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Beobachtungen über Oesterreichs Aufklärung und Litteratur

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Ueberhaupt trägt die hier eingerissene Mode alles, was man gedacht, beobachtet, oder entdeckt hat, flugs in Broschüren, oder kleinen fliegenden Blättern, in die Welt zu schicken, vieles zur Verkleinerung der Ehre unserer Litteratur bey. Diese Methode ist allerdings sehr nützlich, um richtige Begriffe und Meinungen von gewissen Gegenständen beym Volke in Umlauf zu bringen, aber von allen Sachen ohne Unterschied so was Summarisches auf einen, oder zween Bogen hinschreiben, heißt die Wissenschaften sehr geringfügig behandeln. Was ist leichter, als ein paar Bogen mit hundertmal gesagtem Zeuge vollzuschreiben, das Ding gedruckt unter einem Titel, der oft das Beste am ganzen Werk ist, am nächst besten Gewölbfenster eines Verlegers aushängen zu lassen: und dann auszurufen:

Anch'io son pittore!

Ich will damit, daß ich den Greul der Autorpfuscherey gerügt habe, nicht sagen, daß ein junger fähiger Kopf, der was gelernet hat, es aus eigenem Antrieb nie wagen soll, sein Glück auf dieser Bahne zu versuchen; es wäre lächerlich, wenn er um sein Talent gemeinnützig zu machen, auf eine dringende Sendung warten wollte, um sich, im Fall es ihm mißlänge, darauf berufen zu können. Ein Pfuscher ist nur der, der es nicht beym ersten verunglückten Versuche bewenden läßt. Denn leider! giebt es Versuche, die einen traurigen Beweiß von ihres Urhebers gänzlichem Mangel aller Autorfähigkeit abgeben, und denen man es auf den ersten Blick ansieht, daß aus den Begriffen, die in des Verfassers Kopf herumtreiben, nie was werden wird, und nie was werden kann;

licet nonum premantur in annum

Und solche Versuche, zumal wenn sie wiederholt werden, kann weder Sendung noch irgend ein anderes Mittel vor dem verdienten Vorwurfe der Pfuscherey schützen.

Noch eine Bemerkung, die bey der Vergleichung unserer Litteratur mit der auswärtigen mancherley Aufschlüsse geben kann, ist diese, daß in Wien ein grosser Theil der besten Köpfe gar nicht schreibt; indessen auswärts fast kein Stand, kein Amt, keine öffentliche Bedienstung ist, die nicht den Namen Schriftsteller zum Nebencharakter hat. Diese Ungleichheit läßt sich theils aus der verschiedenen Grundverfassung der Stände, theils aus der Verschiedenheit des hier und dort herrschenden Tones erklären. Bey uns nährt fast jedes Amt seinen Mann hinreichend, und er hat nicht nöthig die Schriftstellerey zur Nebenquelle seiner Einkünfte zu machen; auswärts ist die Autorschaft bey den meisten – zumal geistlichen Aemtern – zu einer Art von nothwendiger Nebenindustrie geworden, die nicht wenigen helfen muß, ihr jährliches Einkommen mit ihren Bedürfnissen in das gehörige Verhältniß zu bringen. Im Ausland ist die Schriftstellerey der gewöhnlichste, sicherste Weg zu Beförderungen, bey uns war sie es wenigstens allgemein nicht. Auswärts ist Lesebegierde und Liebe zu den Wissenschaften ein herrschender Ton, bey uns sind beyde nichts weniger, als das, und scheinen leider! noch größtentheils als eine gelehrte Handwerkssache betrachtet zu werden. Auch scheint der Schriftstellername im Ausland ein viel ehrenvolleres Prädikat zu seyn, als er es bey uns – einst wegen Mangel an Schriftstellern war, und itzt – wegen Ueberfluß an selben ist. All dieses zusammengenommen mag hinreichend seyn jene – zwar für den Staat, nicht aber für die Litteratur – tröstliche Bemerkung aufzuklären, daß Wien eine weit grössere Anzahl vortreflicher Köpfe, als vortreflicher Schriftsteller habe, daß mancher Schriftsteller hier oft weit mehr solche Leser finde, zu denen er in die Schule gehen könnte, als solche, die von ihm lernen, und daß man also sehr weit irre gehen würde, wenn man den Grad der allgemeinen Aufklärung in Wien bloß nach den Schriften dieser Stadt bestimmen wollte, eine Bemerkung, welche – so wahr sie ist – meines Wissens noch jeder fremde Reisende, der von Wien schrieb, zu machen vergessen hat.

Ich will hier eben nicht untersuchen, ob es für jeden guten Kopf Pflicht sey, seine Talente so viel möglich gemeinnützig zu machen, ob bey einer so grossen Ungleichheit der Geistesgaben, bey deren Austheilung die Natur meist eben so willkührlich, als bey Vertheilung der Glücksgüter zu Werke zu gehen scheint, der Aermere an Geist nicht ein Recht auf die Geistesfreygebigkeit des andern habe, ob sich der Reichere, der mit Schätzen kargt, bey deren Vertheilung er nichts verliert, nicht einer noch grösseren Filzigkeit schuldig mache, als der Geitzhals, der nicht freygebig seyn kann, ohne selbst weniger zu haben, und ob der mit seinem Wissen kargende Geist sich der Gelegenheit nicht selbst beraube, eine Wohlthätigkeit der edelsten, höchsten Art auszuüben, eine Wohlthätigkeit, die, je mehr man sie verschwendet, desto mehr vervielfältiget wird, die sich über Millionen Menschen zugleich verbreitet, und von Jahrhundert zu Jahrhundert auf ganze Nationen und Menschenalter sich forterbt. Zugegeben, daß all dieß nur für sehr wenige Fälle entscheidend seyn könne, um die Schriftstellerey zur Pflicht zu machen, so ist doch gewiß, daß der Einwurf: es werde ohnehin genug geschrieben, im allgemeinen eben so wenig für das Gegentheil entscheide. Die vortreflichsten Werke der größten Geister erschienen zu einer Zeit, da man viel schrieb, und der menschliche Geist würde, im ganzen genommen, wenigstens um zwey Drittheile ärmer seyn, wenn die reichsten Geister aller Zeiten, während sie die minder Bemittelten unter sich kleine, oder gar falsche Münze mit vollen Händen auswerfen sahen, mit ihren Gold- und Silberstücken hätten zurückhalten wollen.

Ich weiß, wie leicht dergleichen allgemein gesagte Wahrheiten mißverstanden werden können, und was für Unheil sie anrichten würden, wenn selbe Leute auf sich anwenden wollten, denen sie nicht gesagt sind.

Ich ersuche daher alle und jede – die vielleicht eben itzt, trotz ihrer Geistesarmuth, im Begriff sind, die vorräthige kleine Münze in allen Winkeln ihres Verstandeskasten zusammenzusuchen, um uns dieselbe in papierenen Beuteln an die Köpfe zu werfen – sich ja in keinen Aufwand zu setzen, sondern zu bedenken, daß alle Gold- Silber- und Kupfermünzen, welche ihre Eigenthümer vorlängst in Umlauf gebracht haben, bereits vielmal bezahlt sind, und daß es unchristlich sey, eine fremde Waare, die schon mehr, als hundertmal bezahlt worden, sich wieder von neuem bezahlen zu lassen. Und da der Geister, welche Gold machen können, ohnehin so wenig, und der gelehrten Beutelmacher so viele sind, so gelanget in unsern goldarmen und beutelreichen Zeiten an die sämmtlichen Herren, in deren Köpfen kein eigenes Gold geprägt, wohl aber das fremde in Rauch aufgelöst wird, unsere flehentliche Bitte, daß dieselbe doch geruhen möchten, die ohnehin schreckliche Menge der goldleeren oder – wie der Landmann sich ausdrückt – lichten Beuteln zu beherzigen, und dieselben nicht ferner mit neuen zu vermehren, sintemalen sonst diese ihrer Bestimmung nach, so edle Ideenbehältnisse noch immerfort das klägliche Schicksal würden erfahren müssen, von unbarmherzigen Händen in Tabackbeutel, und Käs- und Gewürzfuterale verwandelt zu werden. Wovor sie der Himmel bewahren, und mit seiner Allmacht gnädigst beschützen wolle!

Noch ein Umstand, der unsere Litteratur in ihrem Fortgange zurückhält, ist die unter uns eingerissene Gewohnheit, fremde auswärtige Journale und Magazine mit inländischen eigenen Produkten und Beyträgen zu bereichern, und den ohnehin grossen Mangel unserer Litteratur an derley kleineren Arbeiten noch mehr zu vergrössern. Es war eine Zeit, wo die wenigen inländischen Gelehrten in den periodischen Blättern unsers Landes keine anständige Gesellschaft fanden, in der sie mit Ehren erscheinen konnten, und sich also eine bessere in auswärtigen Blättern suchen mußten, nicht selten nöthigte sie auch die grössere Strenge der Censur, Aufsätze, die hier bedenklich waren, auswärtigen Blättern zu überlassen, und einige unter ihnen suchten – was vormals kaum zu verdenken war – eine Ehre darinn, in den gelehrten Blättern einer Litteratur zu erscheinen, die der unsrigen, ihres grossen Vorsprungs wegen, von jeher den Ton angab. In wie weit diese Ursachen, die unsere Litteratur um so manches schätzbare Eigenthum brachten, noch itzt fortwähren, will ich nicht untersuchen, gewiß ist es indessen, daß wir sehr viel dabey verlieren, und so lang diese Gewohnheit währet, nie ein gutes periodisches Blatt werden aufweisen können. – Das Verhältniß, in welches wir uns selbst durch unsere Beyträge mit den Auswärtigen setzen, ist auffallend ungleich und gegen alle Regeln eines gesellschaftlichen Vertrags: wir geben ihnen Beyträge, sie geben uns keine, wir schenken ihnen unsere Arbeiten, um selbe wieder von ihnen um unser Geld kaufen zu können. Was Wunder also, daß wir ihnen damit willkommen sind? Würde dadurch unsere eigene Litteratur nicht zurückgesetzt, so möchte dieß alles noch hingehen, aber seinem Vaterlande den Rock ausziehen, um ihn andern, die so viele Röcke haben, zu schenken, ist der Ahndung jedes Patrioten werth. Nie wird unsere Litteratur vorwärts rücken, nie wird sie sich ihren Schwestern bemerkenswerth und nothwendig machen, wenn nicht Gemeingeist unter ihren Schriftstellern herrscht. – Und doch, wie leicht könnte sie das? Ist nicht Wien der Mittelpunkt, um den sich Deutschlands kleinere und größere Planeten drehen? Ist es nicht – zumal itzt – das Augenmerk von ganz Europa? Haben Philosophie und Wissenschaften daselbst nicht einen viel weiteren Wirkungskreis? Ist Aufklärung nicht in vollem Gange, und stehen nicht Männer, wie manches weit hellere Land sie nicht hat, an ihrer Spitze? Sieht nicht alles auf uns, und haben nicht selbst auswärtige Schriftsteller bekennet: wenn die deutsche Litteratur, wie sie itzt ist, noch weiter rücken soll, so müsse sie von Wien aus weiter geführt werden? – Aber wenn unsere besseren Schriftsteller nur für das Ausland arbeiten, wenn sie die kleineren Bäche ihres Mutterlandes in ausländische Flüsse leiten, wenn Dichter ihre auf mütterlichem Boden erzeugten Blumen in auswärtige Beete verpflanzen, wenn selbst der Inländer die Manufakturen und Staatsvorfälle seines Landes erst aus Schlözers Staatsanzeigen, und die Talente seiner Landesleute aus fremden Journalen kennen lernen muß, so läßt sich von der inländischen Litteratur nie ein wahres Fortkommen hoffen, und wenn sich auch im Ausland hundert allzeitfertige Verleger fänden, die – wie itzt erst unlängst einer – alle unsere Zehnkreuzerbroschüren nachdruckten.

 

Ueberhaupt stehen alle übrigen Verfassungen unsers Landes auf einer ungleich höheren Stuffe der Vollkommenheit, als der Zustand unserer Litteratur, und die in so manchem Betracht kolossalische Grösse unseres Staates macht mit der litterarischen Kleinheit desselben einen sehr auffallenden Kontrast. Der österreichische Staat, der sich sonst überall in männlicher Stärke darstellet, wird im Fache der Litteratur noch stets für unmündig angesehen, und muß sich noch immer gefallen lassen, von fremden ungebetenen Geistesvormündern, theuer bezahlte Leitung anzunehmen. Das Lesen ist einmal bey uns zum Bedürfniß geworden, fast jeder nur halb bemittelte Privatmann hält sich – wärs auch nur um ein paar Zimmerwände damit zu tapeziren – eine kleine Bibliothek, wer nur lesen kann, hat wenigstens ein halbes Duzend Bücher, und dieser Handlungsartikel, der nun bey uns so wichtig zu werden anfängt, ist gerade der einzige, der uns den Ausländern am meisten zinsbar macht. Für die mehresten Handlungszweige haben wir inländische Manufakturen, die das Geld im Land erhalten, und uns die Waaren der Ausländer entbehrlich machen sollten, unsere Büchermanufakturen aber, welche den edlen Zweck haben, für die Geistesbedürfnisse des Landes zu sorgen, sind leider! noch in sehr mißlichem Stande, und die beträchtlichen Summen, die wir jährlich den Niederdeutschen, den Engländern, Franzosen und Holländern, baar bezahlen müssen, beweisen deutlich, wie unentberlich uns ihre gelehrten Waaren sind, und wie wenig noch unsere Manufakturen zureichen, um uns mit ihnen durch Tauschhandel in ein Gleichgewicht setzen zu können. Ueberhaupt scheint mir, habe man die Litteratur selten oder gar nie von dieser Seite betrachtet, und doch liesse sich meines Erachtens arithmetisch beweisen, daß der Gegenstand wichtig genug ist, um in Betrachtung gezogen zu werden. Wenigstens lehrt uns die Erfahrung unseres eigenen Schadens, daß diejenigen Mächte, welche früher, als wir anfiengen, die Litteratur und Wissenschaften ihres Landes zu begünstigen, und zu heben, sich nicht verrechnet haben, wenn sie von ihrer Bemühung nebst dem unsichtbaren Zuwachs von Ruhm und Ansehen, auch einen sehr sichtbaren und handgreiflichen Zuwachs von fremdem Gelde erwarteten; und lag auch diese Absicht nicht in dem Plan ihrer zum Besten der Wissenschaften gemachten Einrichtungen, so mußte sie doch der Erfolg davon überzeugen, daß die Summen, welche sie dazu verwendet hatten, auf sehr gute sowohl unsichtbare als sichtbare Zinsen ausgelegt waren. Und wenn man das allgemeine Verhältniß der Staaten untereinander als eine immerwährende Ebbe und Flut betrachtet, in welcher eine Masse die andere drängt, und wie eine Macht abläuft, die andere vordringt, wo jede Blösse, jeder Abgang, jedes noch so unbeträchtliche minus das allgemeine Gleichgewicht stört; wenn man annimmt, daß diese Massen des Staates unaufhörlich gegen einander streiten und wirken, um sich ins Gleichgewicht zu setzen, so ist es gewiß, daß auch die Wissenschaften auf jene Waage gehören, auf welcher ein Staat sein Gewicht gegen den andern abwägt, und daß sie sowohl von Seite der Ehre als des Gewinns einen nicht unbeträchtlichen Theil davon ausmachen.