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Beobachtungen über Oesterreichs Aufklärung und Litteratur

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Es erschienen in dieser zweyten Schriftstellerperiode, welche den Pabst zum Gegenstand hatte, noch mehrere sehr gut geschriebene Abhandlungen, deren Auseinandersetzung mich zu weit führen würde. Genug, aus allen zusammengenommen, ergiebt sich der Schluß, daß sich von dem jungen Nachwuchs der Autoren – derjenigen versteht sich, die nicht Pfuscher sind – wenn nicht Schreibbegierde allein sie leiten, und Ueberlegung die aufbrausende Hitze mässigen wird, noch viel Gutes hoffen läßt.

Mit dem Institute der Predigerkritiker begann für Wien eine neue Schriftstellerperiode, die sowohl wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes, als ihrer unstreitigen Gemeinnützigkeit merkwürdig ist. Wie wichtig die Rolle eines Predigers, und wie groß der Einfluß eines öffentlichen Redners auf das Volk von jeher gewesen sey, beweiset die durch alle Nationen und Alter immer gleich fortlaufende Erfahrung von den Sophisten Griechenlands an, bis auf die herumziehenden Bußprediger unserer Zeiten. Unzählig sind die Beispiele, daß eine schwärmerische Rede feige Memmen zu Helden, und gutwillige Schaafe zu reissenden Wölfen machte. Nicht selten haben Prediger ihre Macht über das menschliche Herz bis auf einen unerklärbaren Punkt getrieben; und daher kam es, daß man das, was sie von der Kanzel herab wirkten, so oft Mirakel nannte. Noch mehr: ein nur mittelmässiger Redner läßt an unmittelbarem Einflusse auf sein Volk selbst den beßten Schriftsteller weit hinter sich zurück. Nie wird ein Raynal seinen Lesern das werden, was Ziska auf seiner Tonne den Hußiten ward. Der Grund hievon liegt in der Natur der Sache. Der Redner hat nicht nur alle Vortheile des Schriftstellers, sondern er hat noch weit mehr, um auf sein Volk zu wirken. Die Art, mit welcher beyde ihre Gedanken und Empfindungen mittheilen, ist unendlich verschieden. Das Mittel zur Wirkung ist bey dem Schriftsteller nur der todte Buchstabe, bey dem Prediger das lebendige Wort: der Prediger ist gegenwärtig, um jedes seiner Worte durch Ausdruck und Geberde zu unterstützen, und wirkt also auf zween Sinne zugleich, der Schriftsteller ist abwesend, bleibt ungesehen, und kann nur auf einen Sinn wirken. Der Redner wirkt auf Tausende zugleich, und hat da den wichtigen Vortheil, daß der gerührte Zuhörer den ungerührten bewegt, und das Beispiel des größeren Theiles den kleineren mitansteckt. Den Schriftsteller liest jeder allein, und der Leser sieht keine Mitgerührten um sich, die seine Empfindung unterstützen oder heben könnten. Der Redner kann fortreissen, wo er will, und zurückhalten, wo es ihm beliebt, den Lauf des Schriftstellers kann jede Kleinigkeit hemmen, und seine Ruhepunkte werden mit einem Blick übersprungen. Das Publikum des Redners ist gleichartiger, es ist ihm mehr bekannt, um auf selbes zu wirken. Das Publikum des Schriftstellers ist die Welt, unendlich mannigfaltig an Denkart und Empfindungsvermögen, er kennt seine Leser nur nach dem allgemeinen Begriffe der Menschen, und hat nur entfernte, unbestimmte Mittel, um auf sie wirken zu können. Aus dieser Vergleichung, die allerdings noch weiter geführet werden könnte, wird es einleuchtend klar, daß der Prediger von ungleich grösserem Einfluß seyn müsse, als der Schriftsteller, daß dieser nur nach und nach Proselyten machen, jener aber augenblickliche Empörungen veranlassen, und folglich gefährlicher werden könne, und daher in einem Staate eine noch weit strengere Aufsicht verdiene, als selbst der Schriftsteller.

Diese allgemeinen Betrachtungen, die, wie alles Allgemeine, ihre Ausnahme, und Einschränkungen wohl haben mögen, machen die bisherige gänzliche Censursfreyheit aller öffentlichen Predigten sehr auffallend, aber noch auffallender die Klagen derjenigen, die sich berechtigt glauben, gegen ein Institut zu murren, welches allein diesen Mangel einer öffentlichen Aufsicht einigermaßen ersetzen kann. Seit der Zeit, da die Pfarrer den Besitz der Kanzel mit den Mönchen zu theilen anfiengen, ist eine solche Aufsicht um so nöthiger, da man weiß, was für Aberglauben und Irrthümer diese Gattung Prediger nicht selten unter dem Volke verbreitet, und wie oft sie den Predigtstuhl zum Pranger der Pfarrer, der Obrigkeiten, und selbst ihrer Zunftgenossen, gemacht haben. Ist also das Institut der Predigerkritiker von dieser Seite ein unentbehrlicher Zaum, so dient selbes zugleich von der andern Seite den Predigern zum Sporn, mehr Fleiß auf ihre Predigten zu verwenden, und den Orden selbst zum Antrieb, ihre Subjekte besser zu wählen, und keinem eine Kanzel zu vertrauen, welcher unfähig ist, derselben Ehre zu machen. Diese strenge Auswahl ist um so nöthiger, da man leider! aus Erfahrung weiß, was für Subjekte nicht selten die Kandidaten der meisten Mönchsorden waren. Wenigstens hat mich selbst ein würdiger Professor einst versichert, und mit Vorweisung seiner Schullisten überzeugt, daß er seit vielen Jahren her, von zwey- bis dreyhundert seiner jährlichen Schüler um die Hälfte des Jahrs immer ein Drittel mit Attestaten der zweyten oder gar dritten Klasse ausgemustert, und in die Kapuziner- und Franziskanerklöster abgesetzt habe.

So einleuchtend nun die Nothwendigkeit irgend einer Art von öffentlicher Aufsicht über die Prediger jedem unbefangenem Kopfe seyn muß, so nichtig sind andererseits die Gründe, welche die Vertheidiger einer unbeschränkten Kanzelfreyheit diesem Institute entgegen stellen. Alle ihre Gründe, in so mancherley Formen sie dieselben auch einkleiden, laufen immer in den Punkt zusammen: daß eine öffentliche profane Kritik das Ansehen des Worts Gottes entkräfte, und der Ehrerbietung, die man den Verkündern desselben schuldig ist, zuwider sey. Zween Einwürfe, die kaum einer Widerlegung werth sind. Erstens, ist wohl das alles Gottes Wort, was ein Prediger spricht? ich traue jedem Prediger zu viel Ehrerbietung gegen seinen göttlichen Lehrer zu, als daß ich je glauben wollte, daß einer kühn genug sey, dem allerweisesten Wesen seine oft so unlogischen Schlüsse, seine Läppereyen, seine lieblosen Ausfälle, und seinen Legendenkram als eigen Wort unterzuschieben. Sind zweytens selbst ihre Auslegungen des göttlichen Wortes immer logischrichtig, und dem Menschenverstande gemäß? man lese die wöchentlichen Wahrheiten der Kritiker, und man wird fast in jedem Stücke Beyträge zur Verneinung dieser Frage finden. Man halte die Textverdrehungen eines Bruder Gerundio2 ja nicht für übertrieben. So ungereimt selbe sind, so gewöhnlich sind sie nicht nur bey spanischen, sondern auch bey deutschen Predigern. Man höre zum Beweis ein Beyspiel aus einer Wienerpredigt, welches eine kaum fünf Jahr alte Thatsache ist. Es war eine Fastenpredigt, in welcher der Prediger seine Zuhörer zur Enthaltung von Fleischspeisen ermahnte, und ihnen den Abscheu vor den Fastenspeisen benehmen wollte. Unter andern Beweisen führte er das Beyspiel des jungen Tobias an: wie derselbe mit dem Engel in die Ferne gegangen sey, ein Mittel für das verlorne Augenlicht seines Vaters zu suchen, und wie er, als ihm der Engel einen grossen Fisch gezeigt, vor demselben aus Furcht zurück gebebt, von dem Engel aber ermuntert worden sey, ihn herzhaft anzugreifen. »Also,« fuhr der Prediger ohne zu lachen fort, »also auch ihr, meine Zuhörer, fürchtet euch nicht vor dem Fisch, ergreifet ihn herzhaft, er wird euch nicht beissen, u. s. w.«. Jede Textverdrehung ist kraftlos für den Verstand, und leitet zu Trugschlüssen, die den Mann, der sie einsieht, empören, statt ihn zu überzeugen, jedes Legendenmärchen macht den Prediger in den Augen des vernünftigen Zuhörers entweder zum Heuchler, den er verachten, oder zum leichtgläubigen Kinde, das er bemitleiden muß. Und dieß ist, womit Prediger selbst ihr Wort entkräften: die Kritik thut das Gegentheil, sie will, daß Gottes Wort in dem Munde der Prediger nicht kraftlos werden soll. Und wie kann endlich eine öffentliche Rüge der Kanzelgebrechen der Ehrerbietung zuwider seyn, die man den Predigern schuldig ist? Jede Ehrerbietung, die nicht persönliches Verdienst zum Grunde hat, wird Satyre für den, dem sie erwiesen wird; man ehret den Mann des Kleides wegen. Die Kritik will den Predigern nicht ihre Ehre nehmen, sie will ihnen Ehre geben: und giebt sie nicht dem Ehre, dem Ehre gebührt? –

Genug zur Apologie eines Institutes, dessen bescheidener Tadel nur dann aufhören kann, wenn die Prediger aufhören werden, ihm Stoff zum Tadel zu geben. – Das Institut selbst war eigentlich eine bessere Nachahmung eines ähnlichen Institutes in Prag, die Geisel der Prediger genannt, das aber, weil es seinem Endzwecke in der Ausführung minder entsprach, aufhörte. Die blosse Ankündigung dieses Instituts in Wien erregte schon Aufstand. Der verjährte Besitz einer bisherigen gänzlichen Unfehlbarkeit auf der Kanzel sollte nun dem Urtheile weltlicher Richter ausgesetzt seyn? P. Pochlin, Lehrer der Beredsamkeit in dem erzbischöflichen Alumnate war der erste, der die blosse Ankündigung als eine Herausforderung ansah, und dem Feind, den er noch nicht kannte, beherzt vor die Stirne trat. Mit einem Feind anbinden wollen, den man noch nicht kennt, heißt nach der Regel der Kriegskunst – Tollkühnheit, bey P. Pochlin war es, wie man aus seinem Fehdebrief, den er im Wienerdiarium seinen Gegnern zusandte, schliessen konnte, Selbstgefühl seiner Stärke, und Bewußtseyn seiner Unfehlbarkeit. Er lud seine sämmtlichen Gegner nach Vösendorf ein, um sich da mit ihnen auf der Kanzel zu messen, und das ungefähr in den Ausdrücken, deren sich einst der grosse Goliath gegen den kleinen David bediente. Die Gegner erschienen, die Predigt begann, und der Riese fiel noch vor dem ersten Stein aus der Schleuder seiner Kritiker. Er raffte sich auf, und zog nun als Schriftsteller aus, und fiel wieder, schwerer als zuvor. Er kam nun in Person eines Fleischhackers, und that zum drittenmal einen Fall, der nun deutlich bewies, daß es den Kritikern weit weniger Ehre gemacht habe, über so einen Gegner zu siegen, als es ihnen gemacht haben würde, wenn sie nach dem Fehdehandschuh eines Mannes, der so wenig Ritter war, gar nie gegriffen hätten.

 

So verdächtig nun P. Pochlin selbst durch diese Art zu streiten seine eigene Sache gemacht hatte, so fand er doch bald an dem mehrgedachten P. P. Fast einen würdigen Gehilfen. Dieser eifrige Mann, der den bisherigen Papierverderbern getreulich geholfen hatte, das weisse Papier zu vertheuren, und das gedruckte wohlfeiler zu machen, fand die Wachsamkeit der Censur über die Predigerwahrheiten unzureichend, und hielt es für Pflicht, über dieselben eine Art von Superrevisionsgericht zu halten. Es that dieß, und thut es noch itzt in seiner katholischen Prüfung der Predigerwahrheiten, die bereits auf 9. Stücke gediehen, und in seiner bekannten Urmanier geschrieben ist.

Noch weit mehr ward dieses Institut von der Kanzel herab angegriffen. Es ward bald der allgemeine Gegenstand der öffentlichen Kanzelreden, und die meisten Prediger zeigten selbst bey dieser Gelegenheit deutlich, wie sehr es ihnen zur Gewohnheit geworden sey, die geheiligte Stätte zum Tummelplatz persönlicher Leidenschaften zu machen, und wie wenig die Heiligkeit des Ortes vor Entheiligung sichere. Kurz, sie bewiesen selbst, wie sehr sie einer öffentlichen Aufsicht vonnöthen haben. Das Auffallendste bey dieser Sache war, daß Männer, die im Predigeramte beynahe grau geworden, die ein Recht zu haben glauben, sich jüngern Predigern zu Lehrern und Mustern aufwerfen zu dürfen, gerade die lautesten Beweise von jugendlicher Hitze, und gereizter Leidenschaft gaben, und bey dem ersten Anlasse des kleinsten Tadels so ganz vergassen, daß Sanftmuth und Bescheidenheit die wesentlichsten Eigenschaften eines Verkünders der Lehre Christi seyen. Kurz, Männer, die von Amts wegen uns ermahnen, Unbilden mit Geduld zu leiden, konnten die Wahrheit nicht vertragen, und zeigten uns von Neuem die leidige, weite Kluft, welche die Worte von den Werken trennet.

Nun ein paar Worte von der Predigerkritik selbst! Der Endzweck dieses Institutes ist zweyfach. Es soll ein Zaum und ein Sporn für die Prediger, und ein Belehrungs- und Verwahrungsmittel für die Zuhörer seyn. Der erste Endzweck fordert freymüthigen, bescheidenen Tadel, ohne Ansehung der Person, wo was zu tadeln ist, und gerechtes unpartheyisches Lob dessen, was Lob verdient. Der zweyte Endzweck fordert Aufklärung über Dunkelheiten, Zurechtweisung irriger Meinungen, Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen, nützlichen und schädlichen, abergläubischen und erbaulichen Religionsgebräuchen, genaue Kenntniß der geistlichen und weltlichen Gewalt, und der Gränzlinie zwischen beyden, und endlich das Zutrauen der Leser, dazu nur aufrichtige Wahrheitsliebe, Mässigung und Bescheidenheit ein gegründetes Recht geben können. Daß die Predigerkritiker viele dieser Forderungen erfüllen, ist unläugbar, aber auch eben so unläugbar ist es, daß sie noch weit mehr leisten könnten, als sie wirklich leisten. Wenigstens weiß ich nicht, was oft ein ganzer Bogen voll Persönlichkeiten von sich und den Predigern zur Erreichung des doppelten Endzweckes beytragen soll. Wozu die ewigen Repliken auf jeden Ausfall eines Predigers? Das Publikum weiß ohnehin, daß Prediger Menschen sind, und das alte Sprichwort: Wie man in den Wald schreyt, so hallts wieder – so sehr es in der Schriftstellerwelt Mode ist – soll wenigstens hier nicht statt haben. Der Schriftsteller, der von der Güte seiner Absichten überzeugt ist, hält sich bloß an die Sache, geht festen Schritts seinen Weg fort, und sieht nicht um nach dem Gebelle, das sich von dieser oder jener Seite hören läßt. Nebst einer grösseren Mäßigung wäre den Verfassern auch oft mehr Klugheit in Ausrottung der Vorurtheile, und Betreibung des Aufklärungsgeschäftes zu empfehlen. Sie scheinen hierinn oft zu hastig, und schneiden einen Knoten mitten entzwey, den sie nach und nach auflösen sollten. Das Werk der Aufklärung ist seiner Natur nach allmähligen Ganges: das Verlernen von Dingen, die einmal fest in den Kopf gehämmert sind, fodert viel mehr Zeit, als das Lernen; und Aberglaube und Vorurtheil, die leisen Ganges geschlichen kamen, und nach und nach unvermerkt Platz griffen, lassen sich nicht auf einmal aus ihrer Veste jagen, sie müssen so fortgeführt werden, wie sie gekommen sind. – Diese Erinnerungen schienen mir nöthig zu seyn, für ein Institut, das alles erfüllen muß, was man seiner Natur nach davon erwarten kann.

2Franz Isla, ein spanischer Jesuit, auf dem der Geist des Cervantes ruhte, stellte im Jahr 1758. in seinem Kanzeldonquischotte, den er Bruder Gerundio nannte, den Predigern seiner Zeit ihr eigenes Ebenbild zum Spektakel dar. Dieses vortrefliche Buch, welches Bertuch unter dem Titel: Geschichte des berühmten Predigers Bruder Gerundio von Campazas. Leipzig 1773. 2 Bände gr. 3. ins Deutsche übersetzt hat, ist die angenehmste und lehrreichste Lektüre für Prediger aller Nationen und Zeiten.