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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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Neben diesen die verschiedensten Gebiete berührenden Zeitbroschüren verlegte Brockhaus auch während der altenburger Periode eine Reihe der eigentlichen Geschichte gewidmeter Werke, zum Theil größern Umfangs und der Mehrzahl nach ebenfalls die nächste Vergangenheit behandelnd.

Die beiden wichtigsten Werke dieser Gattung rühren von einem Schriftsteller her, der uns schon als fleißiger Mitarbeiter an den »Deutschen Blättern« und als Mitverfasser einer gegen Napoleon gerichteten Broschüre, der mit seinem Freunde Villers zusammen herausgegebenen »Fanfaronaden«, begegnet ist: Friedrich Jakob Christoph Saalfeld (geb. 1785, gest. 1834), Professor der Geschichte an der Universität Göttingen und freisinniges Mitglied der hannoverschen Ständeversammlung.

Das erste Werk ist eine »Allgemeine Geschichte der neuesten Zeit, seit dem Anfange der Französischen Revolution«; es begann 1815, die Vollendung erfolgte aber erst 1823 (in 4 Bänden zu je 2 Abtheilungen, also zusammen 8 Theile umfassend); den Endpunkt bildet der Aachener Congreß von 1818.

Das zweite ist eine »Geschichte Napoleon Buonaparte's«, deren erste Auflage (1815 in einem Bande) bis zur Ankunft auf Elba reicht, während die zweite umgearbeitete Auflage (1816 und 1817 in zwei Theilen) die Geschichte Napoleon's bis zu seiner Abführung nach Sanct-Helena fortsetzt.

Beide Werke erregten Aufsehen und fanden lebhaften Beifall, da sie von deutsch-patriotischem Standpunkte und mit voller Benutzung der wiedergewonnenen Preßfreiheit geschrieben waren; doch hatte eben deswegen besonders die Geschichte Napoleon's auch harte Angriffe zu bestehen.

Ein drittes größeres Werk über die Zeitgeschichte ist: »Rußlands und Deutschlands Befreiungskriege von der Franzosen-Herrschaft über Napoleon Buonaparte in den Jahren 1812-1815« (4 Theile mit zahlreichen Kupfern und Karten, 1816-1819), verfaßt von Dr. Karl Heinrich Georg Venturini (geb. 1768, gest. 1849), der lange Jahre (1807-1844) als Pastor zu Hordorf im Braunschweigischen wirkte und sich hauptsächlich durch seine »Natürliche Geschichte des großen Propheten von Nazareth« (4 Theile, Bethlehem, d. i. Jena, 1806) bekannt gemacht hat, durch das hier vorgeführte Werk und die Fortsetzung der von Bredow begonnenen »Chronik des neunzehnten Jahrhunderts« (34 Bände, Altona und Leipzig 1808-1837) sich aber auch als Geschichtschreiber einen geachteten Namen erwarb. Nicht zu verwechseln mit ihm ist sein als Militärschriftsteller und Strateget bekannter jüngerer Bruder Johann Georg Julius Venturini, braunschweigischer Offizier (geb. 1772, gest. 1802).

Der erste Theil dieser Schilderung der Befreiungskriege behandelt den Krieg in Rußland 1812, der zweite den in Deutschland 1813, der dritte den Krieg in Frankreich und Italien 1814, der vierte den »Krieg im Niederlande, Frankreich und Italien«.

Speciell den Krieg in Rußland betrifft das Werk: »A narrative of the campaign in Russia in 1812« von dem als Hofmaler des Kaisers Alexander in Petersburg lebenden Engländer Robert Ker Porter (geb. 1774, gest. 1842), welches in einer Uebersetzung unter dem Titel: »Der russische Feldzug im Jahre 1812« von Dr. Paul Ludolf Kritz (geb. 1788, gest. 1869 als Oberappellationsrath in Dresden) 1815 bei Brockhaus erschien.

Zu dem geschichtlichen Verlage gehört endlich noch eine kriegsgeschichtliche Zeitschrift, die Brockhaus in Verbindung mit dem sächsischen Oberlandfeldmesser und frühern Offizier Wilhelm Ernst August von Schlieben, von dem er gleichzeitig das früher erwähnte Werk: »Die Elemente der reinen Mathematik« verlegte, im Jahre 1817 begann.

Bei seiner Vorliebe für journalistisch-encyklopädische Unternehmungen suchte er in dieser Zeitschrift einen Mittelpunkt für die betreffende Literatur zu schaffen. Er veröffentlichte den wohldurchdachten, von genauer Kenntniß der Verhältnisse zeugenden Plan in einer »im April 1816« datirten, von ihm unterzeichneten Ankündigung in den »Deutschen Blättern«, die mit der Bemerkung: »Auch als Vorrede zum ersten Bande zu betrachten«, vor diesem wieder abgedruckt ist. Sie lautet:

Die Kriegskunst hat einen so wesentlichen Antheil an der gegenwärtigen Entwickelung des Staatenschicksals von Europa gehabt, daß es für den Geschichtsfreund überhaupt, wie für den Kriegskundigen insbesondere, ein wissenschaftliches Bedürfniß geworden ist, einzelne, für größere Werke oft gar nicht geeignete und dennoch für die Theorie sowol als für die Praxis, oder für die allgemeine Geschichte wichtige Beobachtungen und Erfahrungen, überhaupt Alles, was die Geschichte der Kriegskunst in dem 19. Jahrhunderte betrifft und neu ist, von Augenzeugen zu sammeln, und die Ansichten sachkundiger Männer von denkwürdigen Kriegsereignissen in einem diesem Zwecke ausschließend gewidmeten Archive zu vereinigen.

Die schätzbarsten Beiträge zu von Bülow's, von Scharnhorst's und Anderer Schriften liegen in den Tagebüchern verdienter Offiziere verborgen, welche in einer Zeitschrift, wie von Rouvroy's »Militärische Minerva« oder von Rühl's »Pallas« oder die »Oesterreichische militärische Zeitschrift« und ähnliche Archive der Kriegsgeschichte waren, einen Ehrenplatz einnehmen würden. Sollen diese handschriftlichen Bemerkungen und Nachrichten für die Wissenschaft verloren gehen und vergessen werden, oder soll man warten, bis sie spät, nach dem Tode der Augenzeugen, in zerstreuten Denkwürdigkeiten erscheinen, wo sie der öffentlichen Prüfung und Vergleichung mit andern Thatsachen weniger unterliegen?

Jetzt, da die Waffen ruhen und die mit Lorbern umwundenen Feldtagebücher geordnet werden, jetzt ist die Erinnerung an Alles, was geschehen, ebenso lebendig und frisch, als das Bedürfniß des Forschens und Wissens lebhaft. Sollten daher unsere tapfern Zeitgenossen nicht unter sich austauschen und gegenseitig kriegskundig prüfen wollen, was sie beobachtet, gethan und erfahren, was sie Schätzbares für Kunst und Wissenschaft selbst eingesammelt haben? Die Kriege seit 1792 bieten für die Geschichte der Kriegskunst so reiche Ausbeute dar, daß es einer kriegsgeschichtlichen Zeitschrift in einer zwanglosen Folge von Bänden, wie die unsrige sein soll, nicht an neuem Stoffe von wissenschaftlichem Werthe fehlen wird, wenn die einsichtsvollen Kriegsmänner aus allen Heeren, welche seit 1792 in den meisten Ländern Europas fast nach denselben Grundsätzen kriegskünstlerischer Bildung gefochten haben, sich für unsern Zweck mit uns vereinigen wollen.

Wir laden sie, als die vollgültigsten Zeugen der ewig denkwürdigen Geschichte unserer Zeit, hierzu mit dem Vertrauen ein, das uns unsere Ueberzeugung von dem geistigen Zusammenhange und dem Gemeingeiste, der jetzt alle Gebildete zu wissenschaftlicher Thätigkeit hinführt, nicht ohne Ursache einflößt. Denn schon erfreuen wir uns der Zusage mehrerer würdigen Männer, und wir können dem Publikum versprechen, daß es in unsern kriegsgeschichtlichen Monographien nur Erzählungen und Charakteristiken von bedeutenden oder minder bekannten denkwürdigen Kriegsbegebenheiten, vorzüglich aus der neuesten Zeit, von Augenzeugen und Theilnehmern kriegskundig abgefaßt, oder aus weniger zugänglichen Quellen mit Kritik ausgewählt, und durch Karten und Plane, wo es die Wissenschaft erfordert, erläutert, ohne Beimischung von Politik noch fremdartigen Dingen finden wird.

Jeder Band von 24-30 Bogen soll sechs und mehr Erzählungen oder Darstellungen dieser Art enthalten. Der erste wird zur Ostermesse des nächsten Jahres erscheinen, und die Fortsetzung unsers Unternehmens kann, wie wir nach den getroffenen Maßregeln hoffen dürfen, nur an Neuheit und Interesse gewinnen.

Alle Beiträge, zu denen dringend eingeladen wird und die auf Verlangen angemessen honorirt werden, sind an unterzeichneten Verleger zu senden.

Die Zeitschrift führte den Titel: »Kriegsgeschichtliche und kriegswissenschaftliche Monographien aus der neuern Zeit seit dem Jahre 1792«, und trat zur Ostermesse 1817 mit dem ersten Bande ins Leben, worauf 1818 und 1819 ein zweiter und dritter Band folgten. Mit dem dritten Bande hörte sie auf und war so kaum über die ersten Anfänge hinausgekommen, wol theils durch die Schuld des Herausgebers von Schlieben (der übrigens auf dem Werke nicht genannt ist), theils wegen Mangels an geeigneten Beiträgen. Brockhaus schrieb darüber an den Herausgeber:

Die Bücher haben wie die Menschen ihren Glücks- und Unglücksstern, und alles Verdienst reicht da nicht aus. Aber es wäre im Kampf der Bücher mit der Welt nicht weise, auf einer Idee zu beharren, wenn das Publikum, für das man einmal schreibt und setzt und druckt, ein Anathema ausspricht.

Ein werthvoller monographischer Beitrag zur Geschichte der Jahre 1813 und 1814 sind die »Briefe über Hamburgs und seiner Umgebungen Schicksale während der Jahre 1813 und 1814. Geschrieben von einem Augenzeugen im Sommer und Herbst 1814«, wovon 1815 zwei Hefte erschienen, denen 1816 noch ein drittes folgte. Der auf dem Titel nicht genannte »Augenzeuge« war der Prediger Friedrich Gottlieb Crome (gest. 1850).

Ferner verlegte Brockhaus auch (1817) eine Biographie Wellington's unter dem Titel: »Arthur, Herzog von Wellington. Sein Leben als Feldherr und Staatsmann. Nach englischen Quellen, vorzüglich nach Elliot und Clarke, bearbeitet und bis zum September 1816 fortgesetzt«; die Uebersetzung war von Adolf Wagner angefertigt und dann von Professor Hasse revidirt worden.

Betreffen die bisjetzt vorgeführten Werke theils die allgemeine Zeitgeschichte und ihre Hauptpersonen, theils Ereignisse in Preußen und Norddeutschland, so verlegte Brockhaus in der letzten Zeit seines altenburger Aufenthalts auch zwei Geschichtswerke, die sich speciell mit der Erhebung Oesterreichs gegen Frankreich im Jahre 1809 beschäftigen und noch heute als die wichtigsten Quellen für die Geschichte dieses Kampfes gelten, da sie von dem Haupturheber und eifrigsten Förderer derselben, Joseph Freiherrn von Hormayr, selbst herrühren: seine berühmten Werke über Andreas Hofer und über den Tirolerkrieg.

 

Hormayr war 1781 zu Innsbruck geboren, wurde 1803 Director des Staatsarchivs in Wien und trat bald in nähere Beziehungen zu dem Erzherzog Johann. Dieser war 1800 im Alter von 18 Jahren an die Spitze des österreichischen Heeres gestellt worden und hatte seit dem Verluste Tirols, das bekanntlich 1805 in dem Preßburger Frieden von Oesterreich an Baiern abgetreten werden mußte, Alles darangesetzt, dieses Land für Oesterreich zurückzugewinnen. Hormayr wurde von dem Erzherzog mit den Vorbereitungen zu einem Aufstande Tirols beauftragt und wußte auch die Insurgirung des Landes trefflich zu bewerkstelligen. Während der Erzherzog das Heer von Innerösterreich befehligte, übernahm Hormayr die Verwaltung des Landes. Als aber Tirol von den Oesterreichern wieder geräumt werden mußte (erst 1814 kam es bleibend in Oesterreichs Besitz), kehrte Hormayr nach Wien zurück und wurde 1816 zum Historiographen des Reichs ernannt. Hier schrieb er jene beiden Werke. Später, nachdem sein fürstlicher Gönner in Ungnade gefallen war, trat er in den bairischen Staatsdienst über, wurde 1828 im Ministerium des Aeußern in München angestellt, war dann bairischer Ministerresident, erst in Hannover, zuletzt bei den Hansestädten, und wurde endlich Director des Reichsarchivs in München, wo er am 5. November 1848 starb, nachdem er noch die Wahl seines fürstlichen Gönners zum Deutschen Reichsverweser erlebt hatte.

Das erste Werk (Ende 1816 mit der Jahreszahl 1817 erschienen) führt den Titel: »Geschichte Andreas Hofer's, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführers der Tyroler im Kriege von 1809. Durchgehends aus Original-Quellen, aus den militärischen Operations-Planen, sowie aus den Papieren Hofer's, des Freyh. von Hormayr, Speckbacher's, Wörndle's, Eisenstecken's, der Gebrüder Thalguter, des Kapuziners Joachim Haspinger und vieler Anderer«; die zweite Auflage (1845 erschienen) führt neben und vor jenem frühern noch den Titel: »Das Land Tyrol und der Tyrolerkrieg von 1809.«

Das zweite Werk (1817 erschienen) heißt: »Das Heer von Inneröstreich unter den Befehlen des Erzherzogs Johann im Kriege von 1809 in Italien, Tyrol und Ungarn. Von einem Stabsoffizier des k. k. Generalquartiermeister-Stabes eben dieser Armee; durchgehends aus den officiellen Quellen, aus den erlassenen Befehlen, Operationsjournalen u. s. w.«; eine zweite »durchaus umgearbeitete und sehr vermehrte« Auflage erschien 1848, kurz vor des Verfassers Tode.

Auf keinem der beiden Werke war Hormayr als Verfasser genannt, auf dem zweiten vielmehr »ein Stabsoffizier des k. k. Generalquartiermeister-Stabes« der betreffenden Armee als solcher bezeichnet, beiden aber ein officieller Charakter beigelegt.

Letzterer Umstand berührte in den Hofkreisen Wiens sehr unangenehm; man war daselbst überhaupt mit diesen Veröffentlichungen ebenso wenig einverstanden als mit dem Verhalten des Erzherzogs Johann in dem tiroler Kriege. Ueber den Verfasser wurden die strengsten Untersuchungen angestellt und zuerst die Biographie Hofer's, dann auch die Geschichte des Feldzugs in Wien verboten.

Aus der Correspondenz zwischen Hormayr und Brockhaus geht übrigens als zweifellos hervor, daß der eigentliche Verfasser oder wenigstens Veranlasser beider Werke gar nicht Hormayr war, sondern Niemand anders als der Erzherzog Johann selbst.

Die Correspondenz wurde mit äußerster Vorsicht geführt, die Briefe wurden von Hormayr meist ohne Unterschrift gelassen, oft in dritter Person geschrieben, an fremde Adressen gerichtet, Duplicate abgesandt u. s. w. Hormayr, der mit Brockhaus auch sonst in literarischen Beziehungen stand und von ihm besonders um Schritte gegen einen Nachdruck des »Conversations-Lexikon« ersucht worden war, vertraute unbedingt auf dessen Discretion, mahnte indeß in ihrem beiderseitigen Interesse zur äußersten Vorsicht.

Am 26. April 1817 schrieb er aus Wien an Brockhaus:

... Das Verbot gegen »Hofer« ist in ein paar Monaten ohnedies zurückgenommen. Man schämt sich dessen bereits.

Tolleres und Unsinnigeres könnte aber nichts geschehen, nichts könnte meine äußerst glücklichen Negociationen für das »Conversations-Lexikon« und gegen dessen Nachdruck in Oesterreich zerstörender und unheilbarer durchkreuzen, als wenn der übrigens genialische Oken in seiner göttlichen und unübertrefflichen Grobheit in der ohnehin äußerst verhaßten »Isis« etwas Anzügliches über das Verbot »Hofer's« sagte und es dadurch erst recht bestärkte und verewigte, zugleich aber auch Ihnen und Ihren Artikeln insgesammt eine förmliche und systematische Verfolgung des Fürsten Metternich zuzöge, welche unausbleiblich zu erwarten steht.

Brockhaus beruhigte ihn darüber und schrieb unter anderm auch: er werde dem Erzherzog Johann bei der Sendung des neuen Werks die von diesem bestellten weitern Exemplare des »Hofer« schicken.

Hormayr antwortete unterm 5. Juni 1817:

Der Erzherzog wünscht, daß die 10 Exemplare von »Hofer« nebst den andern 20 nicht vergessen werden, wünscht übrigens, daß das Erscheinen der Kriegsgeschichte noch um mehrere Wochen verzögert werde, wenn es mit Ihrer übrigen Berechnung in Einklang zu bringen ist. Er vermuthet, es seien auf indirecten schlauen Wegen aus Anlaß des Meßkatalogs schon Anfragen bei Ihnen um dieses Manuscript (»Das Heer von Inneröstreich«) geschehen, wünscht aber um so mehr strenge Verschwiegenheit, wie Sie dazu gekommen, als er selbst und sein Generalquartiermeister Graf Nugent, jetzt Generalissimus des Königs Ferdinand von Neapel, die eigentlichen Verfasser davon sind.

Unser erhabener Freund läßt Sie avisiren, auf das Manuscript und dessen schleunige Vertilgung bedacht zu sein, da nach einem allerneuesten Beispiele A. M. einzelne Bogen zweier Manuscripte in Ihrer Nähe stehlen ließ und hierher einsendete.

Mit A. M., von dem hier so Ehrenwerthes berichtet wird, war der österreichische Diplomat und Schriftsteller Adam Müller gemeint, in den Jahren 1815-1827 österreichischer Generalconsul in Leipzig. Geboren 1779 zu Berlin, war er von Gentz, der viel auf ihn hielt, nach Wien gezogen worden und dort 1805 zum Katholicismus übergetreten; er wurde später Hofrath im Ministerium des Auswärtigen in Wien und starb daselbst 1829.

Auch Adam Müller gehörte zu Brockhaus' Autoren, bis dieser von Hormayr und Andern vor ihm gewarnt wurde und selbst Beweise erhielt, daß diese Warnungen fast schon zu spät kamen. Er hatte von ihm 1816 eine staatswirthschaftliche Schrift verlegt: »Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien«, und 1817 das erste Heft eines auf 8-10 Hefte berechneten Sammelwerks unter dem Titel: »Die Fortschritte der nationalökonomischen Wissenschaft in England während des laufenden Jahrhunderts. Eine Sammlung deutscher Uebersetzungen der seit dem Jahre 1801 bis jetzt erschienenen bedeutendsten parlamentarischen Reports, Flug- und Streitschriften, Recensionen u. s. w., welche zur Förderung und Berichtigung der staatswirthschaftlichen Theorie beigetragen haben.« Adam Müller nannte sich zwar nicht auf dem Titel, aber in der Einleitung als Herausgeber, mit der Bemerkung, daß er durch seine amtliche Thätigkeit an der Fortsetzung gehindert sei, die ein anderer Gelehrter übernehmen werde; diese Fortsetzung erschien indeß nicht. Beide Schriften sollten ursprünglich von Schaumburg in Wien verlegt werden, waren Brockhaus aber noch vor ihrer Druckvollendung von dem Verfasser angetragen worden. Müller arbeitete auch zuerst an den von Brockhaus herausgegebenen »Zeitgenossen« mit und lieferte die dieses Werk eröffnende Biographie Franz' I., Kaisers von Oesterreich, die auch in einer Separatausgabe (1816) erschien.

Hormayr hatte schon unterm 20. August 1816 an Brockhaus geschrieben:

Adam Müller ist ein Agent der österreichischen geheimen Polizei. Wir Beide sind überdies persönliche Feinde. Ich finde es in mehr als einer Hinsicht nothwendig, diese lange versparte Warnung hier auszusprechen.

Nachdem er diese Warnung in der oben mitgetheilten verstärkten Weise wiederholt hatte, fügt er am 10. October 1817 hinzu:

Sie glauben gar nicht, wie A. M. sich geschäftig macht, eine Wichtigkeit erhaschen will, beinahe in jeder Buchhandlung seine Spione hat und das Banner des Obscurantismus und des Preßzwanges recht hoch aufwirft und recht laut predigt. Zuerst Jude, dann evangelisch, jetzt intolerant katholisch, mit einer seinem Gastfreund und Wohlthäter in Großpolen entführten Frau Vertheidiger der Unauflösbarkeit der Ehen, früher ein Vordermann der libérales und constitutionnels, jetzt der Feldpater des Despotismus — muß er allerdings viel Hochachtung und viel Zutrauen auf seinen Charakter einflößen!

Am 22. October 1817 schrieb Hormayr weiter:

Was ist zu hoffen, wenn es einem boshaften Heuchler wie A. M. gelingt, durch Wort und That so klar und schön bezeichnete deutsche Männer, wie Sie und Perthes, als libérales, als ultra-constitutionnels, als Girondisten auszuschreien und eine Verfolgung gegen Sie zu provociren, nicht wegen des Inhalts dieser oder jener Werke, sondern weil sie bei Ihnen erscheinen?

Inzwischen waren die Nachforschungen nach dem Verfasser der beiden Hormayr'schen Werke fortgesetzt worden.

Böttiger fragte direct bei Brockhaus nach dem Namen des Verfassers der Kriegsgeschichte, von dem österreichischen Gesandten in Dresden wahrscheinlich gerade wegen seines nahen geschäftlichen und freundschaftlichen Verhältnisses zu Brockhaus mit diesem delicaten Auftrage betraut. Er schrieb an ihn unterm 24. October 1817 aus Dresden:

Wer ist der »Stabsoffizier vom Generalstabe«, der den »Krieg in Inneröstreich vom Jahre 1809« in Ihrem Verlage nebst allen dazu gehörigen Actenstücken herausgab? Können, dürfen Sie ihn nennen? Ich gehe ehrlich zu Werke, wie sich's gegen den Freund ziemt ... Das Buch hat auf den Kaiser selbst und seinen Alles vermögenden Generaladjutanten einen sehr unangenehmen Eindruck gemacht, weil es aus officiellen Quellen geschöpft, sehr authentisch, aber auch in Erinnerung früherer Fehlgriffe und Fehlschlagungen sehr schmerzlich ist. Fürst Metternich hat dem k. österreichischen Gesandten (in Dresden) Graf Bombelles die dringendsten Aufträge zur Erforschung des Verfassers ertheilt.

Obwol Böttiger im Weitern selbst eine Klage gegen Brockhaus als wahrscheinlich hinstellt, wenn der Verfasser nicht genannt würde, antwortete dieser unterm 29. October 1817 doch ablehnend und bat Böttiger, auch dem Grafen Bombelles zu sagen, daß er über den wirklichen Verfasser und Einsender des Manuscripts selbst nichts Sicheres wisse. Er handelte dabei nach speciellen Instructionen des Erzherzogs Johann, der ihn außerdem durch Hormayr wiederholt um strengste Discretion bitten ließ.

Böttiger beruhigte sich dabei noch nicht, da er auch direct von Wien aus, wo er wie allerwärts Verbindungen hatte, um Nachforschungen angegangen wurde. In einem Briefe vom 9. November 1817 an Brockhaus sagt er:

Unser (sächsischer) Legationsrath Griesinger in Wien schreibt mir, daß sich bereits sämmtliche Offiziere des Generalstabes feierlichst von der Autorschaft und der Einsendung des »Kriegs von Inneröstreich« losgesagt hätten und daß man allgemein glaube, daß eine Civilperson Urheber sei. (Man hält es auf Hormayr.) Der Kaiser will Alles daransetzen, um den Urheber dieses Skandals zu erfahren.

In Wien wußte man gewiß schon längst, daß Hormayr der Verfasser oder Einsender der Werke und der Erzherzog Johann dabei betheiligt sei, wollte aber von dem Verleger das Eingeständniß davon erlangen.

Hormayr schreibt an Brockhaus unterm 16. November 1817:

In Wien sind wol über zehn Generale, denen der Erzherzog das Manuscript selbst zu lesen gab, die also gar wohl wissen, daß er selbst der Verfasser und nur Ein und Anderes aus andern Quellen ergänzt ist. Meinen Stil, meine Darstellung darin zu erkennen, wäre wahrhaftig ein wahres Kunststück.

 

In Betreff der Autorschaft der Kriegsgeschichte sagt Hormayr in einem Briefe aus Brünn vom 28. August 1816 noch directer, daß sie »aus dem Tagebuche und Operations-Journale des Erzherzogs Johann, damaligen Commandirenden in Italien, genommen ist«.

Unangenehm war es Hormayr, daß gerade in derselben Zeit (1817), wo man in Wien besonders wegen der Bemerkung auf dem Titel des Werks: »Von einem Stabsoffizier u. s. w.« verletzt war, der preußische Oberst Massenbach auf Requisition Preußens in Würtemberg verhaftet, nach Küstrin gebracht und kriegsrechtlich zu einer vierzehnjährigen Festungsstrafe verurtheilt wurde; es geschah dies, wie seinerzeit mitgetheilt, nicht wegen seiner in den Jahren 1808 und 1809 bei Brockhaus erschienenen Werke, sondern wegen beabsichtigten Landesverraths durch Bekanntmachung amtlicher Schriften, womit er in einem Briefe an den König von Preußen gedroht hatte, falls ihm gewisse Forderungen nicht gewährt würden. Die Analogie mit der hier stattgehabten Veröffentlichung amtlicher Actenstücke lag nahe.

Hormayr schrieb in dieser Zeit an Brockhaus in einem von fremder Hand abgefaßten Briefe ohne Datum und Unterschrift:

Ich soll Ihnen schleunigst im Namen des Prinzen melden, daß Fürst Metternich, durch A. M. aufgestachelt, das bewußte Buch als Vorwand gebrauchen wolle, den vermeintlichen Verfasser, der aber immer nur Depositär jenes Manuscripts war, zum zweiten male zu stürzen und, eingedenk Ihrer edeln Anhänglichkeit an die deutsche Sache, auch Ihnen dabei einen Stoß zu geben. Vorderhand soll, wie man hört, der Titel des Buchs als von einem Generalstabs-Offizier herrührend angegriffen werden, in Analogie mit der eben jetzt ventilirten Massenbach'schen Sache.

Die ganze Angelegenheit hatte übrigens weder für den Erzherzog Johann und Hormayr, noch für Brockhaus weitere Folgen, und das Aufsehen, welches sie erregt hatte, sowie das in Oesterreich erfolgte Verbot beider Werke vermehrte nur den Absatz derselben selbst in Oesterreich, wo damals ein solches Verbot die Verbreitung der davon betroffenen Werke wol erschwerte, aber eher förderte als hinderte. Der Erzherzog Johann ließ Brockhaus auch eine Entschädigung für den bei der Angelegenheit gehabten Verlust anbieten, die dieser aber ablehnte.

Folgende Geschichtswerke wurden in dieser Zeit noch von Brockhaus verlegt: Der erste Theil einer Sammlung von Essays des verdienten Geschichtschreibers Karl Ludwig von Woltmann (geb. 1770, gest. 1817), unter dem Titel: »Politische Blicke und Berichte« (1816), wozu aber keine Fortsetzung erschien; zwei Monographien von Karl Georg Treitschke, dem Verfasser einer früher erwähnten Broschüre, unter den Titeln: »Geschichte der funfzehnjährigen Freiheit von Pisa«, und: »Heinrich der Erste, König der Deutschen, und seine Gemahlin Mathilde« (1814); »Historische Denkwürdigkeiten« (1817) von dem nassauischen Historiker Johannes von Arnoldi (geb. 1751, gest. 1827); endlich zwei Monographien des schon früher genannten theologischen und historischen Schriftstellers Friedrich August Koethe: »Das Jahr 1715 oder wie's vor hundert Jahren in der Welt aussah. Ein Erinnerungs- und Trost-Büchlein für 1815«, und: »Historisches Taschenbuch auf das Jahr 1817. Enthaltend: Das Jahr 1616 oder die Lage Europas vor dem Beginn des dreißigjährigen Krieges.«

Endlich ist noch ein größeres zeitgeschichtliches, halb journalistisches, halb encyklopädisches Unternehmen zu nennen, das, wie die »Deutschen Blätter« den Anfang, so den Schluß der altenburger Periode bildet; es führt den Titel: »Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken.«

Dieses Unternehmen wurde von Brockhaus im Jahre 1816 begonnen und nicht nur von ihm bis zu seinem Tode herausgegeben, sondern auch nachher noch von seiner Firma viele Jahre lang (bis zum Jahre 1841) fortgeführt. Es sollte hervorragende »Zeitgenossen«, noch lebende oder schon verstorbene Männer, welche der mit dem Jahre 1789 beginnenden neuen Zeitepoche angehörten und sich in irgendeiner Richtung ausgezeichnet, in »Biographien und Charakteristiken« vorführen, sie »in einem Ehrentempel vereinigen, der ihr Andenken erhält und ihre Thaten mit Freimüthigkeit würdigt«. Das Werk fand lebhaften Beifall und große Verbreitung im deutschen Publikum und hat anerkanntermaßen bleibenden Werth für die Zeitgeschichte.

Ein näheres Eingehen auf die Art, wie es seine Aufgabe löste, auf den Inhalt und die Mitarbeiter, wird besser der Schilderung der dritten und letzten Periode von Brockhaus' Verlagsthätigkeit vorbehalten, da das Werk wesentlich in diese, nur der Anfang in die frühere Zeit fällt. Auch hängt Brockhaus' Beschäftigung mit diesem Werke eng zusammen mit seiner in Leipzig noch mehr als in Altenburg und Amsterdam hervortretenden Vorliebe für Herausgabe von Journalen, namentlich durch Begründung des »Hermes oder kritisches Jahrbuch der Literatur« (1819) und durch Uebernahme des »Literarischen Wochenblatt« (1820), bald darauf »Literarisches Conversationsblatt«, seit Mitte 1826 »Blätter für literarische Unterhaltung« genannt, unter welchem Titel es noch jetzt nach mehr als funfzigjährigem Erscheinen fortbesteht.

Aus ähnlichen Gründen wird auch die von Brockhaus dem Hauptwerke seines Verlags, dem »Conversations-Lexikon«, in Altenburg gewidmete Thätigkeit, obwol sie immer den eigentlichen Mittelpunkt seines Schaffens bildete, bei Charakterisirung jener letzten Lebensepoche vorgeführt werden, im Zusammenhange mit der während und schon vor derselben entfalteten Wirksamkeit als Verleger und Herausgeber dieses Werks sowie mit den Kämpfen gegen den mehrfach versuchten Nachdruck desselben und seinem Auftreten für Regelung der deutschen Preßgesetzgebung.

Brockhaus begann und vollendete im wesentlichen während der altenburger Zeit die als sein eigenstes Verdienst zu betrachtende Umarbeitung des »Conversations-Lexikon«, durch welche dieses erst seinen eigentlichen Charakter und diejenige Gestalt erhielt, in der es fähig wurde, auf die Bildung seiner Zeit in eingreifender Weise Einfluß auszuüben und rasch eine in der Geschichte des Buchhandels einzig dastehende Verbreitung zu gewinnen. Die von ihm angekaufte erste Auflage (in 6 Bänden) war in jeder Weise ungenügend gewesen und auch durch Nachträge dazu (in 2 Bänden) nur nothdürftig ergänzt worden. Im Jahre 1812 begann er in Altenburg die Umarbeitung des Werks als zweite Auflage, vermochte sie aber erst 1819 in Leipzig mit dem zehnten Bande zu Ende zu führen. An der raschen Vollendung wurde er außer durch die Kriegsjahre besonders durch den angenehmen Umstand gehindert, daß der lebhafte Absatz, den das Werk fand, gleich nach Erscheinen der ersten vier Bände der zweiten Auflage (1812-1814) eine dritte Auflage derselben (1814 und 1815) nöthig machte, die dann neben der zweiten forterschien (1814-1819), und daß er noch vor der Vollendung beider schon eine vierte Auflage (1817-1819), unmittelbar darauf (1819) sogar eine fünfte Auflage (wieder wie die zweite bis vierte in 10 Bänden) veranstalten mußte. Dies nur zur Würdigung der von Brockhaus während der altenburger Zeit auf das »Conversations-Lexikon« verwendeten Sorgfalt und der damit verbundenen Mühe.

Der materielle Ertrag dieses seine kühnsten Erwartungen übersteigenden Absatzes des »Conversations-Lexikon« lieferte zugleich die feste Grundlage zu dem von ihm in Altenburg neu aufgeführten Gebäude, das nun nicht mehr den Einsturz zu fürchten hatte, wenn es vom Wind und Wetter wieder erschüttert werden sollte.

Aber freilich wurde dieses Gebäude bald zu klein für das, was allmählich darin untergebracht worden war, und für das, was der nimmer rastende Geist seines Gründers noch in ihm vereinigen wollte.

Ein Rückblick auf Brockhaus' Verlagsthätigkeit in dieser zweiten Periode während der Jahre 1811-1817 in Altenburg läßt dieselbe als eine überaus rege, geschickte und umfassende erscheinen, in noch höherm Grade als die erste der Jahre 1805-1809 in Amsterdam und kaum in geringerm als die darauffolgende in Leipzig. Dabei ist noch in Betracht zu ziehen, daß diese Zeit nur sechs bis sieben Jahre umfaßt und zu diesen die Kriegsjahre 1813-1815 gehören, sowie daß er in Altenburg gewissermaßen von vorn anfangen mußte, mit sehr geringen Mitteln, und erst nach und nach durch die Früchte seiner Arbeit wieder in günstigere Verhältnisse kam.