Das Anthropozän lernen und lehren

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Die Folgen der Interaktion Mensch – Meer

Als Meeresverschmutzung bezeichnet man alle direkt oder indirekt vom Menschen eingebrachte Substanzen, die eine Einschränkung der Qualität des Meerwassers für den menschlichen Gebrauch bewirken. Weiters sind alle Substanzen gemeint, die die lebenden Ressourcen beeinträchtigen, die menschliche Gesundheit gefährden und die Fischerei behindern. Eine Gesamtauflistung der das Meer verschmutzenden Substanzen und ihrer Wirkung auf die Meeresorganismen würde den Rahmen dieses Essays sprengen, weshalb exemplarisch nur auf wenige dieser Substanzen zumindest partiell eingegangen werden kann.

Eine Reihe von gefährlichen Schadstoffen befindet sich im Kompartiment des organischen Materials. Dieses Kompartiment beinhaltete bisher die häuslichen Abwässer und jene von Papier- und Lebensmittelfabriken, die direkt oder über Flüsse ins Meer eingebracht wurden. Die Folge war ein ansteigender bakterieller Sauerstoffverbrauch, bedingt durch den Abbau der organischen Fracht, was häufig zur Anoxie in der Wassersäule und zum Sterben der aeroben Meeresbewohner führte. Eine Begleiterscheinung dieser Anoxien war meist das Auftreten von Krankheitskeimen, die beim Menschen zu Typhus (Poremba, 1991), Hepatitis (Ledochowski, 2010) und Cholera (Freitas et al., 2020) führten. Weitere Begleiter dieser Abwässer sind meist Tenside, die bereits bei Konzentrationen von 0,05 bis 0,1 mg pro Liter auf Meeresorganismen giftig wirken.

Die besondere Gefahr bilden aber die Dauergifte (= dauerhafte organische Schadstoffe oder POP’s für ”persistent organic pollutants“), die sich durch gute Resorbierbarkeit im menschlichen Körper auszeichnen, lange Abbauzeiten wegen hoher biologischer Halbwertszeit haben und weltweit verbreitet sind. Da Dauergifte nicht im Wasser, aber in Fett gut löslich sind und den körpereigenen Abwehrmechanismen widerstehen, reichern sie sich in Fettdepots, Hirn, Leber, Gonaden und in der Muttermilch an. Ihre hohe spezifische Toxizität, die bereits in sehr kleinen Dosen wirkt, und ihre hohe Verweilzeit in den Organismen bewirken eine lange Schadwirkung in den Nahrungsketten und -netzen. Folglich kommt es zu massiven Anreicherungen der Dauergifte wie PCB (Polychlorierte Biphenyle) bei den Endkonsumenten der Nahrungsketten wie bei Robben, Walen, Eisbären, bedauerlicherweise aber zu Rekordkonzentrationen in der Muttermilch der Inuitfrauen (Krauter & Seidl, 2002). Noch gibt es nicht ausreichendes Datenmaterial, um gesicherte Aussagen über die Entwicklung der Inuitkinder zu vulgarisieren, aber erste Trends gehen in Richtung Tumorbildung, verlangsamtes Wachstum, gestörte Feinmotorik, hohe Anfälligkeit für Krankheiten und Unfruchtbarkeit. Jene ethnischen Gruppen, die am wenigsten vom industriellen Fortschritt profitieren, erfahren den meisten Schaden dieses Fortschrittes.

Ein augenfälliges und verbreitetes Verschmutzungsproblem für die Meere ist das Einbringen von Erdöl mit den bekannten Ölteppichen und Ölfilmen an der Wasseroberfläche. Man schätzt, dass 4 bis 7 Millionen Tonnen Erdöl jährlich ins Meer gelangen. Die Eintragsquellen sind natürliche Erdölaustritte vom Meeresboden, Flüsse, die von Verkehrsflächen, industriellen und häuslichen Abwässern gespeist werden, Schiffsverkehr, wie auch solche, die durch Gewinnung, Verarbeitung und Transport des Erdöls mittels Tanker entstehen. Hinzu kommen Unfälle an Ölquellen und Tankerunfälle. Die kurzkettigen Anteile des Öls verschwinden durch Verdunstung, während die langkettigen Anteile des Öls sich zu Teerklumpen umformen und fast überall an der Wasseroberfläche der Ozeane zu finden sind, ebenso an den Sand- und Felsstränden. Wenn die Teerklumpen an Sestonpartikel absorbieren und in der Wassersäule absinken, erreicht das Öl den Meeresboden und seine Bewohner. Hier sind vor allem die filtrierenden Organismen wie Seeanemonen, Muscheln und Tunikaten in Mitleidenschaft gezogen, denn alle zyklischen Kohlenwasserstoffe im Erdöl sind für Meerestiere giftig.

Anzuführen wären noch Nährstoffe wie Phosphate, die über Kunstdünger und häusliche Abwässer ins Meer gelangen und zu Massenentwicklungen von benthischen und pelagischen Algen führen, die Anreicherung von Schwermetallen in den Nahrungsketten sowie Giftmüll und Radioaktivität. Atomkraftwerke und Wiederaufbereitungsanlagen in Küstennähe verwenden Seewasser als Kühlmittel, wodurch hohe Dosen an Radioaktivität ins Meer gelangen.

Die Überfrachtung der Meere mit Plastik ist in den letzten Jahren ein berechtigtes Dauerthema in den Medien. Wir unterscheiden derzeit zwischen Plastik und Mikroplastik. Plastik kann als Hunderte Meter lange Fischernetze bis zum kleinsten Plastiksack verstanden werden, Mikroplastik wurde bisher noch nicht einheitlich definiert, man meint aber generell damit Partikelgrößen mit Durchmessern vom Nanometerbereich bis maximal 5 mm. Das Mikroplastik wird unterteilt in „Primäres Mikroplastik“ (eigens für spezifische Anwendungen hergestellt, also für Waschmittel, Kosmetika, Zahnpaste oder industriellen Gebrauch) und „Sekundäres Mikroplastik“, welches als Zerfallsprodukt größerer Kunststoffteile und über Einwirkung von Sonne, Wind, Wellen und Zerrieb an Felsküsten entsteht. Weltweit gelangen zwischen etwa 8 und 13 Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer, Tendenz steigend. Dieses Plastik wird von den örtlichen Meeresströmungen transportiert, um schlussendlich in den Regionen der Meeresdriftströmungswirbel anzukommen, wo es riesige Plastikteppiche bildet. Besonders betroffen ist das ozeanische Gebiet des Nordpazifikwirbels zwischen Nordamerika und Asien: Dieser Bereich, auch als „Great Pacific Garbage Patch“ bezeichnet, weist auf einer Fläche von 1,6 Millionen km2 geschätzte 1,8 Billionen Plastikteile und -teilchen auf. Ähnliche Phänomene kann man in der Nordatlantischen Sargassosee, im Mittelmeer und in der Nord- und Ostsee beobachten, wenn auch in geringerem Ausmaß.

Neben den Auswirkungen von Plastik auf die großen Meersäuger und Fische (wie mechanische Verletzungen durch „Geisternetze“ oder Getränkecontainer, die zum Tod führen können) ist das Hauptproblem die Verwechslung mit Nahrungsmitteln. Seevögel halten Plastikteile für Futter und verhungern dann mit müllgefülltem Magen. Dies trifft auch für Wale und Delphine zu, in deren Mägen bis zu 40 kg Plastikabfall zur Verendung der Tiere führte. Genauso nehmen auch Jungfische Mikroplastik als Futter an und sterben daran. Ein weiterer Punkt, der noch Beachtung verdient, ist die Tatsache, dass Plastikfragmente, vor allem Mikroplastik, Giftstoffe an ihrer Oberfläche anreichern und mit dieser Fracht zum Meeresboden absinken. Mikroplastikpartikel aus Polyethylen bilden bevorzugt Adsorptionskerne für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).

Viele PAK’s, von denen mehrere hundert bekannt sind, sind nachweislich karzinogen. Da die Aufnahme der PAK’s über die Nahrung erfolgt, ist der Verzehr von Fisch aus Mikroplastik kontaminierten Gebieten auch für den Menschen schädigend und riskant.

Nun drängt sich selbstverständlich die Frage auf: Was ist zu tun und wie soll man auf diese Fülle von menschinduzierten Problemen reagieren?

Diskussion: Ökosystemmanagement – ein Lösungsansatz?

Viele Organismenarten sind in ihrer Existenz durch die Zerstörung ihrer Lebensräume bedroht. Küstenbiotope werden vom Menschen vernichtet, um für Besiedlung, Hafenbauten und die dazu notwendigen Schutzmaßnahmen (Wellenbrecher aller Art) Platz zu schaffen. Um Tourismus zu fördern, werden Rekreationszentren geschaffen, und die zunehmende Zahl der Ausflugsschiffe verlangt eine Zunahme der Ankerplätze außerhalb der Hafengebiete, was dem Benthos, vor allem den Korallenriffen und den ausgedehnten, aber langsam wachsenden Seegraswiesen, große Schäden beschert. Die hochtechnisierte Fischerei reduziert jährlich die Fischpopulationen der Hochsee und weicht bereits auf küstennahe Bereiche aus, und die Effekte des zunehmenden Motorlärms sind noch für längere Zeit das Thema wissenschaftlicher Untersuchungen. Wie gehen wir mit diesem Wissen um?

Ein möglicher Ansatz zur Problemlösung wäre der Biotopschutz. Um diesen effektiv zu gestalten, müssen, auf Basis der bisher erarbeiteten Daten über Meeresökosysteme, Managementpläne entworfen und die daraus abgeleiteten Reparatur- und Schutzmaßnahmen gesetzlich verankert und appliziert werden. Hier muss aber erwähnt werden, dass Wechselbeziehungen innerhalb von Ökosystemen, aber auch zwischen verschiedenen Ökosystemen sehr komplex und nur zum Teil verstanden worden sind. Daher wird ein Managementplan immer nur Teilerfolge bringen, zugunsten mancher Tier- und Pflanzenarten, aber nur selten für ein ganzes Ökosystem. Der optimale Ansatz wäre daher, ein Netz von Meeresschutzgebieten einzurichten, wodurch Artenvielfalt, ökologische Prozesse und die Produktivität der marinen Ökosysteme in diesen Gebieten erhalten blieben. Bedauerlicherweise leiden auch Schutzzonen unter Umweltverschmutzung, Raubbau von Ressourcen oder Nutzungskonflikten. Nutzungskonflikte können über gesetzliche Regelungen entschärft werden, Raubbau und Wilderei wären durch Überwachungsnetze zu minimieren, gegen die Umweltverschmutzung ist derzeit bestenfalls ein partielles und lokales Abfedern möglich. Schadstoffemittierende Betriebe sollten umweltfreundlich saniert werden, insbesondere an Flüssen und in Küstennähe, um die Schutzzonen nicht zusätzlich zu belasten. Es gibt nun eine Reihe von Institutionen, Organisationen und legale Instrumente, die sich kollektiv mit der Erarbeitung von Regeln und Maßnahmen für Management, Erhaltung und Nutzung der Ozeane beschäftigen. Die UNCLOS (United Nations Convention on the Law of the Sea) bildet ein globales allumfassendes legales Netzwerk für die Kontrolle aller Organisationen, die über ozeanisches Management arbeiten. Es ist ein internationales Abkommen, das alle Nutzungsarten der Meere regeln soll. Es wurde am 10. Dezember 1982 in Montego Bay (Jamaika) geschlossen und trat am 16. November 1994, ein Jahr nach Hinterlegung der 60. Ratifikationsurkunde, in Kraft. Das Abkommen ist auch als „UNCLOS III“ bekannt. Die UN-Seerechtskonferenz dauerte von 1973 bis 1982 und war die dritte ihrer Art. Die Konferenzen zuvor werden als „UNCLOS I“ und „UNCLOS II“ benannt (siehe Wikipedia).

 

Die Erfolge sind bis dato als bescheiden zu bezeichnen. Von besonderer Bedeutung ist wohl das steigende Interesse an der Einrichtung von Meeresschutzgebieten der Hochsee, die sich außerhalb der nationalen Rechtssprechung befindet. Bis zu 200 Meilen vor der Küste unterliegt der Fischfang der nationalen Rechtssprechung. Jenseits der 200 Meilen unterliegt er internationalen Gremien. Um eine nachhaltige Fischerei zu ermöglichen und Überfischung zu eliminieren, bedarf es einer großen Zahl von Regelungen über den Fang von Jungfischen und geschlechtsreifer Fische, Fangquoten, Begrenzung der Trawlergröße und der Fanggeräte, Schließung von Fangzonen, um Laichplätze zu schützen, und Begrenzung der Zahl von Fangtagen. Dies wiederum impliziert einen gewaltigen Aufwand von Investitionen seitens der Regierungen, die nicht nur wissenschaftliches Datenmaterial über den Zustand der einzelnen Bestände erheben sollen, sondern auch eine Kontrolle zur Einhaltung der Bestimmungen durchzuführen haben. Die Interessenkonflikte zwischen Regierungen, Fischereibetrieben, dem Fischhandel und den Umweltschützern ist vorprogrammiert. Inwieweit Aquakulturen eine teilweise Entlastung bezüglich des globalen Proteinbedarfes bringen werden, ist noch ungewiss.

Abschließende Schlussfolgerung

Charakteristisch für die Meere ist die schon erwähnte Verbindung zwischen den Ökosystemen über Import/Export von organischem und anorganischem Material. Diese Energieflüsse und/oder Kreisläufe funktionieren über riesige vertikale und horizontale Transportwege, die einzig und allein das Medium Wasser ermöglicht. Die Fähigkeit des Wassers, diese lebenswichtigen Frachten (gelöste und partikuläre organische Materialien, Nährstoffe, gelöste Gase, aber auch lebende Organismen wie das Phytoplankton) vertikal und horizontal zu transportieren, ermöglicht Leben in Bereichen, wo kein Licht hinreicht, wo die Primärproduktion nicht stattfindet und wo extreme Spezialisierung notwendig ist, wie in der Tiefsee. Dieses Meerwasser, dem wir unsere Existenz verdanken, sollten wir mit Bedacht behandeln und ihm jenen Respekt entgegenbringen, den es verdient, den größten Respekt.

Literatur

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Wikipedia, Art. „Seerechtsübereinkommen“.

Michael Wagreich
Im Übergang zum Anthropozän – vom Wiener Neustädter Kanal und der I. Wiener Hochquellenleitung zur Großen Beschleunigung
Einleitung

Der Begriff „Anthropozän“ hat heute eine weite Verbreitung gefunden und wird sowohl in der wissenschaftlichen Fachliteratur als auch in den Medien vielfach verwendet. Der Begriff fasst symbolhaft in einem Wort den durch den Menschen verursachten, globalen Wandel im Erdsystem mit vielen seiner Auswirkungen wie Klimaerwärmung, Meeresspiegelanstieg, Umweltverschmutzung und damit verbundenen gesellschaftlichen Phänomenen zusammen. Der Mensch verändert die Erde und hinterlässt eindeutige und vielfache Spuren in den Gesteinsschichten, die noch in Jahrmillionen erkennbar sein werden.

Im engeren, geologischen Sinne könnte der Begriff des „Anthropozäns“ die jüngste, durch den Menschen beeinflusste und geprägte geologische Gesteinsschichteinheit kennzeichnen – eine Anmutung, die in der geologischen Fachwelt heftige Diskussionen auslöst. Schon von Paul Crutzen (Nobelpreisträger für Chemie, geb. 1933) wurde der Begriff im Jahr 2000 in einem geologischen Zusammenhang geprägt (Crutzen & Stoermer, 2000), als er äußerte, dass das geologische Zeitalter des Holozäns beendet sei und die Menschheit sich jetzt im „Zeitalter des Anthropozän“ befinde. Crutzen (2002) bezieht sich dabei auf das erdwissenschaftliche Konzept der Geologischen Zeitskala, die die 4,6 Milliarden Jahre andauernde Erdgeschichte in eine Hierarchie verschiedener Zeitalter gliedert und diese zeitlich, vom ältesten Hadäikum bis heute einordnet. Das Holozän kennzeichnet die (bisher) jüngste definierte Epoche der Erdgeschichte (Abb. 1), die nach Ende der letzten Eiszeit vor 11 700 Jahren begann und ein klimatisch ausgeglichenes Zeitintervall darstellt. Durch dieses ausgeglichene, im Vergleich zu den vorhergehenden Kalt- und Eiszeiten warme Klima wurde die etwa zeitgleich einsetzende Entwicklung von Landwirtschaft und städtischer Zivilisationen begünstigt. Dennoch hatte das Klima auch mit seinen geringen holozänen Schwankungen von wenigen Grad Celsius Einfluss auf die Entwicklung von Zivilisationen bis hin zur mittelalterlichen Warmzeit (etwa 2 Grad wärmer als heute) und der Kleinen Eiszeit von etwa 1400 bis 1850 (bis zu 2 Grad kühler als heute).


Abbildung 1: Der jüngere Abschnitt der Geologischen Zeitskala mit dem Anthropozän als neuem, jüngsten und heute andauernden Abschnitt der Erdgeschichte nach Vorschlag der Working Group on the Anthropocene

Der Begriff Anthropozän ist, neben seiner diskutierten, engeren geologischen Bedeutung, mittlerweile auch ein übergeordnetes Schlagwort für alle Veränderungen geworden, die der Mensch in seiner Umwelt – der „Anthroposphäre“ – und damit im gesamten System Erde bewirkt, von der Geosphäre über die Biosphäre und die Atmosphäre bis hin zu der ebenfalls neu definierten und rasch wachsenden „Technosphäre“, der Sphäre des menschlichen Einflusses und der anthropogenen Umgestaltung (Steffen et al., 2007). Das Zeitalter des Anthropozäns steht damit nicht nur symbolisch für die Existenz des durch den Menschen verursachten (= anthropogenen) globalen Wandels, sondern auch für dessen Unumkehrbarkeit – der globale Wandel ist im erdgeschichtlichen Archiv des Planeten festgeschrieben.

Crutzen selbst setzte zunächst den Beginn des Anthropozäns mit dem Einsetzen der Industriellen Revolution, etwa mit der Erfindung der Dampfmaschine im Jahr 1784 (Crutzen, 2002). Ab dieser Zeit wird in großem Maßstab Kohle zur Energiegewinnung verbrannt, und damit fossiler Kohlenstoff freigesetzt, der, über die Anreicherung als Treibhausgas Kohlendioxid, die Atmosphäre erwärmt. Dieses Datum hat sich zwar aus geologischer Sicht nicht durchgesetzt, da es kein weltweites geologisches Signal dafür gibt (Waters et al., 2016), doch bleibt der Begriff weiter auch mit der Industriellen Revolution und dem damit verbundenen steigenden Energieverbrauch und der Globalisierung verbunden.

In der heutigen fachwissenschaftlichen Diskussion, geführt und hinterfragt in der eigens eingesetzten Arbeitsgruppe (Working Group on the Anthropocene, Zalasiewicz et al., 2017) der Internationalen Stratigraphischen Kommission (http://www.stratigraphy.org), wird die globale Dominanz des Menschen in vielen geologischen Prozessen als Startpunkt des Anthropozäns gesehen – ein Zeitpunkt, der sich auch markant in den geologischen Ablagerungen des Anthropozäns materiell nachweisen lässt (Waters et al., 2016). Heute wird auf dieser Basis daher der Beginn des Anthropozäns an den Beginn der „Great Acceleration“ gestellt (Abb. 1), jener bis heute andauernden, oft exponentiellen Beschleunigung in vielen Parametern und Prozessen des planetaren Systems Erde, von dem Anwachsen der Erdbevölkerung und dem Wirtschaftswachstum bis zu Beton- und Plastikproduktion, Treibhausgaskonzentrationen und dem zunehmenden Artenschwund.