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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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Die »Deutschen Blätter« bilden, von ihrer Stellung und Bedeutung in der Geschichte der deutschen Zeitungspresse abgesehen, auch ein wichtiges Glied in Brockhaus' Verlagsthätigkeit während der altenburger Periode. Sie boten ihm Gelegenheit, auf die politische Gestaltung Deutschlands einzuwirken und sich so auch persönlich an der großen Zeit der Freiheitskriege mit zu betheiligen; sie brachten ihn in nähere Beziehungen zu den besten politischen Schriftstellern seiner Zeit, die er dann für seine übrigen Unternehmungen an sich zu fesseln wußte; sie gaben endlich seinem ganzen Verlage für die nächste Zeit eine bestimmte politisch-nationale Richtung, wiewol diese bei der Vielseitigkeit seines Geistes und gegenüber den schon früher von ihm gepflegten Gebieten der Literatur keine ausschließliche blieb.

Als patriotischer Buchhändler nimmt der Herausgeber der »Deutschen Blätter« in der Geschichte der Jahre 1813-1815 jedenfalls eine ehrenvolle Stelle ein.

4.
Geschichtliche und encyklopädische Verlagsthätigkeit

Neben der Herausgabe der »Deutschen Blätter« und der vor dieser geschilderten Wirksamkeit auf fast allen Gebieten der Literatur widmete sich Brockhaus während der in Altenburg verlebten Jahre in besonders reger Weise dem Verlage von geschichtlichen und encyklopädischen Werken kleinern und größern Umfangs. Diese Thätigkeit umfaßt drei Gruppen, wovon die erste politische Zeitbroschüren, die zweite größere geschichtliche Werke, die dritte vorzugsweise das »Conversations-Lexikon« betrifft.

Die erste Gruppe, die der politischen Zeitbroschüren, schließt sich mehr oder minder an die »Deutschen Blätter« an.

Als Brockhaus von dem kurzen Ausfluge, den er unmittelbar nach der Schlacht bei Leipzig unternommen hatte, aus Berlin nach Leipzig zurückkehrte, fand er daselbst ein Manuscript vor, das ihm August Wilhelm von Schlegel geschickt hatte, und gleichzeitig schon einen Mahnbrief desselben aus Göttingen vom 3. November. Der letztere lautet:

Ew. Wohlgeboren habe ich am 28. October von Mühlhausen das Manuscript meiner »Bemerkungen über den Artikel der Leipziger Zeitung vom 5. October« in französischer Sprache zugeschickt, und zwar par estafette. Ich rechne mit Zuversicht darauf, daß das Packet richtig in Ihre Hände gelangt ist, und daß Sie es sogleich werden gedruckt haben. Ich erwarte die Ankunft der 100 Exemplare mit Ungeduld, und sollten selbige bei Ankunft dieser Zeilen noch nicht abgesandt sein, so bitte ich selbige alsbald ebenfalls par estafette an mich zu befördern. Es ist aber dabei zu bemerken, daß ich jetzt drei bis vier Tage hier bleiben, und erst alsdann wiederum in das Hauptquartier des Kronprinzen von Schweden abgehen werde. Das hiesige Postamt müßte also angewiesen werden, sich erst zu erkundigen, ob ich noch hier bin, und erst wenn es das Gegentheil erfahren, das Packet weiter in das Hauptquartier zu senden. Die Auslage der Estafette habe ich Ihnen verursachen müssen; darüber werden wir uns schon vergleichen.

Jetzt bin ich mit Anordnung der »Aufgefangenen Briefe« beschäftigt, worüber Sie nächstens das Nähere hören werden. Ich bitte auch um eine Anzahl Exemplare von dem neuen Abdruck der Schrift »Sur le système continental« und der Betrachtungen »Ueber die Politik der dänischen Regierung«, sobald diese fertig sind.

Ich wiederhole es, daß Sie mich unendlich verbinden werden, wenn Sie die »Bemerkungen über den Artikel der Leipziger Zeitung« auf das schleunigste in meine Hände gelangen lassen.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

Ew. Wohlgeboren ergebenster
A. W. v. Schlegel.

Inzwischen schrieb ihm auch Karl Peter Lepsius (der Alterthumsforscher, Vater des Aegyptologen) aus Naumburg:

Eilen Sie doch, Freund, daß das Manuscript von Schlegel gedruckt wird, um es durch die Colonne der dresdener Besatzung, die in den nächsten Tagen hier durchgehen wird, nach Frankreich zu bringen. Sie erhalten sonst nichts wieder von Schlegel. Warum haben Sie es nicht in Naumburg drucken lassen, da bin ich Censor!

Allerdings hatte Brockhaus auch bei dieser Schrift trotz ihres officiösen Charakters Censurnöthe, wie aus folgendem Schreiben hervorgeht, das er unterm 8. November an Freiherrn von Miltitz, Chef der Ersten Section des Generalgouvernements in Leipzig, richtete, denselben, gegen den er sich kurz vorher, am 28. October, schon über die Censur bei den »Deutschen Blättern« ohne Erfolg beschwert hatte:

Der Unterzeichnete hat die Ehre, Ew. Hochwohlgeboren ein Manuscript mitzutheilen, welches er per Stafette von Herrn A. W. von Schlegel, Geh. Cabinetssecretär Sr. königl. Hoheit des Kronprinzen von Schweden, aus dem Hauptquartier des Letztern mit dem Auftrage erhalten hat, solches nebst einer deutschen Uebersetzung hier sogleich drucken zu lassen, und von beiden alsdann 100 Exemplare ins Hauptquartier Sr. königl. Hoheit wieder per Stafette an ihn zu senden. Ew. Hochwohlgeboren finden in den beiden Originalanlagen, den Briefen des Herrn von Schlegel, die Belege hierüber.

Der Unterzeichnete hat nicht gesäumt, dem politischen Censor Herrn Hofrath Brückner die gedachte Schrift zur Censur vorzulegen, welche dieser indessen ablehnt, und ihn dieserhalb an Ew. Hochwohlgeboren verweist.

Der Unterzeichnete erbittet sich daher das Imprimatur von Ew. Hochwohlgeboren oder, im Falle, daß es geweigert werden möchte, eine schriftliche Resolution, um sich mit dieser gegen Herrn von Schlegel (von dem in den Verhältnissen, worin er zu Sr. königl. Hoheit dem Kronprinzen von Schweden steht, anzunehmen, daß er diese Schrift nur mit der speciellsten Autorisation desselben zum Druck befördert) legitimiren zu können.

Da durch die zufällige Abwesenheit des Unterzeichneten diese Angelegenheit schon um mehrere Tage verspätet worden, so bittet er Ew. Hochwohlgeboren dringendst und ergebenst, ihm noch heute darüber eine Resolution mitzutheilen.

Die Schrift erhielt trotzdem nicht das Imprimatur der sächsischen Behörden, und Brockhaus ließ sie deshalb in Altenburg drucken, ohne sie dort erst nochmals dem Censor vorzulegen. Sie führt den Titel: »Remarques sur un article de la Gazette de Leipsic du 5 Octobre 1813«, und erschien gleichzeitig auch in einer deutschen Uebersetzung unter dem erweiterten Titel: »Ueber Napoleon Buonaparte und den Kronprinzen von Schweden, eine Parallele in Beziehung auf einen Artikel der Leipziger Zeitung vom 5. October 1813, von August Wilhelm Schlegel.« Verlagsort und Verleger sind auf beiden Ausgaben nicht angegeben. Eine 1814 erschienene »zweite vermehrte Auflage« der deutschen Ausgabe enthält einen mit B. (Brockhaus) unterzeichneten »Vorbericht des Herausgebers«, in welchem der betreffende Artikel der »Leipziger Zeitung« mitgetheilt und der Herzog von Bassano (Maret), Staatssecretär Napoleon's als dessen Verfasser bezeichnet wird.

Die beiden andern von Brockhaus noch vor dieser verlegten Schriften Schlegel's, die in des Letztern Briefe erwähnt sind, waren gleichfalls in französischen und deutschen Ausgaben ohne Angabe von Verlagsort und Verleger erschienen, unter den Titeln: »Considérations sur la politique du gouvernement danois. Par A. W. S.«, deutsch: »Betrachtungen über die Politik der dänischen Regierung. Von August Wilhelm Schlegel«, und: »Sur le système continental et sur ses rapports avec la Suède«, deutsch: »Ueber das Continentalsystem und den Einfluß desselben auf Schweden von A. W. S.«

August Wilhelm von Schlegel (geb. 1767, gest. 1845) begleitete bekanntlich, nachdem er seit 1809 als schwedischer Legationssecretär in Stockholm gelebt hatte, 1813 den Kronprinzen von Schweden nach Deutschland und war als dessen Geh. Cabinetssecretär besonders mit Abfassung von Proclamationen, Armeeberichten und politischen Broschüren, wie den eben erwähnten, beschäftigt.

Eine andere noch Ende 1813 bei Brockhaus erschienene Broschüre unter dem Titel: »Aufgefangene Briefe durch die leichten Truppen der verbündeten Heere. Französisch und Teutsch«, wurde nach Schlegel's oben mitgetheiltem Schreiben ebenfalls von diesem zusammengestellt und herausgegeben. Laut dem Vorwort sind es Auszüge aus mehrern tausend in einem französischen Felleisen vorgefundenen Briefen, das am 12. September 1813 auf der Straße von Leipzig nach Wurzen in die Hände von Parteigängern gefallen war.

Außer diesen Schlegel'schen Broschüren verlegte Brockhaus aber, besonders im Laufe des ersten Halbjahrs nach der Schlacht bei Leipzig, noch eine ganze Reihe von Zeitbroschüren politischen oder kriegsgeschichtlichen Inhalts. Bei einer Ankündigung derselben in den »Deutschen Blättern« hob er hervor, daß ihr Erscheinen erst »seit der an den Tagen vom 16. -19. October wiedereroberten Preßfreiheit« möglich geworden sei.

Am 26. März 1814 schrieb er in gleichem Sinne an seinen Freund Villers in Göttingen:

Man muß die vielleicht kurze Zeit unserer Preßfreiheit brav benutzen. Späterhin könnte man uns wieder ein Schloß ans Maul hängen.

So veranstaltete er im März 1814 einen neuen Abdruck der vielgenannten Schrift, wegen deren Verbreitung der nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm auf Napoleon's Befehl am 26. August 1806 zu Braunau erschossen worden war, unter dem Titel: »Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung. (Neuer wörtlicher Abdruck der Schrift, wegen welcher Palm 1806 auf Befehl des Kaisers Napoleon zum Tode verurtheilt wurde.) Mit einer Vorrede des jetzigen Herausgebers.« Als »Seitenstück« dazu veröffentlichte er gleichzeitig: »Sündenregister der Franzosen in Teutschland. Ein Seitenstück zu der Schrift: Teutschland in seiner tiefen Erniedrigung«, mit dem Motto von Johannes Müller: »Gesetzmäßige Regenten sind heilig: daß Unterdrücker nichts zu fürchten haben, ist weder nöthig noch gut«, und mit der Bezeichnung: »Germanien, im Jahre der Wiedergeburt«, ohne sonstige Angabe von Verlagsort, Verleger und Jahreszahl.

 

Auch zwei poetisch-patriotische Producte verlegte er: »Die Erlösung Deutschlands im Jahre 1813. Ein National-Singspiel« (auf dem Titel steht: »Braunschweig, 1814. Gedruckt bei Friedrich Vieweg«, doch war die Schrift, deren Verfasser uns unbekannt, Verlag von Brockhaus), und: »Deutschland im Schlaf (geschrieben 1809) und Deutschlands Morgentraum und Erwachen. Zwei politische Possenspiele«, ebenfalls anonym, verfaßt von Karl Georg Treitschke in Leipzig (geb. 1783, gest. 1855 als Geh. Justizrath in Dresden).

Eine Anzahl anderer Broschüren ist direct gegen die Person Napoleon's gerichtet.

In erster Linie ist hier die schon früher erwähnte, von Villers und Saalfeld verfaßte Schrift zu nennen, die anonym unter dem Titel: »Hundert und etliche Fanfaronaden des Corsikanischen Abentheurers Napoleon Buona-Parte Ex-Kaisers der Franzosen. Cum notis variorum«, im Juni 1814 erschien.

Eine zweite ähnliche Schrift, deren Verfasser uns unbekannt, heißt: »Federstreiche oder Lebenslauf des Ex-Kaisers der Franzosen in drei Büchern: Epigrammen«; das Schlußepigramm lautet:

 
Du ließest Blut, ich Tinte fließen,
Schwarz hast Du Dich, nicht ich gemacht,
Spar' nun mein Blut und Deine Macht,
Und laß mich nicht erschießen.
 

Eine dritte gegen Napoleon gerichtete Schrift erschien ebenfalls anonym gleichzeitig französisch und deutsch unter den Titeln: »Lettre d'un Anglois sur Napoléon Buonaparte et le surnom le grand, qu'on lui a donné, avec la traduction allemande«, und: »Briefe eines Engländers über Napoleon Bonaparte, und den Beinamen der Große, welcher ihm beigelegt worden ist.«

Endlich gehört hierher noch eine geistvolle Satire: »Die Oriflamme oder der Pariser Enthusiasmus unter Napoleon dem Großen, Kaiser der Franzosen, eine Sammlung merkwürdiger, vor der Aufführung dieser Oper in Paris gewechselter Briefe; als ein Beytrag zu der französischen Kunst, das Volk gegen sein eignes Herz und seinen Verstand zu bearbeiten.« Sie trug auf dem Titel einen fingirten französischen Verlagsort: »Nancy 1814« und erschien anonym; ihr Verfasser war Philipp Joseph von Rehfues (geb. 1779, gest. 1843), später durch seinen Roman »Scipio Cicala« (1832) allgemeiner bekannt geworden.

Weitere Zeitbroschüren, die in diesen Jahren von Brockhaus verlegt wurden, beschäftigen sich vorzugsweise mit der Deutschland zu gebenden politischen Verfassung.

Anonym erschienen zunächst zwei Schriften unter folgenden Titeln: »Erinnerung an die Vorzüge und Gebrechen der ehemaligen Verfassung des deutschen Reichs« (1813), und: »Der deutsche Bund wider das deutsche Reich« (1815). Ueber den Verfasser der erstern bemerkt Brockhaus in einer Ankündigung, es sei »einer unserer vorzüglichsten Publicisten«. Die zweite Schrift, mit einem allegorischen Titelkupfer, das zwei Felder mit den Unterschriften »Deutscher Bund« und »Deutsches Reich« zeigt, befürwortet die Wiedererrichtung des alten Kaiserthums und eifert gegen den eben damals gestifteten Deutschen Bund als einen bloßen Staatenbund. In ihr kommt unter anderm folgende durch die Zukunft gerechtfertigte Stelle vor:

Was ihr hoffen könnt, ist Krieg, weil von nun an der Streit über die Oberherrschaft in Deutschland beginnen kann und wird und muß ... Unsere Enkel werden das, was hier unbeachtet bleibt, empfinden.

Eine Aufforderung an Preußen, sich an die Spitze Deutschlands zu stellen, enthält die umfänglichere Schrift: »Preußen über Alles, wenn es will. Von einem Preußen« (Germanien 1817), verfaßt von Samuel Gottfried Reiche (geb. 1765, gest. 1849 als Rector des breslauer Gymnasiums), aber anonym erschienen.

Auch patriotische Ansprachen, besonders an die Jugend gerichtet, finden sich unter diesen Schriften, so: »Vier Reden über Vaterland, Freiheit, deutsche Bildung und das Kreuz. An die deutsche Jugend gesprochen von Karl Baumgarten-Crusius. Eine Weihnachtsgabe« (1814). Die vierte Rede war zuerst in den »Deutschen Blättern« abgedruckt worden und hatte großen Beifall gefunden. Der Verfasser ist der bekannte Philolog (geb. 1786, gest. 1845 als Rector der Landesschule zu Meißen).

Aehnlichen Charakter hat die anonyme Schrift: »Auch ein Wort über unsere Zeit. 1) Von der unterscheidenden Eigenthümlichkeit derselben. 2) Was sie von den in ihr Lebenden fordere. 3) Was sie ihnen gewähre« (1815).

Eine kleine Schrift: »Ueber Landsturm und Landwehr. In Beziehung auf die Länder zwischen der Elbe und dem Rhein« (1813), empfiehlt diese preußische Einrichtung auch dem übrigen Deutschland.

Folgende drei Broschüren enthalten wiederum ärztliche Rathschläge in Bezug auf den Krieg: »Die Kriegspest oder das ansteckende Hospital-Fieber. Eine Volksschrift zur Warnung und Belehrung von einem sächsischen Arzte«; »Ueber die jetzt herrschenden Lazarethfieber, ihre Ursachen, Kennzeichen und Verwahrungsmittel. Von einem praktischen Arzte« (beide 1813 erschienen); endlich eine von Dr. Heinrich Messerschmidt, Stadtphysikus zu Naumburg an der Saale (geb. 1776, gest. 1842), verfaßte treffliche Schrift: »Hand- und Lehrbüchlein für Deutschlands Krieger und diejenigen im Volke, welche zu diesem hohen Stande berufen sind. Daraus zu lernen, recht brave, tüchtige Soldaten zu werden und sich als solche in der Zeit der Noth selbst rathen und helfen zu können« (1815).

Zwei Broschüren richten sich gegen die berüchtigte Schrift des bekannten Staatsrechtslehrers Professor Theodor Anton Heinrich Schmalz: »Berichtigung einer Stelle in der Bredow-Venturinischen Chronik von 1805« (Berlin 1815), in welcher dieser zuerst das Mistrauen der deutschen Regierungen gegen den Geist der Zeit, namentlich gegen politische Vereine wachrief und so die Reactionszeit inaugurirte. Die beiden anonymen Broschüren heißen: »Gegen den Geheimen Rath Schmalz zu Berlin wegen seiner jüngst herausgegebenen Worte über politische Vereine«, und: »Die neuen Obscuranten im Jahre 1815. Dem Herrn Geheimen Rath Schmalz in Berlin und dessen Genossen gewidmet«. Es sind, wie auch auf den Titeln bemerkt, Separatausgaben zweier Aufsätze aus den »Deutschen Blättern«. Dieses Blatt hatte sich das Verdienst erworben, gegen die Denunciationen von Schmalz zuerst energisch aufzutreten.

Im Jahre 1817 verlegte Brockhaus noch zwei Zeitbroschüren verschiedenen Inhalts von zwei namhaften, auf denselben aber nicht genannten Schriftstellern: »Ueber den jetzt herrschenden Geist der Unzufriedenheit und Unruhe unter den Völkern Europas. Ein Versuch zur Beschwichtigung dieses Geistes«, von Hofrath Karl Ludwig Methusalem Müller in Leipzig (geb. 1771, gest. 1837, in den Jahren 1817-1831 Redacteur der »Zeitung für die elegante Welt«), und: »Mahnung der Zeit an die protestantische Kirche bei der Wiederkehr ihres Jubelfestes. Nebst einer Nachschrift an die katholische Kirche und deren Oberhaupt. Für Kleriker und Laien von einem Laien«, von dem bekannten Philosophen Professor Wilhelm Traugott Krug in Leipzig (geb. 1770, gest. 1842), mit dem Brockhaus später in nähere Verbindung trat.

Wir kommen nun zu den von Brockhaus in diesen Jahren verlegten kleinern und größern Schriften, welche speciell die Zeitgeschichte betreffen, und finden da zunächst eine Anzahl Broschüren kriegsgeschichtlichen Inhalts, welche meist noch die kriegerischen Ereignisse vor der Schlacht bei Leipzig behandeln, während die spätern in größern Werken geschildert sind.

An der Spitze der kriegsgeschichtlichen Broschüren steht: »Die preußisch-russische Campagne im Jahre 1813; von der Eröffnung bis zum Waffenstillstande vom 5. Juni 1813; mit dem Plan der Schlacht von Groß-Görschen, der Schlacht von Bautzen und dem Gefecht von Haynau. Von C. v. W.« Auf dem Titel heißt es: »Breslau, in Commission bei Christ. Gottlob Kayser«, ohne Jahreszahl; die Schrift war aber Verlag von Brockhaus und erschien im Sommer 1813. Verfaßt wurde sie auf speciellen Befehl des Königs von Preußen von dem damaligen Oberst, spätern General-Feldmarschall Freiherrn von Müffling (geb. 1775, gest. 1851), dessen kriegsgeschichtliche Werke stets nur die Chiffre C. v. W. tragen.

Ein Seitenstück dazu bildet: »Der Feldzug von 1813 bis zum Waffenstillstand« (ohne Angabe von Verleger und Verlagsort, mit der Jahreszahl 1813). Als Verfasser nennt Brockhaus in den »Deutschen Blättern« den General von Gneisenau, Chef des preußischen Generalstabes, weil ihm das Manuscript wahrscheinlich von diesem zugesandt worden war; die Schrift ist aber auf Gneisenau's Wunsch von dessen Stabschef General Karl von Clausewitz (geb. 1780, gest. 1831) geschrieben und auch in dessen »Hinterlassenen Werken über Krieg und Kriegführung« wieder abgedruckt.

Gleichzeitig (im October 1813) ließ der bekannte General und Militärschriftsteller Baron Henri Jomini (geb. 1779, gest. 1861) bei Brockhaus eine kleine Broschüre französisch und deutsch unter folgenden Titeln erscheinen: »Extrait d'une brochure intitulée: Mémoires sur la campagne de 1813, par le général Jomini«, und: »Auszug aus den Memoiren über den Feldzug von 1813 vom General Jomini.« Er rechtfertigt sich darin wegen seines 1813 nach der Schlacht bei Bautzen erfolgten Uebertritts aus französischen in russische Dienste.

Noch vor der Schlacht bei Leipzig geschrieben, aber erst nach derselben veröffentlicht wurde eine Broschüre von Ludwig Lüders (Verfasser der früher erwähnten Schrift: »Das Continental-System«): »Welthistorische Ansicht vom Zustande Europa's am Vorabend der Schlacht bei Leipzig im Jahre 1813. Mit einem Plane der Schlacht bei Lützen« (1814). Sie schildert die am 1. und 2. Mai 1813 geschlagene Schlacht bei Lützen, gewöhnlich richtiger die Schlacht bei Großgörschen genannt, in der Napoleon über die vereinigte russisch-preußische Armee siegte, wodurch Sachsen bis zur Elbe wieder in seine Hände fiel. Die Schrift hat, als von einem in der Nähe (in Altenburg) befindlichen gewissenhaften Beobachter herrührend, geschichtlichen Werth.

Wir schalten hier als Episode eine an diese Schlacht anknüpfende und für Brockhaus' Charakterisirung nicht unwichtige Mittheilung ein, die vor Jahren von dem inzwischen (1863) verstorbenen Geschichtschreiber und Publicisten Johann Wilhelm Zinkeisen niedergeschrieben wurde, dessen Vater Geh. Kammerrath in Altenburg war und zu Brockhaus' nähern Freunden gehörte:

Ich war damals ein Knabe von 11-12 Jahren, und erinnere mich sehr wohl, wie der wohlbeleibte aber äußerst lebendige und bewegliche, so freundliche Herr Brockhaus, den wir Kinder alle so gern hatten, wenn irgendeine wichtige Nachricht eingetroffen war (denn er war immer am ersten und besten unterrichtet), oft schon in frühester Morgenstunde außer Athem zum Vater kam, um ihm dieselbe zu hinterbringen. Da wurde dann mit großem Feuer, aber auch mitunter nicht ohne manchen schweren Seufzer, darüber hin- und hergestritten, wie die Dinge nun weiter laufen würden, was man zu thun habe, was am Ende aus der Welt werden solle, wie lange es der Napoleon noch treiben werde u. s. w. Brockhaus sprach immer wie ein Begeisterter, und schien manchmal außer sich zwischen Hoffnung und Verzweiflung hin- und herzuschwanken. Mein Vater, überhaupt eine ernste Natur und in schon vorgerücktem Alter, suchte dagegen zu beschwichtigen und rieth zu ruhiger Ausdauer. Mir sind dergleichen Eindrücke aus dieser schweren Zeit, die auf jugendliche Gemüther auch tiefer einwirkte, so unvergeßlich geblieben, als ob ich sie erst gestern empfangen hätte. Es ist mir immer noch, als ob ich Brockhaus eben erst zur Thür hinausgehen sähe, wenn er uns beim Weggehen etwa so zurief: »Guten Morgen, Jungens, haltet euch wacker, sonst wird's schlimm, wenn Napoleon kömmt!« Da lachten wir dann in unserer Einfalt recht herzlich über den guten Herrn, obgleich es gewiß weder ihm noch dem Vater zum Lachen war.

Am tiefsten ist mir der Tag der Schlacht bei Lützen aus dieser Zeit in Seele und Gedächtniß eingegraben geblieben. Alles war an dem schönen Maitage vom frühesten Morgen in der größten Bewegung und Spannung. Die widersprechendsten Gerüchte durchkreuzten sich. Brockhaus war am Vormittage mehrere male beim Vater und blieb dann bei uns zu Tische. Der Oberst von dem damals in Altenburg liegenden Corps des Generals Miloradowitsch, welcher bei meinen Aeltern mit seinen Adjutanten Quartier hatte, machte ein sehr bedenkliches Gesicht. Man sprach schon davon, daß es gut sein würde, wenigstens die Familie wo anderwärts hin in Sicherheit zu bringen. Während des Essens brachte eine Ordonnanz die Nachricht, man höre vor der Stadt ganz deutlich den Kanonendonner, welcher aus der Gegend zwischen Leipzig und Lützen zu kommen scheine; es sei als ob er immer näher rücke; die Preußen seien geschlagen u. s. w. Brockhaus wurde nun sehr unruhig, sprang plötzlich vom Tische auf und rief: »Wir müssen raus; kommt, Kinder, mit hinter den Pohlhof, da wird man's am besten hören!« Mit diesen Worten nahm er mich ohne weiteres bei der Hand, und forderte die ganze Gesellschaft auf, ihm zu folgen, was sie auch that. Auf den weiten Pohlhofsfeldern nach Leipzig zu hatte damals das obengenannte Corps in unabsehbaren Reihen von Strohhütten sein Lager aufgeschlagen. Hinter demselben suchte Brockhaus einen etwas höher liegenden Punkt aus, warf sich dort zur Erde, und sagte bei jedem Kanonenschuß, den er mittels der Fortpflanzung des Schalles durch den Erdboden vernahm: »Sehr deutlich! sehr deutlich!« Mir klingen die Worte noch in den Ohren. Ich wollte Ihnen den trefflichen Mann dabei malen. Wir Kinder hatten natürlich nichts Eiligeres zu thun als dem Beispiele desselben zu folgen, und vernahmen nun mit Jubel auch ganz deutlich den Kanonendonner, während mein Vater mit sehr bedenklicher Miene daneben stand und, die Taschenuhr in der Hand, die dumpfen Kanonenschläge nach der Minute zählte. Je vernehmlicher sie aber wurden, desto ernster schien ihm die Lage zu werden. Nach einer Stunde etwa eilte man in die Stadt zurück. Brockhaus brachte am Nachmittage wieder verschiedene unbestimmte und beängstigende Nachrichten. Er war auch noch am Abend wieder bei uns, wo Alles, wie es damals Brauch war, um den großen runden Tisch saß und Charpie zupfte. Da ertönt plötzlich Alarm durch die Straßen, und zu gleicher Zeit sieht man vor der Stadt eine ungeheuere Feuersäule aufsteigen. Miloradowitsch hatte Befehl erhalten, noch in der Nacht nach Lützen hin aufzubrechen, und vorher sein ganzes Lager in Brand gesteckt. Brockhaus eilte fort, um nähere Nachrichten einzuziehen. Das Uebrige ist bekannt.

 

An die Schlacht bei Lützen sowie an die leipziger Schlacht knüpft auch eine kleine Schrift des Geschichtschreibers Karl Curths (geb. 1764, gest. 1816) an und stellt beide Schlachten mit zwei an denselben Orten geschlagenen zusammen. Sie führt den Titel: »Die Schlacht bei Breitenfeld unweit Leipzig am 7. September 1631 und die Schlacht bei Lützen am 7. November 1632. Zwei Scenen des Dreißigjährigen Kriegs und Gegenstücke zu den Schlachten bei Lützen am 2. Mai 1813 und bei Leipzig am 16., 18. und 19. October 1813« (1814). Von demselben Verfasser verlegte Brockhaus gleichzeitig eine geschichtliche Monographie: »Die Bartholomäusnacht 1572.« Curths hat sich besonders durch seine Fortsetzung von Schiller's »Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande« bekannt gemacht.

Ueber die Schlacht bei Leipzig erschienen in Brockhaus' Verlage neben den in den »Deutschen Blättern« enthaltenen ausführlichen Schilderungen keine besondern Werke.

Außer diesen kriegsgeschichtlichen verlegte er noch einige andere zeitgeschichtliche Broschüren, zunächst (1814) eine solche von dem Marquis de la Maisonfort (geb. 1763, gest. 1827), einem Anhänger der Bourbonen, der 1814 mit Ludwig XVIII. nach Paris zurückkehrte, unter dem Titel: »Tableau politique de l'Europe, depuis la bataille de Leipzic, gagnée le 18 octobre 1813. Écrit à Londres le 4 décembre 1813«; dieselbe erschien auch in deutscher Uebersetzung: »Politisches Gemälde von Europa nach der Schlacht bei Leipzig den 18. October 1813. London den 4. December 1813. Mit Anmerkungen und einer Frage: Was hofft Europa seit dem 3. April 1814.«

Daneben veröffentlichte er die Broschüre: »Der Minister Graf von Montgelas unter der Regierung König Maximilian's von Baiern« (1814), worin dieser bairische Minister gegen eine vom Grafen Reisach geschriebene Schrift vertheidigt wird. Brockhaus war mit dem Minister Montgelas auf einer im Sommer 1814 nach Stuttgart und München unternommenen Reise bekannt geworden, und dies war wol die Veranlassung zu dem Verlage dieser Broschüre.

Eine andere kleine Schrift: »Die Moskauer Kanonen-Säule oder der Sieges-Obelisk. Nebst einer Abbildung« (1814), ist von Karl August Böttiger in Dresden verfaßt; sie ist die einzige selbständige Schrift, die Brockhaus von diesem Schriftsteller verlegte (freilich ist auch sie nur ein Separatabdruck aus den »Deutschen Blättern«), während dieser mit ihm fortwährend in dem lebhaftesten Briefwechsel stand und an fast allen seinen Journalen und encyklopädischen Werken mitarbeitete.

Von hervorragendem Interesse endlich sind zwei Broschüren, die im Jahre 1816 in Brockhaus' Verlage erschienen und den berüchtigten Polizeiminister Napoleon's, Fouché, Herzog von Otranto, zum Verfasser hatten.

Joseph Fouché, 1763 zu Nantes geboren, erst Lehrer, dann Advocat, war während der Französischen Revolution bekanntlich ein eifriger Anhänger Danton's gewesen und hatte sich an den Greueln in Lyon lebhaft betheiligt. Er erhielt 1799 die Direction der Polizei in Paris und wurde von Napoleon nach dem österreichischen Kriege zum Herzog von Otranto ernannt. Nach 1810 in Ungnade gefallen, wurde er 1813 Generalgouverneur von Illyrien, 1815 während der Hundert Tage nochmals Polizeiminister, stellte sich nach Napoleon's Niederlage bei Waterloo an die Spitze der provisorischen Regierung und wurde dann von Ludwig XVIII. als Gesandter nach Dresden geschickt. Während dieses dresdener Aufenthalts schrieb er die beiden von Brockhaus verlegten Schriften. Bald darauf mußte er, durch das Verbannungsdecret vom 12. Januar 1816 gegen die sogenannten Königsmörder mit getroffen, seine Stellung und überhaupt den Staatsdienst verlassen und zog sich erst nach Prag, dann nach Linz und endlich nach Triest zurück, wo er 1820 starb.

In jenen beiden Schriften versuchte er vergeblich, sich zu rechtfertigen und vor dem Verluste seiner Stellung zu schützen.

Die erste ist in die Form eines Briefs an den Herzog von Wellington, der zu seinen Gönnern gehörte, gekleidet und führt den Titel: »Correspondance du duc d'Otrante avec le duc de *** Première lettre. Dresde, le premier Janvier, 1816.« Sie enthält außer dem 48 Seiten umfassenden Briefe an den Herzog von Wellington (dessen Name aber nicht genannt ist) ein von Brockhaus unterzeichnetes 4 Seiten langes Vorwort, überschrieben »L'éditeur au public« und Altenburg, 15. August 1816 datirt. Brockhaus warnt darin vor einem soeben angeblich in London gedruckten unberechtigten und verstümmelten Abdrucke des Briefes, kündigt einen zweiten und dritten Brief an, die indeß nie erschienen, und veröffentlicht zugleich den Privatbrief Fouché's an Wellington, welcher die Veranlassung zu der Schrift erklärt.

Die zweite Schrift wurde gleichzeitig französisch und deutsch herausgegeben unter den Titeln: »Notice sur le duc d'Otrante« und: »Aus dem Leben Joseph Fouché's, Herzogs von Otranto. Nach authentischen Quellen und mit wichtigen Actenstücken für die neueste Zeitgeschichte. Anhang: Brief Fouché's an Wellington, Dresden, 1. Januar 1816.«

Brockhaus hatte beide Schriften durch Vermittelung seines Freundes Böttiger erhalten und verkehrte darüber brieflich und mündlich mit Fouché's Secretär, Demarteau in Dresden. Er bewog einen londoner Verleger (Colburn) und einen amsterdamer (Sülpke), ihre Firmen neben der seinigen auf den Titel setzen zu lassen, und hegte überhaupt große Erwartungen von dem buchhändlerischen Erfolge dieser Schriften. Wenn er auch für ihren Inhalt und Verfasser in keiner Weise eintrat, hob er doch deren unzweifelhafte Wichtigkeit für die Zeitgeschichte hervor. Indeß entsprach der Absatz keineswegs seinen Hoffnungen und der aufgewendeten Mühe, besonders wol, weil jener unberechtigte Abdruck des Briefes vorher erschienen war und das verdiente Schicksal Fouché's keine große Theilnahme erregte. An diesen Umständen und an Fouché's Sturze scheiterten auch die von Brockhaus mit Demarteau angeknüpften Unterhandlungen über den Verlag von Fouché's Memoiren, für die er bei einem Umfange von ungefähr 120 Druckbogen 12000 Francs geboten hatte. Sie wurden erst nach Fouché's Tode in Paris unter dem Titel: »Mémoires de Fouché« (2 Bände, 1824), veröffentlicht und rühren auch wahrscheinlich von ihm her, obwol sie von seinen Erben als unecht angegriffen wurden.