Jenseits von Materie

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1.4 Mein Leben 2.0

Ich bin zu einem anderen Menschen geworden. Um in der Sprache eines Informatikers zu bleiben, habe ich ein Update auf Version 2.0 erhalten. Mein spirituelles Erwachen gab mir das Gefühl, neu geboren worden zu sein. Man darf jedoch nicht vergessen, dass ich nicht nur die wundervollen Dinge, sondern auch die schlimmsten Gefühle mit unendlichem Schmerz, mit Trauer und Sehnsucht in mir trage. Doch mit wem hätte ich meine Liebe und mein Leid teilen können, ohne dass Eifersucht, Unverständnis und Befremden entstehen? Ich glaube, dass es fremde Menschen vielleicht besser verstehen können als mein unmittelbares Umfeld. Auch wenn ich vor allem von meiner Frau mittlerweile unglaublich viel Unterstützung erhalte, bleibt dennoch manchmal das Gefühl, dass egal, was ich sage, denke oder fühle, ich zunächst überprüfen muss, ob ich irgendjemanden aus meiner eigenen oder Jomas Familie damit verletzen könnte. Kaum jemand hat verständlicherweise auf dem Schirm, wie es mir dabei geht. Es ergibt ja von außen betrachtet auch keinen Sinn. Ich weiß, dass es unheimlich schwer zu verstehen ist. Es scheint absurd zu sein, und es befindet sich außerhalb unseres menschlichen Erfahrungshorizonts. So habe ich gelernt, dass ich in der Einsamkeit und Stille Geborgenheit finde, wenn es mir schlecht geht, denn genau in solchen Momenten umgibt mich die Präsenz der Geistigen Welt voller Verständnis und Liebe.

Die Veränderungen meiner Weltanschauung und meiner Persönlichkeit spiegeln sich auch erstaunlich exakt in den Studienergebnissen zu Nahtoderfahrungen des niederländischen Kardiologen Dr. Pim van Lommel wider. Menschen, die eine Nahtoderfahrung (NTE) erlebten, gaben an, dass »das Interesse an Spiritualität, Meditation, Gebet und Ergebung in den Willen Gottes zunehmen, während gleichzeitig ein deutlicher Rückgang der Kirchenbesuche und eine geringere Wertschätzung institutionalisierter Religionsausübung zu verzeichnen sind«.9 So haben lediglich 32 Prozent der Betroffenen vor ihrer NTE daran geglaubt, von Gott geleitet zu werden, nach der NTE waren es unglaubliche 86 Prozent!10 Obwohl ich nicht tot war, habe ich dennoch ganz ähnliche Erlebnisse gehabt, und ich kann für mich die genannten Punkte durchweg bestätigen.

Ich halte es jedoch für wichtig, den Gottesbegriff genauer zu differenzieren. Wenn ich von Gott spreche, dann meine ich weder einen kirchlichen oder biblischen Gott noch einen Herrn oder ein allwissendes Individuum. Für mich bedeutet Gott eine Geistige Welt voller Liebe und Intellekt, ein Zusammenschluss, ein Verschmelzen von Seelen zu einem großen Ganzen, dem Wir. Mein persönlicher Wandel hat mich also Gott viel näher gebracht, doch von der institutionellen Kirche habe ich mich entfernt, weshalb ich mich auch nach meinen Erlebnissen dazu entschieden habe, aus der Kirche auszutreten.

Ich habe verstanden, dass wir hier auf der Erde in diesem physischen Leben nur auf der Durchreise sind. Der physische Körper ist nur ein Fortbewegungsmittel in der materiellen Welt. Bei der Geburt steigen wir ein, wenn wir sterben, steigen wir wieder aus. Wir inkarnieren, um Erfahrungen zu machen, die wir als Seele nicht machen können. Doch warum ist das so? Die Essenz unserer Seele ist vollkommene Liebe, und auch die Geistige Welt besteht nur aus Liebe. Wie soll man Liebe verstehen, wertschätzen und wahrnehmen können, wenn man doch nichts anderes als Liebe kennt? Erst im Verlust erkennen wir oftmals die Wahrhaftigkeit von Liebe. Leid und Sehnsucht wirken letztendlich als positive Gefühlsverstärker. Anne Frank hat diese Erkenntnis mit folgendem Zitat zum Ausdruck gebracht:

» Tote bekommen mehr Blumen als Lebende, weil Bedauern stärker ist als Dankbarkeit.«

Ich möchte dir diese Betrachtungsweise an einem etwas weniger tragischen Beispiel aus unserem Alltagsleben veranschaulichen. Der Fußballverein FC Bayern München gewann in den letzten neun Jahren seit der Saison 2012/13 immer die deutsche Meisterschaft. Stell dir einen zehnjährigen Bayernfan vor, der, seitdem er bewusst denken kann, nichts anderes kennt, als zu gewinnen und immer deutscher Meister zu sein. Er würde das sicherlich mit Wohlwollen wahrnehmen und kann es auf gewisse Weise auch genießen. Aber wenn wir im Gegensatz dazu einen Fan des MSV Duisburg betrachten, der seinen Verein mehrfach hat absteigen sehen, der alle Tiefen miterlebt hat und seit Jahren um die Erteilung der Lizenz bangen muss, weil sich der Verein ständig am Rande der Insolvenz bewegt, dann würde er die deutsche Meisterschaft des MSV Duisburg mit ganz anderen Augen betrachten und das Ereignis in einer ganz anderen Intensität und Qualität wahrnehmen und ihren wahren Wert erkennen können als der zehnjährige Bayernfan. Er würde diese Meisterschaft bis ins Mark hinein spüren, sie in einer enormen emotionalen Tiefe und bebender Lebendigkeit erfahren können. Das bedeutet also aus rein seelischer Sicht, dass jedes Leid im Grunde ein Geschenk ist, denn mit jedem Leid vergrößert sich die Wahrnehmungsfähigkeit für Liebe, die uns alle in der Geistigen Welt erwartet.

Manchmal geht es auch nicht unbedingt um die eigenen Erfahrungen. Es gibt auch liebende Seelen, die sich mehr oder weniger für andere opfern, sich z. B. dazu bereit erklären, früh zu sterben oder eine Behinderung zu haben, um einer anderen geliebten Seele zur jeweiligen Erfahrung und somit zu Wachstum zu verhelfen. Es sind durchaus auch destruktive und leidvolle Leben voller Qual und Verluste, die wir führen müssen. Genau diese Leben lassen uns am meisten reifen und geben unserer Seele Wachstum. Das Jenseitsmedium Nina Herzberg beschreibt es folgendermaßen:

»Wenn es in der geistigen Welt keine Dualität gibt, also wenn da nur Licht und Liebe ist, dann wirst du dich nicht als Licht und Liebe spüren können, und daher kommst du in eine duale Welt, wo du über Schmerzen wahrnimmst, was Liebe bedeutet, wo du über Hass spürst, was Frieden ist, wo du über körperliche Einschränkungen spürst, was Freiheit bedeutet. Also, diese duale Welt suchen wir uns auf einer Seelenebene aus, um uns selber wahrzunehmen. (…) Auf Seelenebene ist es megaspannend, Leiden zu haben, auch wenn das für dich und für mich rein menschlich gesehen schrecklich ist und wir nicht verstehen, warum man sich so etwas aussuchen sollte. (…) Die geistige Welt hat da nicht diese Bewertung drin. (…) Es wird nicht unterschieden, ob etwas eine schöne oder eine schlechte Erfahrung ist. Es ist beides gleich viel wert.« 11

Auch Elisabeth Kübler-Ross schreibt in ihrem Buch Über den Tod und das Leben danach etwas Wundervolles dazu:

»Die meisten Menschen sehen all ihre schweren Lebensbedingungen, ihr Geprüftwerden, ihre Drangsale, ihre Schrecknisse und alle Verluste als einen Fluch an, als Strafe Gottes, als etwas Negatives. Wenn man doch nur begreifen würde, dass nichts, was einem begegnet, negativ ist, ich betone, ganz und gar nichts! Alle Schicksalsschläge, Leidenserfahrungen und selbst die größten Verluste, die man durchzumachen hat (…) sind alles Geschenke. (…) Es ist eine Gelegenheit, die einem gegeben wird, um seelisch zu wachsen. Dies ist der alleinige Grund unserer Existenz auf Erden. Man kann nicht seelisch wachsen, wenn man in einem wunderbaren Blumengarten sitzt und sich von jemandem auf einem Silbertablett das großartigste Essen servieren lässt. Aber man wächst, wenn man krank ist, wenn man Schmerzen hat, wenn man einen schmerzlichen Verlust entgegennehmen muss.«12

Es hört sich so einfach an, wenn man selbst nicht betroffen ist. Ist doch halb so wild, ist doch nur für dein Seelenwachstum (ich hoffe, die Ironie ist erkennbar). Erzähl das alles aber mal Eltern, die ihr Kind verloren haben. Sie werden sagen, dass es ihnen vollkommen egal ist und dass es an ihrem Schmerz und der unendlichen Sehnsucht nicht das Geringste ändert. Wir sind aber nicht nur Menschen, wir sind vor allem Seelen. Wahrscheinlich haben wir uns als Seele diese Schicksalsschläge sogar selbst ausgesucht und auf unseren Seelenplan geschrieben. Ich bin empathisch genug, um zu wissen, dass diese Betrachtungsweise mit dem Seelenwachstum nicht unbedingt tröstlich ist, sie nimmt weder den Schmerz noch die Sehnsucht, nichtsdestotrotz ist sie wahr. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir als reine Seelen eine ganz andere Sicht auf die Dinge besitzen. Aber den menschlichen Schmerz und das Leid müssen wir trotzdem erleiden, denn wären diese Gefühle nicht echt, würden wir nichts lernen.

Die Erkenntnis über das Seelenwachstum vermittelt uns auch Catherine, die als Patientin des Psychiaters Dr. Brian L. Weiss in ihren Therapiesitzungen in Trance war und einen unerwarteten Zugang zu ihren früheren Leben und ihrem geistigen Team von Geistführern und Lehrern erhielt. Weiss veröffentlichte diese tiefgründigen Gespräche in seinem Buch Die zahlreichen Leben der Seele. Während einer Sitzung sprach einer der geistigen Lehrer durch Catherine. Auf die Frage, warum wir immer wieder auf die Erde kommen müssen, um zu lernen, und warum wir das nicht auch als Geistwesen lernen können, bekam Weiss folgende Antwort:

»Das sind andere Lernebenen, und wir müssen manche von ihnen in der Inkarnation lernen. Wir müssen den Schmerz spüren. Wenn du ein Geistwesen bist, spürst du keinen Schmerz. Es ist eine Zeit der Erneuerung. Deine Seele wird erneuert. Wenn du dich im physischen Zustand in deinem Körper befindest, kannst du leiden. In der geistigen Form spürst du nichts … Es gibt nur Glück und Wohlgefühl.« 13

Es ist wichtig, die Schmerzen und das Leid anzunehmen und zu ertragen, denn dies ist der wichtigste Grund unserer Inkarnation und unsere größte Lernaufgabe. Womit ich allerdings bei dieser Betrachtungsweise einige Schwierigkeiten habe, das ist die Aufrechterhaltung des Moralbegriffs. Wenn positive und negative Erfahrungen plötzlich eine Gleichwertigkeit erhalten, wie soll man dann noch einen Begriff wie Moral definieren können? Ist es noch verwerflich, einem anderen Menschen Leid zuzufügen, wenn es ihm doch beim seelischen Wachstum hilft? Ich muss zugeben, dass das für mich absolut nicht zu verstehen ist und dass ich dabei mit meinem beschränkten menschlichen Verstand an eine Grenze stoße. Ich bin nichtsdestotrotz weiterhin fest davon überzeugt, dass es richtig ist, anderen Menschen und Tieren zu helfen, denn es ist mein innerer Antrieb, mein Wunsch und das, was mich erfüllt und glücklich macht. Es lässt mein Herz erstrahlen und bringt mich den geistigen Dimensionen voller Liebe ein Stück näher. In der Bhagavad-Gītā (Indische Bibel ➛Kapitel 4.3.: Involution und vedisches Mysterienwissen ➛Seite 256) wird meine Wahrnehmung durch Krishna, der die Göttlichkeit repräsentiert, bestätigt:

 

»Ich bin die subtile Kraft in guten Taten, die diese in Einklang mit dem Wohl der Menschheit bringt. Ich bin der angeborene Drang, anderen zu helfen.« 14

In meinen Meditationen, aber zum Teil auch in alltäglichen Situationen, z. B. beim Spazierengehen im Wald, beim Autofahren oder Musikhören, komme ich immer wieder in die Verbundenheit und nehme ein Kribbeln, ein inneres Vibrieren sowie Gänsehaut und Berührungen wahr, manchmal mehr und manchmal weniger. Wenn es intensiv ist, spüre ich, wie unbeschreiblich herrlich es ist, auf Tuchfühlung mit der Seelenheimat zu sein. Ich nehme es definitiv und ohne Zweifel als mein wahres Zuhause wahr, und ein Teil von mir wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich wieder zurückkehren zu dürfen. Ich finde es so wundervoll, in dem Wissen zu leben, dass, ganz egal, was mir in dieser Welt auch geschehen mag, ich niemals tiefer fallen kann als in die Arme der Geistigen Welt, meiner wahren Heimat. Ich habe die Angst vor dem Tod verloren. Die Angst vor dem Sterben ist natürlich noch vorhanden, jeder hat wohl Angst davor, langsam und qualvoll an einer Krankheit oder unter großen Schmerzen zu sterben oder seine Liebsten in Trauer zurücklassen zu müssen. Aber wenn der Tag meines Todes kommt, dann werde ich ihn mit einem Lächeln begrüßen, denn ich weiß, was mich erwartet. So wie ich es wahrgenommen habe, gibt es nichts Wundervolleres, als in die bedingungslose unendliche Liebe der Geistigen Welt zurückzukehren. Und wer nur einmal diese Liebe, die nicht von dieser Welt ist, gefühlt hat, wird sein Leben lang eine fast unerträgliche Sehnsucht danach verspüren. Dies soll jedoch kein Aufruf zum Selbstmord sein, man muss sein Leben mit allen Höhen und Tiefen leben.

Vor einigen Jahren habe ich zufällig im Fernsehen eine Reportage über Menschen gesehen, die ein Nahtoderlebnis hatten. In einem Interview erzählte eine Mutter von zwei kleinen Kindern, dass sie während einer Nahtoderfahrung in der Geistigen Welt eine so große Liebe und Glückseligkeit erfahren habe, dass sie nicht wieder zurückwollte. Sie hatte also eigene Kinder in diesem Leben und wollte dennoch nicht mehr zurück. Damals hielt ich diese Frau für verrückt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es eine Liebe geben könnte, die größer ist als die Liebe zu den eigenen Kindern. Jeder würde doch zu seinen Kindern zurückkehren wollen, in meinen Augen war diese Frau psychisch gestört. In diesem Leben gibt es für mich keine größere Liebe als die Liebe zu meinen Kindern, dennoch kann ich die Frau heute verstehen.

Erst wenn du es selbst erlebt hast, kannst du es verstehen. Daher werfe ich es auch niemandem vor, wenn er diesen Erlebnissen à priori keinen Glauben schenken oder es nicht nachvollziehen kann. Ich möchte allerdings expressis verbis betonen, dass es keine Konkurrenz zwischen der irdischen und himmlischen Liebe gibt, wie ich sie einmal nennen will. Das ist kein Wettbewerb. Die irdische ist vielmehr ein Teil der himmlischen Liebe. Die Frau, die sich für das Verbleiben in der Geistigen Welt entscheiden wollte, hätte dies in dem Wissen getan, weiterhin mit ihren Kindern verbunden gewesen zu sein. Sie hatte die Gewissheit, dass es keine Trennung gibt. Eine Trennung empfindet man nur als Mensch auf der Erde, aber niemals als körperlose Seele. Deshalb geht es auch allen Verstorbenen gut, denn sie sind immer mit uns verbunden, selbst wenn wir es nicht wahrnehmen können.

Mir ist bewusst geworden, dass man tiefe Liebe nicht nur für die eigene irdische Familie empfinden kann. Sich liebende Seelen finden ganz unabhängig davon zusammen, sie erkennen sich am Gefühl und in den Augen. Sie ziehen sich gegenseitig wie Magneten in ihre Leben. Manchmal gehen sie einen langen gemeinsamen Weg zusammen, und manchmal reicht ein kleiner unscheinbarer Augenblick der Begegnung, der deine ganze Welt verändert (so wie es bei Joma und mir war). Ich bin mutig und aktiv geworden, was sich unter anderem auch in diesem Buch zeigt. Für mich ist es eine Herzensangelegenheit geworden, all den Menschen, die ihren Glauben verloren haben und in tiefer Trauer um geliebte Menschen in eine leere schwarze, trostlose Welt hineinblicken, Hoffnung und Trost zu geben. Die meisten Menschen in unserer westlichen Welt brauchen immer Beweise, um etwas glauben zu können. Ich kann das gut verstehen und möchte mich selbst davon nicht freisprechen, obwohl ich mittlerweile auch ganz gut vertrauen kann. Ich habe zusammen mit zwei professionellen, seriösen Medien und einer psychologischen Psychotherapeutin im Rahmen unserer EREAMS-Studie die Unsterblichkeit der Seelen mit einer wissenschaftlichen Methodik empirisch untersucht und eindrucksvolle, vollkommen transparente und nachprüfbare Ergebnisse erzielt, die auch von einer materialistisch geprägten klassischen Naturwissenschaft nicht länger ignoriert werden können. Dennoch bin ich mir sicher, dass ein Großteil der Rationalisten und Wissenschaftler unserer seriösen Forschung keinen Glauben schenken werden, weil in ihren Augen eben nicht sein kann, was nicht sein darf. Christian Morgensterns Palström hält all diesen Leuten so wunderbar einen Spiegel vor, wenn er über Die unmögliche Tatsache sinniert, nachdem er von einem Kraftfahrzeug überfahren wurde:15

Die unmögliche Tatsache

Eingehüllt in feuchte Tücher,

prüft er die Gesetzesbücher

und ist alsobald im Klaren:

Wagen durften dort nicht fahren!

Und er kommt zu dem Ergebnis:

Nur ein Traum war das Erlebnis.

Weil, so schließt er messerscharf,

nicht sein kann, was nicht sein darf.

1 * nicht kirchlich, rein weltanschaulich

2 * Bundesministerium für Bildung und Forschung

3 * EREAMS: Empirical Research of the Effectiveness of Messages from Spirit

2 Wissenschaft und Spiritualität

»Meiner Meinung nach ist derjenige wissenschaftlich ehrenhaft, der das niederschreibt, was er herausgefunden hat, und außerdem darlegt, wie er zu seiner Schlussfolgerung gelangt ist. Man müsste mir volles Misstrauen entgegenbringen und mich geradezu der Prostitution zeihen, wenn ich nur das veröffentlichen würde, was der allgemeinen Meinung gefällt. Ich denke nicht daran, Leute zu überzeugen oder gar zu bekehren. Meine Arbeit sehe ich hauptsächlich darin, das Erforschte weiterzugeben. Jene, die dafür bereit sind, werden mir Glauben schenken. Und jene, die es nicht sind, werden mit den unglaublichsten Vernünfteleien und Besserwissereien argumentieren wollen.« 1

Elisabeth Kübler-Ross

Warum gibt es eine Trennung zwischen Wissenschaft und Spiritualität? Wenn man auf der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis ist, darf man sich weder von Weltbildern noch von Religionen dogmatisch einschränken lassen. Wer diese Eingrenzung zulässt, kann nicht wirklich auf der Suche nach Wahrheit sein. Wer sich hinter starren Grenzen bewegt, verliert den ganzheitlichen neutralen Weitblick und sieht sich vielmehr gezwungen, seine eigenen Ansichten zu verteidigen. In Diskussionen erlebe ich immer wieder, dass man den spirituellen oder übersinnlichen Erkenntnissen die Echtheit und Wissenschaftlichkeit abspricht. In den Augen der Materialisten ist alles, was naturwissenschaftlich nicht belegbar ist, auch nicht existent. Diese Ansicht ist nicht nur grob fahrlässig, sondern schlichtweg falsch. Ist es wichtig, ob etwas wissenschaftlich ist, damit es real sein kann? Nein! Die materialistische Wissenschaft kann keinen Anspruch auf ein allumfängliches Verständnis der Realität besitzen. Ich weiß, dass meine Definition einer ganzheitlichen Wissenschaft sicher nicht der von eingefleischten Materialisten entspricht. In meinen Augen sollten gute Argumente, Wahrscheinlichkeiten, logische Schlussfolgerungen und subjektives Erleben die empirische Wissenschaft auf jeder Ebene ergänzen. Wichtig ist allein, ob etwas wahr ist. Wir brauchen nicht zwangsläufig die klassische, materialistische Wissenschaft, um dies feststellen zu können. Eine solche Wissenschaft besitzt nicht das Monopol auf Erkenntnis und Wahrheit. Das beste Beispiel, um dies zu begründen, ist die Liebe. Ist die Liebe wissenschaftlich greifbar, definierbar? Kann man die Liebe wissenschaftlich beweisen? Natürlich gibt es Versuche, dies zu tun, doch bauen diese wissenschaftlichen Erkenntnisse stets auf endokrinologischen Ursachen und Hirnaktivitäten auf, um letztendlich die sexuelle Anziehungskraft zwischen Mann und Frau mit der Fortpflanzung zu begründen. Wie ich in Kapitel 5.2.: Liebe (➛Seite 276) noch zeigen werde, ist jedoch die Erforschung der wahren, tiefen Herzensliebe (z. B. zwischen Eltern und ihrem Kind) nahezu nicht existent. Auch wenn die Hirnforschung große Fortschritte gemacht hat, konnte den Ursprung dieser Art von Liebe noch niemand lokalisieren oder auch nur ansatzweise ergründen. Liebe ist wissenschaftlich nicht erklärbar! Aber wir sind uns sicher alle einig, dass sie dennoch existiert. Wäre ein materialistischer Wissenschaftler konsequent, würde er aufhören, seine Familie zu lieben, denn diese Liebe ist wissenschaftlich nicht erklärbar und somit nach seiner Auffassung nicht existent. Ein solch konsequenter Wissenschaftler ist mir aber bisher noch nicht begegnet.

quod erat demonstrandum

»So einen Quatsch hab’ ich noch nie gehört!«,

schimpfte der Zweifler auf mich ganz empört.

»Und ob, kannst mir glauben, deine Seele stirbt nie.«

»Du Freak bist verrückt, beweis mir doch wie?«

Musst du ein solches Gespräch mal ertragen,

solltest du folgende Taktik dann wagen.

Frag doch den Zweifler, ob’s jemanden gibt,

den er von Herzen unendlich tief liebt.

»Ich lieb’ meine Frau, meine Kinder, den Hund.«

Der Zweifler, er liebt. Jetzt läuft’s für mich rund.

»Wenn du sie liebst, dann beweis es mir doch!«

Er rieb sich das Kinn, überlegte dann noch:

»Die Liebe ist anders, man kann sie nicht messen.«

Das war für mich ein gefundenes Fressen.

»Nicht messbar, nicht sichtbar und trotzdem vorhanden?«

Ich glaube, er hat es jetzt langsam verstanden.

Oliver Lazar

Wie oft habe ich schon Diskussionsrunden erlebt, bei denen materialistische Naturwissenschaftler den roten Bereich ihres Adrenalinspiegels erreichten, nur weil sie den Ausführungen von spirituellen Menschen über ihre Erfahrungen mit der Geistigen Welt zuhörten. Wer sich ein eigenes Bild davon machen möchte, kann dies gerne tun, am 16. 11. 2010 strahlte Das Erste die Sendung Maischberger mit dem Thema Übersinnliche Kräfte: Mysterium oder Mumpitz?2 aus. Den Link zum Online-Video dieser Sendung findest du im Literaturverzeichnis. Zu Gast waren unter anderem das Medium Kim-Anne Jannes, der Arzt und Psychotherapeut Dr. Ruediger Dahlke und zwei hartgesottene Materialisten, der Psychologe Dr. Colin Goldner und der Physiker Prof. Dr. Heinz Oberhummer. Als Kim-Anne Jannes von ihrer medialen Arbeit berichtete, stieß sie bei den Herren Goldner und Oberhummer auf schiere Ablehnung, da das Berichtete in ihren Augen nichts als Mumpitz und Scharlatanerie sei. Für Oberhummer sind all die übersinnlichen Phänomene ein Produkt der Fantasie, die es in der Realität nicht gibt:

 

»Ich bin verblüfft darüber, welche Dinge die Leute aus der Esoterik-Szene sich in ihrer Fantasie ausdenken. « 3

Er wird unterstützt von Goldner und seinen Ausführungen:

»Es gibt in der Esoterik-Szene zwei Kategorien von Anbietern. Die einen sind wirklich davon überzeugt, sie seien im Besitz übernatürlicher Fähigkeiten (…) Die anderen wissen genau, dass sie nichts können, machen aber ein Geschäft mit den Sorgen anderer (…) Die einen sind Fälle für die Psychiatrie, die anderen für den Staatsanwalt.« 4

Goldner spricht hier berechtigterweise einen kritischen Punkt an; denn es gibt in dieser Branche natürlich auch schwarze Schafe (wie in jedem anderen Gewerbe übrigens auch), die tatsächlich keine übersinnlichen Fähigkeiten besitzen, ihre Klienten betrügen und ihnen das Geld aus der Tasche ziehen. Ich verurteile diese Menschen und ihre Machenschaften zutiefst, insbesondere auch deshalb, weil sie die Arbeit der wirklich medialen Menschen mit in den Dreck ziehen und es uns im Grunde genommen doppelt schwer machen, die authentische mediale Arbeit ins rechte Licht zu rücken. Alle anderen, die nicht vorsätzlich betrügen, werden von Goldner allerdings pauschal als Verrückte eingestuft, da es in seinen Augen solche übersinnlichen Fähigkeiten nicht geben kann. Ich denke, er hat bei seiner Betrachtung noch zwei weitere Gruppen von Esoterikern, wie er sie nennt, vergessen. Die erste – und ich glaube auch die größte – Gruppe von Personen, die ich hier hinzufügen möchte, besitzt tatsächlich gewisse übersinnliche Fähigkeiten, doch erkennt sie oftmals ihre Grenzen nicht und überschätzt sich. Nicht selten haben diese durchaus übersinnlich veranlagten Menschen ein paar esoterische Bücher gelesen, besuchten vielleicht noch ein Wochenendseminar zum Thema Medialität und glauben dann, sich Medium nennen zu können. Wenn diese unausgebildeten Leute jedoch anfangen, mit echten Klienten zu praktizieren, dann ist das verantwortungslos. Mit ihrem Handeln verschlimmern sie oft nur das Leid der trauernden Menschen, die voller Hoffnung zu ihnen kommen. Hier findet zwar kein vorsätzlicher Betrug statt, doch die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und eine krankhafte Übermotivation führen letztendlich zum Versagen und sind ein gefundenes Fressen für alle Kritiker der Spiritualität.

Dann gibt es aber noch eine weitere, ganz kleine Gruppe von Menschen, die tatsächlich absolut echte und äußerst hoch entwickelte übersinnliche Fähigkeiten besitzen. Diese Medien haben ihre Fähigkeiten über viele Jahre hinweg geschult und sind in der Regel nach dem britischen Spiritismus ausgebildet. Diese hoch talentierten und gut ausgebildeten Medien findet man nicht an jeder Ecke, sie liefern nachweislich authentische Botschaften aus der Geistigen Welt, wie ich in Kapitel 7: Gibt es eine Evidenz für eine Geistige Welt? (➛Seite 319) im Rahmen unserer EREAMS-Studie noch eindrücklich zeigen werde.

Der Vorwurf Goldners, dass ein Medium den Unwissenden doch nur das Geld aus der Tasche ziehen würde, ist jedoch in dieser Pauschalität unhaltbar. Sämtliche seriösen Medien, die ich kennenlernte, bieten eine Geld-zurück-Garantie an. Wenn in einem Jenseitskontakt einmal keine sicheren Beweise zu der verstorbenen Person geliefert werden konnten oder man den Eindruck hatte, dass es kein authentischer Kontakt war, dann braucht man auch nichts zu bezahlen. Ich sehe nichts Verwerfliches daran, für diese Leistung, wenn sie authentisch ist, auch Geld zu verlangen. Pauschal zu behaupten, dass die genannten Personengruppen keine übersinnlichen Fähigkeiten, sondern eine psychische Störung besäßen, ist meiner Ansicht nach nur Beleg dafür, dass man sich nicht intensiv genug mit der Thematik auseinandergesetzt hat, denn ich habe in meinen umfangreichen Recherchen, in eigenen Erlebnissen und unserer Studie zu Jenseitskontakten gänzlich andere Erfahrungen gemacht, die ich auch in diesem Buch vorstelle und mit höchster Signifikanz wissenschaftlich belegen kann. Ich lade alle Skeptiker, wie Goldner, Oberhummer und viele andere, herzlich ein, sich meine Argumente und Ergebnisse genau anzuschauen. Wer es wirklich in Offenheit gelesen hat und Schwächen oder Widersprüche entdeckt, Gegenargumente hat und Kritik erbringen möchte, darf dies gern tun. Doch wer sich à priori ohne tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Thematik herablassend über übersinnliche Fähigkeiten äußert, ist ein Gegner der Wissenschaft. Wer sich die Maischberger Diskussionsrunde angeschaut hat, wird feststellen, dass eine konstruktive und produktive Diskussion mit emotional aufgeladenen materialistischen Naturwissenschaftlern in der Regel leider nicht möglich ist. Der Fairness halber muss man aber ebenso konstatieren, dass es auch religiöse Fanatiker gibt, die den dogmatischen Wissenschaftlern in ihrer verschlossenen und rigorosen Art in nichts nachstehen. Das gegenseitige Zuhören und der Respekt sowie eine Offenheit für sachliche Argumente haben leider vielfach keine Chance.

Wie konnte es so weit kommen, dass die Spiritualität und die Wissenschaft getrennte Wege gingen und sich geradewegs zu Gegensätzen entwickelten? Den ersten Stein brachte wohl der englische Politiker und Rechtsanwalt Francis Bacon (1561–1626) ins Rollen. In weiser Voraussicht sah er in der technischen Beherrschung der Natur ein großes Entwicklungspotenzial für die Menschheit. Wer Wissen über die Natur besaß, konnte das Weltgeschehen beeinflussen. Bacon erhoffte sich eine Wissenschaftsförderung durch Regierungsmittel und Investorengelder. Sein Ansinnen, die Natur zu beherrschen, sah er auch durch die Bibel begründet. Er verwies auf Passagen in der Genesis, die seine Vision von einer allumfänglichen Naturwissenschaft als eine Rückbesinnung auf die ihm von Gott verliehene Macht rechtfertigte.5 Er prägte den auch heute noch gern zitierten Satz: »Wissen ist Macht.«6 Seit dem Beginn der mechanistischen Naturwissenschaft im 17. Jahrhundert wurden schließlich geistige Aspekte sukzessive immer mehr aus dem Verständnis des Lebens und der Welt verbannt. Wissenschaftler wie Johannes Kepler, Galileo Galilei und Isaac Newton legten den Grundstein für ein immer dominanter werdendes materialistisches Weltbild. Während sie selbst noch alle an einen kreativen intelligenten Gott als Urschöpfer ihrer entdeckten Phänomene glaubten, hielt der Kreationismus seit dem Ende des 19. Jahrhunderts einer zunehmend atheistischer werdenden, aufgeklärten Bevölkerung nicht mehr stand, und das in der Gesellschaft akzeptierte Glaubenssystem schlug mit der breiten Akzeptanz des Materialismus von einem Extrem ins andere. Nach Jahrhunderten der Inquisition, der Hexenverfolgung und der Ablassbriefe war es an der Zeit, die in ihrer Macht und Glaubhaftigkeit wankende Kirche in ihre Schranken zu weisen. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Geologie, Paläontologie, Biologie, Chemie und Physik sprachen eindeutig gegen eine 6000 Jahre alte, von Adam und Eva bewohnte Welt. Doch den meiner Ansicht nach größten Anteil zur Abkehr von einem spirituellen Weltbild hat wohl der britische Naturforscher Charles Darwin mit seiner Evolutionstheorie beigetragen. Auch heute wird seine mittlerweile weiterentwickelte Theorie zur Entstehung der Arten als Status quo an Schulen und Universitäten gelehrt. Ich halte genau diese Evolutionstheorie für einen zentralen Punkt bei der Diskussion von Wissenschaft gegen Spiritualität. Ich glaube sogar, die Evolutionstheorie ist der Hauptgrund für eine überwiegend säkulare Gesellschaft. Warum sollten Schüler und Studenten auch jemals einen Zweifel an den Lehrinhalten hegen, denn das Leben, seine Entstehung und Weiterentwicklung werden doch ganz natürlich in einer trügerischen Selbstverständlichkeit erklärt, sodass jeder glaubt, alle Fragen dazu seien beantwortet und alle Erkenntnisse seien bewiesen. Zweifel gibt es keine, und wer doch welche hat, muss zwangsläufig ein Spinner oder religiöser Fanatiker sein. Evolution wird als bewiesene Tatsache gelehrt und akzeptiert. Ich frage mich, wie unsere Kinder und Studenten wohl ihr Weltbild formen würden, wenn Darwins Evolutionstheorie nicht als absolute unanfechtbare Wahrheit, sondern mit allen Schwächen und Stärken, mit allen Wahrscheinlichkeiten und Unwahrscheinlichkeiten für bestimmte Szenarien und mit Raum für sachliche argumentative Kritik gelehrt würde. Was wäre verwerflich daran, auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu lehren, die Darwins Theorie widersprechen? Welche Erkenntnisse das genau sind, werde ich in Kapitel 4.1.: Materialistische/naturalistische Entstehung (➛Seite 107) noch detailliert darlegen. Doch darf ich schon vorwegnehmen, dass man für die Evolutionstheorie am Ende wesentlich mehr Glauben aufwenden muss als für ihre Alternativen. Ich wünsche mir eine faire und ehrliche Darstellung von Erkenntnissen, doch es geht wieder einmal um die Verteidigung des materialistischen Weltbildes, was man den Menschen als sachliche und rationale Wissenschaft verkauft. Was selbst viele Wissenschaftler unserer Zeit nicht wissen oder bewusst verdrängen, ist, dass die materialistisch geprägte Wissenschaft wie jedes andere Weltbild auch nur auf Glauben, auf gewissen Glaubensgrundsätzen basiert, die nicht hinterfragt werden. So werden Objektivität, Kausalität (Ursache-Wirkungszusammenhänge), Zeit und Raum wie selbstverständlich vorausgesetzt. Die Quantenmechanik (Kapitel 6: Quantenmechanik und Spiritualität ➛Seite 290) hat sehr eindrucksvoll bewiesen, dass jede einzelne dieser genannten Annahmen infrage gestellt werden muss.7 Im Grunde genommen hat sich die klassische Wissenschaft durch die Erkenntnisse der Quantenmechanik ihrer eigenen Glaubensgrundsätze entledigt, doch die richtigen Konsequenzen daraus möchte anscheinend kaum jemand ziehen.