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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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Von allen Seiten waren den »Deutschen Blättern« patriotische Aufsätze zugeströmt, auch ohne directe Aufforderung der Redaction, und die Reihe der (meist indeß nicht genannten) Mitarbeiter der »Deutschen Blätter« ist eine ebenso mannichfaltige als stattliche.

Einer der ersten und thätigsten Mitarbeiter war Karl August Böttiger in Dresden, der schon an der 1807 von Brockhaus in Amsterdam herausgegebenen Zeitschrift »Le Conservateur« sich betheiligte und mit ihm fortwährend in den lebhaftesten geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen blieb. Ferner waren fleißige Mitarbeiter: Professor Pölitz, Professor Saalfeld, Karl Curths (der Historiker), Georgius (Karl Christian Otto), Baumgarten-Crusius, Villers, die Professoren Zeune in Berlin, Hasse in Dresden und Oken in Jena. August Wilhelm Schlegel und Friedrich Perthes schickten einzelne Beiträge.

Auch die patriotische Dichtkunst war reich vertreten. Die »Deutschen Blätter« veröffentlichten wol zuerst die drei Gedichte Theodor Körner's: »Was glänzt dort vom Walde im Sonnenschein?«, »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los!« und sein letztes Sonett: »Die Wunde brennt, die bleichen Lippen beben«. Ferner brachten sie Dichtungen von Max von Schenkendorf, Matthias Claudius, Christian Graf Stolberg, Graf von Loeben, Friedrich Rückert.

Brockhaus schrieb übrigens vielfach auch selbst in die »Deutschen Blätter«. Als Herausgeber machte er häufig sehr eingehende Anmerkungen zu den eingesandten Artikeln, bald über die in denselben besprochenen Gegenstände seine eigene Ansicht sagend, bald aus den Erlebnissen während seines Aufenthalts in Amsterdam, wo er vielfach mit Franzosen in Berührung gekommen war, Interessantes mittheilend.

Am 23. März 1814 beginnt er eine längere Anmerkung zu einem Aufsatze über Napoleon folgendermaßen:

In den »Deutschen Blättern« ist in Deutschland zuerst offen und frei und mit Kraft und Würde laut ausgesprochen worden: kein Friede mit Bonaparte. Die »Deutschen Blätter« haben es zuerst gewagt, den so finstern und blutdürstigen Charakter des Tyrannen zu enthüllen. Es war unterm Kanonendonner von Liebertwolkwitz, zwei Meilen von dem Kampfplatze, wo der wackere Wittgenstein die Hermanns-Schlacht von Leipzig einleitete, daß die ersten von den Blättern furchtlos gedruckt wurden. Ein prophetischer Glaube an das endliche Gelingen der guten Sache hatte den Herausgeber begeistert. Vielleicht wäre das Leben von Tausenden unserer tapfern Krieger, die in diesem heiligen Kreuzzuge gefallen sind, gespart worden, wenn die verbündeten Mächte schon damals oder doch am 21. December (1813) bei der ersten Ueberschreitung der französischen Grenze ritterlich und frei erklärt hätten, was jetzt Alexander am 31. März (1814) erst in der stolzen Hauptstadt aussprach: kein Friede mit Bonaparte ...

Oefters verfaßte er aber auch selbständige Aufsätze für sein Blatt. Unter ihnen sei nur einer mit der Ueberschrift »Noch ein Wort über den Franzosenhaß« und dem ausdrücklichen Zusatze »Vom Herausgeber« hervorgehoben und auszugsweise mitgetheilt. Er ist Mitte Juli 1815 geschrieben, also nach der zweiten Niederwerfung Napoleon's, und vertheidigt die »Deutschen Blätter« gegen den Vorwurf eines zu leidenschaftlichen Franzosenhasses. Die wesentlichsten Stellen sind folgende:

Es ist in diesen Blättern schon viel die Rede gewesen von der Erbärmlichkeit des Franzosenthums. Der gerechte Eifer gegen dasselbe macht einen Theil des Ruhms dieser Anstalt aus, die in der ersten schönen Zeit der Errettung vom heillosen Joche entstand, unter den Augen, auf Veranstaltung des hohen deutschen Feldherrn, der siegreich unsere Heldenscharen von der Elbe bis zur Seine führte, bis dahin, wo der letzte Ring der Kette zerbrochen ward, die uns so lange gefesselt hatte.

Die »Deutschen Blätter«, die sich das Ziel gesetzt, jenen errettenden Kampf und seine Folgen mit aufmerksamem Blicke zu begleiten, viele große und herrliche Zeugnisse aus demselben für die Geschichte aufzubewahren, zu beharrlicher Ausdauer und unbeweglicher Treue in dem großen Werke der Befreiung zu erwecken und eine geläuterte, tief begründete Ansicht von demselben zu verbreiten, sie mußten auch oft mahnen an unser Elend, unsere Schmach, und auf die Ursachen und Veranlassungen unserer vieljährigen Leiden zurückweisen. Ein tiefer, aber gerechter Unwille mußte in diesen Mittheilungen sich aussprechen, sowol gegen die Urheber unsers Jammers und das ganze Franzosenthum als gegen die treulose, bundbrüchige und entartete Rotte, die mitten unter uns noch dem huldigt, was die Quelle unserer Entwürdigung und Erniedrigung gewesen ist.

Diesem Bemühen haben nun die Bessern einen Beifall gegeben, der sich in dem Gedeihen unserer Anstalt, in der weitern und immer weitern Verbreitung der Theilnahme an derselben sehr erfreulich bewährte. Es war ebenso natürlich, daß die, deren Beschränktheit oder Schlechtigkeit hier oft gerügt ward, diese Blätter haßten und schmähten und es ihnen besonders zum Vorwurf machten, daß ein so bitterer Franzosenhaß in denselben sich ausspreche. Gegen diesen Franzosenhaß erheben sich denn auch von andern Seiten Stimmen, welche die alte Sünde zu beschönigen und bleibend zu erhalten versuchen, gegen deren Verfahrungskunst der Verfasser nun noch Ein Wort zu reden sich aufgefordert sieht, zumal man gerade seinen frühern Mittheilungen besonders jenen Vorwurf macht ...

Was meinen doch die Herren, die sich berufen fühlen, den Franzosenhaß zu dämpfen und gegen ihn die alten stumpfen Waffen gern noch einmal schärfen möchten, was meinen sie denn mit dem Franzosenhaß? Den tiefen Unwillen nennen sie so, der die Bessern unsers Volks ergriffen über die zu lange geduldete Herrschaft des Franzosenthums, den gerechten Eifer gegen Sprache, Sitten und Moden eines Volks, das das entartetste in Europa, mit seinem äußern Wesen seine Schlechtigkeit übertüncht, nur Einfluß, Herrschaft erstrebt und durch beides unserm Volke und andern Völkern nur Verderben gebracht hat. Den gerechten Unwillen nennen sie so, der nicht ist von heute oder gestern, den wenige Erleuchtete und echte Vaterlandsfreunde schon seit hundert Jahren gegen jenes Volk genährt, der jetzt in den Tagen der Befreiung stärker und lauter sich kundgegeben; den gerechtesten Unwillen der Befreiten, wie früher der Unterjochten und Unterdrückten, gegen die, welche mit bösen Künsten und mit Gewalt die edelsten Güter des geselligen Lebens, Freiheit und Selbständigkeit, uns raubten und rauben wollten. Das, was zu allen Zeiten die edelsten Völker und alle freigeborene, großherzige Menschen gegen frevelhafte Unterdrücker, tyrannische Eroberer, freche Räuber und Schänder des Vaterlandes zum Kampf auf Leben und Tod begeisterte; dasselbe, was auch unser Volk bewegt, auch das letzte Zeugniß unserer Unterjochung und Alles, was dazu mitgewirkt, völlig auszutilgen: das nennt nun die Erbärmlichkeit Franzosenhaß und will mit diesem Namen das, was unsers Volks Ruhm und unserer Zeit Verherrlichung ist, in ein zweideutiges Licht stellen. Rechnet sich es doch mancher als hohe Weisheit und Gerechtigkeit an, daß er nicht so ungebührlich hasse ein liebenswürdiges Volk, von dem wir noch gar vieles lernen könnten — absonderlich wol allerliebste Namen für scheußliche Laster (von denen manche erst in den letzten fünfundzwanzig Jahren durch französische Emigranten und Soldaten in unsern unschuldigen Hütten bekannt geworden sind!) — einen Muthwillen, dem nichts heilig ist, eine Gewandtheit, die Treue und Tugend entbehrlich macht; eine Feinheit, die nie Arges fürchten läßt und mit aller Höflichkeit des Nachbars Habe sich aneignet, den Hausfrieden zerstört und Alles dem Eigenwillen und eigener Leidenschaft unterordnet. Von diesem Volke sollen wir einfältige, schwerfällige Deutsche lernen und sollen wol auch noch beklagen, daß die trefflichen Lehr- und Zuchtmeister in Scharen über unsere Grenze getrieben wurden, und ihre lieblichen Fürsprecher möchten doch gar zu gern uns wieder in die Synagoge des Satans zurückführen. Darum preisen sie die Herrlichkeit französischer Sprache und Sitte und wollen es sogar nicht begreifen, daß, wer den Teufel ausgetrieben hat, auch alle sein Wesen und seine Werke ihm nachschleudern muß, damit er auch nicht einen Fuß breit Land finde, das ihm noch gehöre und von dem aus er das alte Verführungsspiel wieder anfangen kann, daß es hernach schlimmer werde denn zuvor.

Wie wenig begreifen doch diese, die sich wol gar Patrioten nennen, den Geist und das Streben dieser Zeit und unsers Volks! An ihren Augen ist es vorübergegangen wie ein Nebel und an ihren Ohren wie rauschender, sinnloser Mislaut, daß die Zeit erschien, da in Europa der gute Geist über den bösen den Sieg gewinnen und die Werke des bösen völlig zerstören sollte. Aus Blindheit des Geistes oder des Herzens oder beider reden sie dem das Wort, gegen den Deutschland, Europa sich gerüstet und rüstig gekämpft hat, und scheinen es gar nicht zu ahnden, wie sie mit ihrer Allerweltsklugheit eigentlich nur die ersten Ringe der Kette wieder schmieden, die unter höherer Leitung glücklich zerbrochen ward. Aber sie werden darüber selber zu Schanden, und nimmer kann es ihrer Schwachheit gelingen, einen kräftigen Unwillen, der nur zu gerecht ist, hinwegzuschwatzen, ob sie auch all ihren Witz aufbieten und alle aus Einem Tone heulen, wie denn die Flachheit überall sich selber begegnet und auch dadurch in ihrem Wahne sich bestärken läßt ...

Was ist überhaupt Haß, den ein edler Mensch im Busen trägt? Der tiefe, nie erkaltende Widerwille ist es, den er gegen alles Böse, alle Schlechtigkeit und Treulosigkeit empfindet, der ernste, beharrliche Widerstand gegen Alles, was den Menschen entehrt, das der edle Mensch um so bitterer fühlt, je höher seine Achtung des Reinmenschlichen ist, ein Widerwille, der sich auch gegen den Bösen, Schlechten und Treulosen in der sorgfältigen Vermeidung aller nähern Gemeinschaft und vertraulichern Annäherung ausspricht, ein Widerstand, der jedem Einflusse des durch seine Grundsätze wie durch seine Handlungen dem Bösen Ergebenen entgegentritt und ihm wehrt und darum selbst das scheinbar Gute verwirft, das aus jenem Einflusse stammen könnte.

 

Das ist auch der Franzosenhaß, der Widerwille gegen die ungeheuere Entartung, Sittenlosigkeit und Treubrüchigkeit dieses Volks, gegen den fürchterlichen Leichtsinn, der mit allem Heiligen spielt; der Widerstand gegen jeden Einfluß der Grundsätze, der Sitten und Gewohnheiten desselben wie seiner Unternehmungen; ein Widerwille, der alle nähere Gemeinschaft mit den Franzosen, alle vertrauliche Annäherung scheut und vermeidet; ein Widerstand, der allem französischen, durch menschenentehrende Grundsätze verpesteten französischen Wesen sich entgegenstellt und darum selbst das scheinbar Gute oder das wirklich Günstige, was von dorther kommen könnte, verwirft, weil dem Bösen aller und jeder Einfluß abgeschnitten werden muß. Es äußert sich der Franzosenhaß, wie jeder gesunde, gerechte Haß, in einem kräftigen Widerstreben gegen das, was des Hasses würdig, und er ist am tiefsten da, wo die mächtigste Liebe, Liebe des Vaterlandes, der Wahrheit, der Freiheit, und mag da nicht sein, wo diese Liebe nicht ist ...

Wir aber werden hassen das Arge, so lange es arg ist, und uns schämen, die Farbe derer zu tragen und die Sprache derer zu reden, die ihre Farbe und Sprache vor den Augen von ganz Europa geschändet haben. Es soll keine vertrauliche Gemeinschaft sein zwischen ihnen und uns, weil ihr Wesen nicht zu dem unsern stimmt, ihre Falschheit zu unserer Ehrlichkeit keine Verwandtschaft hat und weil böse Gesellschaft nicht blos gute Sitten verdirbt, sondern auch einen Makel aufheftet jedem, der sich zu ihr hält.

Sage man nicht, daß solcher Haß unchristlich sei; man müsse das Böse hassen, aber nicht den Bösen. Das Böse in den Franzosen ist es ja eben, das wir hassen, dem wir widerstreben. Um es fern von uns zu halten, müssen wir die Franzosen abwehren. Aber so tief unser Haß ist, so misgönnen wir ihnen doch gewiß nicht irgendein Glück, das ihnen ihr Vaterland gewähren mag, so sind wir doch nur so lange ihre Feinde, als sie übermüthig, schnöde und ruchlos, aller Orten Befriedigung ihrer Eitelkeit, unsere Erniedrigung suchen und mit schlechten Künsten die Welt verführen. Was vorherrschender Charakter des französischen Volks ist, das hassen wir; dem Einzelnen aus ihm, dem Mittheilenden, Gebeugten, Hülfsbedürftigen versagen wir keinen Trost, keine Freundlichkeit, keine Hülfe, wodurch sein Elend gelindert werden kann, ohne daß zugleich seine Eitelkeit oder Bosheit Nahrung finde. Ein unchristlicher Haß liegt nicht in uns; wir würden uns freuen, wenn Frankreich, weiser geworden, auf rechtem Wege sein Glück suchte; wir würden nachbarlich ihm die Hand bieten, und aller Haß würde schwinden, wenn es ein frommes, züchtiges, friedliches, genügsames, treues Volk würde. Bis dahin ist keine Gemeinschaft zwischen ihm und uns.

Besonders lebhaften Antheil nahm Brockhaus auch an der Frage der Zukunft Sachsens, die den Wiener Congreß so lange beschäftigte und erst durch Napoleon's plötzliches Wiedererscheinen zu einem raschern Abschluß gelangte. Er war entschieden gegen die Theilung Sachsens, die doch endlich beschlossen wurde, und sagte in einer Note zu einem »Wahrhaftigen Bericht über die gegenwärtige Stimmung des Volks in Sachsen, von einem Eingeborenen«:

An dumpfe starre Verzweiflung grenzt seit der Todesnachricht aus Wien vom 10. Februar (1815), welche aus den berliner Zeitungen in alle öffentlichen Blätter übergegangen, die Stimmung des guten sächsischen Volks. Die Geschichte wird diese Handlung richten — wir Lebenden dürfen es leider nicht öffentlich.

Um so empörter war Brockhaus, als in einer in München erschienenen Schrift: »Sachsen, Preußen und Europa«, gesagt war, daß die beiden leipziger Buchhändler Rein und Gerhard Fleischer »mit dem bekannten Brockhaus in Verbreitung verleumderischer und majestätsverbrecherischer Schriften gegen ihren rechtmäßigen König einen edeln Wettstreit begonnen haben«. Er erließ deshalb in den »Deutschen Blättern« folgende Erklärung:

Erst durch die Anzeige des Herrn Gerhard Fleischer in Nr. 231 der »Leipziger Zeitung« erfahre ich das Dasein der in München wieder erschienenen Schrift: »Sachsen, Preußen und Europa«, und der mich nebst andern Buchhändlern darin betreffenden Stelle, welche diese und mich der »Verbreitung verleumderischer und majestätsverbrecherischer Schriften gegen ihren rechtmäßigen König« beschuldigt. Bei näherer Untersuchung fand ich, daß diese Schrift aus derselbigen Quelle komme, welcher wir die »Allemannia«, die sogenannten »Sächsischen Actenstücke« und andere Schriften gleichen Charakters verdanken.

Ob man es daher gleich für eine Ehre halten könnte, von dieser im Finstern schleichenden süddeutschen Bande, an deren Spitze bekanntlich der berüchtigte Aretin steht und deren Geschäft es ist, Mistrauen zwischen Fürsten und Unterthanen, Haß zwischen den deutschen Volksstämmen und Zwietracht unter unsern Regierungen zu erregen, derselben Bande, welche nicht damit zufrieden war, dem seelenlosesten Despotismus in den traurig furchtbaren Jahren von 1806 bis 1813 das Wort zu reden, sondern den Despoten zu noch größerer Tyrannei durch die bekannte Anklage aller Protestanten und des Protestantismus selbst anzuregen suchte, und namentlich mehrere edle Männer aus unserer eigenen Mitte, welche die liberale Landesregierung zu sich geladen hatte, als Aufrührer und Anführer bezeichnete; derselben Bande, welche, in die Hoffnungen aller bessern Menschen ihre Drachenzähne säend, sogar die Geschichte und Völkerehre wie die Völkerruhe zu einer Metze macht, indem sie, nur um Deutsche gegen Deutsche zu empören, eine Reihe der schändlichsten Pasquille erfindet, denen sie das Prädicat »Actenstücke« gibt, und den Namen des edeln sächsischen Volks damit in Verbindung bringt — man könnte, sage ich, es für eine Ehre halten, von dem Wortführer dieser neuen Obscuranten und Pasquillanten geächtet zu werden: dennoch glaube ich auf jene bestimmt ausgesprochene Anklage, gleich Herrn Gerhard Fleischer, erwidern zu müssen, daß in meinem Verlage keine einzige Schrift erschienen ist, welche auf irgendeine Weise die sächsischen Angelegenheiten in den Jahren 1813, 1814 und 1815 nur berührt, und daß ich ebenso wenig von irgendeiner der Schriften, welche über diesen Gegenstand für und wider erschienen, mehr als ein Exemplar, und dies zu meiner eigenen Lesung oder literarischen Benutzung, zu beziehen gewohnt gewesen bin, noch weniger aber eine Schrift dieser Art »verbreitet« habe.

In den von mir herausgegebenen »Deutschen Blättern« ist, dem Charakter dieses Instituts gemäß, allerdings, wie es in allen deutschen politischen Zeitschriften geschehen, diese Angelegenheit für und gegen debattirt worden, allein immer mit Bescheidenheit, Würde und Anstand, und ich darf es in Wahrheit sagen, daß ich eine Menge anzüglicher Aufsätze, die auf irgendeine Weise kränken oder erbittern konnten, unterdrückt oder zurückgesandt habe.

Den Verfasser der beredtesten und gründlichsten Schrift für das Interesse Sr. Maj. des Königs, der »Lettre à un Saxon«, in der ich einen meiner Freunde zu entdecken glaubte, habe ich selbst eingeladen, in den »Deutschen Blättern« seine politische Ansicht zu verfolgen. Was wirklich am Ende geschehen ist, haben die »Deutschen Blätter« immer als das größte Unglück dargestellt und damit auch die Empfindung und Ansicht ihres Herausgebers, der übrigens in keinem Unterthanenverhältnisse zu Sr. Maj. dem Könige von Sachsen steht, ausgesprochen.

Altenburg, 28. November 1815.

Brockhaus.

In gleicher Weise interessirte sich Brockhaus persönlich für die damals lebhaft verhandelte Frage der Wiedererwerbung von Elsaß und Lothringen für Deutschland, welche wie die von den »Deutschen Blättern« ebenfalls warm befürwortete Wiederherstellung des deutschen Kaiserthums und des Deutschen Reichs erst über ein halbes Jahrhundert später gelöst werden sollte. Er brachte einen trefflichen Aufsatz darüber von Professor Zeune in Berlin: »Elsaß und Lothringen für Deutschland durchaus nothwendig«, und schrieb dem Verfasser bei Uebersendung einer Anzahl Abdrücke unterm 30. Mai 1814:

Leider fürchte ich wie alle Deutsche von Umsicht und Beurtheilung, daß man diese beiden herrlichen, uns von Ludwig XIV. gestohlenen Provinzen nicht zurückfordern wird. Ueberhaupt wer ist nicht indignirt über die Complimente, die in Paris mit dem übermüthigen Volke und den Helfershelfern Napoleon's gemacht werden? Es ist sehr schade, daß gerade in Paris die Unterhandlungen geleitet werden, wo Weiber und Sinnlichkeiten aller Art ins Werk gesetzt werden, die Fürsten und die leitenden Personen zu berücken. In Hamburg, in Moskau, in Wittenberg, wo jeder Blick und Schritt an die Unthaten der französischen Hunde erinnert, da sollte der Sitz des Congresses sein!

Ich habe Krausen gebeten, es mit Ihnen zu überlegen, wie den »Deutschen Blättern« in Berlin und im preußischen Staate ein größeres Publikum gewonnen werde. In Hannover setzen wir sechsmal so viel ab als im ganzen preußischen Staate. Seien Sie ferner für unser patriotisches Institut thätig!

Außer den früher erwähnten Gründen bestimmten ihn indeß auch die Censuranfechtungen, die mit der beginnenden Reactionszeit wieder ebenso hinderlich auftraten wie bei Beginn der »Deutschen Blätter«, dazu, das Blatt aufzugeben. Schon ein Jahr, bevor er diesen Entschluß ausführte, im Frühjahre 1815, schrieb er an Professor Koethe in Jena aus Anlaß des vorher erwähnten Aufsatzes der »Deutschen Blätter« über die Stimmung in Sachsen bei der drohenden Theilung des Landes:

Der Censor chicanirt mich außerordentlich, und wenn's so fortgeht, muß der Druck hier aufhören. Von Dresden aus ist bei unserer Regierung (Altenburg) Klage eingelaufen über einen Aufsatz, durch den der König persönlich sich sehr beleidigt fühlt. Es war behauptet worden, des Königs Pflicht wäre es gewesen, lieber ganz zu verzichten, als die Theilung seines Landes zuzulassen. Um sich nun über den Verdruß, den der Censor über jene Angelegenheit hat, zu rächen, streicht er mir Alles, was ihm nur einigermaßen frei und dreist erscheint. Insbesondere ist er Oken's Aufsätzen gram. Ich weiß nicht, wie das werden soll.

Noch unmuthiger schreibt er unterm 20. Februar 1815 an seinen Freund Hasse, damals Professor am Cadettenhause zu Dresden:

Ihre Empfindungen über die Zerreißung Sachsens, die nun gestern durch das Extrablatt der »Leipziger Zeitung« zum Vollen bestätigt sind, wird jeder redliche Sachse und Deutsche theilen, das Unglück des Landes aber vorzüglich auf Oesterreich wälzen müssen, dessen einseitige Hartnäckigkeit schuld an der Theilung ist.

Ich werde die »Deutschen Blätter« jetzt bestimmt mit dem sechsten Bande eingehen lassen. Die Theilung Sachsens hat mir alle Lust an dem Politischen geraubt; dazu kommt die beengte Preßfreiheit und die Unmöglichkeit, sich irgendwo mit Energie und Wahrheit über die wichtigsten Angelegenheiten, soweit sie uns in der Nähe betreffen, aussprechen zu können. In dem Schlußblatte möchte ich gern einen feierlichen Abschied von meinem Publikum nehmen, und ich lade Sie ein, mir dazu Ihre Feder mit zu leihen. Zuerst wäre ein Blick auf die Zeit zu thun, die den »Deutschen Blättern« vorhergegangen; dann der Augenblick des Kampfes im October zu beschreiben, die Hoffnungen und Wünsche, welche die Erhebung aller deutscher Völkerschaften bei Jedermann erweckte, der Gang des Kriegs, der endliche Triumph. Was durften die Deutschen jetzt erwarten? Getäuschte Hoffnungen jeder Art, wie sie sich entwickelten: in der Hauptstadt des Feindes wurden deutsche Völkerstämme ihm verrätherisch übergeben, und was uns von den Bourbonen vor hundert Jahren schändlich geraubt wurde, die Vormauer Deutschlands, der Elsaß, wurde nicht zurückverlangt; die uns schändlich abgepreßte Contribution wurde nicht restituirt, unsere Krieger litten in der Hauptstadt des Feindes den bittersten Mangel und waren fast ohne Verpflegung; unsere Kunstwerke blieben im Besitz der Uebermüthigen. Es erfolgte keine Versöhnung zwischen den Siegern und Besiegten. Blicke auf den Congreß. Abermalige Hoffnungen. Abermalige Täuschungen. Unterdrückte Preßfreiheit in Deutschland. Man kann seinem gepreßten Herzen keine Luft machen, der Censor steht einem ängstlich zur Seite und verschneidet jedes kräftige und treffende Wort. Wir haben den Franzosen Preßfreiheit errungen, denn nach England und Holland ist sie in Frankreich am liberalsten, aber für uns selbst ist sie nicht da. So also kann kein politisches Blatt anders als zu eigener Schande bestehen.

 

Dies wären einige der Ideen, die meiner Meinung nach hier ausgesprochen werden könnten. Viele andere werden Ihnen noch einfallen. Ich möchte, daß das Ganze einen Bogen füllte.

Hasse antwortete darauf am 26. Februar:

Ich glaube Ihnen gern, daß Ihnen die Lust vergangen, die »Deutschen Blätter« fortzusetzen. Der Gang der Dinge schlägt die frohesten Erwartungen nieder. Ihre Ideen über den Schluß sind trefflich, aber ich fühle in mir so wenig Beruf, und meine Zeit ist so beengt, daß ich, so sehr ich den verlangten Schlußaufsatz für nöthig halte, dennoch denselben unmöglich übernehmen kann. Ich lege deshalb das Blatt Ihres Briefs, der dieselben so trefflich entwickelt, hier bei.

Damals hatten der Wiederausbruch des Kriegs infolge Napoleon's Flucht von der Insel Elba und die darauffolgenden Ereignisse die Absicht, die »Deutschen Blätter« aufhören zu lassen, in den Hintergrund gedrängt. Aber nach der raschen Beendigung dieses zweiten Abschnitts des Kriegs und während der Verhandlungen über den zweiten Pariser Frieden, nachdem sogar im Sommer dieses Jahres eine Nummer der »Deutschen Blätter« wegen eines Aufsatzes: »Auf einmal Preußen und Franzosen Freunde«, confiscirt worden war, faßte Brockhaus diese Idee wieder näher ins Auge.

Am 4. November desselben Jahres (1815) schreibt deshalb Brockhaus wieder an Koethe:

Die »Deutschen Blätter« werde ich bestimmt zu Ostern schließen. Die Bedingungen der Censur, die ängstliche Rücksicht, die allenthalben genommen wird, der Mangel an Einsicht in die politischen Interessen Deutschlands, die hinkende Theilnahme des Publikums jetzt, wo die Hauptfragen entschieden sind, und die ungeheuere Schererei bei geringer Belohnung veranlassen mich dazu.

Dem Drucker des Blattes, Pierer in Altenburg, meldete er am 2. December 1815, daß er die Auflage, die bei Beginn 4000 und mehr Exemplare betrug, auf 1100 ermäßigen wolle.

Noch eingehender spricht er sich über das Aufhören des Blattes in einem am 9. März 1816 an Oken gerichteten Briefe aus, der zugleich interessante Mittheilungen über literarische Verhältnisse enthält:

Auch mir thut es herzlich leid, das allerdings interessante und mir selbst unendlich lieb gewesene Institut der »Deutschen Blätter« eingehen lassen zu müssen. Ich sehe mich aber dazu gezwungen. Aus der Ueberzeugung, daß bei ihrem sehr verminderten Absatz — da ich Ihnen versichern kann, seit einem Jahre das volle Drittel der noch zu Anfang des vorigen Jahres stattgefundenen Zahl der Abnehmer verloren zu haben, wobei ich noch nicht in Anschlag bringen kann, was mir auf der Messe wird zurückgegeben werden — ihre Wirksamkeit in dieser Form nicht von der Art ist, als sie auch bei den mäßigsten Ansprüchen sein sollte. Die Erscheinung eines so verringerten Absatzes, da die Blätter an sich tüchtigen Inhalts sind, muß Jedem allerdings auffallend sein, der das deutsche Publikum nicht aus Erfahrung in dieser Hinsicht kennt und der nicht weiß, daß der Werth besonders eines politischen Blattes für den Absatz in Deutschland nie entscheidend ist. So z. B. wenn ich Ihnen versichere, daß von der »Allgemeinen Zeitung«, wie ich in der Officin derselben erfahren habe, nicht mehr als 2000 Exemplare gedruckt werden, während der »Nürnberger Correspondent« (ein gegen jene elendes Blatt) gewiß das Doppelte absetzt, und nur Cotta's große Kapitale, sein Stolz und seine Consequenz, auch ohne Vortheil ein Institut fortzusetzen, dessen Nützlichkeit er einmal erkannt hat — eine Consequenz, die aber nur einem Manne wie ihm möglich ist — bestimmen denselben, dieses Institut, das ihm ungeheuere Summen kostet und bei welchem er meinem Urtheile nach wenig oder nichts verdient, nicht untergehen zu lassen.

An vielen Orten sind die »Deutschen Blätter« abbestellt oder gehen in so geringer Anzahl dorthin, daß daraus abzunehmen ist, wie wenig Interesse das Publikum für sie noch zeigt. So gebraucht z. B. die thätigste Buchhandlung in Prag, die von andern Artikeln, welche die Zeit berühren, leicht funfzig und mehr Exemplare absetzt, nur ein einziges Exemplar, und ich erhalte posttäglich neue Abbestellungen für den nächsten Band, von dem man meint, daß er noch erscheinen werde.

Von sämmtlichen Journalinstituten in Deutschland gedeiht überhaupt keins mit eigentlichem Glück, und die meisten derselben erhalten sich nur dadurch, daß ihre Redacteure und Herausgeber zugleich die Haupt- oder einzigen Ausarbeiter derselben sind, daß sie also nicht an Andere etwas zu bezahlen nöthig haben und sich mit einer kleinen Ausbeute begnügen können. So schreibt oder übersetzt Herr Bran seine »Minerva« und »Miscellen« ganz allein selbst, oder er zahlt für etwaige kleine Mithülfe höchstens 3 Thlr. per Bogen; so ist Professor Voß in Halle der alleinige Verfasser der auch von ihm selbst verlegten »Zeiten«, und mir ist von den Commissionären desselben versichert worden, daß nicht 400 Exemplare von diesem Journale debitirt werden, ein Absatz, mit dem man einzig bei einem so hohen Preise und dann eben auskommen kann, wenn man zugleich noch alleiniger Verfasser und Selbstverleger ist. Die Bertuch'schen Journalinstitute erhalten sich gewiß einzig durch das fabrikmäßige Bearbeiten derselben und durch den Antheil, welchen Vater und Sohn selbst daran nehmen.

Brockhaus hatte bei Aufgeben der »Deutschen Blätter« eine directe Fortsetzung derselben beabsichtigt, doch kam sie aus Gründen verschiedener Art wenigstens nicht in der zuerst beabsichtigten Weise zu Stande.

Diese Fortsetzung sollte den Titel: »Encyklopädische Blätter« führen und von Professor Oken in Jena, einem Hauptmitarbeiter der »Deutschen Blätter«, herausgegeben werden. Das oben auszugsweise mitgetheilte Schlußwort der »Deutschen Blätter« hat deshalb die Ueberschrift: »Schluß dieser und Ankündigung der 'Encyklopädischen Blätter'« und theilt zugleich das Programm des neuen Blattes mit. Das erste Heft desselben wurde auch bereits im August 1816 mit der Jahreszahl 1817 ausgegeben (es trägt am Fuße der ersten Seite die eigenthümliche Notiz »Kundt am 1. August 1816«), aber unter dem veränderten Titel: »Isis oder Encyklopädische Zeitung von Oken«. Diese bekannte Zeitschrift, welche dann bis zum Jahre 1848 erschien und abwechselnd bald Eigenthum des Herausgebers Oken, bald der Firma F. A. Brockhaus war, ist also aus den »Deutschen Blättern« hervorgegangen, hat aber freilich nicht viel von denselben beibehalten. In jenem Schlußwort ist zwar direct gesagt: das neue Blatt sei »gewissermaßen das Kind der 'Deutschen Blätter', und die Mutter solle darin, wenngleich nur in einem kleinen Kämmerlein, fortleben«; allein dieses »Kämmerlein«, die politische Abtheilung, war sehr klein und wurde später ganz geschlossen, wie auch der Nebentitel »Encyklopädische Zeitung« bald wegfiel. Hingegen nahmen die Naturwissenschaften von Anfang an den größten Theil des Raums ein.

Die »Isis« wird in der folgenden Periode von Brockhaus' Verlagsthätigkeit in ihrer eigenthümlichen Gestalt und Geschichte vorgeführt werden; nur ihre Entstehungsgeschichte war hier zu erwähnen.