese noch ausgebaut werden könnte, selbst wenn sie bereits sehr hoch ist. Wo passive Fans von ihrem Star die Musik hören oder gezielt seine Filme oder Wettkämpfe sehen, begeistern aktive Fans darüber hinaus ihr soziales Umfeld für ihn und kaufen seine Merchandising-Artikel. Für einen Fan wertet der Werbeauftritt des eigenen Idols die beworbene Marke massiv auf.

• Die Sympathisanten eines Prominenten finden ihn wie auch die Fans meist sehr sympathisch und attraktiv. Allerdings identifizieren sie sich weniger mit ihm und sehen ihn kaum als Vorbild. Sie freuen sich über dessen Musik im Radio oder über Sportbeiträge mit ihm im Fernsehen, folgen damit aber nur dem allgemeinen Trend. Sympathisanten würdigen die Leistungen des Stars gegenüber anderen Prominenten aus dem gleichen Metier als überdurchschnittlich, sind aber im Unterschied zu Fans mehrheitlich der Meinung, der Star bekomme dafür auch genügend Anerkennung. Daher sind sie auch die ersten, die negativ auf eine mediale Dauerpräsenz des Prominenten reagieren. Zudem reden sie privat deutlich seltener über ihn als Fans.

Indifferente finden den betreffenden Star entweder ganz sympathisch, aber wenig attraktiv oder umgekehrt. Sie identifizieren sich nicht mit ihm, kennen ihn nur aus kurzen Medienbeiträgen oder von Erzählungen und beurteilen seine Leistung als durchschnittlich. Die dafür erhaltene öffentliche Anerkennung finden sie gerecht. Trotz der als gering wahrgenommenen medialen Präsenz fordern Indifferente eine weitere Reduzierung, was nicht für die TV-Präsenz gilt. Für sie ändert sich das Markenimage durch einen werblichen Auftritt des Prominenten nicht wesentlich.

Hater finden den jeweiligen Prominenten unsympathisch und sprechen ihm sogar dann jegliche physische Attraktivität ab, wenn diese objektiv gegeben ist. Sie vermeiden gezielt Medienauftritte des Prominenten und hätten am liebsten, wenn er so schnell wie möglich von der medialen Bildfläche verschwände. Hater bewerten die Leistung des Prominenten meist als stark unterdurchschnittlich, können sich nicht über seine Erfolge freuen und sind der Auffassung, er erhalte zu viel Anerkennung.

Nicht-Kennern ist der Prominente entweder völlig unbekannt oder sie erkennen ihn nicht wieder, wenn in einer Werbung der typische Kontext wie etwa seine typische Sportbekleidung fehlt. Sie können zwar bewerten, wie attraktiv sie die fragliche Person in einer Werbemaßnahme finden, aber darüber hinaus weisen sie keine spezifischen Einstellungen zum Prominenten auf, weswegen es wenig sinnvoll ist, Medienpräsenz, Leistung und Anerkennung sowie ein detailliertes Imageprofil des Prominenten bei Nicht-Kennern zu ermitteln.

 

Die Erfolgsquote bei der Celebrity-Auswahl lässt sich deutlich steigern, wenn die Beliebtheitsausprägungen eines Prominenten innerhalb der Zielgruppe einer Marke bekannt sind und berücksichtigt werden.

Generell reagieren die Fans und Sympathisanten einer Celebrity und selbst Indifferente positiv auf einen Werbeeinsatz, während Nicht-Kenner und Hater die Marke tatsächlich seltener kaufen, wenn sie den betreffenden Prominenten in einer Werbung für diese Marke sehen.

Den Nutzen von Human Brand Index und Beliebtheitstypologie zur Einschätzung des Erfolgspotenzials einer Celebrity wollen wir am Beispiel einer Marke aus der Gesundheitsbranche verdeutlichen. Abbildung 3 zeigt die Prozentwerte der befragten Zielgruppe zur Beliebtheit des ehemaligen Welttorhüters Oliver Kahn im Vergleich zu Maria Höfl-Riesch, eine der in ihrer aktiven Zeit erfolgreichsten deutschen Skiläuferinnen.

Oliver Kahn liegt mit einer Bekanntheit von 98 Prozent zwar deutlich vor Maria Höfl-Riesch mit 74 Prozent, wie sich aus der jeweiligen Anzahl der Nicht-Kenner ableiten lässt. Allerdings lehnen viele der Befragten im relevanten Gesundheitssegment Oliver Kahn ab: 38 Prozent sind Hater; bei Höfl-Riesch dagegen nur 8 Prozent. Insgesamt erreicht das ehemalige Ski-Ass einen Human Brand Index von 67 Punkten, während der frühere Welttorhüter nur auf 60 Punkte kommt. Der Human Brand Index entspricht grundsätzlich demjenigen Anteil innerhalb der Zielgruppe einer Marke, der durch die betreffende Celebrity mit einer Werbemaßnahme positiv erreicht werden kann. Maria Höfl-Riesch kommt hier auf 7 Prozent mehr als Oliver Kahn und eignet sich also trotz geringerer Bekanntheit besser für einen Werbeeinsatz.

Abb. 3: Beliebtheitsunterschiede zwischen Höfl-Riesch und Kahn in der Zielgruppe einer Gesundheitsmarke

Der Erfolg eines Prominenten für eine Marke hängt somit ganz wesentlich davon ab, wie die Fans, Sympathisanten, Indifferente, Nicht-Kenner und Hater des Prominenten in der Zielgruppe der Marke verteilt sind. Erst durch diese Werte kann die jeweilige Eignung diverser Prominenter für eine Marke bestimmt werden. Als zentrale Erkenntnis für die Celebrity-Auswahl können wir festhalten:

Ein Prominenter sollte in der Zielgruppe der Marke möglichst viele Fans und möglichst wenige Nicht-Kenner und Hater aufweisen, um sich für einen Werbeeinsatz als geeignet zu erweisen.

Allerdings bedeutet ein hoher Überschneidungsgrad zwischen den Fans eines Prominenten und den Fans einer Marke nicht automatisch, dass die entsprechende Werbemaßnahme auch erfolgreich sein wird. Von großer Bedeutung ist zudem, dass Marke und Celebrity von ihren Persönlichkeiten her zueinanderpassen und harmonieren. Daher wollen wir im Folgenden auf diesen wichtigen Aspekt näher eingehen.

2. Human Brand Fit. Auf die Persönlichkeitspassung zwischen Marke und Celebrity kommt es an

Das entscheidende Erfolgskriterium für den Einsatz einer Celebrity stellt ihr Zusammenspiel mit der Marke auf der Persönlichkeitsebene dar. Ein besonderer Charakter ist nicht nur für die Beliebtheit und Popularität eines Prominenten wesentlich, sondern auch bei einer Marke dafür verantwortlich, dass der Konsument sich emotional mit ihr identifizieren kann und sein Vertrauen in die Marke und seine Loyalität gestärkt werden.5 Wegen dieser großen Bedeutung der Persönlichkeit für den Markterfolg müssen Marke und Celebrity auf den relevanten Eigenschaften stimmig empfunden werden von der Zielgruppe, um die notwendige Resonanz zu erzeugen.

Als Auswahlstrategie würde allerdings zu kurz greifen, wenn man für Kosmetik- und Modeartikel einfach angesagte Mannequins engagiert und für Sportschuhe erfolgreiche Fußballspieler einsetzt. Diese Vorgehensweise kann schnell zu teuren Fehlgriffen führen. Für eine hohe Passgenauigkeit zur Zielgruppe sollte zunächst präzisiert werden, ob zum Beispiel mit einer Modemarke eher die arrivierte Geschäftsfrau oder die junge Trendshopperin adressiert werden soll, was zu grundverschiedenen Charakteren bei der Celebrity-Auswahl führt. Sodann muss im Rahmen der Markenpositionierung spezifiziert werden, welche Persönlichkeit die im Mittelpunkt stehenden Eigenschaften der Marke besonders hervorhebt. So hat der Sportartikelhersteller genau zu definieren, mit welchen Stärken sich seine Marke bei der Zielgruppe gegenüber der Konkurrenz durchsetzen sollte, um entscheiden zu können, ob eher ein glamouröser Dribbelkünstler oder aber ein bodenständiger Torwart besser zur Markenausrichtung passt.

Um die Persönlichkeit von Marke und Celebrity detailliert zu erfassen, erheben wir 32 Eigenschaften, die sieben Persönlichkeitsdimensionen abdecken und sowohl den Prominenten als auch die Marke valide beschreiben. Wie Abbildung 4 veranschaulicht, zählen dazu die Aufrichtigkeit, Verträglichkeit und Professionalität von Marke und Celebrity, um die wahrgenommene Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Kompetenz zu ermitteln. Die Kultiviertheit und Eleganz (Stil) beziehen sich dagegen auf das prestigeträchtige Auftreten von Marke und Prominenten. Bei den Persönlichkeitsfacetten Humor und Leidenschaft geht es mehr um die Dynamik und das Temperament.

Abb. 4: Die 7 Persönlichkeitsdimensionen zur Bestimmung der Passung zwischen Marke und Celebrity

Die Zielgruppe bewertet sowohl die Marke als auch den Prominenten auf allen 32 Persönlichkeitsattributen. Jede Eigenschaft ist dafür auf einer fünfstufigen Skala von „trifft sehr zu“ bis „trifft gar nicht zu“ zu beurteilen. Die neutrale Skalenmitte gibt dem Befragten die Möglichkeit, auch eine unentschiedene Einstellung ausdrücken zu können. Außerdem kann mit „kann ich nicht beurteilen“ bzw. „diese Eigenschaft passt nicht“ angegeben werden, wenn eine Eigenschaft nicht relevant gefunden wird. Anhand der Bewertungen lassen sich die wahrgenommenen Unterschiede und Übereinstimmungen auf den 32 Persönlichkeitsmerkmalen berechnen. Der Gradmesser für die Passung ist der „Human Brand Fit“, der die Gemeinsamkeit zwischen Marken- und Celebrity-Persönlichkeit anzeigt.6

Nun stellt sich prinzipiell die Frage, wie die Persönlichkeiten von Marke und Celebrity zueinander ausgeprägt sein sollten, um tatsächlich auch erfolgreich zu wirken. Sollte der großartige Glanz der Celebrity auf die Marke abstrahlen? Oder sollten Marke und Prominenter als gleichwertige Partner auf Augenhöhe auftreten? Oder muss die Strahlkraft der Marke im Vordergrund stehen, während der Prominente eine untergeordnete Rolle spielt und quasi als Bewunderer der Marke auftritt? Mit dieser Problematik beschäftigen sich vor allem zwei wissenschaftliche Erklärungsansätze:7

• Nach dem Meaning-Transfer- bzw. Image-Transfer-Modell hat der Prominente bei denjenigen Persönlichkeitsmerkmalen, die für die Marke wünschenswert sind und gezielt gestärkt werden sollen, deutlich besser abzuschneiden als die Marke, damit es zu einem positiven Übertragungseffekt auf die Marke kommen kann, wodurch deren Kaufwahrscheinlichkeit gesteigert wird.

• Nach der Match-Up-Hypothese sollten die relevanten Persönlichkeitsattribute bei dem Prominenten und der Marke ähnlich stark ausgeprägt sein, damit sich bei der Zielgruppe das Gefühl der beiderseitigen, harmonischen Passung ergibt, welches die Kaufwahrscheinlichkeit der Marke erhöht.

Voraussetzung für einen Image-Transfer ist demnach, dass quasi ein Gefälle vom Prominenten zur Marke vorliegt, welches nach der Match-Up-Hypothese aber gerade nicht förderlich ist. Bei uneingeschränkter Gültigkeit dieser beiden Erklärungsansätze besteht somit ein schwer zu überwindender Widerspruch, weil nicht klar ist, ob der Prominente viel vertrauenswürdiger, humorvoller und leidenschaftlicher als die Marke zu sein hat oder aber beide möglichst ähnlich abschneiden sollten, damit sich ein gemeinsames werbliches Auftreten erfolgreich auf die Kaufwahrscheinlichkeit der Marke auswirkt.

Hinzu kommt, dass Prominente in Umfragen bei den gleichen Persönlichkeitsmerkmalen im Schnitt um etwa 15 bis 20 Punkte besser abschneiden als Marken (auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten). Bei den für Marke und Prominenten so wichtigen Fans fällt dieser Unterschied sogar noch größer aus, weil sie ihren Star natürlich hervorragend bewerten, während potenzielle Partnermarken nur durchschnittliche Werte erreichen. Die Bedingungen für ein Match-Up wären lediglich bei den Indifferenten gegeben, die aber eine Marke durch den Einsatz der Celebrity nicht so häufig kaufen würden wie Fans.

Um diese Problematik zu klären, haben wir eine Grundlagenstudie mit 1.020 repräsentativ Befragten zur Wirkung von TV-Werbung mit Prominenten für zehn bedeutende deutsche Marken aus dem Food-, Non-Food- und Dienstleistungsbereich durchgeführt.8 Im Fokus der Analyse standen die Fans, Sympathisanten und Indifferenten, da Hater eine Marke bei einem ungeliebten Prominenten prinzipiell weniger kaufen und Nicht-Kennern die nötige Vertrautheit fehlt, um dessen Persönlichkeit bewerten zu können.

Klares Ergebnis unserer Studie: Beide Effekte – Image-Transfer wie Match-Up – sind wirksam. Allerdings hängt die Wirkungsweise und -stärke von der Einstellung zum Prominenten ab, woraus sich entscheidende Unterschiede beim Werbeerfolg ergeben:9

• Bei Fans bewirkt eine Werbung mit ihrem Idol, dass die Persönlichkeitsmerkmale der Marke auf das Niveau des Prominenten angehoben werden (Imagetransfer), wodurch Marke und Celebrity ähnlich erscheinen (Match-Up) und das Gefühl der Passung zum häufigeren Kauf der Marke führt.

• Sympathisanten schätzen die Persönlichkeit der Celebrity zwar fast ebenso positiv ein wie die Fans, aber der Imagetransfer von der Celebrity auf die Marke fällt bei ihnen deutlich geringer aus. Die Marke erreicht dadurch nicht das Niveau des Prominenten. Das Resultat ist eine niedrigere Ähnlichkeit und ein entsprechend geringeres Gefühl der Passung. Sympathisanten kaufen daher das beworbene Produkt weniger oft als Fans.

• Bei den Indifferenten ist es leichter, zusätzliche Käufe zu erzielen, wenn sie den betreffenden Prominenten auf mittlerem Niveau beurteilen. Da sie dies auch bei den meisten Marken tun, reicht ein leicht positiver Imagetransfer zum Match-Up aus, um das Empfinden der Passung zwischen Prominenten und Marke auszulösen und die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung eines hohen Human Brand Fits für den Einsatz von Celebrities in der Markenwerbung:

Werden Marke und Prominenter auf der Persönlichkeitsebene als sehr ähnlich erlebt, so steigt die Käuferreichweite. Grundsätzlich wirkt sich der Human Brand Fit am profitabelsten auf die Käuferreichweite aus, wenn die entscheidende Persönlichkeitseigenschaft infolge der Werbemaßnahme sowohl der Celebrity als auch der Marke in starker Ausprägung zugeschrieben wird.

Allerdings geht es hierbei nicht um ein undifferenziertes „je mehr, desto besser“. Zeichnet sich ein Prominenter durch zu große Leidenschaft aus, kann es zu einem Vampireffekt kommen, indem der Prominente beim Werbeauftritt alle Aufmerksamkeit von der Marke und deren Botschaft auf sich selbst zieht. Darüber hinaus führt eine Steigerung der Aufrichtigkeit von Marke und Celebrity nicht auch zu einer weiteren Erhöhung der Käuferreichweite, wohingegen geringe Aufrichtigkeit die Kaufwahrscheinlichkeit mindert. Offenbar wird Aufrichtigkeit bei Marken wie Prominenten als gegeben erwartet, da es Ausdruck ihrer Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit ist, während Unaufrichtigkeit bestraft wird. Dagegen wirkt ein hoher Grad an Stil bzw. Eleganz selbst dann noch förderlich, wenn die Marke mit der Celebrity nicht mithalten kann.

Insgesamt gilt aber: Gelingt es nicht, das positive Image des Prominenten auf die Marke zu übertragen, führt dies grundsätzlich zu einer geringeren Käuferreichweite. Für einen gelungenen Imagetransfer sind in jedem Fall die Niveauunterschiede entscheidend, die sich an der Beliebtheitsverteilung in der jeweiligen Markenzielgruppe festmachen. Nur wenn die Zahl der Fans einer Celebrity in der aktuellen bzw. potenziellen Nutzerschaft der Marke hoch ist, kann mit einer deutlich positiven Imageverbesserung gerechnet werden – so der Prominente auf der für die Marke wünschenswerten Persönlichkeitseigenschaft auch besondere Vorteile bei seinen Fans genießt. Überwiegen dagegen Sympathisanten und Indifferente, sollten die Niveauunterschiede zwischen Celebrity und Marke auf den interessierenden Persönlichkeitsmerkmalen nicht zu hoch ausfallen, um ein positives Match-Up nicht zu beeinträchtigen.

 

An unserem Beispiel zur Gesundheitsmarke wollen wir veranschaulichen, wie sich die wahrgenommene Passung zwischen Marken- und Prominentenpersönlichkeit auf den Kauf der Marke auswirkt. Den Grad der Persönlichkeitsübereinstimmung zwischen der Beispielmarke und Maria Höfl-Riesch im Vergleich zu Oliver Kahn zeigt Abbildung 5 mit den entsprechenden Effekten auf die Käuferreichweite.

Die Prozentzahlen zeigen für die jeweilige Persönlichkeitseigenschaft den Grad der Übereinstimmung an, die von den Befragten der Marke und dem Prominenten gleichermaßen zugeschrieben worden ist. Die Ergebnisse belegen, dass die Marke bei Maria Höfl-Riesch kultivierter, stilvoller und verträglicher erscheint als mit Oliver Kahn. Allerdings wirkt sich dieser Imagetransfer nicht wesentlich auf die Käuferreichweite aus, da eine solche Aufwertung für eine Gesundheitsmarke weniger relevant ist als zum Beispiel für eine gehobene Sekt- oder Modemarke. Mit Oliver Kahn erreicht die Marke eine weitaus höhere Zuschreibung von Professionalität, was bei einem Gesundheitsprodukt den Ausschlag für einen deutlichen Zuwachs der Käuferreichweite um 6,1 Prozent gibt. Insgesamt zeigt sich, dass Maria Höfl-Riesch mit 33 Prozent zwar einen etwas höheren Human Brand Fit erreicht als Oliver Kahn mit 30 Prozent. Allerdings würde der Einsatz von Oliver Kahn mit +2,3 Prozent erfolgreicher auf die Käuferreichweite einzahlen als Maria Höfl-Riesch mit -1,0 Prozent, da er die relevanteren Imagebereiche der Marke stärken würde.

Abb. 5: Kaufentwicklung je nach Persönlichkeitspassung zwischen Gesundheitsmarke und Höfl-Riesch bzw. Kahn

Für die Prognose der Käuferreichweite wird von uns ein statistisches Strukturgleichungsmodell berechnet, das alle Variablen inklusive demografischer Variablen wie dem Haushaltsnettoeinkommen enthält. Ausgehend vom Human Brand Fit können wir dadurch die Kaufwahrscheinlichkeit für einen Betrachtungszeitraum von vier Wochen bestimmen. Branchenabhängig ergeben sich hierbei naturgemäß Unterschiede: Im Bereich kurzlebiger Verbrauchsgüter (FMCG), wie etwa Getränken, Milchprodukten und Süßigkeiten, zeigen sich die deutlichsten Veränderungen durch den werblichen Einsatz von Celebrities und die beste Prognosekraft vom Human Brand Fit auf die Käuferreichweite. Im Bereich Banken und Versicherungen dagegen ist nachvollziehbar, dass sich in einem Zeitraum von vier Wochen nach einer Werbemaßnahme weniger gravierende Veränderungen bei der Käuferreichweite ergeben, da es meist um Dienstleistungsprodukte mit langfristigen Vertragsbindungen geht.

Die Käuferreichweite ist allerdings nur ein Erfolgsindikator, wenn auch ein sehr wichtiger. Wir wollen daher abschließend aufzeigen, wie sich die Persönlichkeitspassung zwischen Marke und Prominenten auf weitere Erfolgsgrößen im Kaufprozess auswirkt.

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