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Lucia Miranda

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»Und weshalb?« fragt Lucia Miranda. »Weshalb versagst Du mir eine Gnade, die mich glücklich gemacht haben würde?«

»Weil ich Dir ein größeres Glück vorbehalten,« antwortet Siripa. »Du sollst meine Gattin sein und bei mir wohnen.«

Miranda erschrickt nicht mehr, sie hat es ja geahnt!

»Was Du für ein Glück hältst, ist ein Unglück für mich!« antwortet sie. »Ich bin das Weib eines weißen Mannes und ich liebe ihn. Laß mich zu ihm zurückkehren!«

Die Stirn Siripa’s verfinstert sich.

»Du bist eine Thörin!« sagt er. »Du liebst einen hülflosen, verachteten Mann, der, ehe das große Gestirn sich drei Mal über den Wald erhebt, eine Leiche sein wird. Und selbst, wenn er lebte – führt er nicht ein jammervolles Dasein? Sind nicht unsre Pfeile stets auf ihn gerichtet? Erwarten ihn nicht Hunger, Entbehrung und Schande? Muß er nicht fliehen vor uns, wie die wilde Katze? Und die Gefährtin eines solchen Mannes willst Du sein? Sei nicht thöricht! Sieh, ich bin der mächtige Siripa, der Beherrscher der zahllosen Timbuesen, der Herr des ganzen Landes! Du sollst mein Weib sein. Ich will Dir eine schöne Hütte bauen, Früchte, Wild, Geflügel, Honig und Milch harren Dein im Ueberfluß, meine Krieger sollen Dir huldigen und dienen, wie mir! Kannst Du noch wählen, weißes Weib?«

Miranda’s Miene ist so verächtlich, so kalt, so abstoßend geworden, daß des Timbuesen Stirn sich in noch tiefere Falten zieht.

»Ich verachte Alles, was Du bietest!« ruft Miranda mit kaltem, durchdringendem Hohn. »Ich verachte Deine Hütte, die Huldigungen Deiner Krieger, Dein Herz, Deine Hand. Ich will lieber mit dem weißen Manne, den ich liebe, in Entbehrung und Angst leben, als mit Dir in Ueberfluß und Sicherheit. Gegen ihn, gegen meinen Gatten bist Du ein Hund, ein Thier. Ich hasse, ich verabscheue Dich. Eben so gern möchte ich das Weib eines Affen sein, als das Deine; geh fort, mich ekelt, wenn meine Blicke auf Dir ruhen!«

Ein wildes, kurzes Geheul der Rache dringt aus der Brust des Timbuesen. Er hat das Messer gezückt, er will auf Miranda stürzen. Sie hat es erwartet, sie hat es gewünscht. Sie wollte seinen Zorn durch ihren Hohn reizen.

Aber die Liebe ist mächtiger in der Brust des Timbuesen, als die beleidigte Ehre. Seine Hand senkt sich und sein Blick; eine Minute lang zögert er und steht vor ihr mit niedergeschlagenen Augen, dann schleicht er aus der Hütte, nicht mehr wagend, das schöne weiße Weib zu tödten, aber auch nicht mehr wagend, den Blick frei zu ihr zu erheben.

Miranda sinkt auf ihr Lager von Moos. Jetzt erst weint und jammert sie, denn ihr Plan ist vereitelt: sie hat den Tod nicht empfangen. Und was erwartet sie nun? Soll sie sich selbst tödten? Wo ist Hurtado, der Einzige, der sie retten könnte? Darf sie seine Nähe wünschen? Hier zu sein, wäre für ihn gleichbedeutend mit Tod! – — —

Unterdessen ist der, an den sie unablässig denkt, nach der Schanze des heiligen Geistes zurückgekehrt. Aus der Ferne haben die Krieger den Feuerschein bemerkt und, Unheil ahnend, den Zug abgekürzt, um ihren vielleicht bedrängten Genossen zu Hülfe zu eilen.

Sie finden den Schutthaufen des Magazins und die Leichen. Auch Moschera ist mit seinen Wenigen bereits zurückgekehrt; Schrecken und Rachedurst ergreifen die Spanier. Aber Hurtado denkt nur an seine Gattin. Ihre Leiche ist nicht unter denen der Gefallenen und er ahnt, daß man sie gefangen in das Innere geführt. Er weiß nicht, daß Mangora gefallen ist, er erinnert sich aber der letzten Worte seiner Gattin und die wüthendsten Qualen der Angst, der Liebe, des Mitleids um seine unglückliche Gattin zerreißen sein Herz. In glühenden Worten fordert er seine Genossen auf, mit ihm in das Innere zu ziehen, die Timbuesen zu bestrafen, die Gefallenen zu rächen; aber wenn auch Rachedurst in dem Herzen jedes Kriegers flammt, so weist doch die ruhige Ueberlegung Moschera’s einen solchen Plan als tollkühn zurück. Hurtado sieht sich von Allen verlassen, und fast wahnsinnig vor Sehnsucht und Angst, schwingt er allein sich auf sein Roß und eilt in die Wälder.

Es ist Nachmittag, als er in das Dorf Siripa’s sprengt. Lucia Miranda hört den Hufschlag des Pferdes. Es muß ein Spanier sein, vielleicht ihr Gatte! Sie springt auf, verläßt ihre Hütte und eilt nach dem freien Platze inmitten des Dorfes, wo Hurtado bereits von den Timbuesen umringt ist, die den verwegenen Fremdling neugierig und drohend anstieren.

Sie erkennt ihn und das Blut erstarrt in ihrem Herzen vor Freude und Todesangst, als sie die Reihen der Indianer durchbricht. Hurtado erkennt sein Weib. Mit einem Schrei springt er vom Pferde und ohnmächtig sinkt Lucia Miranda in die Arme ihres Gatten.

Siripa ist durch den Tumult herbeigelockt worden. Er ahnt, wer der Fremde sei und seine finstere Miene verkündet Unheil.

»Wer ist der Weiße?« fragt er die erwachende Miranda.

»Mein Gatte, mein Geliebter!« jubelt sie ihm Alles vergessend entgegen. »Jetzt tödte mich, tödte uns Beide!«

»Nicht Dich!« antwortet Siripa, den innern Grimm unter kaltem Hohn verbergend. »Aber er soll sterben und sogleich!«

Ehe noch ein Wort der Bitte von Miranda’s Lippen ertönen kann, hat Siripa den Indianern seine Befehle gegeben. Eine Meute gieriger Hunde stürzen sie sich auf Hurtado; er ist entwaffnet, gefesselt, ehe er noch den Arm ausstrecken kann. Man schleppt ihn zu einem Pfahl, der sich mitten auf dem Platze befindet und an dem die Missethäter gezüchtigt werden.

Von allen Seiten strömen die Timbuesen herbei, das Schauspiel zu sehen. Unter ihnen steht Miranda, erstarrt zur Bildsäule. Das Entsetzen hat ihr Bewegung und Sprache geraubt. Sie sieht die Bogen spannen, sie sieht die Pfeile, die sich auf das Herz ihres Gatten richten, sie sieht den Blick, den er ihr herüber sendet, diesen Blick letzter Liebe, tiefster, innerster Bekümmerniß – und mit einem gellenden Schrei wirft sie sich zu den Füßen Siripa’s und umklammert seine Knie.

Sie spricht nicht, sie weint, sie schluchzt. Abgebrochene Laute ringen sich aus ihrem Munde. Ihre ganze Seele liegt in ihren Augen; zärtlich, dringend, beschwörend, mit siegender Gewalt flehen sie empor zu dem Indianer, das Leben des Gatten zu retten.

Siripa schaut sie an und ist wie gebannt von diesen Blicken. Er zögert, er schwankt, sein Gesicht verkündet den Kampf, der in seinem Herzen wühlt. Die Timbuesen blicken erwartungsvoll zu ihm hinüber. Er hebt den Arm, er senkt ihn wieder, die Adern auf seiner Stirn schwellen an; endlich, besiegt durch die Gewalt dieser leidenschaftlichen Bitte, giebt er das Zeichen, den Spanier zu befreien, und schamvoll und ergrimmt entflieht er, um seine Schwäche im Dunkel der niedrigen Hütte zu verbergen.

Lucia Miranda glaubt den Gatten, glaubt sich gerettet. Aufjubelnd eilt sie zu ihm; aber Siripa hat noch ein anderes Zeichen gegeben. Miranda wird von ihrem Gatten getrennt, man führt sie in ihre Hütte zurück und sie sieht Hurtado unter den Indianern verschwinden.

Während sie einsam, auf’s Neue von Zweifeln gequält, bald hoffend, bald fürchtend, bald lauschend und hinausblickend, bald ganz in ihre trüben Gedanken versunken, in der ärmlichen Hütte weilt, nähert sich leise ein Dämon, ein Dämon des Verderbens, dem Häuptling der Indianer. Und dieser Dämon ist ein Weib, die Gattin Siripa’s.

Sonne, Luft und Gewohnheit haben den Menschen der verschiedenen Himmelsstriche verschiedene Charaktere gegeben; sie haben hier den Männern Stolz und Kraft, dort List und Tücke, dort Begierden und Sinnlichkeit eingeflößt. Aber Sonne, Luft und Gewohnheit vermögen nicht, das Herz der Frauen zu ändern. Unter allen Himmelsstrichen ist es gleich, hier vielleicht durch Sitte und Zwang veredelt und besänftigt, dort in der Freiheit der Wildniß um so leidenschaftlicher hervorbrechend. Und überall schwingt die Eifersucht ihre quälende Geißel, überall ist das Weib, seltsam geschieden in zwei Naturen, bald der Engel, der dem Manne das Paradies giebt, bald die Schlange, die sich schmeichelnd zu ihm emporwindet, ihm dieses Paradies zu rauben.

Die Eifersucht ist es, die Siripa’s Gattin zu dem Häuptling führt. Mit aufwallendem Grimm hat sie die Leidenschaft ihres Gatten für die verhaßte Weiße bemerkt, hat sie gesehen, wie wenig Siripa sich darum kümmert, sein Gefühl für die Fremde zu verbergen. Sie naht ihm sanft, ruhig, sie weiß so gut wie die Frauen Europa’s das Gift, das in ihrem Herzen gährt, durch ein süßes Lächeln der Lippen zu verbergen.

»Du bist zornig« Siripa!« sagt sie, seine Schulter berührend. »Was hast Du? Was bekümmert Dich?« ,

»Laß mich!« antwortet ihr der Kazike trotzig.

»Darf ich nicht wissen, was Dein Herz beschwert?« fragt sie weiter. »Bin ich nicht Dein Weib? Als die Väter uns zusammengaben, sagten sie nicht, daß ich Deine Sorgen theilen und lindern sollte?«

»Ich habe Nichts!« antwortet Siripa unmuthig.

»Doch, ich weiß, was Dir fehlt!« fährt seine Gattin fort, »Du liebst die Spanierin, die Weiße! Glaube nicht, daß ich Dir zürne; ich würde Dich verlassen, Dich vielleicht tödten, wenn Du mir untreu würdest mit einem Weibe unsers Stammes; aber die Fremde ist mir gleichgültig. Liebe sie! Du wirst ihrer bald überdrüssig werden und zu mir zurückkehren.«

»Gut! So laß mich in Ruhe!« erwiedert ihr Siripa.

»Aber ich darf Deine Schande nicht dulden!« fährt sie lebhafter fort. »Soll mein Gatte, soll der Kazike der Timbuesen von seinem Stamme verhöhnt werden? Sollen die Kinder mit Fingern auf ihn zeigen?«

»Verhöhnt? Wie meinst Du das?« fragt Siripa finster.

»Nun, ist nicht der Gatte der Weißen hier? Wirst Du ihm nicht erlauben, sie zu sehen? Wirst Du nicht ihren Bitten nachgeben? Sie wird in seinen Armen ruhen, sie wird ihn herzen und küssen, und die Timbuesen werden Dich verlachen, wenn Du trübsinnig um die Hütte schleichst, während sie drinnen bei einander sind!«

»Das sollen sie nicht!« ruft Siripa, mit flammenden Blicken aufspringend.

 

Sie sagt nichts weiter, auch er schweigt, verwirrt über den Ausbruch seiner Eifersucht. So trennen sie sich. Aber in dem Herzen des Indianers tobt und wühlt es, denn die Eifersucht gießt ihr Feuer durch seine Adern, und während er zittert bei dem Gedanken, daß Miranda in den Armen eines Andern ruhen könne, wünscht er doch mit quälender Selbstpein, sie und ihr Gatte möchten ihm diese erwünschte Gelegenheit zur Rache geben.

Er tritt in die Hütte Hurtado’s, der ihn kalt und fest empfängt.

»Ich will Dir gestatten, Dein Weib zu sehen!« sagt er, und auf dem Gesicht des Spaniers glänzt ein Strahl der Hoffnung; »aber,« fährt Siripa fort, »wisse – ich liebe Dein Weib. Noch habe ich Nichts über Dein Schicksal beschlossen; also hüte Dich, meinen Zorn zu wecken. Du sollst Deine Gattin sehen, aber wenn Du sie anrührst, wenn Eure Lippen sich vereinigen – so ist es Dein und Deines Weibes Tod!«

Hurtado achtet nicht auf die Worte des Indianers; er denkt nur daran, daß er sie sehen, ihre treuen Augen schauen, die süßen Worte ihrer Lippen hören kann, und im Fluge eilt er nach der Hütte, die man ihm als den Aufenthalt seiner Gattin bezeichnet.

Miranda empfängt ihn mit einem Schrei des Entzückens. Sie will ihm in die Arme fliegen; auch Hurtado ist kaum Herr seiner glühenden Liebe. Aber während seine Augen mit unnennbarem Entzücken den Anblick ihrer holden Gestalt trinken, weist er sie sanft zurück, und seine Lippen, vor Glück bebend, flüstern die Worte: