Das Anthropozän lernen und lehren

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Eigenversorgte Industrie- und Gewerbebetriebe

Ausgehend von der Hochrechnung des derzeitigen Bedarfs der eigenversorgten Industrieund Gewerbebetriebe wurden für die Abschätzung des zukünftigen Bedarfs mehrere Herangehensweisen untersucht, aus denen verschiedene Varianten von Bedarfsprognosen abgeleitet wurden:

• Analyse und Extrapolation der bisherigen Entwicklung der Eigengewinnungen basierend auf jenen Datensätzen, für die Entnahmedaten mehrerer Jahre verfügbar waren.

• Erhebung einer oder mehrerer betrieblicher Kennzahlen, die mit Wasserverbrauch verknüpft werden können und Prognose dieser Kennzahl(en).

• Untersuchung von Einsparungspotenzialen durch zunehmende Kreislaufführung oder anderen Effizienzsteigerungen auf einzelbetrieblicher Basis je nach Art der Produktion bzw. basierend auf Informationen, die im Zuge der Datenerhebung bei den Stichprobenbetrieben gewonnen wurden.

• Entwicklung der Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählung) des sekundären Sektors bzw. der Arbeitsstättenentwicklung gesamt auf regionaldifferenzierter Ebene.

• Deckelung des Bedarfs bei der vollen Ausnutzung der derzeit verfügbaren Entnahmekonsense auch auf einzelbetrieblicher Basis.

• Wirtschaftswachstum bzw. Bevölkerungswachstum: Dabei wurde für jeden Betrieb der Stichprobe ein möglicher Absatzmarkt (national, EU-weit, europaweit weltweit, weltweit mit Einschränkungen) definiert und eine Bedarfssteigerung anhand des Bevölkerungswachstums im jeweiligen Absatzmarkt abgeschätzt.

Letztendlich wurde auf Basis aller vorliegenden Varianten die wahrscheinlichste Prognose auf einzelbetrieblicher Ebene für jeden der Stichprobendatensätze bestimmt. Ausgehend von diesen Prognosen wurde wie zuvor wieder eine Rest-Hochrechnung zur Abschätzung der Eigenentnahmen der übrigen Industriebetriebe durchgeführt.

Eine Zusammenfassung des derzeitigen und zukünftigen Bedarfs der eigenversorgten Industrie- und Gewerbebetriebe ist in der Bilanz dargestellt.

Landwirtschaft

Der Wasserverbrauch der eigenversorgten Landwirtschaft umfasst primär jene Entnahmemengen, die für Bewässerungszwecke gewonnen wurden. Der Wasserbedarf für die Tierproduktion wurde nicht gesondert erhoben. In Fällen der Mitversorgung landwirtschaftlicher Betriebe aus der öffentlichen Wasserversorgung wurden die Wassermengen im Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung mitberücksichtigt. Auch die Betrachtungen des Wasserverbrauchs der eigenversorgten Landwirtschaft sind ausschließlich auf die Entnahmemengen aus den Grundwasserkörpern beschränkt.

Die Abschätzung der Entnahmemengen für Bewässerungszwecke erfolgte durch das Ingenieurbüro der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal. Die Plausibilitätsprüfung der landwirtschaftlichen Kennwerte erfolgte direkt durch das Land Niederösterreich.

Die Abschätzung des Bewässerungsbedarfs in der Landwirtschaft erfolgte auch unter Berücksichtigung folgender allgemeiner Vergleichszahlen:

Bewässerungsmengen sind definitionsgemäß Wassermengen, die über den natürlichen Niederschlag hinausgehen, um einen besseren (oder optimalen) Ertrag zu erzielen. Je nach Region werden in Österreich folgende typische Werte angenommen (BMLFUW, 2011):

• Freilandkulturen bis maximal 200 mm/a

• Zuckerrübe 150 mm/a

• Obst und Wein mit 100 mm/a

• Feldgemüse mindestens 60 bis 120 mm/a

Zusammenfassung der derzeitigen Bewässerungswassermengen in mm

• Für die derzeitigen Bewässerungswassermengen wird von einer durchschnittlichen jährlichen Bewässerung von 40 bis 50 mm ausgegangen.

• Bei einem Anteil der tatsächlich bewässerten Flächen innerhalb der bewässerungswürdigen Flächen von derzeit rund 30 % ergibt sich für die tatsächlich bewässerten Kulturen eine Bewässerungswassermenge von durchschnittlich 120 mm.

• Die Maximalwerte in trockenen Jahren können 70 mm im Flächendurchschnitt und rund 210 mm für die tatsächlich bewässerten Kulturen betragen.

Die Darstellung und Zusammenfassung der berechneten Bedarfsmengen der Landwirtschaft erfolgt in der Bilanz.

Bilanz

Die nachfolgenden Bilanzen (IST-Zustand Tabelle 3 und 2050-Prognose Tabelle 4) zeigen

• das nutzbare Dargebot, im Fall der 2050-Prognose das Szenario „verringertes nutzbares Dargebot“ im Vergleich zum Wasserbedarf

• der öffentlichen Wasserversorgung inklusive der mitversorgten Industrie- und Gewerbebetriebe sowie inklusive der Einzelversorgungen, die über die Hochrechnung mit den Bevölkerungszahlen in der Berechnung berücksichtigt sind,

Importe (mit - gekennzeichnet) und Exporte von Wasserressourcen zum Zweck der Trinkwasserversorgung

• der selbstversorgten Industrie- und Gewerbebetriebe sowie

• der Landwirtschaft.

Die von grün über gelb bis rot hinterlegten Skalen zeigen jeweils die Ausschöpfung des nutzbaren Dargebotes ohne bzw. mit der regionalen Umverteilung (Importe und Exporte) von Wasserressourcen zum Zweck der Trinkwasserversorgung.

Einige Regionen haben bereits heute einen sehr hohen Ausschöpfungsgrad der nachhaltig nutzbaren Wasserressourcen. Für das Traisental beträgt der Wert schon knapp über 90 %.

Bezüglich der Prognosen für 2050 wird ersichtlich, dass im Weinviertel ohne die Umverteilung (Importe) von Wasserressourcen der zukünftige Bedarf nicht mehr aus den nachhaltig nutzbaren Wasserressourcen gedeckt werden könnte. Andererseits könnte gerade die Umverteilung in Form von Exporten im Traisental bereits zu einer zukünftigen Übernutzung führen.


Tabelle 3: Bilanz nutzbares Dargebot und derzeitiger Bedarf Trinkwasser (inkl. Einzelversorgungen, sonstige Verbraucher, Aufbereitungsverluste und unentgeltliche Abgaben), selbstversorgte Industrie- und Gewerbebetriebe sowie Landwirtschaft


Tabelle 4: Prognose der zukünftigen Bilanz nutzbares Dargebot und Bedarf Trinkwasser (inkl. Einzelversorgungen, sonstige Verbraucher, Aufb.verluste und unentgeltl. Abgaben), selbstversorgte Industrie- und Gewerbebetriebe sowie Landwirtschaft

Insgesamt stehen in Niederösterreich genügend Grundwasserressourcen für alle Bedarfsträger zur Verfügung. Das gilt auch noch in der Zukunft, wenn der Wasserbedarf entsprechend dem Bevölkerungswachstum steigt und die nutzbaren Wasserressourcen etwas zurückgehen sollten.

Diese Aussage gilt aber nicht für alle Regionen gleichermaßen. Die Betrachtung der Zusammensetzung des Wasserbedarfs und des nutzbaren Wasserdargebots nach Regionen ist daher von großer Bedeutung. Zudem ist zu beachten, dass lokale Verhältnisse auch innerhalb einer Region von den regionalen Aussagen maßgeblich abweichen können. Unterschiedliche hydrogeologische Gegebenheiten und saisonale Verbrauchsspitzen können auf lokaler Ebene zu zeitweiligen Engpässen führen, auch wenn auf regionaler Ebene augenscheinlich ausreichend Wasser vorhanden ist. Derartige Umstände sind aus den regionalen Wasserbilanzen nicht direkt ersichtlich und können nur durch tiefergehende örtliche Analysen erkannt werden.

Für Niederösterreich wurden in der gemeinsamen Studie des Landes Niederösterreich und der Universität für Bodenkultur Wien daher für jede Region individuelle Strategien erarbeitet, in denen die jeweiligen Situationen und Prognosen zusammengefasst sind und bevorzugte Handlungsoptionen beschrieben werden.

Für weitere Details sowie insbesondere für die regionsweisen Betrachtungen sei an dieser Stelle auf die öffentliche zugängliche Studie verwiesen:

http://www.noe.gv.at/noe/Wasser/Wasserzukunft_Niederoesterreich_2050.html

Literatur

Blöschl, Parajka, Blaschke, Hofstätter, Haslinger, Schöner (2017): Klimawandel in der Wasserwirtschaft – follow up zur Studie (2011) Anpassungsstrategien an den Klimawandel für österreichs Wasserwirtschaft. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien, 2017.

BMLFUW (2011): Bewässerte Flächen in Österreich. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Zahl: BMLFUW-LE.1.3.7/0019-II/5/2010.

Mutschmann/Stimmelmayr (2014): Taschenbuch der Wasserversorgung. 16. Aufl. Springer Vieweg.

Alexander Pressl, Florian Kretschmer & Günter Langergraber
Abwasserreinigung in Niederösterreich
1. Einleitung

In Österreich werden die Abwässer von 95 % der Bevölkerung durch ca. 1.880 Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von größer 50 Einwohnerwerten (EW) gereinigt (BMNT, 2018). Ein Einwohnerwert entspricht dabei dem Verschmutzungspotenzial einer Person (Einwohner), womit dabei auch die Verschmutzung industrieller und gewerblicher Abwässer quantifiziert werden kann. Daneben gibt es ca. 27.500 Kleinkläranlagen (KKA) mit einer Ausbaugröße von kleiner oder gleich 50 EW. Die gesamte Ausbaugröße der Kläranlagen größer als 50 EW beträgt ca. 22 Millionen EW (häusliche Abwässer sowie Industrie/Gewerbe). Die 27.500 KKA reinigen zusätzlich das Abwasser von ca. 260.000 EW (Langergraber et al., 2018).

 

Einen Überblick über die dabei zum Einsatz kommenden Reinigungsverfahren gibt Abbildung 1. Dabei ist der hohe Anteil der sogenannten „Belebungsanlagen“ von über 92 % bemerkenswert (ÖWAV, 2019). Gemeint sind dabei alle Varianten, bei denen die im Abwasser vorhandenen gelösten Schmutzstoffe mit Hilfe von Bakterien (Belebtschlamm) biologisch gereinigt werden. Dieser Klassiker unter den zur Verfügung stehenden Reinigungstechnologien ist zwar die älteste Technologie für die biologische Abwasserreinigung, in Bezug auf die Nähstoffentfernung, bewährt sich jedoch auch noch nach 100 Jahren (Jenkins und Wanner, 2014). Die in Abbildung 1 gezeigten unterschiedlichen Varianten von „Belebungsanlagen“ resultieren von Anpassungen und Optimierungen an Kläranlagen unterschiedlicher Anschlussgrößen. Grundsätzlich unterscheidet man Belebungsanlagen im Durchlaufprinzip (die klassischen Belebungsanlagen) und Belebungsanlagen im Aufstauprinzip (auch SBR Anlagen genannt; von SBR = Sequencing-Batch-Reactor). Die in Abbildung 1 angeführten Reinigungsverfahren SAS, F und S sind alles Belebungsanlagen im Durchlaufprinzip die aber eine unterschiedliche Schlammbehandlung aufweisen. „Festbettanlagen“ haben dasselbe Reinigungsprinzip, d.h. die Reinigung des Abwassers erfolgt ebenfalls mit Hilfe von Bakterien. Diese bilden aber einen Biofilm auf Aufwuchskörpern. Zu den „Festbettanlagen“ zählen unter anderem die in Abbildung 1 genannten Tropfkörper-, Tauchkörper- und Pflanzenkläranlagen.


Abbildung 1: Eingesetzte Reinigungsverfahren kommunaler Kläranlagen mit einer Ausbaukapazität > 500 EW (ÖWAV, 2019).

In Niederösterreich (NÖ) wird ein Großteil der anfallenden Abwasserfracht (etwa 2.5 Mio. EW) in rund 190 Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von größer 2.000 EW gereinigt. Die Anzahl der kleinen Kläranlagen (51–500 EW) beträgt etwa 440 sowie die der Kleinkläranlagen (kleiner 50 EW) rund 4.500. Der Anschussgrad an kommunale Kläranlagen größer 50 EW beträgt in NÖ 94 %, das entspricht rund 2,35 Mio. EW. Es ist davon auszugehen, dass das Abwasser der verbleibenden etwa 150.000 EW entweder durch Kleinkläranlagen gereinigt oder in Senkgruben gesammelt wird.

Bei kleinen Kläranlagen und Kleinkläranlagen ist laut 1.AEVkA (1996) keine Nährstoffentfernung, d. h. keine Entfernung von Stickstoff und Phosphor, vorgeschrieben. Es gibt jedoch in NÖ viele Gewässer, bei denen eine Vorbelastung mit Nährstoffen vorliegt und die Behörden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens verschärfte Ablaufgrenzwerte vorschreiben. Da für die meisten kleinen Vorfluter in Österreich Phosphor der limitierende Nährstoff der Bioproduktion ist (Stickstoff ist durch diffuse Einträge aus der Landwirtschaft meist reichlich vorhanden), wird Phosphorentfernung oft auch bei Kläranlagen mit weniger als 1.000 EW verlangt.

Dieser Beitrag beschreibt allgemein die Situation der Abwasserentsorgung in NÖ, dabei werden insbesondere der ländliche Raum bzw. Kläranlagen kleiner gleich 500 EW betrachtet. Im Weiteren wird in Bezug auf die aktuelle Diskussion zur Phosphorrückgewinnung eine Abschätzung gemacht, wieviel Phosphor aus Kläranlagen = 500 EW rückgewonnen werden könnte. Abschließend erfolgt noch ein kurzer Exkurs zum Thema Abwasser als erneuerbare Energiequelle.

2. Grundlagen der Abwasserreinigung in Österreich

Die Anforderung an die Reinigungsleistung der Kläranlagen in Österreich gemäß 1.AEVkA (1996) ist in Tabelle 1 dargestellt. Größenklasse I entspricht dabei den Anforderungen für kleine Kläranlagen (51–500 EW). Eine Entfernung von Nährstoffen ist erst für Kläranlagen ≥ 1.000 EW für Phosphor bzw. ≥ 5.000 EW für Stickstoff vorgeschrieben. Die Behörden können aber im Rahmen des Genehmigungsverfahrens verschärfte Ablaufgrenzwerte vorschreiben, wenn eine Vorbelastung des Gewässers vorliegt. Für Kleinkläranlagen ≤ 50 EW gibt es keine eigene Emissionsverordnung, es werden meist die maximale Ablaufkonzentrationen für BSB5, CSB, NH4-N der Größenklasse I vorgeschrieben. Auch bei KKA können Behörden bei Bedarf verschärfte Ablaufgrenzwerte vorschreiben.

Tabelle 1: Maximale Ablaufkonzentrationen für Kläranlagen in Abhängigkeit der verschiedenen Größenklassen (I-IV). Die Größenklasse I ist hervorgehoben. (1.AEVkA, 1996)


Tabelle 2 fasst die vorhandene Ausbaukapazität der Kläranlagen in Österreich zusammen. 267 Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mindestens 10.000 EW reinigen rund 90 % der anfallenden Abwässer in Österreich, die restlichen 10 % werden in ca. 1‘600 Kläranlagen mit einer Ausbaugröße zwischen 51 und 10.000 EW behandelt. Die angeführten 1.883 Kläranlagen größer 50 EW reinigen in Summe das Abwasser von 95,2 % der österreichischen Bevölkerung, die restlichen 4,8 % der Bevölkerung werden über Kleinkläranlagen (KKA) bzw. Senkgruben entsorgt (Tabelle 3). Der Anschlussgrad ist regional verschieden. Im hügeligen Gelände ist er generell geringer als im Flachland (Abbildung 2).

Tabelle 2: Vorhandenen Ausbaukapazität der Kläranlagen in Österreich (Stand 31.12.2016) (nach BMNT, 2018)


Tabelle 3: Entwicklung des Anschlussgrads der Abwasserentsorgung von 1971 bis 2016 (bezogen auf die Gesamtbevölkerung Österreichs (nach BMNT, 2018)



Abbildung 2: Anschlussgrade an die öffentliche Abwasserkanalisation (und damit auch an die Abwasserreinigung) in Prozent auf Bezirksebene (ÖWAV, 2019).

Die Gesamtzahl der Kleinkläranlagen (KKA) in Österreich beträgt, wie zuvor bereits erwähnt, ca. 27.500, Tabelle 4 fasst die dabei eingesetzten Technologien zur Abwasserreinigung zusammen. Die meistverbreiteten Reinigungstechnologien dabei sind Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb (rund 7.020 Anlagen), Pflanzenkläranlagen (rund 5.560 Anlagen) und SBR-Anlagen (rund 5.240 Anlagen). Daneben gibt es ca. 6.000 nicht mehr dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen mit nur mechanischer Reinigung (zumeist Dreikammerfaulanlagen die vor dem Jahr 1990 bewilligt wurden). Etwa 45 % der KKA haben eine Ausbaugröße zwischen 5 und 10 EW. Diese 27.500 KKA reinigen das Abwasser von ca. 260.000 Personen (Tabelle 5), das ist nur etwas mehr als 1 % der gesamten Ausbaukapazität in Österreich (Tabelle 2).

Tabelle 4: Reinigungstechnologien bei KKA (nach Langergraber et al., 2018)


Tabelle 5: An Kleinkläranlagen angeschlossene Einwohner (nach Langergraber et al., 2018)


3. Kläranlagen in NÖ

Neben den rund 190 Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mindesten 2.000 EW (BMNT, 2018) gibt es in NÖ noch rund 440 kleine Kläranlagen (mit ca. 75.000 EW angeschlossen) und ca. 4.500 KKA (mit ca. 50.600 EW angeschlossen) (Tabelle 6). Daraus ergibt sich, dass das Abwasser von ca. 50.000 Einwohner noch in Senkgruben gesammelt wird. Die in NÖ bei KKA am meisten eingesetzten Reinigungstechnologien sind SBR-Anlagen (etwa 2.500 Anlagen), Pflanzenkläranlagen (etwa 900 Anlagen) und Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb (etwa 450 Anlagen). Die Anzahl der noch bestehenden Anlagen mit nur mechanischer Reinigung (meist Dreikammerfaulanlagen) ist mit nur rund 250 im Vergleich zu anderen Bundesländern gering.

Tabelle 6: Anzahl der KKA (= 50 EW) und kleinen Kläranlagen (51-500 EW) in NÖ und die daran angeschlossenen Einwohner (erweitert nach Langergraber et al., 2018)



Abbildung 3: Entwicklung der KKA-Technologien in NÖ (nach Langergraber et al., 2018)


Abbildung 4: Regionale Verteilung verschiedener KKA-Technologien in NÖ (links oben: gesamte Anzahl; rechts oben: Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb; links unten: Pflanzenkläranlagen; rechts unten: SBR Anlagen) (nach Langergraber et al., 2018)

Abbildung 3 zeigt, dass die meisten KKA in NÖ erst ab dem Jahr 2000 gebaut wurden. SBR Anlagen waren durchgehend die meistverwendeten, Pflanzenkläranlagen die nach SBR Anlagen am zweit-meisten eingesetzte Technologie. Es ist auch klar ersichtlich, dass alle noch bestehenden Anlagen mit nur mechanischer Reinigung alte Anlagen sind. Die regionale Verteilung verschiedener KKA-Technologien in NÖ ist in Abbildung 4 dargestellt.

4. Potenzial der Phosphorrückgewinnung bei kleinen Kläranlagen und Kleinkläranlagen

Die Phosphorrückgewinnung aus dem Klärschlamm ist derzeit in ein vieldiskutiertes Thema. Der aktuelle Bundesabfallwirtschaftsplan (BMNT, 2017) sieht vor, bis zum Jahr 2030 bis zu 85 % des in Österreich anfallenden kommunalen Klärschlammes einer Monoverbrennung zuzuführen, um damit eine (künftige) Rückgewinnung dieses im Abwasser/Klärschlamm enthaltenen wichtigen Nährstoffes zu ermöglichen. Diese Vorgaben betreffen in erster Linie natürlich größere Kläranlagen (der Bundesabfallwirtschaftsplan erwähnt in diesem Zusammenhang explizit Kläranlagen ab einer Ausbaugröße von 50.000 EW). Allerdings betrifft diese Thematik durchaus auch kleinere Kläranlagen, sowohl aus Sicht des Gewässerschutzes im Allgemeinen sowie der Phosphorrückgewinnung im Speziellen.

Da für die meisten kleinen Vorfluter in NÖ (und in Österreich) Phosphor der limitierende Faktor der Bioproduktion ist (Stickstoff ist durch diffusen Eintrag aus der Landwirtschaft meist im Überschuss vorhanden), wird Phosphorentfernung oft auch bei Kläranlagen mit weniger als 1.000 EW vorgeschrieben. Phosphor aus Kleinkläranlagen ist übers Jahr gesehen im Vergleich zum Eintrag von landwirtschaftlichen Flächen oft nur für einen eher geringen Teil des gesamten Phosphoreintrags verantwortlich. Jedoch emittieren Kläranlagen kontinuierlich sowie mit relativ konstanter Ablaufkonzentration und sind deshalb besonders bei Niedrigwasser eine zentrale Phosphoreintragungsquellen bei kleinen Gewässern. Eine Phosphorentfernung kann daher bei sensiblen Vorflutern, vor allem zu Zeiten von Niedrigabflüssen, auch bei kleineren Kläranlagen einen wesentlichen Teil zur Reduzierung der Nähstoffbelastung und damit zur Qualitätsverbesserung des Gewässers beitragen (Langitz et al., 2017).

 

Abbildung 5: Auszug aus der Karte O-RISIKO1, Risikoanalyse der Oberflächenwasserkörper in Hinblick auf eine mögliche Zielverfehlung 2021 – Allgemeine physikalisch-chemische Parameter: Nährstoffe und organische Belastungen (BMLFUW, 2017)


Abbildung 6: Karte mit Kläranlagen < 500 EW60 in NÖ, welche in Einzugsgebieten mit Nährstoffproblematik liegen (nach Gerstorfer, 2018)


Abbildung 7: Kläranlagen < 500 EW60 in NÖ, bei denen immissionsbedingt eine Phosphorentfernung nötig sein könnte (Anzahl der Anlagen pro Bezirk) (nach Gerstorfer, 2018)

Für größere Kläranlagen ist die chemische Fällung die Standardmethode für die weitergehende Entfernung von Phosphor (aus dem Klärschlamm). Jedoch zeigt die Erfahrung, dass bei Anlagen unter 100 EW die laufenden Kosten sehr hoch sind. Zusammen mit dem hohen Betriebs- und Wartungsaufwand führt das bei diesen kleinen Kläranlagen dazu, dass die Fällung nicht funktioniert. Aus diesen praktischen Überlegungen schreiben Behörden bei kleinen Kläranlagen nur selten Phosphorfällung vor, auch wenn diese aus Immissionssicht nötig wäre (Langitz et al., 2017).

Die Anwendung von nachgeschalteten Filtern mit Phosphor-adsorbierenden Materialien wurde als Alternative zur Phosphorfällung in den letzten 20 Jahren vielfach untersucht (z.B. Loderer, 2005; Vohla et al., 2011). Da Phosphor ein mineralischer, endlicher Rohstoff ist, sind Materialien, bei denen der gebundene Phosphor dann als Dünger in die Landwirtschaft gebracht werden kann, zu bevorzugen. Dabei stehen sich oft die im Filter erwünschte hohe Phosphoradsorptionskapazität und die Pflanzenverfügbarkeit als Dünger widersprüchlich gegenüber (Jenssen et al., 2010). Nachstehende Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass Phosphorentfernung bei kleinen Anlagen mit nachgeschalteten Phosphorfiltern erfolgt und damit der Phosphor rückgewonnen werden kann.

Zur Bestimmung der Anzahl von kleinen Kläranlagen, bei denen in NÖ Phosphorentfernung vorgeschrieben werden müsste, wurden in Gerstorfer (2018) die Standorte der Kläranlagen kleiner 500 EW mit der Karte der Gewässerqualitätszustände im Hinblick auf Nährstoffproblematik (BMLFUW, 2017; Abbildung 5) verglichen. Abbildung 6 zeigt jene Kläranlagen kleiner oder gleich 500 EW, welche in Einzugsgebieten mit Nährstoffproblematik liegen, Abbildung 7 die Anzahl der KKA pro Bezirk, bei denen eine Phosphorentfernung nötig sein könnte.

Laut Gerstorfer (2018) liegen in NÖ 19 % der Kläranlagen mit einer Ausbaugröße kleiner oder gleich 500 EW in Einzugsgebieten, die eine Phosphorentfernung nötig machen könnte. Die mittlere Ausbaugröße dieser 940 Kläranlagen liegt bei 20 EW. Für einen Wasserverbrauch von 100 Liter pro Tag, einer Fracht von 1,8 g P pro Person und Tag sowie einer maximalen Ablaufkonzentration von 2 mg P/l ergibt sich, dass theoretisch 11 Tonnen Phosphor pro Jahr rückgewonnen werden könnten, wenn nur die 940 Kläranlagen kleiner 500 EW mit nachgeschalteten Phosphorfiltern ausgestattet werden, bei denen dies aus Gewässerschutzgründen nötig ist. Wenn bei allen Kläranlagen kleiner oder gleich 500 EW eine Phosphorrückgewinnung durchgeführt würde, dann könnten in NÖ alleine 57 Tonnen Phosphor pro Jahr rückgewonnen werden, in ganz Österreich mehr als 300 Tonnen Phosphor pro Jahr. Dies entspricht rund 2 % der in Österreich tatsächlich in der Landwirtschaft aufgebrachten jährlichen P-Fracht von Mineraldünger (BMLFUW, 2014).