Biblische Sprachen im Theologiestudium

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3 Hebraistische Forschung in Deutschland im 19. und 20. Jh.

Die Inhalte der hebraistischen Forschung in Deutschland sind von alters her ebenfalls durch die institutionelle Verankerung des Hebräischen innerhalb des Faches Altes Testament an theologischen Fakultäten bedingt. Der am stärksten ausgeprägte Bereich war im 19. Jh. die Herausgabe sowohl von Unterrichtsgrammatiken als auch von umfangreicheren Werken bis zu Referenzgrammatiken des Biblisch-Hebräischen. Die Fülle von Unterrichts- und Nachschlagewerken, von denen viele mehrere Auflagen erfuhren,1 belegt die hohe Anfrage nach Lehrmaterialien. Sie wurden für Schul- bzw. Gymnasial-, sowie Universitätsunterricht und Selbststudium konzipiert. Gleichzeitig drängt sich der Verdacht auf, dass jede Privatdozentin/jeder Privatdozent und jede Professorin/jeder Professor seine/ihre eigene Sicht der hebräischen Grammatik präsentieren wollte. Abgesehen von einigen Sprachlehrern an Gymnasien handelt es sich bei den Verfassern dieser Bücher fast ausschließlich um Theologen. Eine Ausnahme war Julius Olshausen, der aus der Orientalistik kam. Wilhelm Gesenius, Hermann Hupfeld und Heinrich Ewald waren sowohl Theologen, als auch Orientalisten sowie auch Hermann Leberecht Strack und Carl Siegfried, die die erste deutschsprachige Grammatik des Neuhebräischen herausgaben, wie seinerzeit das mischnische Hebräisch genannt wurde.2 Diese Sprachbezeichnung kommt auch im Titel der Wörterbücher von Jacob Levy und Gustaf Hermann Dalman vor.3

Parallel zur Menge der von christlichen Gelehrten herausgegebenen Lehrmittel gab es auch eine große Anzahl von Lehrbüchern des Biblisch-Hebräischen, deren Verfasser herkunftsbedingt nicht an einer theologischen Fakultät und nicht einmal an einer öffentlichen Bildungseinrichtung tätig sein durften. Viele jüdische, als Schullehrer und Rabbiner tätige Autoren haben Unterrichtsbücher geschrieben,4 die teilweise dezidiert „für die israelitische Jugend“5 bzw. „für die Jugend jüdischer Nation“6 bestimmt waren. Die didaktische Erschließung des Hebräischen von jüdischen Autoren mag sich teilweise am Beispiel der von christlichen Gelehrten geschriebenen Bücher orientieren, gleichzeitig war sie aber auch eine Antwort auf die von der Haskala, der jüdischen Aufklärung, geforderten Zuwendung zum Hebräischen als Nationalsprache.

Der Unterrichtsgegenstand der jüdischen Lehrbücher war biblisches Hebräisch, seine grammatischen Regeln sowie sein Wortschatz; aber im Unterschied zu ihren christlichen Pendants zeichneten sie sich durch den Gebrauch hebräischer grammatischer Terminologie sowie durch zum Teil frei konstruierte Übungssätze aus.

Philippssohn fügte seinen Beispieltexten „Gedichte, Gebete, Sittensprüche, Erzählungen und Fabeln“7 hinzu, während das Lehrbuch von Troller, wie es im Untertitel heißt, „besondere Rücksicht auf Ermittlung [sic] eines leichteren Verständnisses der Gebetssprache“8 nahm und Beispielsätze in teilvokalisierter oder vokalloser Form anführte. Sowohl in der Zielsetzung als auch im Aufbau zeigen diese zwei Bücher eine programmatische Ausrichtung auf in jener Zeit bekanntes nachbiblisches Hebräisch. Das Buch von Wolf und Salomon war gemäß dem Untertitel zwar für das „Erlernen des Hebräischen und des Rabbinischen“9 vorgesehen, aber in seinem fünften Abschnitt wurden nicht die grammatischen Merkmale des Mischna-Hebräischen erklärt, sondern lediglich einzelne Wörter sowie Talmudtexte in kursiver mittelalterlicher ‚Raschi‘-Schrift dargeboten.

Was die zu Beginn des 19. Jh.s erschienenen Lehrbücher von Philippssohn und Wolf/Salomon besonders interessant macht, sind die Abschnitte zum Jüdisch-Deutschen, also Deutsch geschrieben in hebräischen Buchstaben.10 Diese Anlage der Unterrichtswerke zeigt, dass es den Verfassern im Sinne der Haskala um eine umfassende sprachliche Bildung der Volks- und Glaubensgenossen ging. Dabei wurden zwischen zwei Buchdeckeln Lehrmaterialien gemäß der von Aufklärern geforderten Zuwendung sowohl zum Hebräischen als traditioneller Nationalsprache, als auch zum Deutschen als Bildungssprache angeboten. Das Lehrbuch des Biblisch-Hebräischen von Schalom Yakob Kohen wurde in Daytshmerish verfasst – einem sehr stark am Deutschen orientierten Yiddisch.11

Neben der Suche nach der inhaltlich und didaktisch optimalen Form der sprachlichen Beschreibung wurden im 19. Jh. viele Einzelfragen der biblisch-hebräischen Grammatik und Lexikographie in Monographien und Aufsätzen untersucht. Ein stark ausgeprägter Forschungsbereich war die Textkritik, deren Behandlung zum großen Teil mit (Er-)Klärungen von grammatischen Phänomenen einherging. Die meisten Aufsätze erschienen in theologischen bzw. alttestamentlichen Publikationsorganen, aber auch in einigen breiterer, z.B. orientalistischer und semitistischer, Ausrichtung. Jüdische Gelehrte veröffentlichten ihre Studien meist in Zeitschriften, die jüdische Tradition und Religion im Geiste der Wissenschaft des Judentums erforschten, wie z.B. die von Zacharias Frankel herausgegebene Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. Mit dem ersten Heft des 83. Bandes im Januar 1939 wurde ihr Erscheinen eingestellt.

Die lexikographische Arbeit fand ihren Ausdruck in mehreren umfangreichen Wörterbüchern.12 Von besonderem Interesse ist das deutsch-neuhebräische Wörterbuch von Carl Gottlieb Elwert.13 Das biblisch-hebräische Wörterbuch von Wihelm Gesenius wurde von verschiedenen Gelehrten weitergeführt, erlebte im Vergleich mit anderen Lexika die meiste Anzahl von Auflagen und erhielt durch das Mitwirken von Frants Buhl14 (ab 1895) seine im 20. Jh. als ‚kanonisch‘ geltende Form.15

Die Herausgabe der biblisch-hebräischen Grammatiken16 und Wörterbücher17, wurde im 20. Jh. in kleinerem Umfang weitergeführt. 1913 erschien die zweite deutschsprachige Grammatik des Mischna-Hebräischen von Karl Albrecht.18 Während einige aus dem 19. Jh. stammenden Werke neue Auflagen und Bearbeitungen erlebten, ist ein deutlicher Mangel an deutschen Neuerscheinungen zwischen 1933 und 1945 bemerkbar, da aufgrund der politischen Situation sowohl jüdische Benutzer/innen, als auch Verfasser/innen der entsprechenden Bücher Verfolgung und Vernichtung erlitten. Gleichzeitig gab es in dieser Zeit neue hebräische Grammatiken auf Französisch, Italienisch, und – selbstverständlich – Englisch. Die Buchautoren waren genauso wie im 19. Jh. überwiegend Theologen, mit Ausnahme von Gotthelf Bergsträßer, Hans Bauer und Pontus Leander, bei denen es sich um Semitisten und Orientalisten handelte. Es fällt auf, dass in der Liste kein von einer Frau verfasstes Lehrbuch vorkommt.

Einige neue Lehrbücher des Biblisch-Hebräischen, verfasst von jüdischen Autoren, gab es ebenfalls zu Beginn des 20. Jh.s.19 Gleichzeitig entstand ein neuer Typ von Lehrbüchern, nämlich für das Neuhebräische, also Iwrit.20 Sie enthielten moderne Übungstexte, die zum Teil in kursiver Schrift dargeboten wurden. Einmalig ist die Beschreibung des Biblisch-Hebräischen von M.A. Wiesen, die in Iwrit verfasst wurde.21 In dieser Zeit erschienen auch Wörterbücher des Neuhebräischen.22 Diese Entwicklung ist mit dem Aufkommen des Zionismus verbunden, wodurch das Erlernen des Iwrits sowohl zum Ausdruck des nationalen Selbstbewusstseins wurde, als auch der Vorbereitung auf die Einwanderung ins Land der Väter diente.23 In der Zeit nach 1933 dürfte das letztere Motiv eine starke Rolle beim Verfassen dieser Grammatiken gespielt haben.24 Das Buch von Ben-Chaviv hieß programmatisch Lerne Hebräisch, die Sprache Palästinas.

Im 20. Jh. gab es in Deutschland und in der Bundesrepublik keinen Lehrstuhl für Hebraistik. Nur in den Jahren 1983–1994 bestand am Institut für Assyriologie und Hethitologie der Fakultät für Altertumskunde und Kulturwissenschaften der LMU München eine Professur für Hebräische und Ugaritische Sprach- und Literaturwissenschaft, die für den von der Katholisch-Theologischen Fakultät wechselnden Professor Wolfgang Richter ad personam eingerichtet wurde.25 Die Bezeichnung seines vorherigen Lehrstuhls Einleitung und Exegese des Alten Testaments und biblisch-orientalischer Sprachen verdeutlicht, dass Forschung und Lehre zum Althebräischen nur im Verbund anderer Sprachen institutionell angesiedelt war. Die Forschungsstelle für Althebräische Sprache und Epigraphik, eingerichtet von Diethelm Michel, ist an der Universität Mainz ebenfalls an der Theologischen Fakultät verankert. Ebenso bestand die Forschungsstelle Qumran-Wörterbuch, die seit 2006 an der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen als Langzeitprojekt beheimatet ist, ursprünglich an theologischen Fakultäten in Heidelberg und Marburg, und sie ist auch jetzt eng an die Theologie angebunden.26

So erfolgte die Forschung zur hebräischen Sprache vor allem an den alttestamentlichen und im viel kleineren Maß an den judaistischen und semitistischen Instituten. Auch die klassischen hebräischen Texte wie die Hebräische Bibel sowohl in der Form der Kittel’schen Biblia Hebraica, als auch später als Biblia Hebraica Stuttgartensia sowie die Mischna27 wurden von Theologen ediert und herausgegeben. Die Edition des Samaritanischen Pentateuchs wurde ebenfalls vom Theologieprofessor August Freiherr von Gall herausgegeben,28 auch wenn er von seiner Ausbildung her Orientalist war. Dies war eine Fortsetzung der bisherigen Entwicklung, die der wissenschaftsorganisatorischen Lage des 18. und des 19. Jh.s geschuldet war, einer Zeit, in der die Herausgabe jüdischer Texte von Orientalisten und Theologen wie Johann David Michaelis, Karl Gottfried Wilhelm Theile und Hermann L. Strack initiiert wurde.29 Wie im 19. Jh. wurden oft Fragen der Morphologie und Syntax des Biblisch-Hebräischen im Zusammenhang mit der Textkritik des Bibeltextes untersucht.

 

Ebenso wie im 19. Jh. wurden Einzelfragen der Grammatik in Monographien und unzähligen Aufsätzen behandelt. Wie schon oben erwähnt, beschäftigte sich die Forschung auch mit der Lexikographie sowie mit althebräischer Epigraphik. Der Orientalist (und Theologe) Paul Kahle untersuchte bis zur seiner Suspendierung 1939 in Bonn masoretische Traditionen des Hebräischen. Seine Schüler erschlossen im Rahmen ihrer Promotionsarbeiten verschiedene Bereiche der mittelalterlichen Grammatik sowie der Masora und edierten Texte.30 In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wurden ebenfalls an einzelnen Orten Forschungsschwerpunkte ausgebildet. So beschäftigte sich Wolfgang Richter mit syntaktisch-semantischen Fragestellungen sowie der strukturellen Beschreibung und computergestützten Erschließung des Bibeltextes, Diethelm Michel erforschte die Satzsyntax, während die von Karl Georg Kuhn in Heidelberg ins Leben gerufene Qumranforschungsstelle ihrem Namen entsprechend die Texte von Qumran zum Gegenstand hatte.

Herbert Donner arbeitete an der Gesenius-Arbeitsstelle in Kiel (1983–2010) an der Neubearbeitung des Wörterbuches von Wilhelm Gesenius. Im Jahre 1953 wandte sich der Springer-Verlag an den Jenaer Alttestamentler Rudolf Meyer mit einer Anfrage bezüglich einer Neuedition. 1954 begann Meyer an einer Revision zu arbeiten, im März 1974 war das Manuskript mit den ersten drei Buchstaben des Alphabets fertig; der erste der Einzelbände erschien aber erst 1987.31

Der Einfluss der deutschsprachigen Hebraistik in anderen Ländern war schon im 19. Jh. erkennbar, als einige Lehrbücher sowie die Grammatik32 und das Wörterbuch33 von Gesenius ins Englische übersetzt wurden. Dieser Trend wurde im 20. Jh. mit dem Erscheinen einer weiteren englischen Übersetzung der Grammatik34 sowie einer weiteren Übersetzung und Bearbeitung des Wörterbuches von Francis Brown/Samuel Rolles Driver/Charles Augustus Briggs35 fortgesetzt. Das in den Niederlanden erschienene Wörterbuch der Schweizer Theologen Ludwig Köhler und Walter Baumgartner36 erfuhr ebenfalls eine englische Übersetzung und Überarbeitung,37 und seine dritte, von Walter Baumgartner und Johann Jakob Stamm bearbeitete Auflage wurde auch übersetzt.38 An der Bearbeitung dieser Auflage beteiligten sich auch die israelischen Hebraisten und Aramaisten Ze’ev ben Ḥayyim und Eduard Yechezkel Kutscher.

Die Grammatik von Bergsträßer wurde von Mordechai Ben Asher ins Hebräische übersetzt.39

Zum Iwrit erschienen in Deutschland im 20. Jh. nur wenige Lehrbücher,40 drei Wörterbücher41 und vereinzelte Studien.

Die Ansiedlung der Lehrstühle, an denen hebraistische Sprachforschung möglich war, an theologischen Fakultäten sicherte auf der einen Seite gewisse Möglichkeiten dieser Forschung. Auf der anderen Seite war die entsprechende institutionelle Anbindung dem Fortschritt der Wissenschaft teilweise abträglich, da die Promotionsordnungen der theologischen Fakultäten nur Kirchenmitgliedern Promotions- und Habilitationsmöglichkeiten in Aussicht stellen. Da an einigen Standorten die judaistischen Lehrstühle an theologischen Fakultäten angesiedelt sind, besteht auch hier keine Aussicht auf eine wissenschaftliche Laufbahn für diejenigen, die keiner unter dem (Staats-)Kirchenvertrag stehenden Kirche angehören.42 Dieser Zustand, der sowohl dem Verständnis der Universität als einer für alle offenen Einrichtung als auch dem Zeitgeist entgegenläuft, versperrt(e) vielen Juden und Menschen anderer Volksgruppen43 den Weg in die Bibelwissenschaft und benachbarte philologische und historische Disziplinen. Die Fokussierung auf die Erforschung des Hebräischen der Bibel brachte dazu eine Engführung des Forschungsfeldes mit sich, sowohl in diachroner als auch in synchroner Hinsicht. Was ersteres betrifft, so wurde im vergangenen Jahrhundert mit den Texten vom Toten Meer ein großer neuer Sprachkorpus entdeckt, der erforscht und in den Kontext der hebräischen Sprachgeschichte gestellt werden musste. Dadurch entstand Qumranistik, ein neuer hebraistischer und judaistischer Forschungszweig. Auch die Anzahl der Inschriften unterschiedlicher Orte und Zeiten wuchs stark an. Systematische Suche nach und Katalogisierung von mittelalterlichen Handschriften aller Gattungen machte ebenfalls eine Fülle des Sprach- und Textmaterials zugänglich. Die Erforschung dieser Gebiete ist allerdings weniger ausgeprägt als im Bereich des Biblisch-Hebräischen. Was den Aspekt der Synchronie betrifft, so war die Forschung zum Biblisch-Hebräischen sehr stark auf den Bibeltext tiberischer Prägung fixiert, während nichttiberische masoretische Sprachtraditionen kaum beachtet wurden.

Es gab auch Entwicklungen, die einen gewissen Ausbau der Disziplin und Erweiterung des Forschungskreises bedeuteten. Die Einrichtung von einzelnen, oben erwähnten Forschungsstellen gehört dazu. Die seit 1988 erscheinende Zeitschrift für Althebraistik ist ein Forum für Publikationen aus den Bereichen biblisches, epigraphisches, qumranisches und masoretisches Hebräisch.

Hebräischdozentinnen und -dozenten treffen sich seit 1979 jährlich zur Internationalen Ökumenischen Konferenz der Hebräischlehrenden (IÖKH), bei der Themen der Hebraistik und der Textauslegung sowie methodische und didaktische Fragen des (biblisch-)hebräischen Unterrichtes Diskussionspunkte bilden. Der Titel der Konferenz öffnet sie programmatisch für Teilnehmende, die sowohl an Institutionen jeder kulturellen und religiösen Ausrichtung tätig sind, als auch von außerhalb Deutschlands und der deutschsprachigen Länder kommen. Die Konferenz ist aus einem informellen jährlichen Treffen hervorgegangen, deren erstes schon 1971 stattfand.

Seit 1998 findet zweijährig das Mainz International Colloquium on Ancient Hebrew statt, das von der Forschungsstelle in Mainz ausgetragen wird. Gemäß der Ausrichtung der Forschungsstelle wird beim Colloquium das Althebräische vor dem Hintergrund von und im Verbund mit anderen westsemitischen und kanaanäischen Sprachen erforscht. Diese Ausrichtung ist auch aus dem Titel der an der Forschungsstelle herausgegebenen Reihe Kleine Untersuchungen zur Sprache des Alten Testaments und seiner Umwelt ersichtlich.

4 Hebraistik im 21. Jh.

Das aktuelle Unterrichtsangebot in verschiedenen Bereichen des Hebräischen wurde schon oben beschrieben. Die institutionelle und personelle Lage der Hebraistik erfährt gegenwärtig einige Veränderungen.

2010 wurde der Hebraistenverband e.V. gegründet, der in der Tradition der IÖKH den Austausch zwischen Hebräischlehrenden fördert und ihre Belange in einem institutionalisierten Rahmen vertritt. Die meisten Lehrenden sind an den theologischen Institutionen tätig, was ein weiteres Mal die Ausrichtung der Hebraistik in Deutschland illustriert. Gleichzeitig gibt es dank der Gründung von Israel- und Nahoststudien in Heidelberg, München und Potsdam seit 2015 sowohl verstärktes Interesse am Iwrit, als auch verstärkten Bedarf am Unterricht des Modern-Hebräischen sowie an seiner Erforschung.

Ende 2012 wurde an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg eine Junior-Professur für Hebräische Sprachwissenschaft eingerichtet, die ausdrücklich für die gesamte hebräische Sprachgeschichte ohne Festlegung auf eine bestimme Zeitperiode geschaffen wurde. Die Einrichtung einer solchen Professur war überfällig. Denn zum einen stellt das Hebräische als eine Sprache mit einer ca. dreitausendjährigen Geschichte einen linguistischen Untersuchungsgegenstand dar, der genauso wie der anderer philologischer Disziplinen in seiner Gesamtheit erforscht werden muss. Zum anderen sollte die Erforschung desselben aus Interesse an der Sprache alleine und nicht als eine Hilfswissenschaft im Dienste der Theologie oder Judaistik durchgeführt werden (zumal auch die Erforschung des Iwrit als einer modernen Sprache kaum Berührungspunkte mit den Fragestellungen der klassischen Judaistik aufweist). Selbstverständlich sollen auch klassische hebräische Texte von Sprachwissenschaftlern ediert und herausgegeben werden. Daher bedarf es weiterer Lehrstühle für Hebräisch, sei es an philologisch ausgerichteten Instituten für Semitistik bzw. allgemeine Sprachwissenschaft oder an kulturwissenschaftlich arbeitenden Instituten für Orient- bzw. Nahost-Studien oder Judaistik. In der Iwrit-Forschung sollen Methoden der Linguistik angewandt werden, wie z.B. Feld-, Sozio-, Gesprächs- und Psycholinguistik sowie Pragmatik und Graphemik, die bei der Beschreibung von modernen Sprachen zum Einsatz kommen. Ebenfalls ist eine Untersuchung von Phänomenen wie Sprachstandardisierung sowie Sprachpolitik und -planung möglich. Beim Studium der Phänomene der Koexistenz des Hebräischen und Arabischen in Israel ist eine Kooperation nicht nur mir Arabistik, sondern auch mit Soziologie unabdingbar. Die in den letzten Jahren rapide zunehmende Digitalisierung von bekannten sowie die Auffindung neuer Handschriften erlaubt nicht nur Neueditionen von einer unüberschaubaren Menge von klassischen Texten wie Bibel, Talmud und exegetische Werke bis zu Briefen und Merkzetteln aus den Genizot, sondern sie machen diese notwendig. Diese Aufgabe kann die Hebraistik sowohl rein philologisch, als auch im Verbund mit allen anderen judaistischen Disziplinen angehen. Die genannten Beispiele verdeutlichen, dass die hebräische Sprachwissenschaft mit mehreren Disziplinen aus den Bereichen Sozial-, Politik- und Gesellschaftswissenschaften zusammenarbeiten kann und muss. Durch die Erschließung neuer Forschungsschwerpunkte für Iwrit und weiterer historischer Sprachstufen sowie durch eine stärkere Anwendung von linguistischen Methoden kann sie ihre Fixierung auf das Biblisch-hebräische tiberischer Prägung sowie ihre Rolle als ancilla Theologiae endgültig überwinden.

Mehrere Neuerscheinungen von Lehrbüchern für biblisches und modernes Hebräisch belegen die gegenwärtige Nachfrage an Lehrmaterialien.1 Auch ein neues thematisches Wörterbuch zum Iwrit wurde verlegt.2 Ebenfalls wurde die lexikalische Arbeit am biblischen Hebräisch weitergeführt. Im Jahre 2010 wurde die von R. Meyer angefangene und später von Herbert Donner herausgegebene 18. Auflage des Wörterbuches von Gesenius zum Abschluss gebracht.3 Parallel dazu erfolgte in der Schweiz und Deutschland die Arbeit an einer revidierten Fassung des Wörterbuchs von Köhler und Baumgartner, die 2013 unter dem Titel Konzise und aktualisierte Ausgabe des Hebräischen und Aramäischen Lexikons zum Alten Testament erschien.4 Samuel Arnet publizierte 2006 in Zürich ein Lehrwörterbuch des Biblisch-Hebräischen.5 Ein neues Lernvokabular zum Biblisch-Hebräischen wurde 2010 herausgegeben.6 2017 ist der erste Band des Qumran-Wörterbuchs erschienen, maßgeblich erarbeitet von Annette Steudel und Ingo Kottsieper an der Forschungsstelle Qumran-Wörterbuch in Göttingen.7 Am Institut für Bibelwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wird im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes an einer Neuedition des Samaritanischen Pentateuchs gearbeitet. Die Ergebnisse der in Deutschland durchgeführten hebraistischen Forschung werden, wie es schon immer der Fall war, auch in ausländischen Publikationsorganen veröffentlicht.