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Die Mormonen

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Mit dieser Apostrophe möge unser Auszug aus Pratts wunderlicher Vertheidigungsschrift beschlossen sein, und wir haben nur noch einiges Thatsächliche aus anderen Quellen nachzutragen, um den Gegenstand, so weit es uns erforderlich scheint, zu erschöpfen.

Daß es den Bürgern Deserets religiöse Pflicht für jeden Mann ist, wenigstens einmal zu heirathen, geht aus dem soeben Mitgetheilten hervor. Der Grund wird auch so ausgedrückt, daß es einer Frau ohne Mann überhaupt nicht möglich sei, Eintritt ins Himmelreich zu erlangen. Nun sollen aber vorsichtigen Mormoninnen hin und wieder Zweifel beigekommen sein, ob ihre Eheherren überhaupt selbst Aussicht auf den Himmel hätten, und die Folge war, wie böse Zungen behaupten, daß sie nach dem Rockzipfel eines Hohenpriesters oder Apostels haschten, der natürlich bestimmtere Aussichten hatte, im Jenseits als König aufzuerstehen. Wir bezweifeln indeß vorläufig die Wahrheit dieser Gerüchte, da fast alle Nachrichten darin übereinstimmen, daß fleischliche Vergehungen mit außergewöhnlich strengen Strafen bedroht sind, da man ferner, wenn das Territorium zum Staate gereift sein wird, jeden Ehebruch durch Enthauptung der Schuldigen zu ahnden gedenkt, und da man es schon jetzt für vollkommen gerechtfertigt, ja für Erfüllung einer Pflicht hält, wenn ein Mann, dem die Gattin, Schwester oder Tochter verführt worden ist, den Verführer tödtet. Man nennt das »common mountain law« und begründet es aus dem mosaischen Gesetze, und kein Gericht würde es wagen, den Mann, der auf diese Art die Ehre seiner weiblichen Verwandten rächte, auch nur zur leichtesten Strafe zu verurtheilen. Ein Beweis dafür war der Proceß des Mormonen Egan, welcher im Jahre 1851 in der Salzseestadt zur Verhandlung kam. Derselbe war angeklagt, einen gewissen Morgan, der ihm die Frau während seiner Abwesenheit zur Untreue verleitet, mit kaltem Blute ermordet zu haben. Das Geschwornengericht sprach ihn frei, und der vorsitzende Richter erklärte, als er das Urtheil verkündigte: »daß Geldstrafen für solche Vergehungen lediglich Zeichen der Verfaultheit anderer Regierungen seien, und daß der oberste Grundsatz, welcher durch das Herz aller Einwohner dieses Territoriums pulsire, einfach dahin laute: Der Mann, der seines Nächsten Weib verführt, muß sterben, und ihr nächster Anverwandter muß ihn tödten.«

In Betreff der »Versiegelungen«, wie die Antrauungen zweiter und dritter Frauen genannt werden, ist zu bemerken, daß der Seher sie nicht persönlich zu vollziehen braucht, sondern Andere mit der Ceremonie beauftragen kann. Ferner ist nachzutragen, das jedes unverheirathete Frauenzimmer das Recht hat, sich beim Präsidium einen Ehemann auszubitten, und derselbe darf ihr nicht verweigert werden, da ja ihre einstige Seligkeit davon abhängt. Der Präsident ist gehalten, auf Empfang einer derartigen Petition hin dem Ersten Besten, der ihm tauglich scheint, Befehl zu ertheilen, die Einsame zu seiner Frau zu nehmen. Er kann sie aber auch sich selbst »versiegeln«, d. h. ohne Euphemismus: in sein Harem aufnehmen. Hat der Betreffende keine Neigung zu dem ihm angesonnenen Ehebunde, so muß er triftige Verhinderungsgründe angeben, sonst geräth er in Gefahr, vor den hohen Rath gefordert und wegen Widersetzlichkeit gestraft zu werden. Mitunter geschieht es auch, daß Young Einspruch gegen die Absicht auf eine Versiegelung thut, die aus unwürdigen Beweggründen hervorgegangen ist.

»Diese Einmischungen in die Regierung Cupido's,« sagt Gunnison, »erfordern überhaupt große Vorsicht. Denn die Richtersprüche mögen hier noch so sehr vom Verstande dictirt sein, die Leidenschaft wird immer etwas daran auszusetzen finden. Allein wie der Präsident der Kirche die Macht zu binden hat, so ist ihm auch die Macht zu lösen verliehen. Er kann die Verheiratheten oder Versiegelten trennen, nachdem er sie zur Eintracht und Geduld ermahnt und ihnen eine Probezeit gesetzt hat, sie aber dabei die Unmöglichkeit eingesehen zu haben glauben, mit einander zu existiren. Aus dieser Gewalt zu binden und zu lösen, erwächst ihm ein ungemeines Ansehen und eine genaue Kenntniß der gesammten häuslichen Verhältnisse der Colonie. Das Vertrauen, daß man ihm in solchen delicaten Angelegenheiten zu erweisen genöthigt ist, erzeugt Ehrerbietung und Furcht, und wo das Ehebündniß zum Guten ausschlägt, Liebe und Dankbarkeit gegen den Berather und Freund, und da der Frieden in der Gemeinde wesentlich auf dem der Familie beruht, so wacht Young mit eifersüchtiger Sorgfalt über seine Prärogative und nöthigt die Betheiligten, soviel an ihm ist, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Daß auch die Leviratsehe in Deseret eingeführt ist, scheint aus folgender Anekdote bei Gunnison hervorzugehen.

»Bischof J. fügte seinem ziemlich geräumigen Hause noch ein Seitengemach an, und da er keine starke Familie besaß, so fragten wir verwundert nach dem Grunde dieser Vergrößerung seines Domicils. ›Ach!‹ war die Antwort, ›wissen Sie denn nicht, daß er seines Bruders Witwe zur Frau nehmen muß, und daß die Zeit dazu nahe ist?‹ Wir besannen uns auf die Geschichte des jüdischen Weibes, das sieben Brüder nach einander heirathete, doch da wir nur unwissende Laien waren, so getrauten wir uns nicht, uns genauer nach den Absichten und Ansichten eines Priesters der Ordnung Melchisedeks zu erkundigen.«

Daß die höhere Priesterschaft der Mormonen die ihnen im Punkte des Heirathens auferlegte Pflicht in einer ihrer Vorbilder, der Erzväter, vollkommen würdigen Weise erfüllt und zahlreiche Weiber und Kinder hat, ist bekannt.

Eine andere Methode, vermöge welcher die Häupter der Kirche ihren Haushalt mehren, ist die Annahme mehrerer Personen an Kindesstatt. Sehr häufig nämlich geschieht es, daß Apostel oder Hohepriester ganze Familien als Glieder der ihrigen einverleiben. Die Häupter dieser Familie finden eine Ehre darin »Kinder des Sehers« oder »angenommene Söhne des Präsidenten« zu heißen. Sie wohnen entweder bei ihrem Adoptivvater oder doch in seiner Nähe, arbeiten für ihn, empfangen Nahrung und Kleidung von ihm, und verhalten sich überhaupt, obwohl sie häufig schon Männer reiferen Alters sind, vollständig als Kinder gegen ihn. Der eigentliche Zweck dieser Einrichtung, die etwas nach Sclaverei aussieht, mag wohl der gewesen sein, daß die Führer der Secte sich durch Heranbildung einer starken, durch Dankbarkeit an ihr Interesse gefesselten Clientel für alle Fälle ihre Macht zu sichern bestrebt waren. Sie haben aber diesen Zweck, der so wenig mit der Liebe zur Unabhängigkeit und allen damit zusammenhängenden Reminiscenzen eines Amerikaners und Engländers übereinstimmt, gut verborgen, dem Ganzen einen patriarchalischen Anstrich verliehen und demselben dadurch, daß sie lehren, das Verhältniß werde sich in jener Welt fortsetzen, eine religiöse Weihe zu geben verstanden, über welcher der Fanatismus ihrer Anhänger wie so manches Andere auch seine Liebe zur Freiheit und Gleichheit vergißt.

Das gesellschaftliche Leben in Deseret scheint nach den Schilderungen aller Berichterstatter ebenso herzlicher als lustiger Art zu sein. »Die heiteren, zufriedenen Mienen,« sagt Gunnison, »die herzliche Anrede mit Bruder und Schwester, die Gesänge Zions, die einem aus dem Munde der mit ihrer Hausarbeit beschäftigten Frauen entgegenschallen, machen den Eindruck, als ob man in den Thälern Deserets sich eines nicht gewöhnlichen Wohlbefindens erfreue.« Alle Reisende rühmen die Gastfreundschaft der Mormonen, die nur durch ihre noch immer beschränkten Räumlichkeiten begrenzt ist. Die Auswanderer nach Californien haben sich vielfacher Gefälligkeiten von ihnen zu erfreuen gehabt, und mancher kranke und in seinen Mitteln erschöpfte Goldsucher hat hier barmherzige Samariter gefunden, wo er sie nicht erwarten konnte, wenn er an die Vergangenheit der Jünger Joseph Smiths sich erinnerte.

Daß die Latterday-Saints nichts weniger als finstere, sauertöpfische Fromme sind, ist schon wiederholentlich angedeutet. Nirgends wird unter gleichen Verhältnissen so viel musicirt, getanzt und gescherzt, als im neuen Zion, und wenn viele sich des Genusses geistiger Getränke enthalten, so geschieht dies nicht, weil man von dem Trifolium Wein, Weib, Gesang dem ersten Blatte gram wäre, sondern weil es in den Thälern der Felsengebirge schwer zu beschaffen und darum sehr theuer ist. Die »Evening-Parties« der Heiligen am Salzsee sind, allen Beschreibungen zufolge, außerordentlich heiter. Häufig werden sie durch die Anwesenheit der obersten geistlichen Würdenträger beehrt, die sie mit einem Gebete eröffnen, in welchem der Segen des Allmächtigen auf das Vergnügen seiner Kinder herabgefleht wird. Hat man sich aber dieser Pflicht entledigt, so spielt die Musik unverzüglich zu einem Walzer oder Galopp auf, an welchem sich Alle ohne Ausnahme vom Apostel und Hohenpriester bis zum niedrigsten Laien herab mit gleichem Eifer betheiligen.

Ein komischer Anblick ohne Zweifel, hier einen verehrungswürdigen Patriarchen nach dem Tacte eines Hopsers sich im Wirbel drehen zu sehen und dort ein anderes Kirchenlicht zu gewahren, welches mit schmunzelndem Munde in den Figuren eines Contretanzes herumirrlichtelirt oder den besser eingeübten »Doubleshuffle« exercirt. Noch komischer aber dürfte deutschen Oberkirchenräthen die verbürgte Nachricht erscheinen, daß diese Bälle einst, wenn der große Tempel vollendet ist, einen integrirenden Theil des mormonischen Gottesdienstes bilden sollen. Wir an unserm Theile finden dies auch komisch, aber nicht erstaunlich, da wir uns an Davids Tanz vor der Bundeslade erinnern, und da wir die Shaker, Amerikas Derwische zu wiederholten Malen nicht blos mit Zunge und Kehle, sondern auch durch taktmäßige Bewegung der Füße und planetarische Rotation der Leiber die Ehre geben sahen.

Achtes Kapitel.
Die letzten Dinge. – Die vier Zeugen der Wahrheit. – Der Beginn des tausendjährigen Reichs in der alten und neuen Welt zugleich. – Die Wiederkehr der verlorenen zehn Stämme Israels. – Die Wiedervermählung der durch das Meer getrennten Erdtheile. – Der jüngste Tag

Alles, was im Vorhergehenden von den Lehren und Gewohnheiten der Mormonen mitgetheilt worden ist, kann in Kurzem nicht mehr ihre Lehre und nicht mehr ihre Gewohnheit sein. Wie oben gezeigt, ist ihr Glaube eine stete Revolution, ein Proteus, der heute dies und morgen das stricte Gegentheil davon ist, eine unaufhörliche Accomodation an die Umstände oder an das Belieben der Führer. Was jetzt nur Vorrecht ist, mag übers Jahr ein Gebotenes und aber übers Jahr ein Verbotenes sein, wenn es die Verhältnisse fordern. Daß sich Gemüther finden, die an solch einer Chamäleonsreligion Gefallen finden, ist nach den einleitenden Bemerkungen des ersten Kapitels wohl begreiflich, und so sollte es uns selbst nicht Wunder nehmen, wenn nächstens Young eine Offenbarung empfinge, durch welche die Gläubigen erführen, daß die Polygamie, nachdem sie ihren Zweck erfüllt, wieder aufgehoben sei, und daß man sich, um Jehovah zu gefallen, fürderhin mit einer einzigen Frau zu begnügen habe.

 

Ein Punkt ihrer Glaubenslehre indessen, der nämlich, nach welchem sie sich Latterday-Saints nennen, steht fest. Sie wissen, daß sie den Grundstamm des heiligen Volkes bilden werden, über welches der Herr »in diesen letzten Tagen«, nach seiner Wiederkunft zur Aufrichtung des tausendjährigen Reichs herrschen wird. Sie leben der unerschütterlichen Ueberzeugung, daß sie die Sendung haben, die Welt zu revolutioniren, und daß diese Sendung sich sehr bald im größten Maßstabe bestätigen wird. Sie führen förmlich Buch und Rechnung über die Verbrechen und Thorheiten, die eigenthümlichen Naturerscheinungen und die Aufstände und Umwälzungen in der Welt, die ihnen als Anzeichen der Wiederkunft Christi, als »Wehen des Messias« gelten, und die sie sorgfältig in ihren Archiven aufbewahren. So haben sie die Geschichte der Cholera, die Umwälzung von 1848, den Streit der Secten und Kirchen aufmerksam verfolgt und gewissenhaft verzeichnet. So dringen ihre Emissäre in die schmuzigsten Schlupfwinkel des Lasters in großen Städten, um die Statistik der Verbrechen kennen zu lernen. So beobachten sie, soweit sie vermögen, die Praktiken unredlicher Gesetzgeber und Gesetzvollstrecker, namentlich in Amerika, und so spüren sie den Schwächen und Sünden der Geistlichkeit mit allen Mitteln nach. Die Bücher, welche sie über die Ergebnisse dieser Forschungen führen, werden einst am Tage des Gerichts zu denen gelegt werden, in welche die Engel Gottes die Thaten der Menschen verzeichnen und gleiche Geltung mit diesen haben.

Ist nun die Zeit erfüllet und das Evangelium »Bruder Josephs« allen Völkern und Zungen gepredigt, so hebt eine Zeit großer Wunder und Schrecken an. Dann erscheinen zunächst bei den Mormonen die »vier Zeugen der Wahrheit,« die nimmer den Tod geschmeckt haben: Sankt Johannes, der Evangelist, dem es gestattet wurde zu bleiben bis zur Wiederkunft des Herrn, und drei nephitische Heilige der Kirche, die Christus nach dem Buche Mormon in Amerika gestiftet hat. Diese wandern gegenwärtig in Gestalt von Männern mittlern Alters über die Erde, nehmen die Tracht und Sprache der Länder an, in denen sie zufällig sich befinden, und sind schon zu wiederholten Malen Einzelnen von den Brüdern erschienen. In der Zeiten Erfüllung aber werden sie ihr Incognito ablegen und den Latterday-Saints von der Kanzel herab verkünden, was sie zu thun haben. Ferner aber werden die verlorenen zehn Stämme Israels auf ihrem Durchzuge nach Palästina den Heiligen in Amerika einen Besuch abstatten. Diese Langvermißten wohnen jetzt auf einer noch unentdeckten Insel, oder, wie Andere zu wissen glauben, in einem geheimnißvollen Nordlande, welches als eine Art Planet für sich jenseit des Polareises mit der Erde um die Sonne kreist. Ihr Erscheinen wird das Signal zur plötzlichen allgemeinen Bekehrung der Lamaniten, d. h. der Ureinwohner Amerika's, »dieses Restes vom Samen Josephs« sein. »Der verachtete Sohn des Waldes,« sagt eine hierauf bezügliche Proclamation der zwölf Apostel des Propheten, die kurz nach dessen Ermordung erschien, – »der verachtete Sohn des Waldes, der seither in Kummer und Elend die Wildniß durchwanderte, wird dann seine Maske fallen lassen und mit männlicher Würde den Heiden zurufen: Ich bin Joseph, lebt mein Vater noch? Er wird dann geweiht und gewaschen und mit heiligem Oele gesalbt und in feine Linnen, nämlich in die schönen Kleider der Priesterschaft nach der Ordnung des Sohnes Gottes gehüllt werden. Herabsenken wird sich auf ihn der Geist des Herrn, gleich dem Thau, der aufs Gebirge Hermon fällt, und gleich erfrischenden Regengüssen, die auf die Blumen des Paradieses strömen, und wiedererhalten wird der Enterbte das ihm einst verheißene Theil.«

Und nun werden die Kriege des Herrn anheben. Viele Heiden werden sich bekehren, viele im Unglauben verharren. Beide Massen werden sich zum Kampfe rüsten, die einen unter dem Panier des Papstes von Rom, die anderen unter der »Fahne aller Nationen.« Die Heerschaar der Heiligen wird, von ihrem Seher geführt, der den von Joseph Smith im Hügel Cumorah gefundenen Brustharnisch trägt und das Schwert Labans schwingt, gegen die der Ungläubigen heranstürmen und sie in der großen Schlacht darniederwerfen, welche in der Schrift mystisch die Schlacht Gogs und Magogs genannt wird. Der Herr wird sein Volk dadurch unterstützen, daß er die Gegner mit Feuerregen, Pestilenz und Hungersnoth heimsucht. Sie werden vollständig ausgerottet werden, und ihre Ländereien und sonstigen Besitzthümer den Siegern zufallen, die inzwischen Jackson County, im Staate Missouri, das rechte und letzte Zion erbaut haben. Dieses Zion, von dem Joseph, der Prophet, gleich zu Anfang seiner Laufbahn so Ueberschwängliches weissagte, wird die Hauptstadt des westlichen Festlandes sein. Es wird mit seinem gewaltigen Tempel und seiner Priesterschaft wie eine Standarte sein, deren Aufrichtung allen Spaltungen religiöser und politischer Art ein schleuniges Ende machen und alle Republiken, Königreiche, Provinzen, Völker, Stämme und Sprachen Nord- und Südamerika's zu einem großen Bunde umgestalten wird.

Und während so das tausendjährige Reich Christi im Westen sich vorbereitet, ist der östliche Continent Zeuge von nicht geringeren Umwälzungen und Neubildungen. Die zehn Stämme Israels kehren gleich den Zerstreuten Juda's nach Jerusalem zurück und bauen dort den Tempel wieder auf. Dann wird die gesammte alte Welt, soweit sie nicht zu den Gläubigen gehört, sich wider sie erheben, mit Heeresmacht gegen sie heranziehen und die heilige Stadt belagern. Der Herr aber wird den Geist der Gnade und des Gebets über die Bewohner Jerusalems ausgießen, und Christus, den ihre Väter gekreuzigt, wird sich an ihre Spitze stellen. Von ihm geführt, werden sie in einer gewaltigen Schlacht am Oelberge alle Heiden darniederlegen. Diesem Triumphe der Juden folgt ein allgemeiner Umsturz der Dinge in Europa sowohl wie in Asien. Christus wird König der Kinder Israel, Jerusalem seine Hauptstadt und der Mittelpunkt der alten Welt. Die Höfe von Paris, London, Petersburg, Rom und Wien – die Berliner Großmacht scheint dem Gotte, der die Offenbarung ertheilte, nicht bekannt gewesen zu sein – müssen sich dem Messias als Oberlehnsherrn unterwerfen. Weigern sie sich dessen, so werden ihre Throne umgestoßen und ihre Reiche vernichtet.

Entsprechend dieser Vereinigung der Erdenvölker wird auch eine Vereinigung der bisher getrennten Erdtheile stattfinden. Das Meer wird sich nach anderen Gegenden unseres Planeten zurückziehen, und alle Inseln und Continente werden »Beulah«, d. h. auf Neuägyptisch: »verheirathet« werden, sodaß von dem östlichen nach dem westlichen Jerusalem (in welchem letztern Christus sein zweites großes Heiligthum und seinen zweiten Thron haben wird) jene mächtige Heerstraße erbaut werden kann, welche »der Löwe nicht betreten und des Adlers Auge nicht gesehen.« Endlich werden unter Erdbeben unzählige Heilige des Alterthums aus ihren Gräbern steigen, um an der Glückseligkeit des Millenniums theilzunehmen.

Und am Ende des tausendjährigen Reichs »wird Denen, welche nicht aufrichtigen Herzens und nicht gehorsam dem Willen des Herrn gewesen sind – den bösen Geistern nämlich – gestattet werden, eine kurze Zeit ihren aufrührerischen Geist unter der Anführung ihres Feldhauptmanns Satan, des großen Drachen, zu bethätigen. Zuletzt aber werden sie in einer ungeheuern Schlacht besiegt und hinausgeworfen werden aus dem Reiche der Gerechten.«

Und nun erfolgt die zweite Auferstehung und das jüngste Gericht. Die Erde aber wird, durch Feuer geläutert und zu himmlischer Schönheit verklärt, eine Wohnung Derer werden, die demüthig und reinen Herzens sind.

Neuntes Kapitel.
Die politischen Verhältnisse und die Zukunft des Mormonenstaates. – Die Unwahrscheinlichkeit, daß derselbe durch Anstoß von Außen zu Grunde gehen werde. – Innere Ursachen des Verfalls. – Schlußbetrachtungen

Der vorhergehende Abschnitt hat uns in Bildern, gemalt mit dem Pinsel der Ueberschwänglichkeit, gezeigt, welche Zukunft die Mormonen erwarten. Der folgende soll sehen lassen, welche Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach die Mormonen erwartet. Dazu bedarf es zunächst einiger Nachträge zu dem, was wir bei Betrachtung des Kirchenregiments der Secte über die bürgerliche Verfassung der Gemeinde in Deseret zu bemerken hatten.

Wir sehen die Ansiedler Utahs gegenwärtig zu einem Gemeinwesen organisirt, welches alle Erfordernisse eines geordneten Staates an sich trägt. Die gesetzgebende, richterliche und ausübende Gewalt ist in Behörden ausgeprägt, welche sich der Form nach in nichts von denen unterscheiden, die in den übrigen Gliedern der nordamerikanischen Union jene Functionen ausüben. In wenigen Jahren, vielleicht schon im nächsten, wird das jetzt noch von Washington abhängige Territorium Utah dadurch, daß es die Zahl von sechzigtausend Einwohnern erreicht, zum unabhängigen Staate Deseret werden, und wenn die Anerkennung solcher Souverainetät durch den Congreß dermalen noch mangelt, so kann man sich bei dem thatsächlichen Besitze derselben, der aus der Entfernung des Landes vom Sitze der Oberbehörde des Staatenbundes und aus der Ungeneigtheit dieser Behörde zu strenger Interpretation ihrer Befugnisse erwuchs, sehr wohl über das Fehlen der Form trösten.

Das Gemeinwesen der Mormonen wird von ihnen als eine Theo-Demokratie bezeichnet. Richtiger wäre es, zu sagen, es sei eine entschiedene Theokratie, die sich nur nach Außen hin und mit Rücksicht auf einige fremde Elemente im Innern bestrebt, den Schein einer demokratischen Republik zu bewahren. Um nicht zu grün abzubrechen, hat man sich vom Präsidenten Fillmore einen Gouverneur geben lassen, hat man Gerichtshöfe nach dem Muster der im Osten bestehenden eingerichtet, hat man eine gesetzgebende Versammlung gleich denen in den übrigen Territorien gewählt. Aber die Regeln und Befehle des Herrn, die allem, was man, nothgedrungen sich accommodirend, jetzt anerkennt, vorausgingen, sind für alle Zeit gegeben, und sie erstrecken sich ebensowohl über zeitliche und weltliche Dinge, als über geistliche. Nur die, welchen Gott seinen Willen direct offenbart, können Gesetze der Wahrheit gemäß machen, und so ist den Mormonen Brigham Young nur darum berechtigter bürgerlicher Gouverneur, weil er der Seher des Herrn ist. Hätte der Präsident der Union den Bewohnern des Territoriums einen Andern gesendet, so »würde man ihn mit aller ihm als Vertreter der Centralgewalt gebührenden Achtung und Ehrerbietung empfangen, ihn aber in seiner Eigenschaft als Gouverneur und Leiter der öffentlichen Angelegenheiten als nicht vorhanden betrachtet haben.« »He would be let severely alone,« sagt ein Mormonenblatt in Hinblick auf die Möglichkeit eines solchen Falles. Hätte er eine Wahl anordnen oder eine gesetzgebende Versammlung berufen wollen, so würden keine Augen dagewesen sein, seinen Erlaß zu lesen, und er würde den Verdruß gehabt haben, entweder die alten Statuten ruhig fortgelten oder eine Legislatur tagen zu sehen, die ohne seine Mitwirkung zusammengetreten wäre und berathen hätte. Mit Einem Worte, man würde ihm einen ähnlichen passiven Widerstand entgegengesetzt haben, wie den, welcher im Jahre 1851 den drei nicht mormonischen Beamten der Vereinigten Staaten gegenüber an den Tag gelegt wurde, und »es würde ihm kein anderes Geschäft übrig gelassen worden sein, als das freilich ziemlich mühsame, seinen Gehalt aus dem zweitausend Meilen entfernten Schatze in Washington zu beziehen.«

Wie die Kirche, so steht auch der Staat der Latterday-Saints in allen Beziehungen unter dem Triumvirate der Präsidentschaft, das, wie oben gezeigt, zwar aus drei Personen zusammengesetzt ist, aber nur einen einzigen Willen hat. Selbst die sogenannten »Stakes of Zion« oder Zweiggemeinden, die über die ganze Erde verbreitet sind, haben dem Präsidenten und Seher zu gehorchen, und zwar in geistlichen Angelegenheiten durchaus, in weltlichen soweit, als die betreffenden Verordnungen der mormonischen Oberbehörde den Gesetzen des Staates, in dem die Gemeinde sich befindet, nicht widersprechen. Alle Streitigkeiten sind von der Kirche zu entscheiden: die über Gegenstände der Lehre vom Seher, die über Gegenstände des Rechts von Friedensrichtern, Obergerichten und in letzter Instanz vom Gouverneur. Allein der Friedensrichter ist der Bischof des in Frage stehenden Stadt- oder Grafschaftsbezirks, die Herren auf der Richterbank des Superior-Court sind ohne Ausnahme aus der Mitte der Hohenpriester, der Siebziger oder der Apostel gewählt, und Seine Excellenz der Gouverneur ist der Seher und Offenbarer. Selbst die gesetzgebende Versammlung, die überdies unter dem Einflusse der Priesterschaft gewählt ist, kann keinerlei Anordnungen treffen, welche gegen die Aussprüche des Kirchenhaupts verstoßen. Sie hat letztere lediglich mit den Verhältnissen in Einklang zu bringen und dadurch anwendbar zu machen.

 

Die Gerechtigkeitspflege ist von der einfachsten Art. Sie ist auf den Grundsatz allgemeiner Gleichheit basirt und lehnt sich in vielen Punkten an die Vorschriften des mosaischen Gesetzes an, dessen Strafen verhängt werden, so weit dies ausführbar ist. Amerikanische Berichterstatter loben, daß bei den Untergerichten die Zeugen selten vereidet werden, und daß man auf die Hinterpförtchen und Schlupflöcher des Rechts, die den Sachwaltern im Osten so reichliche Gelegenheit zu Winkelzügen und zu Hinausschleppung der Entscheidung bieten, wenig giebt, sondern mehr dem gesunden Menschenverstande und dem einfachen Rechtsgefühle vertraut.

Ein eigenthümlicher Zug in der Gesetzgebung von Deseret ist der, daß die Trägheit mit Strafen bedroht ist. Die Arbeit gilt als heilig. Faule werden von den Bischöfen notirt und zunächst vermahnt, dann öffentlich nach dem Sonntagsgottesdienste getadelt, endlich mit dem Fluche belegt. Es giebt in dem Bienenstocke, der das Wappenbild Deserets ist, keine Drohnen. Wer nicht die Hände regt, muß hungern. Der Prophet Joseph zwar wurde von Gott durch eine Offenbarung von der Verpflichtung zu physischer Arbeit befreit, da er zu sehr vom Regieren in Anspruch genommen war. Brigham Young dagegen beansprucht keine solche eximirte Stellung, sondern geht, so weit es seine anderen Geschäfte zulassen, den Brüdern mit gutem Beispiele voran, indem er, seines Handwerks ein Zimmermann, aufs Rüstigste in seinen Sägemühlen arbeitet. Priester und Bischöfe thun desgleichen, und die Apostel und Oberpriester können sich ohne Ausnahme rühmen, wie Paulus der Teppichweber ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts zu verdienen und an Werkeltagen durch die That zu lehren, was sie des Sonntags von der Kanzel in Betreff der Tugend des Fleißes vorgetragen haben. Das hat aber seine guten Folgen nach verschiedenen Seiten. Es läßt den Unterschied zwischen Priester und Laie nicht so schroff erscheinen, als er der Doctrin nach ist, es verschmilzt die einzelnen Classen miteinander, es macht die Führer der Heerde mit den Wünschen und der Denkweise der letztern bekannt, und es bereichert den öffentlichen Schatz; denn je fleißiger die Arbeiter, desto größer die Resultate, und je größer die Resultate, desto stärker die Zehnten. Die letzteren gehen aber, wie oben erwähnt, nicht lediglich in den Säckel der Priesterschaft, sondern werden auf öffentliche Unternehmungen, auf Straßen- und Brückenbau, auf Schulen, kirchliche Anstalten, auf die Unterhaltung der Familien von Missionairen und auf den Tempel verwendet, sodaß sie den Steuernden wieder zu Gute kommen und das ganze System im Grunde nur als eine Art gemäßigter Communismus erscheint.

Criminalfälle sollen künftig nach den »Gesetzen des Herrn« abgeurtheilt werden, einem Codex, der angeblich durch Offenbarung erlangt, bis jetzt aber noch nicht veröffentlicht worden ist, da das Volk Gottes als noch nicht völlig reif dazu erkannt wurde. Derselbe soll jedoch bald in Kraft treten. Was davon verlautet, läßt an Drakons Gesetzgebung denken. Denn unter Anderm sollen nach ihm alle schwereren Verbrechen, zu denen der Ehebruch gezählt wird, mit Enthauptung geahndet werden, weil »ohne Blutvergießen keine Vergebung der Sünden ist.« Ja man sieht dies sogar als einen Act der Barmherzigkeit gegen den Missethäter an, der, wenn er in seiner Unklugheit oder vom Satan verlockt, durch Sünde seine Seligkeit verscherzt hat, dadurch, daß er sein Haupt dem Beile darbietet, seine Verschuldung sühnen und in einen Zustand eintreten kann, wo er von Neuem eine Prüfungszeit beginnt.

Man hat die Führer der Mormonen angeklagt, sich wiederholt in gehässiger und verächtlicher Weise über die Persönlichkeiten ausgesprochen zu haben, welche an der Spitze der Regierung in Washington stehen oder gestanden haben, und man hat daraus einen baldigen Zusammenstoß mit der Centralgewalt prophezeien wollen. Allein dergleichen Angriffe auf die Staatsmänner der Union sind in der amerikanischen Presse und bei den Rednern der Volksversammlungen etwas Alltägliches, und Niemandem wird es beikommen, aus dem Umstande, daß ein abolitionistisch gesinnter Gouverneur oder Senator von Massachusetts oder Rhode Island die Herren in Washington wegen des Gesetzes gegen die flüchtigen Sclaven als Verräther bezeichnete, weissagen zu wollen, der Staat Massachusetts oder Rhode Island wolle sich von der Union losreißen. Ueberdies aber haben die Mormonen in allen ihren Reden und Schriften auf das Geflissentlichste gegen den Staatenbund selbst und gegen die Constitution ihre Achtung und Anhänglichkeit an den Tag gelegt, und mag dies bei Einigen eine bloße Kundgebung der Vorsicht, ein bloßes theatralisches Gepränge gewesen sein, bei der Mehrzahl war es gewiß aufrichtig und ehrlich gemeint. Nicht ohne einen gewissen Schein des Rechtes, der Leuten ohne Kenntniß der Diplomatie leicht als das Recht selbst erscheinen konnte, hätten sich die Ansiedler von Utah im Jahre 1848 unabhängig vom Mutterlande erklären können. In Missouri und Illinois grausam und ungerecht behandelt, vom Congresse und Präsidenten nicht geschützt, wanderten sie vor ihren Verfolgern nach einer Gegend aus, die, als ihre erste Colonne dort anlangte, mexikanisches Gebiet war. Ihre junge Mannschaft half dieselbe erobern, ihr unermüdlicher Fleiß, ihre Ausdauer und ihre Umsicht schuf sie aus einer nur theilweise bewohnbaren Wüste in ein blühendes Culturland um. Schon waren sie geraume Zeit dort angesessen, als der Friedensschluß erfolgte, durch den Utah an die Vereinigten Staaten abgetreten wurde. Sie hätten sich dagegen verwahren können; denn so wenig auch das Völkerrecht dies anerkennt, würde ein solcher Protest in der Geschichte Nordamerika's nicht ohne Beispiel gewesen sein. Allein nicht sobald hatten sie die Kunde vernommen, die sie aus Exulanten in Bürger der Union verwandelte, als sie die erste Gelegenheit ergriffen, ihre Anhänglichkeit an das alte Vaterland zu erklären und dessen Verfassung als auch für sie bindend anzuerkennen.

Daß man aber auch noch jetzt so denkt oder wenigstens so zu denken sich den Anschein giebt, mag die folgende, aus Gunnisons Buche entnommene Schilderung der Feier des dritten Jahrestages ihrer Ankunft auf dem Boden Deserets zeigen. Die Feier des vierten Juli 1851, die wir nach andern Quellen an einem andern Orte beschrieben haben,7 stimmt damit überein, und es bleibt kein Zweifel, daß die Mormonen Bürger der Union sein und bleiben wollen, wenn ihre Verehrung vor der Constitution auch cum grano salis zu nehmen ist. Gunnison erzählt:

7Im zweiten Bande der »Wanderungen zwischen Hudson und Mississippi«, Seite 66, ff.