Za darmo

Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

Tekst
Autor:
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Vor einigen Tagen habe ich Ihnen über unsere persönlichen Angelegenheiten geschrieben, heute schreibe ich Ihnen blos über Baggesen.

Sie haben einmal das mühselige und delicate Geschäft übernommen, zwischen uns als Vermittler aufzutreten! Es ist mir dies unendlich lieb. Wer sollte es sonst thun? Und eine persönliche Ausgleichung scheint mir nicht möglich. Ich habe bereits vorgeschlagen und auch Ihnen schon mehrmals gesagt, daß ich mich über die etwaigen Differenzen zwischen uns dem Gutachten jedes verständigen und unparteiischen Mannes unterwerfen will. Ich habe gleich eine Anzahl solcher Männer vorgeschlagen: Villers, Perthes, Kerner, Würtz, Sie selbst, wenn Sie wollen! Baggesen antwortet hierauf nicht und nichts. Er sagt, Cotta würde die Sache in sich berichtigen. Diesem muß ich widersprechen, wenn Cotta gegen mich wahr gewesen ist. Mir hat er auf der leipziger Messe persönlich gesagt, daß er auch nicht das Geringste von Baggesen's Verhältnissen zu mir wissen wolle und er auf keine Weise ferner darin wirken oder eingreifen möchte. Ich erkläre indessen wiederholt: daß ich mich unbedingt dem Gutachten jedes verständigen Mannes bei meinen Differenzen mit Baggesen unterwerfen werde, wenn Baggesen eine gleiche Erklärung und Gewährleistung gibt, und habe ich selbst dagegen nichts, wenn wir diesen Schiedsrichter blos in Paris wählen, wo Baggesen die Bequemlichkeit hat, demselben mündlich alle nähern Elucidationen zu geben, wogegen ich blos mit todten schriftlichen Erinnerungen einkommen könnte. Legen Sie oder Baggesen dies nicht als Uebermuth aus; es ist blos die innere Ruhe meines Bewußtseins, gegen Baggesen immer als ein rechtlicher und braver Mann gehandelt zu haben. So kann, denke ich, nie ein Urtheil einfacher, verständiger Menschen auch gegen mich sein, es sei denn in Sachen des Verstandes, worin ich irren kann: und davon überzeugt zu werden, thut mir nicht weh. Sie, Herr Fauriel, sind indessen jetzt einstweilen zwischen uns getreten: es ist möglich, daß dadurch eine Ausgleichung in unsern Geschäftsangelegenheiten kann bewirkt werden; und da ich nichts mehr verlange als das, so folge ich Ihrer Einladung: genau anzugeben, was ich von Baggesen verlange.

Sie, Herr Fauriel, sagen: »stricte genommen, könne ich nichts verlangen als quelques volumes de correspondance«. Es ist wahr, nur hierüber existirt zwischen Baggesen und mir ein Contract in Form. Ich bin indessen der Meinung gewesen, daß ein schriftlich oder mündlich gegebenes Wort einen rechtlichen Mann noch weit mehr binde als ein Contract. Diesen (einen Contract) muß auch ein Schurke halten, weil ihn die Gesetze dazu zwingen, — das gegebene Wort zu halten, ist dagegen ein Wahrzeichen des Mannes von Ehre und reiner Rechtlichkeit. Diesem ist das Wort mehr als der Contract. Zwischen Ihnen, Herr Fauriel, und mir existirt auch kein Contract in Form, aber ich bin moralisch gewiß, daß es Ihnen nie in den Sinn kommen werde, darum unserer Abrede nicht nachkommen zu wollen; es wird mir ebenso wenig je einfallen.

Habe ich Unrecht, wenn ich diese Grundsätze auf Baggesen's Verhältnisse zu mir anwandte? oder auf meine Verhältnisse zu Baggesen? Ich wenigstens habe darnach gehandelt und würde nicht aufgehört haben darnach zu handeln.

Also Baggesen hat mir außer den contractmäßig zugesagten »Briefen« auch sein liebstes, ihm theuerstes, seinen Genius am klarsten aussprechendes Werk, die humoristische Beschreibung seiner Reisen unter dem Titel: »Dichterwanderungen«, hundertmal mündlich und ebenso oft schriftlich, oder vielmehr das in jedem Briefe seit zwei Jahren zugesagt. Die Zeit der Ablieferung des Manuscripts dazu ist nicht im Allgemeinen nur bestimmt worden; nein, der Monat, die Tage gar waren es von Baggesen selbst. Auf beides geschahen auch die à conto-Zahlungen, die auf Ihre Vermittelung statt hatten. Ich habe sie auf diese so bestimmten und von meiner Seite nach meinen Grundsätzen verbindend geglaubten Zusagen mehrmalen dem ganzen deutschen Publikum nach deutscher Buchhändler-Sitte als erscheinend angekündigt. Die Ehre meiner Buchhandlung erfordert, daß ich diese im Vertrauen auf Baggesen's Worte dem deutschen Publikum und dem deutschen Buchhandel gegebene Zusage halte; ich kann es darum nie zugeben, daß eine andere Buchhandlung diese Werke je herausgebe. Ich muß mein, im Vertrauen auf Baggesen's Wort gegebenes Wort erfüllen. Baggesen muß mich darin unterstützen. Er kann es. Es ist hier von keiner genialen Schöpfung irgend eines dichterischen Werks die Rede, sondern nur von der Herausgabe von Collectaneen, die existiren und bereits in Baggesen's Händen sein müssen (den Briefen); dann von der Herausgabe einer Reise, die schon einmal oder gar zweimal in dänischer Sprache (wenigstens zum Theil) von Baggesen herausgegeben ist, und zu der, um sie mir im Manuscript deutsch zu liefern, nur einige assiduité erforderlich ist. Hätte Baggesen mit mir einen Contract über die Vollendung der »Oceania« gemacht, ich würde auf dessen Erfüllung, insofern Baggesen nicht in seinem Innern dazu den Beruf und den Impuls fühlen möchte, nie dringen. Es ist klar wie der Tag, daß zur Haltung eines solchen Contracts der höchste innere Beruf da sein müsse, weshalb über solche Werke auch nie im voraus Contracte gemacht werden.

Es ist das aber durchaus nicht der Fall mit der Herausgabe von wirklich geschriebenen, also schon daseienden Briefen über philosophische und literarische Gegenstände, die sich in Baggesen's Portefeuille befinden werden oder befinden müssen, weil er darüber contrahirt. Es ist dies derselbe Fall mit der Herausgabe seiner Reisen, von denen wenigstens ein Theil (mehrere Bände) bereits in dänischer und auch in deutscher Sprache erschienen sind, und die nur, wenn Baggesen ihnen keinen höhern und andern Charakter geben will, allenfalls von ihm übersetzt oder überarbeitet zu werden brauchen. Voltaire konnte z. B. von einem Buchhändler nicht angehalten werden, seine »Henriade« zu dichten, aber es konnte von Voltaire verlangt werden, wenn er darüber contrahirt hatte, — daß er seine Correspondenz mit Friedrich, d'Alembert &c. herausgab oder die französische Ausgabe eines Werks, das von ihm früher in irgend einer andern Sprache geschrieben war.

Ich glaube, man muß diese von mir hier aufgestellten Fälle sehr bestimmt unterscheiden und dadurch fühlen, daß ich keineswegs etwas Absurdes verlange, wenn ich von Baggesen das mir Zugesagte wirklich fordere. Auch hat Baggesen mir so oft geschrieben, daß dies Alles nur noch der letzten Revision und Feile bedürfe, daß alle Materialien da und schon geordnet seien, um nicht annehmen zu müssen, daß es auch wahr und es ihm mithin ein Leichtes sei, seine Zusage gegen mich zu erfüllen und mich dadurch von dem Versprechen zu acquittiren, was ich im Vertrauen auf Baggesen dem ganzen deutschen Publikum mehrmalen und wiederholt gegeben habe — und das also, meiner Ehre als Buchhändler wegen, ich auch halten muß. Daß diese Rechtlichkeit und dieser Ehrgeiz mich bei dieser Transaction hauptsächlich allein leiten und nicht anderes Interesse, kann Baggesen gewiß am besten beurtheilen, da es ihm nicht unbekannt sein wird, daß meiner Buchhandlung jede Verbindung mit den ersten Talenten Deutschlands leicht ist, und er es gewiß sehr gut weiß, wie geringen pecuniären Vortheil ich seither vom Verlage seiner Werke gehabt habe.

Was dagegen Herr Baggesen von mir verlangt, sei es in Rücksicht des Honorars oder sonstiger Verbindlichkeiten, wird er mir nun eben so offen und einfach sagen, als ich ihm Vorstehendes gesagt habe. Ob ich gleich vollkommen weiß, was meine Verbindlichkeiten sind, so halte ich es doch für unziemlich, darin die Initiative anzugeben.

In Rücksicht Ihrer Garantie, Herr Fauriel, wegen der bezahlten 50 Louis (500 Fl.), so nehme ich Ihre neuere Garantie gewiß nicht an. Ich habe geglaubt, daß die ältere unbedingt wäre. Irrte ich mich darin, so thue ich gern Verzicht darauf auch. Eine spätere anzunehmen, verbieten mir meine Grundsätze.

In dem nächsten Briefe, aus Amsterdam vom 15. October 1809, schreibt Brockhaus an Fauriel:

... Da Sie einmal Herrn Baggesen meinen Brief vom 11. August mitgetheilt haben, so habe ich Herrn Baggesen weiter nichts zu sagen, als ihm den Inhalt dieses Briefs in seinem ganzen Umfange zu bestätigen. Ihn zu wiederholen, würde für mich Zeitverschwendung sein — ihm nur eine, wenn auch nur geringe Ausgabe verursachen. Bei mir gilt es überhaupt nur des alten deutschen Grundsatzes: »Ein Wort ein Mann; ein Mann ein Wort.« Was ich Herrn Baggesen von jeher und Ihnen in diesem Briefe vom 11. August zugesagt habe, wird mir immer der heiligste Contract sein.

Ich habe ihn indessen schon seit Jahren erfüllt, an Herrn Baggesen ist die Reihe jetzt, zu handeln ...

Was Sie von den Memoiren des Colonel Massenbach sagen, kann richtig sein; Sie werden sich aber erinnern, daß Sie nach der Ankündigung doch meinten: ein »Précis« davon würde für Frankreich viel Interesse haben können, und das Werk ist auf jeden Fall weit anziehender, als die erste Ankündigung noch erwarten ließ. Indessen ist es mir sehr gleichgültig, ob diese Werke in Frankreich erscheinen, da, als kaufmännische Entreprise betrachtet, der Debit in Deutschland &c. mich zu meiner Genugthuung entschädigt. Der dritte Band ist eben erschienen.

Weder auf das Mémoire vom 11. August noch auf vorstehende Bestätigung desselben vom 15. October scheint eine Antwort Baggesen's in Worten oder Thaten erfolgt zu sein.

Brockhaus entsagte jetzt allen weitern Versuchen, durch Fauriel auf Baggesen einzuwirken, obwol Fauriel selbst darin nicht nachließ, und resignirte sich, von Baggesen trotz wiederholter Vertröstungen weder die ihm geleistete Vorausbezahlung zurückerstattet, noch die ihm versprochenen Manuscripte gesandt zu erhalten.

 

In seinen beiden nächsten Briefen an Fauriel wird wieder Anderes besprochen und Baggesen nur nebenbei erwähnt. Indessen mögen sie des Zusammenhangs wegen gleich hier folgen.

Unterm 8. November 1809 schreibt Brockhaus:

Mit recht großer Ungeduld sehe ich Berichten von Ihnen entgegen wie von Herrn Würtz über das, was Sie mit dem Druck der »Parthénéide« beschlossen haben, und hoffe ich zugleich, daß mit dem Druck bereits der Anfang gemacht sein wird. Ich habe von Ihnen einen Brief (ohne Datum) erhalten, worin Sie mir Ihren Vorsatz melden, ehestens mit Didot zu Würtz zu gehen. Es wird das geschehen sein seitdem, worüber ich nun Ihre Berichte erwarte.

Den sonstigen Inhalt dieses Ihres Briefs werde ich ein andermal beantworten. Heute habe ich eine besondere Ursache, Ihnen zu schreiben.

Kapellmeister J. F. Reichardt, bekannt unter anderm durch seine »Lettres confidentielles sur Paris«, worüber zur Zeit der Erscheinung auch in Paris viel in Journalen geschrieben wurde, übrigens als einer der größten Componisten unserer Zeit berühmt, gibt in unserm Verlage unter dem Titel: »Briefe über Wien und die österreichischen Staaten; geschrieben auf einer Reise dahin in den Jahren 1808 und 1809 von J. F. Reichardt« ein Werk heraus (in zwei Bänden), das sicher allenthalben mit Begierde wird gelesen werden. Ich bin überzeugt, daß es auch in Frankreich sehr viel Käufer finden wird, wenn davon zeitig eine französische Ausgabe erschiene. Ich könnte eine solche Unternehmung dadurch sehr begünstigen, wenn ich zu dem Endzwecke die Bogen, sowie sie einzeln aus der Druckerei kommen, gleich nach Paris schickte, und wäre es dadurch möglich, daß die französische Ausgabe auf einige Tage noch mit dem Original zugleich erschiene. Um einigermaßen Stil und Manier des Verfassers beurtheilen zu können, sende ich Ihnen heute vier Aushängebogen davon sous bande zu. Es kommt mir vor, daß zu dieser Entreprise sich leicht eine pariser Buchhandlung verstehen würde, sei es nun für gemeinschaftliche Rechnung, oder daß sie mir ein gewisses Honorar bezahle für die Mittheilung der einzelnen Bogen. Mir ist beides gleich und füge ich hierunter für jeden Fall meine Bedingungen bei. Sehr angenehm wäre es mir, wenn Sie die Güte hätten, über diese Entreprise mit einigen Buchhandlungen zu sprechen und im Fall auf eine meiner Bedingungen entrirt würde, mir davon gleich Nachricht zu geben, damit ich die übrigen Bogen, sowie sie fertig würden, gleich absenden könne. Noch in diesem Monate wird der erste Band und im December der zweite Band fertig.

Ich sollte denken, daß diese Entreprise etwas für Buisson oder Nicolle oder Collin, oder auch für Treuttel & Würtz passend wäre.

Verzeihen Sie, daß ich Sie wieder damit belästige. Ich hoffe, Sie geben mir Gelegenheit, Ihnen wieder einmal nützlich zu sein.

Nichts Neues von Baggesen?

Darauf folgen zwei detaillirte Contractsvorschläge zu einer französischen Uebersetzung des Reichardt'schen Werks, die in mehrfacher Hinsicht interessant sind. Sie zeigen, daß Brockhaus in einer Zeit, die weder den Schutz des geistigen Eigenthums noch viel weniger internationale Verträge zum Schutz von Uebersetzungen kannte, diese Verhältnisse bereits ins Auge faßte, und daß er in sehr geschickter Weise Versuche machte, trotzdem auch von dem ausländischen Markte Nutzen zu ziehen.

Die beiden Vorschläge, die Fauriel einem französischen Verleger zur Auswahl vorlegen sollte, lauten:

Erster Vorschlag

1) Ich theile die einzelnen Bogen, sowie sie aus der Druckerei kommen, in doppelten Exemplaren sogleich mit und sende sie an die mir aufgegebene Adresse sous bande nach Paris.

2) Ich erhalte für diese Mittheilung für jeden Bogen 1 Louis, zahlbar per Billet à Ordre à 3 mois de date vom Datum der Lieferung des ersten Bogens.

3) Das Billet bleibt in den Händen eines Dritten, bis der letzte Bogen jeden Bandes abgeliefert ist. Sobald dies geschehen, wird mir das Billet zugestellt und für den zweiten Band wieder ein gleiches Billet gemacht, womit es ebenso gehalten wird. Jeder Band wird zu 30 Bogen gerechnet.

4) Bis zum 15. December circa wird der erste Band und bis zum 15. Januar der zweite Band ganz ausgedruckt sein.

Zweiter Vorschlag

1) N. N. in Paris verbindet sich mit uns zur gemeinschaftlichen Herausgabe auf gemeinschaftliche Kosten.

2) Wir erhalten für die Mittheilung der Idee und der Bogen per jeden Bogen 1 Louis, die mit in die generale Unkostenrechnung kommen, sodaß wir selbst die Hälfte davon tragen.

3) N. in Paris besorgt Uebersetzung, Druck und Papier.

4) Nach Vollendung des Druckes werden die generalen Unkosten aufgemacht und N. in Paris remboursirt sich für die Hälfte der Unkosten auf uns per Tratte à 3 mois, wobei uns indessen die Vergütung des 1 Louis per Bogen in Abzug gebracht wird.

5) N. in Paris besorgt den Debit in Frankreich und Alles, was von Paris aus verlangt wird. Wir besorgen ihn in Deutschland und Holland und rechnen zu dem Zwecke 200 Exemplare für unsere Rechnung, wofür wir ein Billet, zahlbar in 12 Monaten, an N. geben, der bei finaler Abrechnung uns selbst eventuell damit bezahlen kann.

6) Nach Verlauf von 6 Monaten gibt Herr N. in Paris an, was verkauft ist und was eingenommen, und wird derselbe die Hälfte der Einnahme per Billet à 3 mois an mich bezahlen.

7) N. in Paris erhält für Delcredere und für seine Bemühungen 10 Procent Provision vom reinen Ertrage des Verkauften.

8) Bei einer zweiten und weitern Auflage wird nach denselben Grundsätzen verfahren.

9) Es wird eine Conventionalstrafe von 50 Louis für Den festgesetzt, der irgend eine Bedingung nicht hält.

10) Es wird ein förmlicher Contract gemacht, den beide Theile zeichnen.

Das hier besprochene Project selbst ließ Brockhaus übrigens auf Fauriel's Rath fallen, wie aus seinem nächsten Briefe an diesen vom 4. December 1809, der zugleich wieder interessante Einblicke in seine Verlegerthätigkeit gewährt, hervorgeht. Er schreibt:

Sie haben Recht, es ist zum Tollwerden mit der »Parthénéide«. Mir ist es nun auch wirklich zum Nachtheil, daß sie nicht im December fertig wird. In Deutschland, Oesterreich u. s. w. kommt, was nicht im December versandt wird, auf sogenannte neue Rechnung, die ein Jahr später bezahlt wird. Ich empfehle Ihnen nochmal dringend die schleunigste Beförderung an, und daß mir die Bogen einzeln, wie sie aus der Druckerei kommen, zugesandt werden. Von Forssel's Gravüre hätte ich gern einen Probeabdruck erhalten! Daß auch weder Sie, noch Würtz, noch Forssel daran gedacht haben!

Ich bin Ihnen recht vielen Dank schuldig für Ihre Mittheilung wegen Reichardt. Ihre Bemerkungen über dieses Werk sind vollkommen richtig: er ist sehr discret geworden! Das Buch paßt nicht für Frankreich. Was für Frankreich Interessantes darin wäre, darf nicht in Frankreich gedruckt werden, und was dort darf gedruckt werden, ist zu individuell für Deutschland geschrieben, als daß man es in Frankreich goutiren könnte. Ich habe also, aus Sorge für Würtzens Interesse mit, auf die ganze Idee für Frankreich Verzicht gethan. Ich werde Ihnen ein Exemplar davon zusenden.

Es erscheint noch ein zweites Werk bei uns über Wien, wozu der Verfasser sich nicht nennt. Kann dieses in Paris übersetzt werden, so würde es außerordentliches Aufsehen machen. Aber ich zweifle daran, da wir wegen des Druckes selbst in Deutschland große Schwierigkeiten finden. Sie werden auf jeden Fall das Original von mir erhalten.

Hierbei eine kleine Pièce, von der wir hier in acht Tagen 3000 Exemplare verkauft haben. Man wundert sich, daß sie nicht verboten wurde.

Man erhält dorten leichter englische Bücher und Journale als hier. Sollte es nicht möglich sein, daß Sie mir von Galignani, Borrdis oder irgend Jemandem, der die englischen Journale regelmäßig erhält, folgende drei Werke verschafften:

1) The life of W^m. Pitt by Gifford, 5 vol.

2) Coxe's History of Austria, 2 vol.

3) J. Adolphus: The political State of the British Empire, 4 vol. (1809).

Wenn es Ihnen gelänge, diese drei Werke mir bald (etwa mit den Gelegenheiten, womit die englischen Journale dort so regelmäßig ankommen) verschaffen zu können, so würden Sie mich sehr verpflichten. Die Regierung soll darin liberal sein.

An das, was Sie mir von Baggesen sagen, glaube ich blutwenig. Er wird nicht nach Dänemark reisen, er wird mir nicht schreiben, er wird nicht nach Amsterdam kommen, er wird mir nichts liefern.

Ich habe nichts dagegen, daß Sie einige Exemplare Ihrer »Parthénéide« auf dem schönsten Velin drucken lassen! Für Ihr Bedürfniß nehmen Sie übrigens so viel Exemplare der gewöhnlichen Ausgabe als Sie wollen. In Deutschland bewilligt man dem Verfasser gemeiniglich 12 — 16 — 18.

Leben Sie wohl. Und melden Sie mir ja endlich etwas Endliches über die ewige »Parthénéide«.

Ganz Ihr
Brockhaus.

Nur wenige Wochen liegen zwischen diesem Briefe und dem folgenden, dem letzten, den Brockhaus, soviel wir wissen, an Fauriel richtete; aber diese Wochen schließen den größten Schmerz in sich, von dem er in seinem schweren Leben betroffen wurde: den Verlust seiner heißgeliebten Frau. Tief erschüttert theilt er dem Freunde diese Trauerkunde mit und bittet ihn, auch Baggesen davon zu unterrichten, indem er diesem in edler Weise die Hand der Versöhnung reicht.

Er schreibt an Fauriel am Heiligen Abende vor dem Weihnachtsfeste, wol dem traurigsten, das er je erlebte, am 24. December 1809:

Ich erhalte in diesem Augenblicke Ihren Brief vom 18. d. M. Ich antworte Ihnen heute gleich einige Zeilen darauf, da ich im Begriff stehe, aus der unglücklichsten aller Ursachen eine Reise zu machen, die mich drei Wochen von hier wegweisen wird.

Ich habe am 8. dieses an den Folgen einer etwas zu zeitigen Niederkunft meine theure angebetete Gattin verloren! Für mich ist jetzt keine Ruhe, kein Glück mehr auf der Welt. Ich habe mit ihr Alles verloren, was mich mit der Menschheit verband. Auch meine Kinder — fesseln mich nicht mehr, denn sie mahnen mich an die Verklärte. Der namenloseste Schmerz drückt mich nieder. Ich bin unsaglich unglücklich geworden!

Sagen Sie Baggesen mein Unglück. Er kannte die Verewigte. Er war vor zwei Jahren Pathe bei unserm Max. Glücklicher Tag! Wie hat sich durch diesen Tod für mich Alles — Alles — in finstere Nacht verwandelt. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen. Meine Reise hat zur nächsten Absicht, meine Kinder von hier weg, und zu unserm Vaterlande, nach Deutschland, zurückzubringen, zu unsern Aeltern, Verwandten und Freunden. Wir waren hier fremd und durch einen Orkan aus unsern primären Verhältnissen dort gerissen, hier an dieses unwirthliche Ufer verschlagen worden. Sophie sah das gute Vaterland nicht wieder! Ich kehre einstweilen in einigen Wochen zurück, bis ich Gelegenheit finde, Amsterdam ganz zu verlassen — hier ist kein Glück mehr für mich.

Ich schreibe Ihnen diese Zeilen, damit Sie wissen, warum Sie in einigen Wochen nichts von mir hören. Ich sage Ihnen heute nichts von Geschäften, nichts von der »Parthénéide«, nichts von allen weitern Ideen Ihres interessanten Briefes.

Sie sind gewiß ein wackerer und ein gefühlvoller Mann. Sie werden ahnden, wie gleichgültig mir für den Augenblick jedes mercantilische Geschäft sein müsse. Nur was Pflicht unbedingt von mir fordert, kann jetzt geschehen. Darum wird auch nichts von meinem Comptoir versäumt werden, was auf die Beförderung der »Parthénéide« Bezug hat. Ich erlaube mir selbst Sie und Herrn Würtz dringend zu bitten, die wirkliche Erscheinung derselben möglichst zu beschleunigen.

Die Aushängebogen erwarte ich, sowie sie aus der Presse kommen, einzeln hierhin. Ich werde sie mir nachkommen lassen. Lassen Sie Herrn Würtz nicht die 500 Exemplare, die wir für Deutschland bestimmen, auf einmal hierhin senden: 250 Exemplare sende Herr Würtz über Frankfurt nach Leipzig, und hierhin 100 Exemplare, beides par diligence.

 

Jeder Sendung werden 5 Velin-Exemplare beigefügt. Die Exemplare hierhin müssen zur Hälfte brochirt sein. Die leipziger brauchen es gar nicht zu sein. Die Kupfer werden sorgfältig eingelegt, und wir von Allem unterrichtet per directen Brief. Ich hoffe und erwarte selbst, daß die Absendung noch im Januar geschehen könne.

Lassen Sie Baggesen in meinem Namen 5 Exemplare auf Velin anbieten, als ein Zeichen meiner Verehrung und Freundschaft. Die Wehmuth, die jetzt meine Seele erfüllt, läßt mir keinen Raum mehr für feindselige Verhältnisse irgend einer Art. Sagen Sie auch dies Baggesen. Er verlor einst ebenfalls eine Sophie! Er ist ein gefühlvoller Mann; er kannte auch meine Sophie! Er weiß also Alles, was ich verloren. In solchen furchtbaren Momenten schließen sich menschliche Herzen wieder aneinander. Ich bitte ihn selbst um diese neue Näherung!

Leben Sie wohl und bedauern Sie

Ihren unglücklichen
Brockhaus.

Dieser Brief bildet einen schmerzlichen, aber gewiß für Brockhaus höchst ehrenvollen Abschluß seiner Zerwürfnisse mit Baggesen: er reicht dem frühern Freunde, obwol dieser ihm als Geschäftsmann den empfindlichsten Schaden bereitet, die Hand, unfähig, den Streit über das Grab seiner Frau hinaus, die auch von Baggesen verehrt worden war, noch fortzusetzen. Fauriel's und Baggesen's Antworten auf diesen Brief sind uns nicht bekannt.

Während der ganzen unerquicklichen Verhandlungen mit Baggesen hatte sich Brockhaus übrigens stets edel, uneigennützig und versöhnlich gezeigt. Ein aus Schriftstellern und Buchhändlern zusammengesetztes Schiedsgericht, wie er es Baggesen wiederholt vorgeschlagen, würde schwerlich damals anders entschieden haben oder heutigentags anders entscheiden, als daß Brockhaus im Rechte gewesen und richtig gehandelt, daß Baggesen aber seine gegen Brockhaus eingegangenen Verpflichtungen nicht gehalten und gegen ihn, ganz abgesehen von ihren freundschaftlichen Beziehungen, überhaupt nicht so verfahren habe, wie es glücklicherweise sonst Brauch ist zwischen Schriftstellern und Buchhändlern.

Der hier als Versöhnung wirkende Tod bildete nach vielen Seiten hin einen Wendepunkt in Brockhaus' Leben: er war die nächste Veranlassung, daß dieser Amsterdam bald für immer verließ; er nahm ihm die treue Gefährtin seines Wirkens und Schaffens, zu der er sich immer geflüchtet hatte aus all dem Widrigen, das ihm im Leben beschieden war; er brachte ihn in neue Verhältnisse, die zunächst verwirrend und betäubend auf ihn wirkten und aus denen er sich nur schwer hindurchzuarbeiten vermochte.

Diese unmittelbar auf den Tod seiner Frau folgende Zeit, die als die eigentliche Sturm- und Drangperiode seines Lebens bezeichnet werden kann, obwol es ihm auch bisher nicht an Sturm und Drang gefehlt hatte, umfaßt die anderthalb Jahre von Ende 1809 bis zum Frühjahre 1811.