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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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Das ebenerwähnte Preisausschreiben wurde von Brockhaus im April 1816 erlassen und den Lesern der »Urania« in dem vom Juli datirten Vorwort zum Jahrgange 1817 mitgetheilt. Es folgten deren noch mehrere in den nächsten Jahrgängen, und da sie meist von Brockhaus selbst verfaßt sind und ihn von einer ganz neuen Seite zeigen, der einer directen Einwirkung auf die belletristische Production und genauer Vertrautheit mit der schönen Literatur, so ist ein näheres Eingehen darauf gerechtfertigt, zumal sich auch vielfach literarhistorisches Interesse daran knüpft.

In der »Urania« für 1817 theilt Brockhaus zunächst mit, daß er bereits im April 1816 in Verbindung mit der Redaction der »Urania« folgende Anzeige habe drucken lassen:

Jedem Freunde der deutschen Poesie wird sich die Bemerkung aufdringen, daß wir, bei einer Menge von Dichtern, doch wenige Gedichte besitzen, die, zwischen den größern epischen und dramatischen Darstellungen und den kleinen lyrischen Gattungen die Mitte haltend, durch das Interesse eines reichhaltigen Stoffs sowol als durch den Reiz einer gediegenen Kunstform zu stets wiederholtem Genusse einladen und, statt flüchtig und gleichsam spurlos vorüberzugehen, den Verstand und das Gemüth auf gleiche Weise befriedigen. Diese Wahrheit hat sich mir zunächst bei näherer Ansicht unserer Taschenbücher und Musenalmanache dargeboten, in denen wir Lieder, Sonette, Oden, Elegien, Romanzen u. s. w. in Ueberfluß finden, welche allerdings, insofern sie von wahrem poetischen Leben durchdrungen sind, ihren eigenthümlichen Werth behaupten; dagegen fehlt es fast ganz an gehaltvollen Gedichten von größerm Umfang, und wir haben, abgesehen von einzelnen hinreichend bekannten Meisterwerken, in der bezeichneten Art in Vergleich mit der englischen und französischen Literatur verhältnißmäßig nur wenig aufzuweisen. Ohne auf Pope, Buckingham, Roscommon, Boileau, Voltaire, Gresset und andere ältere Dichter von entschiedenem Werth zurückgehen zu wollen, nenne ich nur einige neuere, als Laharpe, Malfilâtre, Delille, Parny, Legouvé, Mollevaut, Millevoye, Victorin Fabre, Hayley, Walter Scott, Byron u. s. w., die, wenn sie auch nicht als höchste Muster gelten können, doch mehr oder weniger wahres Verdienst haben.

Der Wunsch, das bei mir erscheinende Taschenbuch »Urania« mit einem immer reichern und gehaltvollen Inhalt auszustatten, hat mich auf den Gedanken geführt, obige Bemerkung zu einigen Preisaufgaben zum Behuf des genannten Taschenbuchs zu benutzen, und Alle, die sich der Gunst der Musen erfreuen und die »Urania« mit ihrer Theilnahme zu begünstigen geneigt sind, zu Versuchen in folgenden drei Gattungen einzuladen:

1) in der poetischen Erzählung, wobei Stoff, Gattung und Einkleidung der Wahl des Dichters überlassen bleibt;

2) in der Idylle, d. h. der poetischen Darstellung unschuldiger und glücklicher Menschen, sie mag nun rein ideal oder mehr oder minder aus der Wirklichkeit entlehnt sein;

3) in der poetischen Epistel aus dem Gebiet des Lebens oder der Kunst, wobei nur die Heroide ausgeschlossen, dagegen eine didaktische Tendenz als besonders willkommen bezeichnet wird.

Die Wahl der Versart sowie die ganze äußere Form und Einrichtung bleibt billig der freiesten Willkür des Dichters überlassen; in Ansehung des Umfangs, der einem solchen Gedichte zu geben sein möchte, haben mir Pope's »Lockenraub« (798 Verse) und »Versuch über den Menschen« (1304 Verse) vorgeschwebt. Doch kann diese Bestimmung bei den Schwierigkeiten, welche die harmonische Begrenzung eines Kunstwerks hat, die einzig durch sich selbst bedingt wird, nur andeutungsweise gemacht sein, und soll damit keineswegs ein festes Maß angegeben sein.

Für das beste Gedicht in jeder der bezeichneten drei Gattungen, das mir bis zum 1. Januar 1817 mit Beobachtung der in solchen Fällen gewöhnlichen Formen eingesandt wird, bestimme ich, insofern es überhaupt ein gutes ist, einen Preis von 20 Friedrichdor, nehme dasselbe in die »Urania« für das Jahr 1818 auf und behalte mir das Verlagsrecht auf die nächsten fünf Jahre vor, nach welchen es dem Verfasser als freies Eigenthum wieder anheimfällt. Ueberdies erbiete ich mich, das gelungenste Gedicht nach dem gekrönten in jeder Gattung, sofern es sich zur Aufnahme eignet, mit 4 Friedrichdor für den Bogen zu honoriren.

Würdige und kunstverständige Männer werden Richter sein; ihre Namen sollen, wenn sie es verstatten, in der noch vor Michaelis erscheinenden »Urania« auf 1817 dem Publikum angezeigt werden.

Brockhaus fügt dieser frühern Anzeige jetzt noch folgende Bemerkungen hinzu:

Alles Obige hiermit nochmals bestätigend und zu einer recht zahlreichen Concurrenz einladend, hat Unterzeichneter nur noch das am Schlusse obiger Anzeige gethane Versprechen zu erfüllen.

Eingeladen, das Richteramt zu übernehmen, sind worden die Herren August Apel, Amadeus Wendt, Adolf Wagner in Leipzig, Messerschmid in Altenburg, Riemer in Weimar und H. Voß der Sohn in Heidelberg. Einige haben sich schon bereit erklärt, von den Andern dürfen wir eine gleiche Willfährigkeit erwarten. (Hier folgt die oben mitgetheilte, Goethe betreffende Stelle.) Ueber den Erfolg soll zu seiner Zeit die bestimmteste Nachricht gegeben werden.

Unabhängig von diesen Preisaufgaben werden übrigens alle dichterischen Freunde der »Urania« freundlichst und ergebenst eingeladen, sie auch künftig mit ihren Beiträgen zu schmücken.

Das Preisausschreiben hatte den günstigsten Erfolg, indem infolge desselben eine Dichtung eingesandt wurde, welche sofort als eine Zierde der poetischen deutschen Literatur erkannt wurde und noch jetzt einen ehrenvollen Platz in derselben einnimmt: »Die bezauberte Rose« von Ernst Schulze, einem bis dahin fast ganz unbekannten jungen Dichter.

Brockhaus verkündete dies sowie die übrigen Ergebnisse des Preisausschreibens in der von ihm als »Herausgeber der 'Urania'« unterzeichneten und vom September 1817 datirten Vorrede zum Jahrgang 1818 der »Urania«, in welchem auch »Die bezauberte Rose« zum ersten male gedruckt erschien. Er sagte:

Als wir zuerst im April 1816 drei poetische Preisaufgaben bekannt machten, konnten wir uns allerdings einiger Bedenklichkeiten dabei nicht erwehren. Einmal mußten wir besorgen, daß Tadelsucht oder Ungunst uns einer Anmaßung beschuldigen möchte, die unserer Denkart fremd ist, dann aber auch, daß wir uns in dem Vertrauen, welches wir hegten und in Anspruch nahmen, getäuscht sehen könnten. Um so erfreulicher muß es uns sein, bei der kurzen Rechenschaft, die wir hiermit ablegen wollen, ein im ganzen sehr günstiges Resultat melden und zugleich rühmen zu können, daß uns über unser Unternehmen kein übelwollendes Urtheil, das irgend Werth für uns hätte haben können, bekannt geworden ist.

Zwar die von uns gelegentlich ausgesprochene Hoffnung, daß wir in jeder der drei Dichtungsgattungen, auf welche sich die erste Aufgabe bezog, auch einen Preis würden ertheilen können, ist in diesem Umfange nicht in Erfüllung gegangen, da wir der Sache, den Theilnehmern und uns durchaus schuldig zu sein glaubten, von den hohen und strengen Forderungen der Kunstkritik nicht abzuweichen. Aber auch bei diesen Grundsätzen haben wir des Preiswürdigen nicht ermangelt.

Der gelungensten Arbeiten hat sich die poetische Erzählung zu erfreuen gehabt. Der Ehrenplatz unter allen aber gebührt der »Bezauberten Rose«, einer romantischen Erzählung in drei Gesängen von Ernst Schulze. Ihr ist der erste Preis zuerkannt worden, und wir achten sie für ein Werk von bleibendem Werthe in der vaterländischen Poesie. Leider wird die Freude, ein Talent von echter Dichterweihe bei dem Publikum einzuführen, durch den noch größern Schmerz getrübt, daß uns dasselbe in dem Augenblicke, wo es sich in seiner Fülle entfaltet hatte, auch schon wieder entrissen ist. Der junge Dichter starb, nachdem er nur wenige Tage vorher die Nachricht von der Krönung seines Gedichts erhalten hatte.

Einen zweiten Preis in derselben Gattung hat K. G. Prätzel's poetische Erzählung »Der Todtenkopf« erhalten.

Von den übrigen zur Concurrenz eingesandten Erzählungen nennen wir noch mit Auszeichnung »Saladin«, ein romantisches Gedicht in vier Gesängen.

In der Gattung der poetischen Epistel wurde unter den eingegangenen Gedichten »Des Dichters Weihe« als das vorzüglichste erkannt und mit dem zweiten Preise gekrönt. Bei Eröffnung der versiegelten Devise fand sich der Name Hesekiel.

Die für die Idylle ausgesetzten Preise haben von den vierzehn dafür eingekommenen Gedichten keinem zuerkannt werden können; doch haben drei derselben: »Die Hirten in der Herbstnacht«, »Amor und Hymen« und »Ida«, sich vor den übrigen vortheilhaft auszuzeichnen geschienen.

Ueber Ernst Schulze und seinen Tod sowie über dessen poetischen Nachlaß bemerkt Brockhaus noch in einer Anmerkung:

Er starb am 29. Juni (1817) zu Celle im achtundzwanzigsten Jahre seines Lebens in den Armen seines tiefgebeugten Vaters, des Dr. Schulze, Bürgermeisters und Stadtsyndikus daselbst. Er war eben im Begriff, eine literarische Reise nach Italien anzutreten, auf welcher er einige Jahre zuzubringen dachte, als ihn eine schwere Krankheit auf das Lager niederwarf, von dem er nicht wieder aufstand. Den Keim seiner Krankheit hatte er sich in der Belagerung von Hamburg, welcher er als freiwilliger Jäger beiwohnte, zugezogen, und auf einer Reise nach den Rheingegenden war durch geringe Sorge um die Gesundheit dieser Keim entwickelt worden. Als unser Dichter die Nachricht von dem ihm zuerkannten Preise erhielt, war seine Empfänglichkeit zur Freude schon sehr gesunken, indessen erregte diese Anerkennung seines poetischen Talents doch seine lebendigste Theilnahme. Seine nachgelassenen poetischen Schriften, unter denen sich insbesondere ein Heldengedicht »Cäcilie« befindet, an welchem er viele Jahre gearbeitet, werden von Bouterwek gesammelt herausgegeben und von einer Biographie des herrlichen jungen Dichters begleitet werden. Wir dürfen ihnen bald entgegensehen.

 

Die erste Separatausgabe der »Bezauberten Rose« erschien 1818, eine Prachtausgabe in fünf verschiedenen Formen 1820. Das nachgelassene größere Gedicht: »Cäcilie«, wurde 1818 und 1819 veröffentlicht als erster und zweiter Band der von Professor Friedrich Bouterwek in Göttingen, dem Lehrer und Freunde des Dichters, herausgegebenen Gesammtausgabe der poetischen Werke Ernst Schulze's, deren zwei letzten Bände (1819 und 1820 erschienen) die übrigen Dichtungen enthalten. Ausführliche Mittheilungen über den so viel versprechenden, in der Blüte seiner Jahre verstorbenen Dichter (er war am 22. März 1789 geboren und starb am 29. Juni 1817) enthält eine von Hermann Marggraff verfaßte Biographie (Leipzig 1855, zugleich den fünften Theil einer dritten Auflage von Ernst Schulze's »Sämmtlichen poetischen Werken« bildend). Im Jahre 1855 wurde des Dichters Grab in Celle von der Verlagshandlung seiner Werke, gewiß im Geiste ihres Gründers, erneuert und mit einem einfachen, würdigen Denkmal geschmückt.

Die übrigen von den Preisrichtern gekrönten Dichtungen wurden ebenfalls in der »Urania« veröffentlicht (1818 und 1819), ohne jedoch eine ähnliche Theilnahme wie Ernst Schulze's »Bezauberte Rose« zu finden.

Der günstige Erfolg des ersten Versuchs veranlaßte Brockhaus, ihn noch mehrmals zu erneuern. Er sagt zunächst in demselben Vorwort noch:

Dieser im ganzen unsern Wünschen genügende Erfolg hat uns bewogen, bereits unter dem 30. Januar 1817 bekannt zu machen, daß wir dieselben Preisaufgaben für das laufende Jahr nicht nur wiederholen, sondern auch noch drei neue Preise hinzufügen.

Demgemäß bestimmen wir einen Preis von 20 Friedrichdor für das beste Gedicht, sofern es den Forderungen einer gerechten Kritik entspricht und folglich ein vorzügliches ist:

1) in der poetischen Erzählung, wobei Stoff, Gattung und Einkleidung dem Dichter frei bleiben;

2) in der Idylle, sie sei nun rein ideal oder mehr oder weniger der Wirklichkeit entlehnt;

3) in der poetischen Epistel aus dem Gebiet des Lebens oder der Wissenschaft und Kunst, wobei nur die Heroide ausgeschlossen, eine didaktische Tendenz hingegen als besonders willkommen bezeichnet wird.

Ueberdies erbieten wir uns, das gelungenste Gedicht nach dem gekrönten in jeder Gattung, wenn es sich zur Aufnahme in die »Urania« eignet, mit 4 Friedrichdor für den Bogen zu honoriren.

Die Wahl der Versart sowie die ganze äußere Form und Einrichtung werden ganz der Willkür des Dichters anheimgegeben; ebenso können wir nicht die Absicht haben, bei den Schwierigkeiten, welche die harmonische Begrenzung eines Kunstwerks hat, die einzig durch sich selbst bedingt wird, den Umfang scharf zu bestimmen, und wir fürchten nicht, misverstanden zu werden, wenn wir andeutungsweise wiederholt auf Pope's »Lockenraub« (798 Verse) und »Versuch über den Menschen« (1304 Verse) hinweisen.

Ferner bestimmen wir drei Preise, jeden von 6 Friedrichdor, für das vorzüglichste Gedicht in der Gattung der Ode, der Elegie und für den schönsten Sonettenkranz, insofern sie überhaupt eines Preises würdig befunden werden. Auch hier bleiben Stoff und Form, soweit sie nicht durch die Aufgabe selbst bestimmt sind, der Wahl des Dichters überlassen, und gleich willkommen wird eine mit pindarischem Feuer oder in anakreontisch-tändelnder Weise gedichtete Ode, eine Elegie im Geiste der Alten oder Neuern, eine mehr oder minder zusammenhängende Sonettenreihe, im Geiste Petrarca's oder Berni's, A. W. Schlegel's oder Freimund Raimar's sein.

Die gekrönten Gedichte werden in der »Urania« abgedruckt und der Herausgeber derselben bedingt sich an ihnen das Verlagsrecht auf fünf Jahre aus, nach welchen sie an ihre Verfasser als reines Eigenthum zurückfallen.

Diesmal erfolgten noch zahlreichere Einsendungen, und wenn auch kein erster Preis ertheilt werden konnte, so wurden doch mehrere wohlgelungene Gedichte ausgezeichnet und auch in der »Urania« veröffentlicht.

Für den nächsten Jahrgang (1820) beschränkte Brockhaus infolge des »Urtheils stimmfähiger Kunstrichter und eigener Wahrnehmung« seine Preisaufgaben auf die poetische Erzählung und die poetische Epistel, bei letzterer einen bestimmten Stoff bezeichnend, indem er sich besonders an diejenigen wandte, »die ihr poetisches Talent mehr im Stillen üben und eine aufmunternde Veranlassung erwarten, um damit vor das große Publikum zu treten«; zugleich konnte er freilich auch »den Wunsch nicht bergen, mit Gedichten verschont zu bleiben, deren Unzulänglichkeit die Verfasser bei einiger Selbstkenntniß und Selbstprüfung leicht selbst wahrnehmen müssen«.

Obwol wiederum keine der eingegangenen Dichtungen mit dem ersten Preise gekrönt werden konnte und nur einige trotzdem abgedruckt wurden, schrieb Brockhaus im August 1819 für den Jahrgang 1821 neue Preise aus, und zwar in der Gattung der poetischen Erzählung, der poetischen dramatischen Dichtung und für die Uebersetzung eines Gesangs von Byron's »Childe Harold«.

Ferner richtete er aber zum ersten male sein Augenmerk außer auf die poetische auch auf die prosaische Production, indem er in seiner Ankündigung fortfuhr:

Zugleich aber wünschte ich auch zu Ausarbeitungen in Prosa für die »Urania« aufzumuntern. Sehr willkommen werden mir historische Ausarbeitungen sein; und um auch hier einen Stoff zu bezeichnen, schlage ich andeutungsweise den für die vaterländische Geschichte so wichtigen und glorreichen Zeitraum der Kaiser Heinrich's I. und Otto's des Großen vor, worüber treffliche Quellen vorhanden sind.

Nicht minder willkommen sollen mir Lobreden auf ausgezeichnete Männer sein, doch dürften sie nicht blos rhetorische Lobrednerei, sondern gediegene Charakterbilder mit Licht und Schatten sein und müßten den Einfluß darlegen, den der Gepriesene auf das Leben und Wesen seiner Zeit geübt habe. Ein solches Werk ist Johannes Müller's Lobrede auf Friedrich den Großen. Ich schlage zunächst unsern unsterblichen Lessing vor.

Für die beste Arbeit in jeder der genannten Gattungen in Prosa bestimme ich, sofern sie die Forderungen, die man gerechterweise daran machen muß, befriedigt, ebenfalls 12 Friedrichdor. Der Umfang dürfte etwa drei, höchstens vier Druckbogen betragen.

Neben der »beifälligen und aufmunternden Zustimmung vieler Trefflichen und Urtheilsfähigen« erwähnt Brockhaus jetzt zum ersten male auch »Angriffe, die theils aus Uebelwollen und Ungunst mit Bitterkeit, theils aus Lust zum Widerspruch auf mehr scherzhafte Weise gegen meine Preisaufgaben gerichtet worden«, und fügt folgende Bemerkungen hinzu:

Man hat es sonderbar gefunden, daß man nicht erfahren soll, wer denn eigentlich die Richter oder, wie man sie scherzhaft genannt hat, »die unbekannten Obern« sind, welche über den Werth und Unwerth der eingesandten Gedichte absprechen. Darauf erwidere ich, daß, wenn nur das Urtheil sich durch sich selbst rechtfertigt, der Name des Urtheilenden völlig gleichgültig sein kann.

Ist es doch bei allen unsern Recensiranstalten derselbe Fall. Laufen Misbräuche mit unter, wohlan, die rüge man! Man zeige, daß ein gelungeneres Gedicht einem minder gelungenen nachgesetzt, daß einem Gedichte, dem der erste Preis gebührt hätte, nur der zweite zuerkannt worden u. dgl. m. Letzteres, meint ein scharfsichtig in die Zukunft Spähender, könne gar leicht geschehen, denn der Unternehmer spare dabei. Diesem diene zur Antwort, daß bei der Art, wie das Honorar für den zweiten Preis und jedes aufgenommene Gedicht bestimmt ist, in dieser Hinsicht erster und zweiter Preis meistens ziemlich gleich sind, daß also der Unternehmer schon aus diesem Grunde nichts gewinnen, daß er vielmehr aus andern leicht sich darbietenden Gründen dadurch verlieren würde. Doch wozu sich gegen so kleinliche und unwürdige Bedenklichkeiten schützen wollen!

Diesmal war der Erfolg noch geringer als früher; namentlich entsprach keiner der eingegangenen prosaischen Aufsätze den gestellten Anforderungen. Brockhaus sagt bei Mittheilung dieses Ergebnisses, daß er theils zu solchen Aufsätzen habe aufmuntern wollen, die von den Engländern mit dem Worte Essays bezeichnet würden (eine bekanntlich erst viel später in der deutschen Literatur eingebürgerte Gattung), theils zu Aufsätzen wie die Eloges der Franzosen. Nach diesem Miserfolg beschränkte er sich darauf, für 1822 nur zwei Preise auszuschreiben: 30 Friedrichdor für eine poetische Erzählung und 25 Friedrichdor für eine prosaische Erzählung oder Novelle. Er bemerkt dazu: »die Gewißheit, das Beste der Kunst nicht nur gewollt, sondern auch gefördert zu haben«, sei der Redaction der »Urania« »das sicherste Gegengift gegen die unrühmlichen und unredlichen Kämpfe« gewesen, »in welche sie der hämische Geist des Widerspruchs, der alles Gute verfolgt, zu verflechten gesucht hat«.

Als auch diese Preisausschreibung nur wenig günstige Ergebnisse lieferte, gab Brockhaus die Idee ganz auf und erklärte dies in einem Vorworte vom 15. Juli 1821, das folgendermaßen schließt:

Die zahlreichen und ausgezeichneten Verbindungen, deren der Herausgeber der »Urania« sich erfreut, bewegen ihn zugleich, da er in ihnen ein Mittel sieht, folgende Jahrgänge auf das reichhaltigste auszustatten, auf künftige Preisaufgaben völlig Verzicht zu leisten. Es sind ihm solche verschiedentlich gemisdeutet worden, und wenn sich Misdeutungen dieser Art auch wol ertragen lassen, so können sie wenigstens keine Aufmunterung sein, darin fortzufahren.

Cotta und Andere haben ähnliche Ideen gehabt, sie auszuführen gesucht, und sie haben sie aufgegeben, ohne selbst so glücklich gewesen zu sein wie wir, die wenigstens genug belohnt worden sind, dadurch ein Gedicht veranlaßt zu haben, das in seiner Art von keinem ähnlichen in unserer poetischen Literatur überboten und nicht untergehen wird.

Der Herausgeber der »Urania« hat auch hier das gewöhnliche Schicksal erfahren, das in den meisten Fällen Alles trifft, was der höhern Entwickelung irgendeiner schönen, sich über das Alltägliche erhebenden Idee gewidmet wird und, indem es blos allgemeine Zwecke verfolgt, kleinlichen und persönlichen Interessen entgegentritt.

Er beschwert sich nicht darüber, da sein Bestreben ihm im Einzelnen auch theuere und schätzbare Freunde zuführte, deren Anerkennung und Wohlwollen für ihn einen größern Werth hat, als ihm erlittene Kränkungen und rohe Verunglimpfungen mögen wehe gethan haben.

Jedenfalls war es Brockhaus gelungen, die »Urania« zu einem der besten und gehaltvollsten Taschenbücher seiner Zeit zu gestalten, und die Preisausschreibungen hatten theils direct, theils mittelbar dazu beigetragen. Auf dem Gebiete der Poesie begegnen wir unter den Mitarbeitern den besten Namen, die zum Theil darin zum ersten male auftreten; außer Theodor Körner und Ernst Schulze seien nur folgende genannt: Zacharias Werner (dessen »Vierundzwanzigster Februar« im Jahrgange 1815 zuerst erschien), Friedrich Rückert, Adam Oehlenschläger, Tiedge, Helmina von Chézy, Graf Kalckreuth, von der Malsburg, Graf von Löben, Wilhelm Müller, Gustav Schwab, Adolf Streckfuß, Graf Platen. Noch reicher ist die Liste der Mitarbeiter der »Urania« auf dem Gebiete der Prosa, namentlich der Erzählung und Novelle, die in spätern Jahrgängen immer mehr den Schwerpunkt der »Urania« bildete. Unter ihnen fehlt kaum einer der beliebtesten Schriftsteller jener Zeit; neben Jean Paul und den früher Genannten erwähnen wir noch: Friedrich Kind, Therese Huber, De la Motte Fouqué, Winkler (Theodor Hell), Mosengeil, Böttiger. Die eigentliche Blütezeit der deutschen Novelle, die in der »Urania« ihre ausgezeichnetste Vertretung fand: in Ludwig Tieck, Wilhelm Häring (Wilibald Alexis), Johanna Schopenhauer, Leopold Schefer, von Rehfues, Sternberg, Eichendorff, Theodor Mügge, Ludwig Rellstab, Berthold Auerbach, Karl Gutzkow, Levin Schücking u. a., fällt allerdings erst in die Zeit nach dem Tode des Begründers der »Urania«.

 

Das Taschenbuch erhielt sich bis zum Jahre 1848, in welchem es von der Verlagshandlung bei der aufgeregten politischen, für derartige Lektüre weniger empfänglichen Stimmung aufgegeben wurde, nachdem es 38 Jahre lang in 35 Jahrgängen einen würdigen Sammelpunkt der besten Erzeugnisse der deutschen schönen Literatur gebildet hatte.

In der »Urania« trat Brockhaus auch selbst einmal als Schriftsteller auf, wenn auch nicht unter seinem Namen und nur in der bescheidenen Rolle eines Bearbeiters. Die im Jahrgange 1822 enthaltene Erzählung: »Die Nebenbuhlerin ihrer selbst«, deren Verfasser »Guntram« genannt ist, war von ihm nach dem Französischen bearbeitet; vielleicht war sie nur ein Lückenbüßer zur Füllung des Bandes, zumal sie am Schluß desselben steht und in dem Vorwort gesagt ist, die Redaction habe bei dem zweifelhaften Ergebnisse der damaligen Preisausschreibung sich selbst helfen müssen. Uebrigens hatte er wenig Lohn und Freude von dieser seiner Arbeit, denn wegen derselben wurde dieser Jahrgang der »Urania« für die österreichischen Staaten verboten, weil man in Wien jene Erzählung auf eine vornehme österreichische Familie bezog. Nunmehr erklärte Brockhaus in einer öffentlichen Anzeige unterm 29. October 1821: »daß diese Geschichte nach einer in den vorjährigen «Annales de la littérature» von Quatremère de Quincy, Vanderbourg, Raoul Rochette, wo sie 'Imprudence et bonheur' heißt, von ihm selbst bearbeitet ist und die gebrauchten Namen bloße Fictionen sind.« Die Bearbeitung der spannenden, aber ästhetisch unerquicklichen Novelle ist übrigens sehr geschickt und verräth kaum den nicht berufsmäßigen Schriftsteller.

Durch die »Urania« kam Brockhaus in interessante und auch geschäftlich für ihn werthvolle Beziehungen zu hervorragenden Schriftstellern.

Der Philosoph Bachmann in Jena schickte ihm am 26. April 1812 »einige Gedichte eines jungen Mannes« mit der Bitte, dieselben in den nächsten Jahrgang aufzunehmen. Der junge Mann heiße — Dr. Rückert und habe ihn um diese Vermittelung gebeten. Seitdem brachte fast jeder der nächsten Jahrgänge der »Urania« Gedichte von Friedrich Rückert, bald unter dessen Namen, bald unter dem bekannten Pseudonym Freimund Raimar, das erste mal unter dem sonst nicht vorkommenden Pseudonym Fr. Rikard. Rückert war damals Privatdocent an der Universität Jena und als Dichter noch wenig bekannt; er wurde dies erst durch seine 1814 in Heidelberg, wohin er sich gewandt hatte, erschienenen »Deutschen Gedichte«, welche auch die »Geharnischten Sonette« enthielten. Brockhaus blieb mit ihm in dauernder Verbindung, wenn auch Rückert's hauptsächlichste Werke bei andern Verlegern erschienen, und verlegte 1822 die »Oestlichen Rosen«. Der Druck derselben verzögerte sich etwas, weshalb Rückert aus Koburg vom 10. April 1821 an Brockhaus schrieb: an neuen Schriften und neuem Papier sei ihm so viel nicht gelegen »als daran, daß meine jungen Rosen nicht in Ihrem Pulte alt werden«! In Betreff der »Urania« fügte er noch hinzu:

Dankbar bin ich Ihnen dagegen für die abermalige Einladung zur »Urania«, ob ich gleich einige Abneigung fühle, mich auf die Scene zu stellen, wo Ihre Preisconcurrenten figuriren; doch wenn der Druck nicht ebenso schnell geht als meiner langsam, so will ich zum Gründonnerstag noch mit einem Nachtrab eintreffen.

Friedrich Rückert (geb. 1788, gest. 1866) blieb mit der Firma F. A. Brockhaus auch nach dem Tode ihres Begründers in Beziehungen und sandte ihr sein letztes Werk: »Ein Dutzend Kampflieder für Schleswig-Holstein«, die anonym mit der Bezeichnung: »Von F — r«, 1864 erschienen, aber gleich als von ihm gedichtet erkannt wurden und rasch zwei Auflagen erlebten.49

Auch mit Franz Grillparzer (geb. 1791, gest. 1872) trat Brockhaus zunächst der »Urania« wegen in Verbindung. Ein Brief Grillparzer's aus Wien vom 6. April 1818 enthält das Nähere darüber und möge auch wegen seines sonstigen, nach mancher Seite hin interessanten Inhalts vollständig hier folgen:

Ew. Wohlgeboren Schreiben vom 26. März, das ich gestern erhielt, hat mir um so größeres Vergnügen gemacht, je mehr ich mit ganz Deutschland gewohnt bin, mit dem Namen Brockhaus nebst dem, daß er einen der würdigsten Buchhändler bezeichnet, auch noch andere, nicht minder ehrenvolle Begriffe zu verbinden.

In Bezug auf Ihren freundlichen Antrag wegen Aufnahme meiner »Sappho« in das Taschenbuch »Urania« habe ich vor allem Folgendes zu erwidern: Erstens scheint mir für ein Werk, das zur Aufführung auf der Bühne bestimmt ist und daselbst auf einigen Erfolg rechnet, ein Taschenbuch eben nicht der beste Platz zu sein. Abgesehen von dem Ungewöhnlichen einer solchen Erscheinung beschränkt man sich dadurch das lesende und abnehmende Publikum auf eine weder Gewinn noch andern Vortheil bringende Art. Zur Darstellung gebrachte Schauspiele haben nämlich, wie Sie wol wissen, nebst dem Leser im strengen Verstande noch ein zweites Publikum, das sich sonst mit der Literatur oft nicht sehr abgibt, das der Theaterbesucher nämlich. Die »Sappho« in einem theuern Taschenbuche erscheinen lassen, hieße auf diese ganz Verzicht leisten. Sollte übrigens das Stück auf den Bühnen von Wien, Berlin, Dresden und Weimar, die es zur Aufführung bereits übernommen haben, und auf mehrern andern, mit denen ich darüber in Unterhandlung zu treten gesonnen bin, Glück machen und Sie Lust haben, den Verlag desselben als eines abgesonderten Werks zu übernehmen, oder nebst dem Abdruck in der »Urania« noch eine zugleich erscheinende besondere Auflage davon zu veranstalten, so würde es mir großes Vergnügen machen, es Ihnen vor allen überlassen zu können.

Wie wenig Sie übrigens — vorausgesetzt, daß das Stück gefällt, und das denke ich eben abzuwarten — wie wenig Sie bei einem solchen doppelten Abdruck riskiren, mag Ihnen der Umstand bezeugen, daß eben jetzt, ein Jahr nach der Herausgabe meines ersten Trauerspiels »Die Ahnfrau«, der wiener Verleger Wallishausser mir angekündigt hat, daß die erste Auflage von 1500 Exemplaren fast vergriffen sei. Wenn das der Fall mit einem Wallishausser ist, dessen Absatz und Verbindung mit dem übrigen Deutschland so gering ist, daß ein Brockhaus ein Jahr nach dem Erscheinen des gedruckten Werks fragen kann: ob es denn überhaupt schon gedruckt sei? was wäre nicht bei dem Stande Ihres Verkehrs zu hoffen; wozu noch kommt, daß mein Name gegenwärtig denn doch nicht mehr so fremd in Deutschland klingt als beim Erscheinen der »Ahnfrau«. Für jeden Fall aber forderte die honnêteté, mit der Herausgabe der »Sappho« doch so lange zu warten, bis die Bühnen, welche mir das Manuscript abgenommen haben, mit der Aufführung zu Stande gekommen sind.

Was im Falle eines wechselseitigen Verständnisses das Honorar betrifft, so müßte ich Sie ersuchen, einen bestimmten Betrag auszusprechen, da ich mich auf Berechnung nach Seiten und Zeilen und auf Vergleichung der Handschrift mit dem Druck nicht verstehe. Nur muß ich bekennen, daß, soviel ich herausklügeln kann, das Honorar von vier Karolin für den Bogen von sechzehn Seiten mit kleiner Schrift den Preis nicht erreichen würde, den ich bei mir selbst ungefähr festgesetzt habe. Vier Karolin mögen ein allerdings ansehnliches Honorar für Erzählungen und Gedichte und historische Darstellungen &c. sein, wie man sie, halb zur eigenen Unterhaltung, halb eben der vier Karolin wegen, für Taschenbücher macht. Auf meine »Sappho« habe ich die Frucht mühevoller Studien, vielleicht künftige Lebensjahre verwendet, und — ich hoffe, sie soll einige Almanachsjahrgänge überleben. Sie haben die »Sappho« noch nicht gelesen; ich bitte, thun Sie es, ehe Sie mir antworten.

Sie werden über meinen langen Brief, als Antwort auf Ihren kurzen, lachen. Er gilt aber auch nur dem Kunstfreund Brockhaus, der Buchhändler mag sich die Daten heraussuchen, die ihm zu wissen noththun.

Leben Sie recht wohl.

Ihr ergebener F. Grillparzer.

Brockhaus dankte am 6. Mai Grillparzer für seine Bereitwilligkeit, bemerkte aber dabei: nach dem, was ihm sein Freund Böttiger in Dresden (von dem er »so viel Herrliches« über die »Sappho« gehört) über den Umfang des Stücks mitgetheilt, könne es doch nicht in die »Urania« aufgenommen werden, und da es vorab auf den ersten Bühnen gegeben werden solle, so sei es überhaupt noch nicht an der Zeit, es drucken zu lassen. Der Brief schließt:

4949 Der Verfasser kann es sich nicht versagen, bei dieser Gelegenheit einen an ihn gerichteten poetischen Brief Rückert's mitzutheilen, der sich auf diese Gedichte bezieht, zu denen er durch Uebersendung einer Nummer der »Deutschen Allgemeinen Zeitung« (in welcher der Sänger der Freiheitskriege zu einem Aufrufe an das deutsche Volk für die Sache Schleswig-Holsteins aufgefordert wurde) überhaupt den ersten Anstoß gegeben.