Mit Dem Wind

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„Vielleicht. Es ist eine Art Selbstschutz. Man könnte es eher aushalten, wenn es besseres Essen gäbe.“

„Stimmt. Man wartet förmlich darauf, dass es eine Meuterei gibt“, bemerkte er trocken.

„Meinst du, das Monster versteckt das gute Essen vor uns?“

„Ich ... ich ...“, stotterte Charles.

„Wir sollten gehen und nachsehen, solange er schläft“, sagte sie mit schelmischem Grinsen.

„Anjou, nein.“

„Wo ist die Küche“, fragte sie und ignorierte seine Warnungen.

Charles lachte.

„Was amüsiert dich?“, fragte Anjou. Sie sah sich auf dem Deck um und bemerkte die misstrauischen Blicke der Matrosen, die sie beobachteten, als sie in der Nähe des Vorderdecks standen. Sie ignorierte die Blicke und ging weiter, um einen großen Mast herum, stieg über Taue und Haken, hin zur Mitte des Decks.

„Es gibt keine Küche auf einem Schiff.“

„Woher soll ich das wissen? Bring mich zu dem Ort, wo das Essen zubereitet wird und die Nahrungsmittel lagern.“

Charles schenkte ihr ein schwaches Lächeln und wies sie mit dem Kopf an, ihm zu folgen. Das Schiff war größer, als sie es sich vorgestellt hatte, obwohl sich das Deck im Vergleich zu dem endlosen Meer klein anfühlte. Er führte sie eine weitere Leiter hinab, durch einige enge Durchgänge und in einen dunklen Raum, den er als Laderaum bezeichnete. Hier gab es eine unglaubliche Menge an Nahrungsmitteln in Säcken und Fässern und Anjou schnappte irritiert nach Luft.

„Ich kann es kaum glauben“, rief sie aus. „Warum bekommen wir zu jeder Mahlzeit Haferschleim?“

Charles zuckte die Schultern. „Ich nehme an, du könntest ihn das selbst fragen.“

Sie sah ihn an und zog ein albernes Gesicht. „Du bist, wie immer, der hilfreichste Bruder von allen. Du weißt, dass ich mit diesem Grobian nicht sprechen will.“

„Erst war er ein Monster und jetzt ein Grobian, was?“

Sie ignorierte ihn und hielt die Laterne höher. „Das ganze Essen wird schlecht werden, wenn es nicht gegessen wird! Oder füttert er seine Besatzung und ich bin die Einzige, die wie ein Sklave ernährt wird? Kannst du mich zum Koch bringen, Charles?“

Er blickte sie zögernd an.

„Soll ich ihn selbst suchen?“, drohte sie ihm.

„Ich werde dich zur Kombüse bringen. Ich weigere mich, mit dir zu den Unterkünften der Besatzung zu gehen.“

Er ging mit ihr zurück und auf das Zwischendeck des Schiffes.

Ein Schiffsjunge stocherte im Feuer in einem großen Ofen, der mitten im Raum stand und füllte den Kessel auf, der darüber hing. Entlang der Wände standen Schränke und Regale als Stauraum.

Er nahm nervös Haltung an, als er seine Besucher bemerkte.

„Mein Name ist Anjou“, sagte sie freundlich, um den Jungen zu beruhigen.

„Der Name ist Biggs, m‘lady.“

„Sind Sie der Koch, Biggs?“, fragte Anjou.

„Ja“, sagte er unsicher. „Also, nein. Der Koch kam nicht mit auf diese Reise.“

„Ist Haferschleim das Einzige, was Sie zubereiten können?“

„Ja“, antwortete er schüchtern.

Anjou riss die Hände hoch. „Gibt es hier Fisch?“

„Im Meer.“

„Ja, das weiß ich“, sagte sie geduldig. „Gibt es Fisch im Lager?“

„Nein, außer ein paar Heringen im Fass. Wir essen keinen frischen Fisch, bis das Fleisch gegessen ist oder wir eine Flaute haben. Der Käpt’n hält dafür das Schiff nicht an. Aber es gibt genug Fleisch und der Koch bereitet es genauso zu wie den Fisch.“

„Könnten Sie mir dann freundlicherweise etwas Fleisch holen?“

Der Schiffsjunge ging in den Laderaum, wie es ihm Anjou gesagt hatte.

„Was wirst du damit machen?“, fragte Charles.

„Aidan hat mir beigebracht, wie man Fisch brät“, erklärte sie.

„Werden die Wunder niemals aufhören?“, grübelte Charles.

„Du brauchst nicht so überrascht auszusehen“, sagte sie kurzangebunden.

„Zu meiner Verteidigung: Damen gehen nicht oft in die Küche und ich habe niemals gesehen, dass du etwas zubereitet hast.“

„Vielleicht nicht, aber ich habe gelegentlich gesessen und dem Koch zugesehen, vielleicht erinnere ich mich an etwas. Davon abgesehen, wenn du nicht noch weitere Wochen lang Haferschleim essen möchtest, muss ich es zumindest versuchen.“

„Ich nehme an, dass ein Versuch nicht strafbar ist.“

Der Schiffsjunge kam mit einem Fass zurück und hatte einen Sack über den Rücken geworfen. In dem Fass war eine große Hammelhälfte und im Sack Kartoffeln und Möhren. Er stemmte den Deckel auf und schüttete den Inhalt auf den Tisch.

„Das sieht nicht wie Fisch aus“, sagte Anjou, die auf den Berg von Nahrungsmitteln starrte.

„Ich bin das Fleisch holen gegangen und dabei fiel mir ein, dass der Koch dazu Kartoffeln und Möhren gemacht hat, wenn wir welche hatten“, sagte er stolz.

Anjou versuchte, kein angewidertes Gesicht zu ziehen, als sie das rohe Fleisch auf dem Tisch vor ihr sah. Der Fisch war schon furchtbar genug gewesen, aber das hier war noch schlimmer.

„Ich erinnere mich daran, dass unser Koch die Möhren und die Kartoffeln in einen Topf mit dem Hammel für die Dienerschaft gekocht hat, Anjou. Vielleicht könntest du das zusammen in den Topf tun und es auf den Ofen stellen?“, schlug Charles vor.

„Ja, danke, soweit war ich auch schon“, sagte sie zu ihrem Bruder. „Warum hältst du nicht Ausschau nach deinem geliebten Kapitän, damit ich ihm aus dem Weg gehen kann, falls er wach wird?“

„Du meinst, du willst dich verstecken? Willst du ihm nicht sagen, dass du kochen willst?“

„Natürlich nicht! Ich habe nicht vor, mit diesem Mann zu sprechen, wenn ich es vermeiden kann.“

„Wirst du ihm etwas von dem Essen geben?“

„Es ist immer noch sein Schiff. Ich bin mir nicht sicher, wie ich das verhindern könnte. Solange er nicht weiß, dass ich gekocht habe, und glaubt, dass es Biggs hier war, werde ich mir darüber nicht den Kopf zerbrechen.“

Charles dachte für einen Moment nach. „Das kann ich unterstützen“, sagte er mit einem listigen Grinsen. „Aber lass uns nichts überstürzen; lass uns erst einmal sehen, wie der Hammeleintopf schmeckt.“

„Du kannst jetzt gehen“, wies sie ihren Bruder mit durchdringendem Blick an. Dann sah sie zu, wie der Schiffsjunge die Möhren schälte und kleinschnitt und schüttelte den Kopf. Offensichtlich war es nur zu viel für ihn gewesen, selbst darauf zu kommen.

Sie nahm ein Messer und fing selbst an zu schälen und zu zerkleinern, was schwerer war, als es aussah, bis dass sie den Topf mit Hammel und Gemüse gefüllt hatten.

Der Schiffsjunge hob den Topf auf den Herd und sie setzte sich erschöpft auf einen kleinen Hocker. Sie verspürte etwas mehr Respekt für den Koch und seine Untergebenen. Sie dachte daran, dass sie mindestens drei warme Mahlzeiten pro Tag gehabt hatten!

Biggs starrte sie an, kratzte sich am Kinn und sah verwirrt aus.

„Was ist los, Briggs?“, fragte sie.

„Ich glaube, der Koch hat noch Gewürze in den Topf getan. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, welche.“

Anjou ging zu ihm hin, wo er auf einige beschriftete Gläser starrte.

„Ich nehme an, es wird nicht schaden, wenn wir einige davon hinzugeben. Ich weiß, dass unser Koch alles gewürzt hat.“

Sie wählte drei Gläser aus. Sie öffnete die Deckel und sah hinein. Sie hatte keine Idee, wieviel sie davon nehmen sollte.

„Wissen Sie, wie viel der Koch genommen hat?“

„Ich habe keine Ahnung“, sagte er und zuckte mit den Schultern.

„Ich denke, wir versuchen heute einige und sehen dann weiter.“ Sie schüttete von jedem Glas etwas in den Topf.

„Wie lange muss es kochen?“

„Lange“, sagte er. „Normalerweise rühre ich jede Stunde um, bis ich die Glocke höre, dass es Zeit für das Essen ist. Die Besatzung isst in Schichten.“

„Das klingt vernünftig.“

„Was rieche ich da?“ Sie hörte eine laute Stimme, gefolgt von lauten Stiefeln auf dem Deck. Anjou duckte sich hinter einen Schrank. Wieso klang er immer so verärgert? Würde er wütend auf Biggs sein?

„Ist dir auf einmal eingefallen, wie man kocht, Biggs?“, fragte der Kapitän, als er sich gegen einen Balken lehnte.

Aye, aye, Sir“, sagte der junge Seemann, der Haltung angenommen hatte.

„Interessant“, sagte der Kapitän, als er seine Augen zusammenkniff. Anjou hoffte, er würde sich nicht zu gründlich in der kleinen Kombüse umsehen. Sie nutzte die Gelegenheit und sah ihn etwas genauer an. Sie wünschte, er wäre nicht so groß. Er war in Hemdsärmeln, ohne Weste und es wirkte, als würden seine Muskeln gleich den Stoff sprengen. Sie war noch nie in der Nähe eines solchen Mannes gewesen. Gegen ihn wirkten die meisten Männer in ihrem Bekanntenkreis zierlich. Ihr Bruder und ihr Vater waren in Form, aber nicht so groß. Er war rau, was seine Manieren und sein Äußeres anging, mit einem unrasierten Bartwuchs, und er strotzte nur so von Männlichkeit.

Der Kapitän bewegte sich und sie drückte sich näher an den Schrank. Er ging zu dem Topf hinüber und sah hinein. Wenn er hochsah, würde er sie sehen.

„Hammel. Alles ist besser als noch eine weitere Schüssel mit Haferschleim.“

Er nahm einen Löffel voll und schnüffelte.

„Wieviel Salz und Pfeffer hat du da hineingetan?“

„Keine Ahnung, Sir.“

Der Kapitän sah in skeptisch an. „Ich nehme an, wir werden sehen, wie es wird. Danke, dass du es versucht hast, Biggs.“ Er schlug dem Jungen freundlich auf den Rücken, was Anjou überraschte.

Vielleicht mochte er nur keine Frauen. Sie hatte gehört, dass es solche Männer gab.


„Ich sage, ich gewinne die Wette“, beharrte Edward, als sie sich auf dem Achterdeck unterhielten.

 

„Unsinn“, stritt Charles ab. „Du hast sie nicht überredet, sie hat es aus eigenem Willen gemacht.“

„Vielleicht, obwohl, soweit ich mich erinnere, waren die Bedingungen nicht so speziell.“

„Ist es wichtig, wenn du dafür besseres Essen bekommst?“

„Ich bin mir nicht so sicher, ob es besser sein wird. Ich glaube, sie hat ein halbes Glas Salz in den Kessel gekippt. Wenn man den Eintopf essen kann, fress ich meinen Hut.“

Charles lachte. „Sie wird am Boden zerstört sein, wenn es schlecht schmeckt - fast so, wie sie es sein wird, wenn sie erfährt, dass du weißt, dass sie kocht.“

„Meinst du?“, fragte Edward nachdenklich. „Vielleicht sollten wir uns hineinschleichen und es mit etwas verdünnen, man könnte es retten.“

„So etwas wie Bourbon?“, schlug Charles vor. „Würde ich meine Wette verlieren, wenn ich Bourbon in meinem Essen habe?“

Edward starrte seinen Freund an. „Ich werde es in diesem Fall ignorieren, obwohl du mich nicht erwähnen wirst, was das Kochen deiner Schwester angeht.“ Er ging zu der Truhe hinüber, in der er seinen Alkohol aufbewahrte und suchte ein paar Minuten, bis er eine Flasche herauszog. „Das sollte passen. Ist deine Schwester immer noch in der Kombüse?“

„Nein“, Charles schüttelte den Kopf. „Ich habe sie zurück in ihr Quartier geschmuggelt.“

Edward ließ sein dunkles Lachen durch den kleinen Raum dröhnen.

„Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß seit ...“, seine Stimme brach ab. „Egal. Ich werde losgehen und versuchen, das Abendessen zu retten.“

Er ging absichtlich schweren Schrittes, als er sich der Kombüse näherte, für den Fall, dass Lady Anjou zurück war. Er hatte vorher Schwierigkeiten gehabt, sich unter Kontrolle zu halten, als er sah, wie sie sich versteckte. Wenn Sie nur gewusst hätte, dass ihre Röcke an der Seite des Schranks hervorquollen! Und ihre Haare ebenfalls! Er lachte laut. Als er durch die Tür kam, runzelte Edward die Stirn. Niemand war in der Kombüse. Vielleicht war Biggs für eine kurze Pause gegangen, aber er musste jemanden haben, der auf den Herd aufpasste. Das Gefährlichste, was es auf einem Schiff gab, war Feuer. Biggs war ein guter Junge, aber nicht besonders clever. Er würde nicht zu hart mit ihm sein, weil das sein erstes Vergehen war.

„So, wollen wir mal sehen, wie der Eintopf schmeckt“, sagte er und hoffte, dass es nicht so schlecht war, wie er befürchtete. Er nahm die Kelle und probierte ein wenig von der Brühe. Er sprang und spuckte es aus. Der Geschmack war unbeschreiblich. Bei der Menge an Salz, die diese Frau in den Topf gekippt hatte, konnte sie nicht gewusst haben, dass das Fleisch schon von vorneherein gesalzen war! Er sah sich um und suchte nach einer Möglichkeit, um einiges der Flüssigkeit fortzuschütten. Er fand eine leere Schüssel und löffelte so viel heraus, wie er konnte. Dann schüttete er den Wein hinein und gab noch etwas Wasser hinzu.

„Vielleicht hilft es ja“, sagte er zu sich selbst, als er im Topf rührte. Er probierte erneut einen kleinen Schluck mit dem Löffel. „Gar nicht übel“, sagte er zum Kessel. „Es besteht noch Hoffnung.“ Mit einem selbstzufriedenen Grinsen schlich er sich aus der Kombüse. Die Schüssel mit dem versalzenen Stew hatte er dabei hinter einem Sack verborgen, um es heimlich zu entsorgen.

Kapitel Vier

So begann die Scharade, bei der sich Anjou jeden Tag in die Kombüse schlich, um bei den Mahlzeiten zu helfen. Sie verbrachte einige angenehme Tage mit dem Kochen. Solange sie unter Deck blieb, war es nicht allzu schwierig, dem Kapitän aus dem Weg zu gehen. Es sprach sich schnell unter der Besatzung herum - und die Männer fanden es gut, wie ihr Master an der Nase herumgeführt wurde. Sie gewann einen nach dem anderen für sich, vor allem, als sich ihre Kochkünste verbesserten. Das lag daran, dass sie einige Rezepte des Kochs gefunden hatte. Sie war überrascht, dass ihr erster Eintopf essbar war, als ihr auffiel, wieviel Gewürze sie genommen hatte.

Es war erstaunlich, wie sehr sich die Laune besserte, wenn man etwas Anständiges zu essen hatte. Nun, vielleicht nicht unbedingt anständig, aber es war auf alle Fälle besser, als immer und immer wieder das Gleiche zu essen. Sie stellte fest, dass ihr die Arbeit Spaß machte - es lenkte sie von ihren Sorgen ab und von der langweiligen Reise. Erbsensuppe, Sauerkraut mit gesalzenem Rindfleisch und Shepherd‘s Pie waren zwar nicht ihre Lieblingsspeisen, da sie mit einer französischen Mutter und einem französischen Koch groß geworden war, aber sie musste sich mit dem abgeben, was zur Verfügung stand. Im Laderaum, direkt unter der Kombüse, standen Fässer mit gepökeltem Fleisch und Fisch, Kartoffeln und Gerste, Kohl und Erbsen, dazu noch Mehl, Zucker und Schiffszwieback, der von den Männern liebevoll „tack“ genannt wurde. Und das waren nur die Fässer, die sie sehen konnte. Sie waren bis zur Decke gestapelt, oder in Deckhöhe, wie sie es oft von ihnen gehört hatte. Bislang hatte die Besatzung wohl nichts anderes als Haferschleim gegessen, dachte sie, als sie die riesigen Fässer näher begutachtete. Wussten sie, dass das ganze Essen hier stand? Konnte wirklich keiner von ihnen kochen? Vielleicht waren sie auch alle so überarbeitet, dass es ihnen egal war.

Sie fand ein Rezept für einen Rhabarberkuchen, das himmlisch klang. Früher hatte sie zugesehen, wie er gemacht wurde, daher hatte sie die Hoffnung, dass sie es schaffen würde. Sie fand Mehl, Zucker und Butter, aber wo war der Rhabarber? Sie ging ins Lager und sah sich um, aber sie konnte keine Fässer mit Obst finden. Vielleicht gab es irgendwo frische Zutaten, von denen sie nichts wusste. Sie würde Biggs fragen, wenn er zurückgekommen war. Sie entdeckte einen Schrank und begann darauf zuzugehen, als sie ein kratzendes Geräusch hörte. Bevor sie sich umdrehen konnte, lief etwas über ihre Füße und sie schrie auf.

Biggs kam über den Niedergang, die Arme beladen mit Eiern und einem Eimer mit Milch, der überschwappte.

„Was ist los, m‘lady?“

Sie war zu erschrocken, um zu sprechen. Stattdessen zeigte sie in die Ecke und hielt ängstlich eine Hand gegen ihre Brust.

„Hat Sie was erschreckt?“

Sie nickte.

„War vermutlich eine der Ratten. Die Katze wird sie kriegen.“

Sie raffte ihre Röcke und rannte hinter ihm die Leiter hoch, bevor sie es herausfinden konnte. Sie schaffte es bis in die Kombüse und hielt an, um zu Atem zu kommen. Ratten? Würde es auch Läuse und anderes Ungeziefer geben? Sie begann sich zu kratzen, als sie an die Nächte dachte, als sie dem Terror in Frankreich entflohen waren und Ratten, Läuse und alle anderen Arten von Unannehmlichkeiten erdulden mussten. Und jetzt hatte sie sich dem freiwillig ausgesetzt. Sie erschauderte. Die Hoffnung auf angenehme Träume hatte sich gerade in Luft aufgelöst.

„Geht es Ihnen gut, m‘lady?“, fragte Biggs, als er mit den Eiern und der Milch hinter ihr herkam.

„Ja, aber ich kann Nagetiere nicht ausstehen.“

„Der Käpt’n auch nicht. Er hat eine Katze, die sich darum kümmert.“

Eine Tatsache weniger, die sie ihm anlasten konnte, dachte sie, aber vielleicht brauchte er eine zweite Katze.

„Sind das Eier? Und Milch? Wo kommt das her?“

„Na ja, es gibt Ziegen und Hühner“, sagte Biggs mit einem Anflug von Spott. Sie wusste, wo Eier und Milch herkamen, aber sie hatte nicht gewusst, dass Tiere an Bord waren.

Einer der Seeleute stürmte die Treppe hinab und durch die Kombüse an ihnen vorbei, ohne zu nicken oder Hallo zu sagen. Er hatte einen langen, geflochtenen Zopf und eine gestrickte Mütze auf seinem Kopf.

„Er hat Angst, mit Ihnen zu sprechen. Angst, dass er seine Portion Rum verliert“, erklärte Biggs, als sie dem Mann nachstarrte.

„Hat er Ihnen befohlen, nicht mit mir zu sprechen?“

„Nicht direkt. Aber er sagt, dass man mit einer Dame anständig spricht, und die meisten wissen nicht, wie das geht.“

Ihr war aufgefallen, dass die meisten Männer in ihrer Gegenwart scheu waren, genau wie sie, und das reduzierte ihr Misstrauen ihnen gegenüber. Sie mussten durch die Kombüse, um zu ihren Quartieren zu gelangen, aber sie sagten kaum ein Wort zu ihr, obwohl sie hörte, wie sie miteinander sprachen. Sie waren ein derbes Pack, ohne Zweifel, aber sie sah, dass sie sich bemühten, auf ihre Rülpser und ihre Sprache zu achten, wenn sie in der Nähe war - zumindest das, was sie davon verstand. Die meisten Sprachen verstand sie nicht, aber jetzt wusste sie, warum sie sich so benahmen.

Der Kapitän und Charles aßen mit den Maaten im Salon des Kapitäns, und sie aß allein, obwohl man sie eingeladen hatte, sich ihnen anzuschließen. Je weniger Worte sie mit Kapitän Harris wechselte, desto besser.

Sie begann, die Zutaten für den Teig anhand des Rezeptes zu mischen.

„Biggs, wissen Sie, wo der Rhabarber ist?“

Er sah sie ausdruckslos an.

„Wissen Sie, was Rhabarber ist? Ich brauche ihn für den Kuchen.“

Er schüttelte den Kopf. „Der Koch hat nie Kuchen gemacht.“

„Ich habe das Rezept doch hier, also muss er es gemacht haben“, beharrte sie. „Ich brauche Rhabarber. Vielleicht hat der Kapitän ihn an einem speziellen Ort?“

Angst erschien auf dem Gesicht des jungen Mannes.

„Würden Sie bitte gehen und ihn fragen?“ Sie sah ihn bittend an und jeder geringere Mann wäre ihren großen, blauen Augen erlegen, von diesem schlaksigen Jungen ganz abgesehen, der kaum eine Frau sah.

Biggs schluckte hart, nickte und ging davon, um ihrer Bitte Folge zu leisten.


Edward sah vom Achterdeck hinab und erspähte Biggs, der sehr nervös aussah. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass dieser jemals hier heraufgekommen wäre. Er musste etwas für die Kombüse brauchen.

„Kann ich dir helfen, Biggs?“

„Aye, Sir.“

„Dann lass hören“, sagte er ermunternd und versuchte, mit dem jungen Mann Geduld zu haben.

„Aye, Sir. Haben Sie vielleicht etwas Rhabarber?“

„Sagtest du Rhabarber, Biggs?“

„Aye, Sir. Ich glaube schon.“

„Was sollte ich mit Rhabarber machen?“

Biggs bekam rote Wangen und verhaspelte sich mit seinen Worten. Edward versuchte, sich nicht zu sehr zu amüsieren.

„Sie, ich meine ich brauche ihn für einen Kuchen, Sir.“

„Kuchen? Gibt es einen besonderen Grund?“

Dies war eindeutig jenseits des Verständnisses des Jungen und seiner Möglichkeit zur Täuschung.

„Ich weiß es nicht, Sir.“

„Ich sag dir was, Biggs. Ich habe keinen Rhabarber. Allerdings glaube ich, dass ich genug Äpfel in meiner Kajüte habe.“

Der Junge stand wie vom Donner gerührt.

„Conners, übernehmen Sie das Ruder“, befahl Edward dem Ersten Maat.

„Aye, aye. Ruder übernehmen, Sir“, rief Connor als Antwort.

Edward führte den Jungen zu seiner Kajüte, wo er einen kleinen Korb mit den restlichen Äpfeln fand. Er hatte keine Ahnung, wie viele Äpfel man für einen oder zwei Kuchen brauchte, aber er wollte die Dame nicht enttäuschen. Er gab Briggs das Körbchen und seufzte ein wenig enttäuscht. Es gab dieses Jahr nicht viele von seinem Landsitz, aber seine Mannschaft würde begeistert sein, wenn es Apfelkuchen als Nachtisch gäbe. Er machte sich im Geiste eine Notiz, dass er beim nächsten Halt Obst für Obstkuchen besorgen musste.

„Biggs, sorgen die Männer für Unruhe in der Kombüse?“

„Nein, Sir. Nur die Ratten.“

„Eine Ratte in der Kombüse?“

„Im Lagerraum, Sir.“

„Ich werde mich darum kümmern. Und falls es irgendwelche ungehörigen Kommentare in Gegenwart der Dame oder ihrer Zofe gibt, will ich es wissen.“

„Aye, aye, Sir.“

„Soll ich helfen, die Äpfel zu tragen?“, fragte Edward, der sich einen Spaß daraus machte, die Reaktion des Jungen zu sehen.

„N-nein, Sir.“, der Junge salutierte und machte sich mit dem Obst davon.

Edward lachte in sich hinein, als Biggs davonstürmte. Diese Reise war bis jetzt die amüsanteste von allen, soweit er sich erinnern konnte. Er hätte nie gedacht, dass Lady Anjou so sehr von ihm eingeschüchtert sein würde, dass sie ihn mied oder störrisch genug, um zu tun, was sie gesagt hatte!

Sogar die Mannschaft hatte ihre Meinung darüber, eine Dame an Bord zu haben, schnell geändert.

 

Es lag wohl daran, dass Lady Anjou und ihre Zofe sich ihre Anwesenheit mit dem Kochen verdienten, und da ihnen nichts Böses passiert war, glaubten sie nun, dass die Frauen ihre Glücksbringer wären. Es gab niemanden, der so abergläubisch oder launisch war wie Seeleute, überlegte er.

Ein oder zwei Mal, als Edward in die Nähe der Kombüse gegangen war, hatte sich vor ihm eine Mauer aus Männern gebildet, alle mit Entschuldigungen für etwas, um das er sich am anderen Ende des Schiffes kümmern musste, natürlich.

Es war amüsant, wie sie ihre Meinung geändert hatten und jetzt Lady Anjou beschützen wollten. Er war sich nicht sicher, wie lange er diese Scharade noch laufen lassen sollte. Vielleicht so lange wie nichts passierte. Das Wetter war ungewöhnlich gut gewesen, bis auf das eine Mal, und sie hatten die Hälfte der Strecke in nur vierzehn Tagen zurückgelegt. Würde sie in der Lage sein, ihm den Rest der Reise auszuweichen? Er dachte darüber nach, als er sich frisch machte und seine Kajüte verließ. Er hörte, wie die Mannschaft Haul Away Joe mit ihrem üblichen Schwung sang, wie sie es jeden Tag tat, wenn sie die Decks schrubbte und die Takelage hochzog. Gaffney, der Bootsmann, leitete den Shanty, während er über die Leiter aufs Deck kletterte.

Als ich ein kleiner Junge war, sagte meine Mutter zu mir,

Way haul away, we’ll haul away Joe!

Dass, wenn ich die Mädchen nicht küsse, meine Lippen schimmeln.

Way haul away, we’ll haul away Joe!

Und ich segelte auf den Meeren für viele Jahre, ohne zu wissen, was ich versäumte,

Dann setzte ich meine Segel vor den Sturm und begann zu küssen.

„Ich hab noch‘n bess‘ren auf Lager!“, sagte Gaffney fröhlich.

Heute Morgen war es eine neue Melodie, die Edward hörte, weshalb er innehielt, bevor er aufs Deck ging, als Gaffney losgrölte:

Es war mal ein Mädchen mit Namen An-jou

Das schönste Mädchen mit Augen so blau.

Erst fand ich sie viel zu schön

Doch dann lächelte sie beim Abschied

Der Reim war nicht perfekt, aber darum ging es nicht. Bei dem Lied wurde gejubelt und gelacht, und dann kam der zweite Vers, der Edward die Sprache verschlug.

Der Kapitän knurrte, als er die Dame zuerst sah

Und wir fürchteten schon um unsere Rum-Rationen

Aber jetzt grinst er nur und sagt „Ey, Kumpel!

Und ich bin bald auf den Hintern gefallen!

„Mehr! Mehr!“, riefen die Männer.

Sie kocht und sie backt für uns

Und auch wenn es nur die alten Erbsen sind

Auch angebrannt oder halb gar,

Dass sie‘s macht, zwingt einen Mann in die Knie!

Die Männer röhrten vor Gelächter, während sie mit den Füßen trampelten und in die Hände klatschten. Edward hörte zu und musste sich abwenden, um sein Lächeln zu verbergen, für den Fall, dass ihn jemand sehen würde. Es stimmte, dieses winzige Mädchen berührte sein kaum vorhandenes Herz. Er war von ihrer würdevollen Schüchternheit und ihrer ruhigen Beharrlichkeit bezaubert. Jede Faser seines Seins schrie ihn an, sich umzudrehen und fortzulaufen, denn sie sollte Angst vor ihm haben - große Angst. Wenn seine Männer schon erkannt hatten, dass er von ihr angetan war, war es gut, dass sie bald am Ziel der Reise angekommen waren.


Anjou starrte auf den Korb mit Äpfeln. Sie nahm an, dass es rücksichtsvoll vom Kapitän war, ihr sein persönliches Obst zu geben, obwohl er ihr nichts selbst angeboten hatte, dachte sie in einem Ausbruch von Bitterkeit, der für sie untypisch war. Das Rezept allerdings war für Rhabarber, nicht Äpfel, und sie wusste nicht, ob man das eine durch das andere ersetzen konnte. Wo war Hannah? Sie könnte das wissen. Hannah hatte keine Angst vor Männern, und sie war lieber an Deck an der frischen Luft, als drinnen eingesperrt zu sein. Sie sollte bei Anjou bleiben, aber sie war oft draußen und flirtete mit einem der Maaten; ob erster, zweiter oder dritter, daran konnte sich Anjou nicht erinnern.

„Biggs? Könnten Sie bitte meine Zofe Hannah bitten, in die Kombüse zu kommen?“

„Aye, mylady.“

Während sie auf Hannah wartete, spürte sie, wie etwas gegen ihre Beine rieb, und sie hatte Angst, hinzusehen. Wurden Ratten so groß? Sie versuchte nicht zu schreien, sprang zurück und hörte ein Miauen.

Sie seufzte vor Erleichterung. Sie sah nach unten auf eine kräftige, graue Katze, die mit bettelnden, goldenen Augen zu ihr hochsah.

„Also du musst Cat sein“, sagte sie, als sie sich hinkniete, um sie zu begrüßen. An ihrer Hand wurde kurz geschnüffelt und dann rieb die Katze ihren Kopf dagegen. „Du siehst nicht aus wie ein böser Rattenfänger“, überlegte sie. Sie stand auf, als sie ihre Zofe kommen hörte, und die Katze setzte sich zu ihren Füßen.

„Hannah“, fragte sie. „Weißt du, ob man Äpfel anstelle von Rhabarber für einen Kuchen verwenden kann?“

„Ich wüsste nicht, was dagegenspricht, mylady.“

Anjou gab ihr die Liste mit den Zutaten. „Das klingt vernünftig“, sagte Hannah.

„Aber der Herr würde noch Zimt hinzufügen, Miss.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Zimt an Bord haben.“ Sie sah Biggs an, der in dem Topf mit Erbsensuppe rührte. Sie beschloss, selbst danach zu suchen. Sie öffnete den Schrank, in dem sie die Gewürze gefunden hatte. Dort gab es nicht viel. Trotzdem fand sie kleine Gläser mit Muskatnuss und Zimt, versteckt hinter Salz und Pfeffer.

„Das erstaunt mich jetzt. Brauchen Sie Hilfe beim Teigausrollen, mylady?“

„Ich wusste nicht, dass der Teig ausgerollt werden muss“, gestand Anjou. „Wenn du so freundlich wärst und mir zeigen könntest, wie das geht.“

„Ich habe einige Zeit in der Küche verbracht, als ich jünger war.“

„Jetzt, wo du es sagst, ich wäre sehr dankbar für etwas Hilfe.“

„Ja, mylady. Wenn Sie mir gestatten ...“, sagte die Zofe und sah verärgert aus, weil sie ihre Hilfe nicht früher angeboten hatte.

„Nein, nein. Es macht mir Freude, so bin ich nicht die ganze Zeit in der Kajüte eingesperrt.“

Hannah bearbeitete den Teig und Anjou kümmerte sich um die Äpfel.

„Sie müssen sie schälen, Miss.“

„Natürlich.“ Warum musste alles geschält werden? Es war die Arbeit, die sie am wenigsten mochte von allen.

Als sie in Bergen von Schalen verschwand, begann sie sich wieder an ihre Zeit mit Aidan zu erinnern.

Sie hatten begonnen, sich davon zu schleichen, um Zeit miteinander zu verbringen, während der wenigen Besuche bei ihr zuhause, als er die Ferien bei Charles verbrachte. Er war immer ein perfekter Gentleman gewesen, soweit er es sein konnte, wenn sie allein waren. Er war fast so schüchtern wie sie und hatte es nicht gewagt, sie unhöflich zu behandeln. Eines Tages hatten sie sich gegenseitig durch die Obstgärten gejagt, und als sie endlich angehalten hatten, um sich auszuruhen und Äpfel unter einem der Bäume zu essen, hatte sie bemerkt, dass Aidan ernst geworden war.

„Warum das lange Gesicht? Stimmt etwas nicht?“

Er riss ein paar Grashalme aus und schwieg für eine Weile.

„Werden Sie mir sagen, was los ist?“, fragte sie mit zunehmender Sorge.

„Ich werde nicht nach Oxford zurückkehren.“

„Wie bitte? Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen“, sagte Anjou, die ihm nicht zu nahetreten wollte.

„Ich werde in die Dienste Ihrer Majestät eintreten.“

Anjou schnappte nach Luft. Ihr Bruder hatte ebenfalls davon gesprochen, dass er überlegte, sich für den Krieg einschreiben zu lassen, aber seine Eltern hatten es nicht erlaubt.

„Nein. Ich will nicht, dass Sie fortgehen“, bat sie ihn.

Aidan lehnte sich vor, strich ihr die Haare aus dem Gesicht und küsste sie sanft auf die Lippen.

„Ich bin nicht gut mit Worten, Anjou, aber ich möchte dich eines Tages heiraten. Wirst du auf mich warten?“

Meinte er, was sie dachte, dass er es tat?

„Wie lange muss ich warten? Die Zeit zwischen deinen Besuchen erscheint mir schon immer wie eine Ewigkeit.“

Er lächelte. „Das geht mir genauso, aber ich habe nicht viel Zeit für dich, bis ich wiederkomme. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dein Vater meinem Antrag wohlwollend gegenüberstünde. Ich weiß nicht, ob ich zurückkehre und selbst wenn, könnte ich nicht mehr ich selbst sein.“

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