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Lucia Miranda

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Mangora zuckt die Achseln und antwortet nicht.

Nunjo de Lara hat zu Lucia Miranda geschickt und sie bitten lassen, bei der Tafel zu erscheinen. Ihre Antwort ist ablehnend; sie entschuldigt sich damit, daß sie krank sei. Mangora scheint nicht darauf zu achten.

Unterdessen ist es Abend geworden; Nunjo de Lara, durch den Wein aufgeregt, bleibt bei der Tafel, und Mangora scheint aufbrechen zu wollen. Nunjo de Lara hält ihn zurück, die Vier bleiben bei Tische, die anderen Indianer aber zerstreuen sich in der Schanze.

Verblendeter Lara! Der Nebel, der vor Deinem Auge schwirrt, und die Nacht verhindern Dich, jene unzählbaren Schaaren von Indianern zu sehen, die sich im Westen der Schanze hinter dem Sumpf, verborgen durch Wald und Gebüsch, aufstellen!

Immer stiller wird es in der Schanze, nur die Spanier bei Tisch lärmen und plaudern lebhaft. Schon haben Viele von den Spaniern ihr Lager aufgesucht, denn am Morgen müssen sie sich mit der Sonne erheben.

»Es ist spät,« sagt Mangora aufstehend und an das Fenster tretend, »ich muß zurück. Lebe wohl!«

Noch einmal will ihn Nunjo de Lara nöthigen, zu bleiben, aber der Kazike lehnt es entschieden ab, und mit unsicheren Schritten geleitet der Hauptmann seinen Gastfreund aus dem Saale.

Plötzlich fällt ein heller Schein durch die Thür des Ganges. Ein gellender Ruf ertönt.

Mangora stößt einen jubelnden Schrei aus und ist in demselben Augenblick von der Seite der Spanier verschwunden.

Das Werk des Verraths ist vollbracht. Während die Krieger schlafen, während der Hauptmann arglos mit Mangora zecht, sind die Timbuesen nach dem Magazin geschlichen und haben Feuer in den Speicher geworfen.

Die Lohe züngelt empor in die dunkle Nacht und beleuchtet den Hof der Schanze. Die wenigen Wachen, die Spanier, die aus dem Schlafe emporschrecken, eilen halbbekleidet, nichts Böses ahnend, nach dem Magazin, um zu löschen.

Das ist der Zeitpunkt, den Mangora erwartet hat. Er steht auf dem Hofe, hoch emporgerichtet, Alles überschauend, ein finsterer Gott des Verderbens. In seinen Augen flammt der Wiederschein des Feuers, auf seinen nackten Gliedern spiegelt sich die Flamme; er gleicht einer Bildsäule von Bronze.

Mit den Waffen, die sie verborgen oder offen getragen haben, stürzen sich die Timbuesen auf die wehrlosen Spanier. In wenigen Minuten sind die tapfern Krieger erschlagen, die noch den Ruhm so mancher Schlacht und einen glorreichen Tod mit dem Schwerte in der Hand gehofft. Hinterrücks getroffen, in der ohnmächtigen Wuth des Todeskampfes ihre verrätherischen Feinde verfluchend, krümmen sie sich auf dem feuchten Grase, und ihr Blut mischt sich mit dem reinen, unschuldigen Thau der Nacht.

Aber ihr Wehegeschrei ist zu den Ohren Derer gedrungen, die noch im Innern der Schanze weilen. Auch Nunjo de Lara hat ihn gehört. Im ersten Augenblick ahnt er nicht den ganzen Verrath, dann aber dringt wieder ein Schrei durch die Nacht, den das erfahrene Ohr des Kriegers nur zu wohl als den des Todes erkennt – dann fällt ein Schuß —und der jähe Schreck der Gewißheit zerreißt den Nebel, der das Gehirn des Hauptmanns umflort; er weiß, daß er verrathen ist.

Nun ist er wieder der Hauptmann, der besonnene Krieger; er herrscht den Offizieren seine Befehle zu und greift zu seinem Degen, zu den Pistolen, er stürzt den Gang hinunter auf den Hof und sein Kommandowort übertönt das Prasseln des Feuers, den Lärm des Kampfes.

Aber es ist zu spät. Von allen Seiten erklimmen dichte Schaaren von Indianern die unbewachten Schanzen. Es sind die Viertausend, die Mangora hinter dem Sumpf verborgen. Das aufflammende Feuer ist für sie das Signal zum Angriff gewesen; ihr Geschrei erschüttert die Luft und übertönt die Stimme Nunjo de Lara’s. In wenigen Minuten ist der Hof von ihnen erfüllt und jeder Widerstand ist vergeblich.

Da wallt ein Gefühl der Raserei, wahnwitziger Wuth in dem Herzen des verrathenen Lara auf. Er sieht seine braven Krieger fallen, einen nach dem andern, er sieht den Verräther Mangora, wie er triumphirend von einem Balkengerüst auf das Gemetzel niederschaut und seine Befehle giebt.

»Folgt mir!« ruft er den Wenigen zu, die ihn schützend umgeben. »Siegen können wir nicht mehr, aber uns rächen und sterben!«

Seine Hand umkrallt den Griff des Schwertes. Die Spanier schließen sich dicht «an ihn an. So dringen sie vor durch die dunklen Reihen der Timbuesen, während der brennende Speicher den Hof mit einem feurigen Regen übersprudelt. Dazwischen dröhnen vereinzelte Schüsse, wie Nothsignale in dem Gewirr des Kampfes verhallend. Aber Nunjo de Lara hört Nichts mehr, er sieht nur Mangora.

Sein Schwert um sich schwingend, als wäre es eine Streitaxt, dringt er vor. Er will nicht kämpfen; er will sich nur Bahn brechen. Er weiß nicht, daß hinter ihm alle seine Gefährten fallen, er weiß nicht, daß er selbst verwundet ist; jedes Gefühl in ihm ist erstorben, er fühlt nur den brennenden Durst der Rache.

Mangora sieht ihn. Die Beiden sind nur wenige Schritte von einander entfernt. Boshaft lächelnd, des Sieges gewiß, erhebt der Timbuese seinen Speer und gebietet den Indianern, die Waffen zu senken. Langsam zielt er – sich zurücklehnend erwartet Nunjo de Lara den Wurf. Der Speer schwirrt durch die Luft und senkt sich tief in die Brust des Hauptmanns. Er stürzt zusammen; die Indianer heulen ein Triumphgeschrei. Aber noch einmal rafft sich Nunjo de Lara auf, ein heiseres Hohnlachen ringt sich von seinen Lippen, mit einem einzigen Sprunge ist er neben Mangora, und sein treues Schwert gräbt sich tief in das Herz des Timbuesen. Neben einander sinken Beide nieder, und in demselben Augenblick hauchen sie ihre Seele aus.

Nunjo de Lara ist der letzte Spanier, der gefallen, und ein tiefes, düsteres Schweigen folgt dem Tode der beiden Hauptleute. Nur die Flammen des brennenden Speichers knistern und prasseln, bis das Dach zusammenstürzt, bis ein letzter Feuerregen sich über die Schanze ergießt und dunkel aufquellende Rauchwolken verkünden, daß auch der Kampf des Elementes bald vorüber sein wird.

Boten eilen fort, um dem Bruder des gefallenen Mangora, dem mächtigen Siripa, zu melden, daß der Häuptling erschlagen sei und daß man ihn bitte, die Erbschaft des Todten anzutreten.

Dann beginnt die Plünderung, die Vernichtung der Schanze. Vergebens suchen die Indianer nach weißen Männern, die noch verborgen sein könnten. Kein Spanier ist feig genug gewesen, sich dem Tode zu entziehen. Alle sind gefallen, diejenigen ausgenommen, die Hurtado auf seinem Zuge begleiten, und die mit einem andern Führer, Moschera, Tages zuvor eine Streiferei am Ufer des Parana unternommen.

Fünf Frauen allein sind lebend geblieben, unter ihnen Lucia Miranda, und vier Kinder. Gefesselt sitzen diese auf dem Hof der Schanze, und als das rosige Frühlicht über dem Parana aufdämmert, beleuchtet es die blassen, von Angst und Entsetzen entstellten Gesichter der Weiber und die verzerrten Züge der Todten, die man auf einen Haufen geworfen.

Die Weiber jammern, die Kinder weinen. Nur Lucia Miranda ist gefaßt. Wenn auch tief betrübt von dem, was sie gesehen, preist sie sich dennoch glücklich in ihrem Herzen, denn Hurtado lebt, und Mangora, der Todfeind ihres Gatten, ist gefallen. Sie weiß, daß Hurtado sie befreien wird, und stirbt sie vorher, so ist sie wenigstens ohne Schande gestorben.

Die Timbuesen lassen sich nicht die Zeit, die Schanze zu zerstören. Mit Beute beladen, lächerlich geschmückt mit den erbeuteten Trophäen, ziehen sie zurück nach ihren Wäldern, und in ihrer Mitte bewegt sich trüb und stumm der kleine Zug der Frauen und Kinder.

Sie gelangen an ihr Ziel, zu dem großen Dorf der Timbuesen, wo ihr Schicksal sich entscheiden soll. Siripa, der neue Häuptling, wird erwartet und soll das Urtheil über die Gefangenen fällen.

Es ist um die Mittagszeit, als er in die ärmliche Hütte tritt, die man Lucia Miranda und ihren Genossinnen angewiesen.

Miranda erschrickt und fährt auf, als sie ihn sieht. Sie glaubt, Mangora stehe vor ihr, und ihr Irrthum ist gerechtfertigt; denn Siripa ist der Zwillingsbruder Mangora’s, ihm so ähnlich, wie ein Blatt dem andern desselben Baumes, hoch und stark gleich ihm, und gleich ihm hinterlistig in seinem Blick und stolz in seinem Wesen.

Auch Siripa scheint überrascht, als das schöne Weib sich langsam vor ihm erhebt. Er hat sie früher nie gesehen, er ist nie in der Schanze gewesen, denn sein Stamm wohnt mehr im Innern des Landes. Seine Blicke ruhen erstaunt auf der schönen Gestalt und schweifen dann vergleichend zu den anderen Frauen hinüber, um zuletzt feurig und begierig auf Lucia Miranda zu weilen. Erbleichend, in ihrem Innersten erbebend, ahnt das verlassene Weib, daß in dem Herzen Siripa’s sich die Leidenschaft Mangora’s entzündet, daß der neue Häuptling die unglückselige Erbschaft seines Bruders angetreten hat.

Und ihre Ahnung ist eine Wahrheit. Als wäre nicht nur Gestalt und Sinn der beiden Brüder derselbe, als wäre auch ihr Gefühl aus demselben Stoffe geformt – so plötzlich entflammt in der Seele Siripa’s dieselbe Begierde, die dem Bruder und den Spaniern Verderben gebracht. Noch scheint er mit sich selbst zu streiten. Vielleicht sträubt sich sein stolzes, wildes Herz, schwach genug zu sein, ein weißes Weib zu lieben. Seine Blicke lodern zu Miranda hinüber und suchen dann wieder die Erde. Hoch erröthend, in qualvoller Besorgniß steht sie vor ihm, aber das bange Roth auf ihren Wangen erhöht nur ihre Schönheit. Die Leidenschaft scheint in dem Herzen des Timbuesen gesiegt zu haben. Noch einen letzten begehrenden Blick wirft er auf Miranda, dann verläßt er, ohne ein Wort mit ihr gewechselt zu haben, die Hütte.

Schwankend, in ängstlichen Zweifeln, bleibt Miranda zurück. Bald darauf erscheinen Indianer und melden den Frauen und Kindern, daß sie frei seien. Miranda athmet auf, und während die anderen Frauen frohlocken, denkt sie nur daran, daß es ihr vergönnt sein werde, Hurtado wiederzusehen ohne Scham, ohne das entsetzliche Bewußtsein verlorener Ehre. Die Frauen verlassen die Hütte, um an das Ufer des Parana zurückzukehren und Miranda will ihnen folgen. Aber sie sieht sich zurückgehalten. Durch Zeichen und Worte geben ihr die Timbuesen zu verstehen, daß sie, sie allein bleiben müsse.

 

Eine schmerzliche Erstarrung ergreift ihr Herz, denn sie weiß jetzt Alles, sie weiß, daß sie sich nicht geirrt. Aber sie hat bereits ihren Entschluß gefaßt und mit der kalten Ruhe desjenigen, dem das Aeußerste, der Tod, eine Wohlthat ist, erwartet sie den Kaziken.

Er bleibt nicht lange fern. Im größten kriegerischen Schmuck – denn so eben haben ihm die Indianer als ihrem neuen Herrn gehuldigt – tritt er stolz, anmaßend und herausfordernd in die Hütte. Der Timbuese, das Kind der Pampas, kennt keine sanfte, schüchterne, ehrerbietige Liebeswerbung, die Weiße ist seine Sklavin: er will fordern, nicht bitten.

Die Arme auf der Brust kreuzend, steht er vor ihr und seine Blicke durchbohren das hülflose Weib. Aber Miranda ist ruhig und kalt erwiedert sie seinen Blick.

»Ich habe Dich nicht mit den andern Weibern ziehen lassen,« sagt der Timbuese. »Du sollst bei mir bleiben.«