Das Miami Syndikat

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Wenn man viel labert, merkt man nicht, was eigentlich in so einer Situation wichtig wäre. Und wichtig wäre das schwarze Auto mit schwarzen Scheiben gewesen, das gerade um die Ecke biegt. Langsam, unauffällig, erneut mysteriös. Ihr solltet nie etwas alkoholisches in dieser Hitze trinken, sonst werden eure Gedanken auch so unklar wie meine. Obwohl ich seit Isabelles Besuch nichts mehr getrunken habe… hmm! Und ich dachte es liegt am Alkohol.

Wir erreichen die Party und sind froh endlich all das machen zu können, was uns zwingen wird am Ende der Veranstaltung ein Taxi zu nehmen, wenn wir unsere Führerscheine behalten und uns eine Nacht im örtlichen Gefängnis ersparen wollen, in dem ich den dicken Mexikaner heiraten würde, der nur mit dir bumst wenn er auch mit dir verheiratet ist. Und wie ich sein Gewicht einschätze (abgeleitet aus meiner Fantasie, die auf Erfahrungen mit der Polizei in Amerika basiert, die besoffene Autofahrer erwischt, sie ins Gefängnis steckt und sie dadurch zu Bräuten der dicken Mexikaner macht), wird er mich über die Türschwelle tragen, denn ich werde mit Sicherheit seine Braut sein. Ich Rico. Er wird mich aber Rica nennen.

Die Salsa Band gibt ihr Bestes, damit wir den Abend in Erinnerung behalten. Musik voller Rhythmus, Leidenschaft, Liebe und Schmerz. Schon bewegen wir uns eng umschlungen, ich und die unbekannte Lady, und das nur, weil ich meine Flamme nicht finden kann und ich unbedingt das Bild des dicken Mexikaners aus dem Kopf bekommen muss. Sie ist ein wenig schüchtern und sehr still. Kein Wunder, denn ihr würdet auch nicht reden können, wenn eure Zunge mir den Hals ablecken würde. Auf eine Art und Weise, die mich dazu bringt den dicken Mexikaner für einen Moment zu vergessen. Ich bedanke mich für den Tanz, gebe ihr einen Kuss und gehe weg. Es gab Zeiten, da wären wir irgendwo im Gebüsch gelandet und ich hätte für ihren Proteinvorrat gesorgt. Nachdem ich ihr alle erotischen Träume erfüllt hätte. Alle. Denn das ist eigentlich meine Bestimmung auf diesem Planeten. Diese Zeiten sind vorbei. Wenn ich mit meinem Baby ausgehe, sind andere Frauen für mich fast tabu. (Ich würde euch raten mir noch keine Statue aus Marmor zu meisseln und euch noch ein bisschen zu gedulden. Es könnte sein, dass die Zungensport betreibende junge Frau todkrank ist und unbedingt ihren letzten Wunsch mit mir erfüllen will. Und das wäre nicht Händchen halten!)

«What´s up?» höre ich hinter mir. Eine Frage, die nichts sagt, und kein Interesse äussert, und nur eine Antwort hervorruft: “Fuck you!” Denn wenn man nichts zu sagen hat, sollte man die Umwelt nicht mit Lärm belasten. Aber dann erkenne ich die schöne Stimme einer Frau, die ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Und die mich sehr schnell wieder beruhigt.

«Hier finden tausend Partys statt und das nur in dieser Strasse, und wir treffen uns so zufällig hier? Das ist Schicksal, Prinzessin!» spule ich mein philosophisch, romantisches Programm ab.

«Ich muss mit dir reden», stöhnt sie leise.

«Wenn das Gespräch die gleiche Form wie heute im Van annehmen soll, muss ich dich enttäuschen. Ich bin nicht alleine hier», versuche ich stark zu sein, mir Prinzipien einzureden und mich in Demut zu üben.

«Es ist wichtig! Nicht nur für dich oder mich, sonder auch für deine Freundin!» sagt sie und ich spüre ein komisches Kribbeln im Bauch.

«Nein Babe, mach das nicht! What happens in the van of love, stays in the van of love!» antworte ich verwirrt über mich selbst, denn die Geschichten aus dem Van sind legendär. Und die Welt hat ein Recht darauf sie zu erfahren. Sonst ist das als ob man Sporttrophäen im Keller verstecken würde… oder Geld in der Matratze. Man tut bestimmte Sachen im Leben nicht nur für sich selbst, sondern auch um die anderen eifersüchtig und stinkig zu machen. Denn es heisst: geteilte Freude, doppelte Freude!

«Darum geht es nicht. Und wir sind nicht im Kindergarten! Ausserdem geht es mich nichts an, was du machst und vor allem mit wem. Ich hoffe nur, du wirst es wieder mit mir tun. Ich will euch helfen, dann könnt ihr mir helfen.» Aus diesen vielen verwirrenden Infos höre ich nur eins heraus: “Ausserdem geht es mich nichts an, was du machst und vor allem mit wem. Ich hoffe nur, du wirst es wieder mit mir tun…” Denn Männer haben die fantastische Eigenschaft Aussagen zu filtern und nur das zu hören, was für sie wichtig ist. Dass das Rätsel immer rätselhafter wird entgeht mir natürlich. Sie springt zur Seite, versteckt sich hinter mir und sagt:

«Ich werde dich anrufen, aber sei vorsichtig. Ich mag dich, mehr als du glaubst!» Und mit diesem einfachen Satz, der einen Haupt und einen Nebensatz enthielt, ohne stilistische Mittel, ohne komparative Metaphern und metaphorische Semantik, bringt sie mich dazu mich mindestes fünf bis sieben Zentimeter besser zu fühlen. Ihre Lippen berühren meine, ich fühle ihren Atem, ihre Wärme… Die Spitze ihrer Zunge findet meine für einen kurzen Augenblick, der Erinnerungen in mir erweckt. Vor meinen Augen spielen sich Szenen mit ihren Lippen ab, die auch ganz andere Teile meines Körpers geküsst haben und mich viel näher an die immanente, absolute, fortwährende Wahrheit brachten. Dann verschwindet sie. Es ist so gerammelt voll, dass ich nicht merke, ob jemand gekommen oder weggegangen ist. Sobald ich über all das, was, passiert, war, nachdenke, (die neue Regel der Schreibreform: nach jedem Verb kommt ein Komma - es scheint etwas futuristisch, aber die Zeit vergeht und morgen wird sie Realität...) scheint mir die Häufigkeit der Geschehnisse, die nicht zu einem normalen Tagesablauf gehören, gross zu sein. Zu gross! Draussen auf der Terrasse drehe ich mir einen Joint und versuche Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Aber mitten in einem Wirbelsturm ist das schwierig. Und mein Blut befindet sich an anderen Stellen, nur nicht im Gehirn, was das Denken auch nicht gerade erleichtert.

«Du bist so ruhig und traurig, ich hätte dich fast nicht erkannt, bis ich dein weisses Hemd gesehen hab», sagt mein blonder Engel. Sie hält zwei Gläser Wein und gibt mir eins davon. «Sag mir, was dich beschäftigt und ich nehme dir die Sorgen ab!»

Ich muss wohl ziemlich blass sein, wenn sie in dieser Dunkelheit meine traurige Miene wahrnimmt.

«Ich fühlte mich sicher hier. Bis ich angefangen habe, nur noch ein Drittel von dem was hier passiert zu verstehen. Das macht mich unruhig», muss ich leider zugeben.

«Morgen sind alle deine Sorgen verschwunden», summt sie verständnisvoll. «Sorgen, die du nicht hättest, könntest du dich zurückhalten und nicht alles flachlegen, was sich so anbietet!» Sie kann es einfach nicht lassen. Denn Frauen sind generell klüger, weil sie zuerst von der Frucht der Erkenntnis gekostet hatten. Und obwohl sie danach den nackten Adam sahen und die Erkenntnis verstanden, hatten sie keine andere Wahl und sie behielten ihn.

«Ich glaube, du hast recht», versuche ich zu lachen. «Meine Lebensphilosophie war immer: “Liebe lieber alle, und bereue es danach, als zu bereuen, dass du sie nicht alle geliebt hast!” Also, let´s dance!» Sie rollt mit den Augen, denn diesen Bullshit versteht sie nicht.

Ihr wisst hoffentlich, dass der Verstand eines Mannes in der Regel nicht höher als sein Hosenschlitz ist. Der Grund: man braucht ihn nicht ununterbrochen. Oder kennt ihr Frauen, die es mit der Intelligenz treiben wollen? Nein? Ich auch nicht! Sicher, das Qualifikationsspiel bei den Frauen basiert auf einer kognitiven Ebene, danach muss aber alles stimmen. (Vielleicht steht das im Gegensatz zu meinen früheren Aussagen, aber es sind ein paar Stunden vergangen und meine geistige Entwicklung findet statt. Ego cogito, ergo sum. “Ich denke, also bin ich!” (4) Die Grösse, die Dauer, jede ins Ohr geflüsterte Liebkosung, jeder tief in die Augen gezielte Blick, einfach alles. Es ist die Kunst zu wissen, wann man die Nippel küsst und wann man sie beisst. Es ist die Kunst sie so zu lieben, dass sie auf dem Weg nachhause, im Taxi, immer noch lächeln. Denn sie, die Frauen, sind viel komplexere Wesen als wir Männer. Wir sind aber lernfähig und geben uns Mühe, weil wir sie zufrieden lachen sehen wollen. Dann kommt der Zeitpunkt wenn der Mann die Intelligenz wieder braucht. Sie wird wieder hochgefahren, wie ein Notebook. Dessen Betriebssystem nicht Windows ist, denn das würde öfters abstürzen. Glaubt ihr nicht? Das macht nichts, ich bin euch nicht böse. Denkt nur daran, wie viel Blut dem Gehirn fehlt, wenn wir selbstlos, sie, die Frauen glücklich machen.

Wir haben noch viele Seiten vor uns! Ihr werdet euch entschuldigen müssen, nachdem ihr das ganze Buch gelesen habt. Denn ihr werdet nicht nur eine andere Weltanschauung haben, ihr werdet andere Menschen sein. Auf jeden Fall nicht bessere…

Das Syndikat III

«Sie ist mir zu wertvoll. Ich will nicht auf sie verzichten. Ich brauche sie! Ich will sie! Wir gehen nach unserer Liste vor und all diese Menschen werden Teil unserer Vision sein. Mit ihrer Intelligenz, mit ihrer Gabe, die sie zu einem bestimmten Zweck bekommen haben!» sagte der Böseste von allen, mit einer Stimme, auf die sogar der Pate neidisch wäre. Und vergass prompt, dass er in seinem Monolog zu Menschen sprach, die die Botschaft nicht verstanden. Denn er sagte nichts von “Schlagt sie tot!” oder “Bringt sie alle um!” Und etwas anderes verstanden sie nicht, diese muskulösen Ballerinas, die ihre Tränen und zarte Seelen hinter einer unvorstellbaren Aggression versteckten.

«Ich will sie! Wenn sie dabei ist, sind die Russen auch dabei! Sie müssen alle dabei sein! Sie ist dafür bestimmt.» Der zum Horizont gerichtete Blick verstärkte diese fast sehnsuchtsvolle Aussage. (Den Horizont muss man sich vorstellen, denn er befand sich immer noch in seinem Büro.)

«Wir brauchen einen guten Plan! Wieso fragen wir sie nicht einfach, ob sie mitmachen will? Wieso müssen wir sie alle erst kompromittieren, um sie danach zu erpressen?» versuchte eines der Monster von seiner Stimme Gebrauch zu machen und merkte nicht, dass er gerade einen genial Einfall gehabt hatte.

 

«Der Mann muss verschwinden. Nur ich weiss nicht, was er macht, was er will, was er verfolgt. Und wenn er mit anderen Organisationen gegen uns spielt, dann haben wir ein Problem. Dann sind wir entdeckt worden! Für solche Fälle bin ich nicht vorbereitet und ich will und kann keine Zeit damit vergeuden. Ich muss wissen, wer meine Gegner sind. Wir haben einen langen Weg vor uns.»

Obwohl er bis jetzt sehr sicher gewirkt hatte, verriet seine Stimme nun Sorgen. Und den genialen Einfall des Monsters überhörte er. Wenn er anfangen würde die Gedanken dieser Idioten erst zu nehmen, sich die Zeit zu nehmen zuzuhören, würde er Selbstmord begehen, dachte er. Sofort. Denn es war ein Alptraum für ihn sich mit diesen Idioten zusammenzuschliessen. Nur wer sollte die dreckige Arbeit machen, wenn alle Visionäre wären? Er musste sich zurückziehen, um wieder mal in Ruhe nachdenken zu können. An einem Ort wo niemand ihn störte. Niemand ihn ansprach. Niemand ihn zurück auf den harten Boden der Tatsachen holte. Die Zeit war eigentlich sein grösster Feind. Die Zeit, die ihm davonlief.

Er, der Big Boss, stellte die Verbindung her, zwischen dem Visionär, dem klügsten Mann, denn er je getroffen hatte und der ihn faszinierte, und der Realität, die er zu ändern versuchte. Mit Hilfe von diesen Kreaturen, die es nicht verdienten Menschen genannt zu werden. Und das war falsch, denn sein Mentor setzte, in seiner Vision, ganz klare Linien über Respekt in der Gesellschaft. Kompromisslos. Sie waren keine Idioten, sie waren nur zur falschen Zeit an der falschen Stelle. Eine perfekt organisierte Gesellschaft findet für jeden eine Aufgabe, die ihn erfüllt. Ziemlich utopisch, aber er folgte dieser Vision. Und versuchte jeden Tag aufs Neue, sich daran zu orientieren und zu halten.

Die Party

In einer Ecke sehe ich Joe mit einer Flasche in der Hand und ich kann euch versichern, dass das keine Mineralwasserflasche ist. Seine Joena, auf der Terrasse kämpft (Habt ihr das Gefühl, dass die Reihenfolge der Satzkomponenten nicht stimmt? Poetisch ist es allemal.) mit einem Joint, der so gross wie der Eiffelturm ist. Ihr Blick wirkt ein bisschen glasig und ich entdecke die Wildheit in ihren Augen, die gerade gesetzte legale Grenzen überschreitet. Joe wird heute zu kämpfen haben, die Naturgewalt zu beruhigen und wir werden Kopfhörer brauchen, um das ganze nicht mitzubekommen.

Es ist vier Uhr morgens und ich trommele unsere Versammlung zusammen. Die Stimmung ist noch explosiv aber euch ist bekannt, was ich heute alles durchgemacht habe… Ich bin ausgepowert. Wir gehen durch den Vorgarten zum Parkplatz und ich frage mich wieso man Lichter auf die Bäume richtet. Es ist Nacht und es soll dunkel sein. Ich und meine Geliebte gehen ohne etwas zu sagen, Hand in Hand und nähern uns dem Van. Wir finden ihn zugeparkt aber mit einem kräftigen Gasgeben, schiebe ich die nächsten Autos weg und mache Platz, um aus der Lücke herauszufahren. Wenn sich ein bisschen Blech dabei anders verformt als vom Besitzer erwünscht ist, kein Problem. Ich habe ja harte Stossstangen. So what? (Ihr merkt, es ist supercool, wenn man Sprachen vermischt und coole Sprüche einflechtet! Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob diese Sprüche noch cool sein werden wenn das Buch publiziert ist.)

Wir fahren durch die Nacht und die Nacht in Miami ist sehr farbig. Gebäude, Brücken, Strassen sind derart beleuchtet, dass ich mir sehr viel Mühe gebe eine Farbe zu finden, die die Amis in einem 18 Pixel Farbschema vergessen haben. Die die Strasse in die Unendlichkeit begleitenden Palmen bewegen sich im Takt des Windes, der die von den Salsa Rhythmen Zuflucht suchenden Menschen auf den Strassen etwas abkühlt. Geblendet von so viel Schönheit (Farbschönheit) verpassen wir alle Ausfahrten oder Einfahrten, die wir hätten nehmen müssen, um die kleinste Chance zu haben heute Nacht noch nach Hause zu kommen. Und es ist spät! Zu spät in der Nacht, zu spät den richtigen Weg zu finden, aber nicht zu spät, um zu merken, dass ein Auto parallel zu uns fährt, der Beifahrer die Scheibe elektrisch runterkurbelt, ein Maschinengewehr so gross wie die Freiheitsstatue aus dem Fenster schwenkt und die Absicht hat uns ein Lied über den Jordan und Garten Edens zu spielen. Denn ich nehme an, wenn ich tot bin, lande ich im Paradis. Nur, wie in Amerika üblich, braucht man nicht zu blinken, die Ampel darf bei rot überquert werden (wie auch in Italien üblich) und schon befinden wir uns in einer Seitenstrasse, die genau so sicher ist wie das Schlachtfeld zweier konkurrierenden Banden.

Die PS-Zahl des Vans macht sich bemerkbar, nachdem ich etwas mehr als sonst auf die Tube drücke. Mehr als wenn mich eine Schönheit während der Fahrt verwöhnt... Aber lassen wir das. Schliesslich werden wir ja mit Waffen verfolgt und sollten uns darauf konzentrieren! Also beschleunige ich noch mehr. Mir sind die Geschwindigkeitsbegrenzungen egal. Ich beschleunige weiter soviel der Motor hergibt (und ich versichere euch, er gibt einiges!) und schon bin ich ausserhalb der Gefahrenzone. Stolz erwarte ich Beifall von meinen Passagieren aber es herrscht Stille. Na ja, sie haben Angst und sind geschockt. Klar! Ich werfe meinen heroischen Blick nach hinten. Meine grosse Liebe schläft und meine Freunde sind intensiv miteinander beschäftigt. Ich werde meine Blumen später bekommen. Vielleicht habe ich unsere Leben gerettet und sie haben keine Ahnung davon.

«Ihr glaubt nicht was passiert ist!» sage ich voller Hoffnung auf Anerkennung.

«Oh doch!» sagt das Pärchen.

«Deine Beschleunigungen und die Art wie du die Kurven schneidest hat uns Höhepunkte der Lust verschafft, die wir in dieser Form noch nicht erlebt haben», beschreibt Joe sein Erlebnis blumig, wie eine Frau es tun würde.

«Aber die Waffe…» versuche ich.

«Oh ja, die Waffe hat immer wieder das Ziel getroffen!» sagt Joena sachlich.

Ist das etwa Dankbarkeit? Nein, ist es nicht! Man nimmt mich nicht ernst. Sie glauben, es wäre ein Spiel. Gut, dass ich so wachsam bin. Ich entschliesse mich die Augen zu öffnen (metaphorisch, versteht sich) und aufzupassen, was sich in der Gegend so abspielt. Ich sage ja zur Verantwortung, ja zur Wachsamkeit, ja zur… auf jeden Fall werde ich mehr aufpassen. Ich nehme meine Aufgabe ernst und fahre uns schnell und sicher nach Hause während ich mehrmals prüfe, ob uns jemand verfolgt. Scheinbar nicht. Endlich… Ich fahre den Van in die Garage und mache das Garagentor zu. Kein Auto fährt vorbei, nicht mit Scheinwerfern, nicht mit ohne Scheinwerfern, nicht mit Beifahrer mit Waffe, nicht mit Beifahrer ohne Waffe.

30 Minuten später bin ich mir langsam sicher, dass wir sicher sind und gehe in Richtung Schlafbereich, Liebesnest, Altar der Lüste, Kampffeld, Siegerpodest… Ich höre Töne der Lust; meine Geliebte wird sich mit kuscheln zufrieden geben müssen. Ich fühle mich so heldenhaft, dass ich mich nicht entspannen kann. Auf dem Rücken liegend, spüre ich wie mein Ego etwas wächst. Es geht mir besser. Dann immer besser. Dann gut. Schatten verschleiern meine Augen, Lichter werden blasser, Geräusche leiser. Die Dunkelheit gewinnt endlich den Kampf, meine Augen werden kleiner und müder. Ich versinke in den Schlaf und träume, dass die Welt gut ist und alle Frauen mich wollen. Mehr noch als sie James Bond in seinen Filmen wollen. Drei Schwestern schwimmen nackt im Pool und erzählen mir, dass die Preisrichter sich umgebracht haben, weil sie nicht wussten wen von ihnen sie als Miss World wählen sollten. “Du kannst uns entweder alle auf einmal lieben oder einzeln! Wir werden geduldig warten…” “Ich will euch alle, ja, alle, gleichzeitig!“ Ich nähere mich den Geschöpfen Gottes als ich ein Schulterklopfen wahrnehme. Sie sagten mir, sie hätten Geduld und jetzt wollen sie sich vordrängen. “Was? Was?”

«Aufstehen! Komm schon, steh auf!» Wie aufstehen? Was soll das? Ich will mich mit den Schnecken hinlegen und jetzt soll ich aufstehen. So kann ich nicht arbeiten. Ich habe hier einen Ruf zu verteidigen. Das geht nicht!

«Komm schon, es kann nicht so schwer sein. Du schläfst bestimmt schon 14 Stunden. Es ist schon zehn Uhr am Morgen!» sagt jemand die blond und nicht nackt ist, nicht im Pool schwimmt und keine zwei Schwestern hat. Und auch nicht das mit mir machen will, was die Schwestern mit mir vorhatten. Zumindest jetzt nicht, glaube ich. Oder es sieht nicht danach aus. Oder es sieht danach aus und ich merke es nicht. Fuck, ist das Leben hart zu mir!

«Zehn Uhr am Morgen? An welchem Tag? Was sind das für mathematische Berechnungen, die du machst? Wie kommst du auf 14 Stunden?» frage ich, denn ich halte zwei Sachen für gefährlich: Halbwissen und Unwahrheiten. Ich bin verzweifelt und sie lacht.

Die Sonne scheint wieder unverschämt; die Wärme umhüllt mich wie ein Handschuh. Das Licht ist so hell und so klar, dass ich nie wieder die Augen schliessen will. Ich krieche die Treppe hinunter und sehe sie alle am Tisch sitzen, Kaffe trinkend, irgendetwas essend, redend und ohne besonders dankbare Blicke für mich. Sie bemerken meine Anwesenheit nur nebenbei. Joenas Augen sagen mir wortlos, dass sie explosiv war. Die Nacht!

Kein Problem, ich brauche keine Dankbarkeitstänze und mir gewidmete Lieder. Das ist Sache der Kommunisten. Ich erinnere mich an meiner Kindheit. Man steckte zweitausend Schüler in ein Stadion, die Polizei sperrte die Ausgänge und man tanzte thematisch: fegen, bauen, putzen, Bauchschmerzen. Nach einer Woche hatten sie die Verfilmung des Tanzes im Kasten und der Präsident freute sich über so viel Aufmerksamkeit. Dann irgendwann organisierten dunkle Mächte so genannte Revolutionen, erschossen ihn, den kommunistischen, bösen Präsidenten und fingen mit dem Kapitalismus an. Es war genau so eine verdammte Scheisse wie der Kommunismus, nur dass sich die Politiker jetzt nicht mehr verstecken mussten, wenn sie Steuergelder klauten und verpulverten oder sich kaufen liessen. Es gab keine Kriminelle mehr, wenn man die richtigen Gesetze erfand. Korruption wurde zur Norm! Und das nannte man dann Freiheit. Man gab den Menschen das Gefühl sie wären frei, nachdem man ihnen die Intelligenz geraubt und sie materiell versklavt hatte. Wie? Mit Talkshows und Fastfood von morgens bis abends. Also, keine Dankbarkeitstänze… denn das führt zu nichts Gutem. “Niemand ist hoffnungsloser versklavt, als derjenige der fälschlich glaubt, frei zu sein.” (5)

Nach meiner Zusammenfassung der Geschichte in meinem wirren Kopf, mache ich von meiner Stimme Gebrauch.

«Was haben wir heute vor?» frage ich nachdem mein Körpers heute morgen noch zu nichts Aufregendem gebraucht wurde. Und weil ich die Frage in der ersten Person Plural gestellt habe, glauben sie wir wären uns einig was die Antwort betrifft und sie könnten für uns alle reden.

«Wir wollen die Gegend erkunden, die Sonne geniessen, schwimmen, entspannen, nachdenken.» sagen sie. Ich bin nicht gut drauf. Das wird kein guter Tag! Ich habe in den letzten Stunden nicht genug körperliche Liebe erfahren und jetzt bin ich frustriert. Die Schwestern habe ich verpasst. Die Zeit vergeht und ich nehme sie nicht wahr. Plötzlich befinden wir uns im Auto und fahren davon. Ich am Lenkrad. Mit einem gläsernen Blick. Ohne die Augen oder den Hals zu bewegen. Wie ein Roboter. Meine Blicke, die genauso unbewegt wie meine Augen sind, müssten Bände sprechen, denn die drei fragen mich nichts mehr. Und so vergehen Minuten und ich lebe in einer Parallelwelt, die kalt, grausam und traurig ist. Umgeben von Frauen, die einfach nur Freunde sein wollen. Das ist wie ein Gefängnis der Gedanken. Ohne Mauern zum Wahnsinn. Dieser Tag kann nur besser werden. Denn ich bin ganz unten auf der Gefühlsskala angekommen.

Wir fahren die Route 1 entlang. Wollen uns Key West anschauen, im grünen, klaren Wasser baden und etwas Scharfes essen. Vielleicht in einem der vielen chinesischen oder thailändischen Strassenlokalen. Wir fahren auf einen Parkplatz und ich gebe Joe eine telepathische Liste mit unserer Bestellung. Er steigt aus dem Van und richtet seine Schritte zum Lokal. Ich schaue ihm nach und versuche herauszubekommen ob er weggeht oder kommt. Manche Menschen laufen aber auch komisch.

Da fällt mir etwas auf. In dem Land aus dem ich komme, schaut man Menschen nicht so an wie diese zwei hier uns anschauen. So, als ob wir unseren letzen Atemzug atmen. Wäre ich gut gelaunt, würde ich nicht verpassen ihnen ihre blöden Fressen zu polieren. Aber ich bin schlecht gelaunt, also schaue ich einfach weg und mache auf beleidigt. Aggression ist natürlich keine Lösung aber sie wäre ein Mittel zum Zweck, um ihnen eine Lektion zu verpassen, damit sie anfangen nachzudenken. Damit sie ihre Gesichtsausdrücke im Spiegel bewerten und üben die Menschen endlich nicht arrogant und aggressiv sondern freundlich und offen anzuschauen. Und weil wir in unserer Kindheit gelernt haben, dass manchmal auch ein gezielter Faustschlag reicht, denke ich dieses “Fresse-polieren” könnte eine tiefe, philosophische Bedeutung annehmen, die ihr Leben zum Positiven ändert. Überrascht von so viel Gedanken-Schwachsinn, schreie ich:

 

«Joe, was ist los? Musst du die Ente selbst umbringen und ihr die Federn rupfen? Komm schon!»

«Habt Geduld, ich bin gleich wieder da!» antwortet er ohne dass wir ihn sehen. Sekunden danach kommt er mit zwei Schachteln in der Hand. Obwohl wir aber vier Personen sind! Nur unsere Frauen, so wie jede Frau in der Welt, würden nie eine ganze Portion selbst bestellen, denn das würde dick machen. Sie haben ja auch “keinen grossen Hunger”, sie wollen nur von uns kosten. Und dieses Kosten bedeutet, wir teilen mit ihnen. Am Ende sind wir Männer schlecht gelaunt, weil wir immer noch hungrig sind. Und sie haben eigentlich indirekt erreicht, dass wir nicht zuviel essen und irgendwann mit einem riesigen Bauch und in einem befleckten Unterhemd auf der Couch landen, mit einer Flasche Bier in der einen Hand und der Fernbedienung in der anderen. Und diese Aufopferung bringt ihnen dann Zellulitis, weil wir ja darauf bestanden haben, dass sie von uns kosten. Damit sie bestätigen, welch exzellenten, feinen, exquisiten Geschmack wir haben. Was eigentlich Schwachsinn ist, denn wir haben sie als Freundinnen inmitten all der Anderen ausgewählt. Also, ist unser Geschmack exquisit! Quod erat demonstrandum! Ich sollte meine “positive Energie” nicht mehr mit Gedanken verschwenden, die den Tag nicht besser machen.

Joe steigt ins Auto und reicht uns die Schachteln. Sie riechen sehr... na ja, speziell. Wir fahren weiter und in dem geschlossenen Raum des Vans wird dieser Geruch von frittierter Ente, Kokosnuss-Sauce, gekochtem Reis, Bambus, Curry und altem Frittieröl noch intensiver. Bald erreichen wir einen Strand, der nur für die Götter gedacht ist. Wir brechen das Gesetz Gottes, indem wir ihn betreten und es ist uns egal. Das ist keinesfalls eine blasphemische Bemerkung. Wenn sie aber als solche verstanden wird, werde ich mich am Tag des jüngsten Gerichts verantworten müssen! Es sei denn ich konvertiere und werde Buddhist, weil man seiner gerechten Strafe entgehen kann, wenn man den Laden wechselt. Wenn ihr, liebe fromme Leser, Vorschläge für gute Entschuldigungen habt, neuen Ideen und Lösungen entwickelt, wie man dem Teufel mit seinem ewigen Feuer entgehen kann, bitte meldet euch. Ich muss rechtzeitig beginnen mich vorzubereiten. Denn ich habe viele Äusserungen getätigt… Und ich will auf keinen Fall auf der Seite der Dunkelheit den Allmächtigen bekämpfen, der, obwohl er allmächtig ist, zugelassen hat, dass die dunkle Seite eine Armee hat, die gegen ihn kämpfen wird. Welch ein Gedankengang, der mich aber etwas irritiert, denn ich beginne die Welt immer besser zu verstehen.

Zurück zum Strand - ein Bild wie aus einem Traum: weisser Sand, das Wasser badet in Farben, die sich von grün bis dunkel blau ineinander auflösen. Ich bin mir nicht sicher, ob meine Wahrnehmung gestört ist, denn die Welt kann unmöglich in so einer Farbpracht existieren. Ich wüsste aber nicht wovon meine Wahrnehmung getrübt sein sollte. Ich habe nichts geraucht, nichts getrunken, nichts geschnuppert seitdem ich heute die Augen öffnete. Hunderte von Vögeln besetzten den Strand ohne sich von uns gestört zu fühlen und suchen nach Futter. Vogel-sches Futter. Körner, Würmer, Insekten etc. Der Strand ist flach und man kann 20 Meter weit ins Wasser gehen, ohne dass die Tiefe tiefer wird. Und wenn das Wasser bis zur Brust eines normal gewachsenen Europäers reicht, besteht für mich keine Gefahr zu Ertrinken.

«Man kann die Fische sehr gut sehen», sagt mein blonder Engel, der inzwischen ins Wasser gesprungen ist und mir damit klarmacht, dass das Leben unwiderruflich an mir vorbeizieht in der Zeit, in der ich nachdenke. Und ich muss zugeben, ich bin zu keinen wichtigen Erkenntnissen gekommen.

«Bringt die Tauchbrillen mit! Es ist umwerfend.» Geht sie davon aus, dass ich mit ins Wasser komme, obwohl meine Körperhaltung etwas anderes andeutet. Geben meine aneinandergepressten, von meinen Armen umschlungenen Knie und mein gesenkter, hin und her schaukelnder Kopf den Anschein ich würde kommunizieren wollen? Ihre Stimme bewirkt eine deutliche Verbesserung meiner Laune. Wie ein Wunder.

Sie rennen zum Van, holen sich die Brillen und was sie sonst noch so zum Schnorcheln brauchen. Ich muss zuerst essen. Denn der Hunger macht mich schwach. Also packe ich alles aus und will loslegen. Beide Schachteln stehen geöffnet vor mir, auf zwei Sandhügeln in einem Halbkreis um mich herum angeordnet, und warten darauf, dass die Gabel, mal in eine Schachtel mal in die andere tauchen wird. Die Gabel voller Reis nimmt den Kurs 30 ° West direkt zum Essloch. Aber versehentlich werfe ich den Reis stattdessen in Richtung der Vögel. Sie kommen laufend (das Antonym dazu ist kommen gehend, oder sie gehen kommend) und beginnen zu picken. Wie versteinert schaue ich mir diese Kreaturen an und denke, wie froh sie sein müssen, Futter zu bekommen, das in dieser Form nicht in der freien Natur erhältlich. Ich werfe den neugierigen Schwimmer einen flüchtigen Blick zu, belade die Gabel wieder mit Reis und merke dabei, dass drei der Vögel sich nicht mehr bewegen. Sie liegen am Strand, unter einem Gebüsch, ein bisschen tot, ein bisschen vergiftet, ein bisschen an unserer Stelle…

«Leute kommt schnell! Ich habe eine Überraschung für euch. Schaut euch die Vögel an! Ich habe sie mit unserem Reis gefüttert!»

«Wäre schön, wenn du unser Essen nicht versaut hättest!» meldet sich Joe mit einem wilden Hunger in den Augen.

«Was sagst du da? Der Reis war vergiftet. Sei froh, dass du ihn nicht zuerst probiert hast!» schreit die Empörung aus mir heraus.

«Komm hauen wir ab! Ich habe langsam Angst.» flennt Joena. «Wir sollten die Polizei einschalten! Etwas läuft hier schief. Scheisse!» Sie beendet die Äusserung ihrer Sorgen mit dem Wort, das mehr als tausend Gefühle darstellen kann. Positive sowohl als auch negative. Und im Laufe der Zeit, wenn man die Sprachentwicklung verfolgt, kann man die Theorie aufstellen, dass nach 500 Jahren alle Menschen nur noch “Scheisse” sagen werden. Und je nach Tonfall, Intonation, im phonetischen Sinne, und Akzent wird man 300 Bedeutungen des Worten unterscheiden. Und mehr als 300 Worte benutzt man täglich in unserer gebildeten, zivilisierten Welt seit langem nicht mehr.

Ich renne zum Van und rufe die Polizei an. Doch wegen der Aufregung kann ich mich nicht richtig konzentrieren und ohne Konzentration klingt mein Englisch eher Chinesisch. Es fehlt mir schwer zu erklären wo wir uns befinden, aber ich schaffe es. Die Jungs kommen ziemlich schnell und wir schildern ihnen was passiert ist. Sie nehmen unsere Fingerabdrücke und zwingen uns breitbeinig zu stehen, um uns zu kontrollieren. Wir könnten ja so einiges in unseren Badehosen und String--Tangas versteckt haben. Obwohl diese Leibesvisitation doch etwas an sich hat… die Gummihandschuhe, der strenge Ton, die Uniformen… Zum Glück nehmen sie ihre Arbeit nicht besonders ernst, denn ich kann nicht erkennen, dass sie Vaseline dabei hätten. Ist das der Preis, den man zu zahlen hat, wenn man so hungrig ist, dass man als erster essen will? Wir brauchen einen mexikanischen Vorkoster! Wenn er 20 Minuten nach dem Vorkosten immer noch OK ist, können wir unbesorgt selber essen. Und so könnte sein Leben einen Sinn bekommen. Denn Gärtnern und Pizzaboys gibt es genug. Man wird versuchen ihn zu retten, falls einmal mit dem Essen etwas nicht stimmen sollte, damit er weiter vorkosten kann.

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