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Lucia Miranda

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Und sie ist ein Weib, das solche Aufopferung verdient. Sie ist keines jener abenteuerlichen Wesen, die Sehnsucht nach dem Fremden in die Ferne treibt, kein Soldatenweib, das dem Manne folgt, weil er es befiehlt, keines jener jammervollen Geschöpfe, die, aus der Heimath verstoßen, ihre schmachbedeckte Vergangenheit in einem fremden Erdtheil vergessen wollen und die Tyrannei des rauhen Kriegsmannes dem Spott und der Verachtung der Heimath vorziehen – sie ist ein Weib, um dessen Verlust das Vaterland trauern müßte, weil wenige ihr gleichen, ein Demant, der in der Einsamkeit der Schanze des heiligen Geistes um so schöner und reiner glänzt, weil er dem trügerischen Lichte, der schweren Hofluft von Madrid entrückt ist.

Lucia Miranda ist die Tochter eines edlen castilianischen Geschlechts. Als die Mutter ihr den bedeutsamen Namen gab, hoffte sie vielleicht, daß man die Tochter einst wegen ihrer Schönheit bewundern würde; und sie hatte Recht. Aber sie ahnte nicht, daß ihrer Tochter ein Loos bestimmt war, wie nur Wenigen und nur den Edelsten ihres Geschlechts, daß sie bewundert in der Erinnerung der Nachwelt fortleben würde.

Die Mutter Lucia’s ist eine Hofdame und das Kind wächst auf in der frühreifenden Luft des Palastes. Ihre Anmuth zeigt sich bald, denn schon das Kind verräth die Schönheit der Jungfrau. Sie ist früh umworben. Als zwölfjähriges Kind schon wird sie dem großen Karl vorgestellt, der sie huldreich anlächelt. Alle Welt verkündet ihr eine große, eine glänzende Zukunft.

Lucia Miranda achtet dessen nicht, denn sie hat früh gelernt, zu sehen und zu begreifen. Sie weiß, daß selbst ihre Mutter in dem glänzenden Leben des Hofes nicht glücklich ist, sie weiß, daß Intriguen nur ein todtes, erstarrtes Herz beschäftigen können. Obwohl ein Kind noch, ahnt sie doch, daß man das Glück anderswo suchen müsse, als in den Marmorsälen eines Palastes. Ihr Herz hat sich den Schmeicheleien verschlossen; sie flieht die Freuden des Hofes, anstatt sie zu suchen, die Huldigungen der Kavaliere widern sie an, denn sie weiß, an wie Viele diese Huldigungen verschwendet werden.

Und bereits lebt ein heimlich stilles Gefühl in ihrem Herzen, das ihr Befriedigung gewährt und sie alles Andere vergessen läßt. Sie liebt Sebastian Hurtado, den Gefährten ihrer Jugend.

Sebastian ist Offizier in der Leibgarde, ein schöner, ernster junger Mann, voll innerer Leidenschaft, voll verschlossenen Ehrgeizes, Alles mit tiefer Gluth erfassend und beharrlich nach Allem strebend, was er sich zum Ziel gesetzt. Hier am Hofe, unter Fürsten, Herzögen und Grafen, ist es schwer für den einfachen castilianischen Edelmann, sich emporzuarbeiten, um so mehr, da er kaum das zwanzigste Jahr erreicht. Aber er will empor, er muß empor, denn er weiß, daß Miranda nur die Seine werden kann, wenn er selbst eine Stellung errungen, die ihn ehrt und auszeichnet. Die schöne, vielgefeierte Miranda kann nicht die Gattin eines armen, unbekannten Soldaten werden.

Zwar tröstet sie ihn, wenn sie sich heimlich sehen, wenn sie süße Liebesworte, Hoffnungen und Schwüre tauschen; zwar sagt sie ihm, daß sie nie die Gattin eines Andern werden, ihn nie verlassen wolle. Sebastian glaubt ihr auch, aber es drückt ihm das Herz ab, daß er sie nur heimlich sehen, daß er nicht offen als ihr begünstigter Bewerber austreten kann.

Die Mutter weiß nichts von dieser Liebe, die ihren schönsten Lohn in ihrer Verborgenheit trägt. Sie ist eine vollendete Hofdame, sie lebt nur in Intriguen. Durch die Schönheit ihrer einzigen Tochter will sie steigen, will sie die Macht erlangen, verhaßte Nebenbuhlerinnen zu verdrängen. Seit lange ist der Plan geschmiedet, Lucia einem alten Grafen, dem allmächtigen Freunde des ersten Ministers, anzutrauen.

Lucia ist jetzt fünfzehn Jahre alt und die schönste Dame des Hofes geworden. Die Bewerber drängen sich von allen Seiten herbei und der alte Graf will nicht länger zögern, sein erstorbenes Leben durch Jugend und Schönheit zu verjüngen. Er bewirbt sich offen um Miranda’s Hand; die Mutter sagt sie zu.

Sie spricht mit der Tochter. Miranda erschrickt; sie lehnt die Bewerbung ab und gesteht ihre Liebe zu Hurtado. Die Mutter lächelt über die Einfalt ihres Kindes. »So sei der Graf Dein Mann,« sagt sie, »und Hurtado Dein Geliebter!« Aber tief erröthend und unwillig weist Miranda einen solchen Rath von sich. Mutter und Tochter trennen sich in bitterm Groll. —

Die Erstere hofft auf die Weichheit eines Mädchenherzens, aus die verführerische Lockung einer glänzenden Zukunft. Die Tochter tröstet sich mit der Hoffnung auf die Liebe eines Mutterherzens; aber Beide hoffen vergebens, Beide bleiben starr. Die Mutter wüthet und verflucht ihr trotziges Kind; Miranda flieht weinend zu Hurtado.

Der junge Kavalier weiß jetzt, daß es um die Erwartungen seines Stolzes, seines Ehrgeizes geschehen, daß der Hof von Madrid ihm verschlossen ist. Aber die Welt ist groß, eine neue Welt ist gefunden, größer als die alte – und über welchen Verlust könnte ihn nicht Miranda’s Liebe trösten! Man giebt ihm seinen Abschied, die Mutter macht einen letzten Versuch, Miranda für ihren Plan zu gewinnen. Die Tochter bleibt fest, und Hurtado, wohl ahnend, daß man ihm und seiner Geliebten nachstelle, entschließt sich schnell. Ein Priester segnet die Ehe der Liebenden in einer Kapelle der Vorstadt und Hurtado eilt mit seiner jungen Gattin nach Sevilla, wo Cabot noch einige Tage weilt, ehe er mit seinem Geschwader Spanien verläßt, um Tharsis, Ophir und Cipango zu entdecken. – —

So weilen sie nun hier, die beiden glücklichen Gatten, in der Schanze des heiligen Geistes, tausend Meilen entfernt von der Stätte, auf der sie geboren. Hier in dieser reinen, frischen Luft ist Miranda zu ihrer ganzen Schönheit erblüht. Hart ist das Leben hier, einsam, beschwerlich, ohne jeden andern Reiz, als den die Schönheit und Ursprünglichkeit einer rauhen Natur bieten kann. Aber Lucia Miranda ist hier glücklicher als je im Palast zu Madrid. Hier ist es ihr vergönnt, ihren Gatten frei zu lieben, hier sieht sie ihn geachtet von Allen, selbst von Nunjo de Lara, der bescheiden die größeren Fähigkeiten seines Freundes Hurtado anerkennt, hier darf sie an seinem Arm wandeln und dennoch frei die Huldigungen der Krieger empfangen; denn diese Huldigungen gelten ihrer Schönheit, ihrer Anmuth, ihrer Treue. Lucia Miranda ist der Engel, ist die angebetete Gottheit der Schanze des heiligen Geistes.

Zweierlei nur ist es, was ihr Herz beunruhigt. Sebastian ist noch so jung, sein Herz sehnt sich so sehr nach Thaten, nach Ruhm, nach Ehre. Sie weiß, daß es ihn bekümmert, einer traurigen, einförmigen Zukunft in dieser öden Schanze entgegenzusehen, und sie fühlt mit ihm, wenn er zuweilen seufzt und auf sein Schwert blickt. Er hat auch in der neuen Welt nicht gefunden, was er suchte. Aber er ist noch jung! Cabot wird wiederkehren oder ein Anderer; ruhmreiche Züge werden unternommen werden, Sebastian Hurtado wird einst bewundert und angestaunt in sein Vaterland zurückkehren. Sie hofft es – und oft schon hat sie die Unmuthsgedanken von der Stirn des jungen Gatten weggeschmeichelt.

Das zweite aber hat sie ihm noch nicht gestanden, und doch beunruhigt es ihr Herz fast mehr noch als das erste. Sie erröthet und erschrickt bei dem Gedanken, es ihrem Gatten zu offenbaren; denn ihr keuscher Sinn sträubt sich gegen eine solche Entdeckung. Aber wenn sie allein ist, seufzt sie und ängstigt sich. Ach, sie hat den Ränken Madrids entfliehen können, aber nicht den Leidenschaften der Menschen, die in der Wildniß oft gewaltiger lodern, als in den Palästen der sogenannten gesitteten alten Welt!

Jetzt hat sie die Arme um den hohen Nacken ihres Gatten geschlungen und sieht ihm zärtlich in das männlich schöne Antlitz. Wie mild diese Augen glänzen trotz ihres Dunkels, wie schüchtern fast sie sich an ihn schmiegt, wie jungfräulich, als hätte sie ihm erst heute ihre Liebe gestanden!

Er beugt sich nieder und küßt ihre Stirn. Auch er ist beinahe schüchtern. Hier, in der Schanze, wo der Blick überall frei ist, hier unter den Kriegsleuten, giebt es kaum eine Traulichkeit der Ehe, ein süßes Alleinsein der Liebe; hier muß sich die Zärtlichkeit zu seltenen glücklichen Minuten flüchten, und um so schöner, um so reiner, um so erfrischender bleiben diese Minuten. Lucia erröthet bei dem Gedanken, daß das Auge eines Kriegers einen Kuß, eine Umarmung belauschen könne, und selbst Sebastian scheut das Lächeln seiner Gefährten. Nie ist eine Ehe reiner, glücklicher und unschuldsvoller gewesen, nie hat das verborgenste Zimmer einen größeren Reiz geboten, als dieses ärmliche Gemach von Pfahlwerk, durch dessen offenes Fenster jedes Auge blicken kann.

»Und wie lange wirst Du bleiben?« fragte Miranda ihren Gatten.

»Vier Tage, fünf Tage, vielleicht auch eine ganze Woche. wenn das Glück uns nicht günstig ist,« antwortet Hurtado.

»Und Du wirst Dich tief in diese Wälder, unter diese Wilden wagen ?«

»Sei unbesorgt, liebes Weib! Nicht tiefer, als nöthig ist. Und dann sind ja die Timbuesen unsre Freunde!«

»Unsre Freunde?« entgegnet Miranda – besorgt und schüchtern. »Ihr Männer seid doch so vertrauensvoll und leichtgläubig! Glaubst Du wirklich, diese Indianer, die Euch an Schlauheit übertreffen, seien Euch freundlich gesinnt und wollten Euch ruhig Besitz von diesem schönen Lande nehmen lassen? Du irrst, Sebastian. Schau diesen Indianern in die Augen, und hinter der heuchlerischen Freundlichkeit wirst Du Tücke und Verrath lauern sehen, wie die Schlange unter Blumen.«

»Was macht Dich so ängstlich, liebes Weil?« sagt Hurtado lächelnd. »Du hast nie solche Gedanken gegen mich ausgesprochen. Es ist möglich, daß die Timbuesen uns nicht gerne sehen; aber unsre Waffen gebieten ihnen Achtung. Mit fünfzig Männern, wie ich sie heut mit mir führe, will ich mich hunderte von Meilen weit in diese Wälder wagen.«

»O, ich weiß, daß Ihr den offenen Kampf nicht zu fürchten habt!« sagt Miranda, und in dem Blicke, den sie jetzt auf ihren Gatten richtet, liegt etwas von bewunderndem Stolz. »Aber diese Indianer sind weniger tapfer als hinterlistig, und sie werden es versuchen, Euch in eine Falle zu locken. Traust Du dem Mangora?«

 

»Dem Mangora? Gewiß!« antwortet der Spanier. »Er ist uns wohlgewogen, und sein Einfluß beherrscht fast alle Stämme auf diesem Ufer des Parana. Freilich, wäre er uns feindlich gesinnt —«

»Trau’ ihm nicht, trau’ ihm nicht!« unterbricht Lucia Miranda beinahe heftig ihren Gatten, und ihre Arme schlingen sich fester um ihn. »Ich beschwöre Dich, Sebastian, geh’ ihm aus dem Wege, vermeide jedes Zusammentreffen mit ihm! Versprich es mir! Gieb mir Dein Wort darauf! Vermeide Alles, was ihn reizen, was ihm einen Verwand geben könnte, einen Streit mit Dir zu beginnen!«

»Du erschreckst mich, Miranda, ich habe Dich nie so ängstlich gesehen!« sagt Hurtado erstaunt. »Hast Du irgend einen Grund zum Verdachte, so nenne ihn mir, Es ist Deine Pflicht! Unsre gefährliche Lage in dieser einsamen Schanze verlangt Vorsicht, das weiß ich wohl. Hast Du irgend Etwas bemerkt, was uns entgangen wäre?«