Legionär in der römischen Armee

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Auf Reisen

Vielleicht wartet schon eine kleine Abteilung Soldaten aus der Einheit, für welche die neuen Rekruten bestimmt sind, um sie zu ihrem neuen Zuhause zu führen, oder aber die Männer bekommen die nötigen Anweisungen, um auf eigene Faust hinzufinden. Das Legionsquartier kann vom Rekrutierungsort beträchtlich weit entfernt liegen, also erhalten die Rekruten ein viaticum – Reisegeld – zur Deckung ihrer Kosten unterwegs. Falls ein Offizier aus ihrer neuen Einheit sie begleitet, wird von ihnen erwartet, dass sie ihm ihr Geld übergeben, da der Offizier die Route schon früher bereist haben dürfte, die besten Quartiere kennt und Gruppentarife für seine Abteilung aushandeln kann. Eventuell übriggebliebenes Geld wird auf das Konto des Rekruten eingezahlt, wenn er seinen Bestimmungsort erreicht hat.

Einzelpersonen oder Gruppen, die zu klein sind, um eine Eskorte zu lohnen, können sich für eine Reise erster Klasse entscheiden und pleite ankommen oder unbequem übernachten und mit einem netten kleinen Startkapital eintreffen. Das ist eine nützliche Einführung ins Legionärsleben. Wie Sie noch sehen werden, gibt es viele Fälle, in denen es Ihnen möglich sein wird, sich entweder dafür zu entscheiden, sich relativen Komfort zu erkaufen oder aber die Zähne zusammenzubeißen und für die Pension zu arbeiten.

Das Eintreffen bei seiner Einheit ist etwas, das ein Soldat nie vergisst. Sie ist alles an Familie, was ein Legionär für die nächsten 20 Jahre haben wird.

Longinus Longus, Feldzeichenträger der 1. Lusitaner-Kohorte, an seinen Zenturio Tituleius Longinus: Ich bestätige den Empfang von 423 Denaren und 20 Obolen; bei besagter Summe handelt es sich um hinterlegte Gelder von 23 Rekruten, die bei dieser Zenturie eingetroffen sind am 6. Thoth [3. September] im 21. Jahr des edlen Caesar, unseres Herrn Traian.

(Papyrus aus Ägypten, 117 n. Chr.)

A. S. HUNT/C. C. EDGAR, Select Papyri II 368

II Der Legions-Schnelltest

Milites exercitati facile intellegi possunt. abundant tamen tirones periculosi.

Profis sind berechenbar. Die Welt wimmelt von gefährlichen Anfängern.

Wenn man bedenkt, dass Rom bereits rund 700 Jahre im Geschäft ist, kann man schon einen kleinen Schock bekommen, sobald man sich klarmacht, dass der Staat erst seit weniger als einem Fünftel dieser Zeit eine Berufsarmee hat. Wenn Sie davor einen römischen Soldaten finden wollten, mussten Sie bloß einen beliebigen gesunden Römer auf der Straße anhalten. Es war damals sehr wahrscheinlich, dass dieser Mann die letzten paar Monate im Feld verbracht hatte und mit seinem General – der gleichzeitig römischer Konsul war – in die Stadt zurückgekehrt war, als die Saison für Feldzüge endete.

Eine kurze Geschichte der römischen Armee

500 v. Chr. Seinerzeit war das Soldatsein viel leichter, weil Roms Feinde um die Ecke wohnten. Als Rom beispielsweise gegen die Etrusker aus Veii kämpfte, konnten ein paar Offiziere mal schnell zum Abendessen nach Hause. Die Zeit zum Kämpfen begann im Frühjahr, wenn die Armee aufgestellt wurde, und endete im Herbst, wenn man sie entließ, sodass die Männer zuhause bei der Ernte helfen konnten. Jeder römische Soldat war Bürger – und umgekehrt. Wenn sich die Bürger versammelten, um abzustimmen, wer sie anführen sollte, taten sie das in Rom auf dem Marsfeld, nach Zenturien geordnet wie die römische Armee. Als Daumenregel galt: Jede Stimme hatte etwa so viel Gewicht wie die militärische Ausrüstung des Wählers. Als Erste stimmten die Ritter ab. Pferde sind schwer, also waren die Stimmen der Ritter enorm wichtig. Als Nächste kamen die Wähler der ersten Klasse – die, die sich eine schwere Rüstung, Schwerter und Schilde leisten konnten. Offensichtlich waren das angesehene Bürger, denen man besser zuhörte – nicht zuletzt, weil der Besitz solcher Ausrüstung bedeutete, dass diese Bürger, wenn sie wütend waren, der Obrigkeit ein paar buchstäblich bohrende Fragen stellen konnten. Noch eine Konsequenz dieser Wahlmethode war, dass die meisten wichtigen Angelegenheiten normalerweise durch die Ritter und die erste Klasse entschieden worden waren, bevor das Gesindel drankam, das mit Schleudern und spitzen Stöcken in die Schlacht zog. (Und wenn man die Ritter und die erste Klasse fragte, war das gar nicht schlecht so.)

300 v. Chr. Die ursprüngliche Standardeinheit der Armee war die Phalanx, ein fester Block aus Speerkämpfern. Nur war diese große, unbewegliche Einheit nicht gerade ideal, um hochbeweglichen Stammeskriegern durch die italischen Gebirge nachzujagen, also führte die Armee im 4. Jahrhundert v. Chr. den Manipel ein. Das war eine „Handvoll“ Männer (von manus, lateinisch „Hand“) oder, genau gesagt, 120 Mann. Die Soldaten kämpften in drei Reihen von Manipeln.

Die hastati stellten die vordersten Manipel. Sie bestanden aus frischen Rekruten, die unerfahren genug waren, um tapfer zu sein, und zu jung, um am Leben zu hängen. Die Männer dieser Manipel waren mit Schwertern und mit dem ausgerüstet, was bis heute die bevorzugte Wurfwaffe der Legion ist – mit dem schweren, pilum genannten Speer für kurze Reichweite.

Die principes, der zweite Manipel, hingen schon an ihrem Leben und kämpften desto verbissener, weil sie aus Erfahrung wussten, dass ein Sieg für sie die beste Garantie war, Frauen und Kinder wiederzusehen. Diese Soldaten waren ebenso bewaffnet wie die hastati, allerdings konnte ihre Rüstung hochwertiger sein.

Büste, die man für ein Bild von Gaius Marius hält. Marius’ Reformen betrafen nicht nur die römische Armee, sondern hatten auch weitreichende und nicht immer positive Auswirkungen auf die römische Geschichte.

Die triarii waren der Manipel in der letzten Reihe und bestanden aus Veteranen vom alten Schlag, die mit den langen Speeren aus der Phalanx kämpften und denen man zutrauen konnte, die Stellung zu halten, wenn alles andere versagte. Deshalb heißt der Ausdruck „es ist zu den triarii gekommen“ bis heute, dass die Lage verzweifelt ist.

100 v. Chr. Das konservative System der Republik zerstörte der demagogische General Marius, der dringend Soldaten brauchte. Damals führte Rom einen Eroberungskrieg in Numidien und bereitete sich auf einen Verteidigungskrieg gegen Germanenstämme aus dem Norden vor. Marius schaffte die Besitzregeln ab und brachte den Staat dazu, die Ausrüstung zu stellen. Außerdem führte er die Tradition ein, jeder Legion als ihr wichtigstes Symbol einen aquila zu übergeben, den Adler, der für Jupiter stand. Marius machte die Legionen zur Standardformation in der Schlacht, aufbauend auf der Kohorte, und so ist es noch heute.

Ein guter General war Marius zwar, nur dachte er oft nicht über die Folgen seiner Entscheidungen nach. Seine Systemveränderungen lösten kurzfristig Probleme, während sie für die Zukunft einen Riesenärger heraufbeschworen. Sobald der Staat einmal mit dem Ausrüsten der Soldaten angefangen hatte, begann die Entbäuerlichung der Armee, denn jetzt rekrutierte man die Legionäre nicht mehr nur aus den Landbewohnern, sondern auch aus den Armen in der Stadt. Da es keine Ernte gab, zu der die Stadtrekruten nach Hause mussten, blieben viele einfach bei der Fahne und verpflichteten sich Jahr für Jahr weiter. Das war ihren Generälen nur recht, weil Rom mit Kampagnen in so entlegenen Ecken wie Griechenland und Spanien begonnen hatte. (Um sicherzugehen, dass die Armee jedes Jahr zu Beginn der Feldzugsaison im Kriegsgebiet war, verlegte man den Jahresanfang auf Januar vor, und da ist er seitdem geblieben.) Das Problem war dann da, als die Soldaten nach rund zwei Jahrzehnten, in denen sie Jahr für Jahr anmusterten, zu alt zum Kämpfen waren und vom Staat verständlicherweise eine Altersversorgung erwarteten.

80 v. Chr. In diesem Fall meinte „Staat“ die Konsuln, die das nächste Gesetzespaket einbrachten, und da die Konsuln oft den Generälen verpflichtet – oder mit ihnen identisch – waren, die gerade einen Feldzug erfolgreich abgeschlossen hatten, begannen sich die Soldaten darauf zu verlassen, dass ihr General Vorsorge für ihr Leben nach dem Militär traf. Während das politische Leben in Italien immer turbulenter wurde, wurden die Generäle wichtiger und wichtiger. Die Politiker, über denen die Drohung eines Bürgerkriegs schwebte, entdeckten schnell, wie weitsichtig es war, große Mengen von arbeitslosen Einzelpersonen, die über beträchtliche Erfahrung in Nahkampfsituationen verfügten, nicht unnötig zu verärgern. Für Generäle wie Sulla und Pompeius wurde es zu einem Hauptziel, ihre Veteranen kampflos auf ein gutes Stück Land zu bekommen, nicht zuletzt, weil sich die Generäle dadurch die Dankbarkeit der Veteranen sicherten. Und falls es nötig wurde, waren diese Veteranen normalerweise bereit, wieder zum Schwert zu greifen, um sich zu revanchieren.

Ich bin Spurius Ligustinus aus der Tribus Crustumina und ich komme aus einer Sabinerfamilie. Mein Vater hat mir einen Viertelhektar Land hinterlassen und die kleine Hütte, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Dort lebe ich heute noch. […] Ich habe 22 Dienstjahre in der Armee verbracht und bin nun über 50 Jahre alt. Aber selbst wenn ich meinen Dienst nicht fertig absolviert hätte und wenn ich aus Altersgründen nicht dienstbefreit wäre, dann wäre es immer noch richtig, wenn ich entlassen würde.

LIVIUS, Römische Geschichte 42,34,2; 11–12

[Octavian] griff nach dem Konsulat, als er 20 war. Er brachte die Legionen in bedrohliche Nähe der Stadt [Rom] und schickte Gesandte, die im Namen der Armee den Konsulat für ihn forderten. Als der Senat zögerte, schlug der Anführer der Abordnung, ein Zenturio namens Cornelius, seinen Mantel zurück und ließ seinen Schwertgriff sehen. Er teilte dem Senat ohne Hemmungen mit: „Das wird ihn zum Konsul machen, wenn ihr es nicht macht.“

 

SUETON, Leben des Augustus 26,1

31 v. Chr. Die politische Krise gipfelte in den 18 Jahren zwischen 49 und 31 v. Chr., als die Armeen des Pompeius gegen die Caesars kämpften und dann Octavian (der spätere Augustus) gegen Marcus Antonius antrat. (Für die Einzelheiten der großen triumviralen K.-o.-Runde der innerrömischen Endausscheidung, bekannt unter dem Namen Bürgerkriege, empfehlen wir die Historien Appians.) Man schätzt, dass in diesen 18 Jahren innerer Auseinandersetzungen fast eine halbe Million Männer zu den Waffen gerufen wurde. Selbst wenn wir rund 50 Prozent Schwund durch Tod, Ruhestand oder Desertion während dieser Zeit einkalkulieren, blieben damit noch immer gut 60 Legionen im Einsatz. Von den Soldaten abgesehen, die anderswo im Reich dienten, erschienen 47 Legionen zum Höhepunkt der Bürgerkriege, der Schlacht bei Actium 31 v. Chr. Hier kämpfte Octavian mit Marcus Antonius und Kleopatra um die Herrschaft über die uns bekannte Welt. Als der Rauch sich verzog, war es Octavian, der als Letzter noch auf den Beinen war und, indem er Antonius’ Männer seiner eigenen Streitmacht einverleibte, eine der größten Armeen erbte, die die Welt je gesehen hat.

Dieser Silberdenar des Marcus Antonius wurde kurz vor der Schlacht bei Actium geprägt und zeigt in weiser Voraussicht eine gefechtsklare Trireme. Bei Actium waren zwar mehr Legionen anwesend als jemals sonst in der römischen Geschichte, aber viele Soldaten schauten bloß zu, während sich das Schicksal des Imperiums zur See entschied.

Die augusteische Neuordnung

Allen Vorteilen einer supergroßen Armee zum Trotz, einen unüberwindlichen Nachteil gab es: Der römische Staat konnte sie sich nicht leisten. Selbst heute noch, über 100 Jahre später, ist der Unterhalt der Armee die größte Belastung für die Staatskasse – tatsächlich ist dieser Ausgabenposten, wenn man Bauprojekte wie Straßen dazurechnet (die übernimmt sowieso häufig die Armee), größer als alle übrigen Staatsausgaben zusammen. Octavian musste der Armee schnell eine Schlankheitskur verordnen und um die 100.000 Mann entlassen, und zwar so, dass sie keine Einwände gegen ihre Entlassung hatten.

Die Lösung des Problems war typisch für den raffiniertesten Politiker Roms. Octavian war entscheidungsfreudig, rücksichtslos und effizient. Er nahm einfach vielen wohlhabenden Gemeinden Italiens das Land weg und gab es den Ex-Soldaten. Das sorgte für große Bestürzung bei den italischen Völkern, aber da die Landräuber Armeeveteranen waren, wäre es äußerst unklug gewesen, allzu lautstark zu protestieren. Horaz, der oben erwähnte Soldat, der auf Dichter umgeschult hatte (s.S. 10), schrieb seine frühen Gedichte als herbe Anprangerung der Leiden, die diese Neuordnung in seiner Heimatstadt ausgelöst hatte. Doch wie viele andere auch verwandelte er sich unter dem Eindruck der Vorzüge des Friedens im Kaiserreich nach und nach in eine Stütze der Regierungspartei.

Hilfreich war auch, dass viele der Soldaten, denen man jetzt den Abschied gab, Eingezogene waren, die darauf brannten, heimzukehren. Außerdem erlaubte die Eroberung Ägyptens es Octavian, denjenigen eine Prämie in bar zu geben, die kein Land in Italien oder in einer der Kolonien wollten, die die Reichsregierung in den Provinzen ansiedelte. Von 60 Legionen unter Waffen ging Rom zu 28 über, was kurzfristig hunderte Millionen Sesterzen kostete, aber auf lange Sicht gigantische Summen einsparte.

Nach 6 n. Chr. wurde das Verfahren, wie man Soldaten nach ihrem Abschied ansiedelte, durch die Einrichtung des aerarium militare, der Militär-Staatskasse, auf die heutige Grundlage gestellt. Augustus (wie Octavian sich inzwischen nannte) gründete einen Fonds, indem er 170 Millionen Sesterze aus seinem Privatvermögen in den Spartopf steckte. Später bestand er darauf, dass die Bürger von Rom den Fonds durch Zwangsbeiträge flüssig hielten, nämlich durch eine Mehrwertsteuer von einem Prozent auf Versteigerungen und fünf Prozent Erbschaftssteuer (außerdem gibt es für die eigentliche Staatskasse eine allgemeine Steuer von zehn Prozent – und auch davon kriegt die Armee einen ganzen Batzen, wie wir gesehen haben).

Es wäre zwar nicht richtig, wenn man sagte, dass Augustus eine halbprofessionelle Armee aus Bürgersoldaten vorfand und in ein reguläres stehendes Heer umwandelte, denn die Vorgänge, die die römische Armee seiner Zeit entstehen ließen, waren schon vor der Zeit Caesars im Gang gewesen. Doch auf jeden Fall schuf Augustus klare Verhältnisse und machte aus Gewohnheiten verbindliche Vorschriften; die Armee, die er bei seinem Tod hinterließ, ist eindeutig schon die von 100 n.Chr.

Augustus war es auch, der die Dienstzeit auf 20 Jahre festlegte (woraus in der Praxis eher um die 25 Jahre wurden) und es den Soldaten verbot, in dieser Zeit zu heiraten. Augustus verdankt es ein Soldat, der entlassen wird, außerdem, dass er sich auf eine Abfindung im Wert von rund 14 Jahresgehältern freuen kann.

Schaubild einer Legion in Manipulartaktik. Die Aufstellung der Männer in kompakten, halbautonomen Blöcken verlieh der Legion große Flexibilität, dank der die Römer Feinde wie die kompakte, aber schwer manövrierbare makedonische Phalanx zerschmettern konnten.

Die Kohorten und Kopfstärken

Kohorten umfassen jeweils sechs Zenturien, und weil die Zenturie von 100 auf 80 Mann geschrumpft ist, ergibt das 480 Mann pro Kohorte. Zehn Kohorten à 480 Mann ergeben eine Legion oder 6000 Soldaten. Wer eine Planstelle beim Zahlmeister möchte, wird eine Unstimmigkeit in diesen Zahlen bemerkt haben, denn mit CDLXXX Mann mal X Kohorten komme ich nicht auf MMMMMM Soldaten. Die zusätzlichen Leute, die die Zahl wirklich auf 6000 bringen, kommen von der ersten Kohorte, die eine Einheit doppelter Stärke mit 800 Mann ist. Tatsächlich sind 6000 Mann das absolute Maximum – inklusive Köchen und Reserven. Im rauen Alltag sind die Legionen immer chronisch unterbesetzt, also ist man mit 4800 in einer Durchschnittslegion wahrscheinlich näher dran an der tatsächlichen Zahl der Soldaten.

Welche Legion passt zu mir?

Denken Sie immer daran, dass sich eine Legion hauptsächlich aus ihrem Stammbezirk rekrutiert, der üblicherweise mit der Provinz zusammenfällt, in welcher die Legion stationiert ist. Deswegen muss ein Rekrut, der auf einen bestimmten Standort aus ist, sicherstellen, dass er sich auch am richtigen Ort verpflichtet. Darum folgt hier ein Schnelldurchlauf, welche Legion wo steht, zusammen mit ein paar Bemerkungen über ihre Geschichte. Alles wäre viel einfacher, wenn die Legionen bei Legion I anfingen und bis Legion XXVIII durchliefen, aber die turbulente römische Geschichte hat in diese klare Linie ein paar dicke Knoten gemacht.

Zuerst einmal hatten noch vor der augusteischen Neuordnung die unruhigen Zeiten dafür gesorgt, dass ein paar Legionen lange genug fortbestanden hatten, um eine eigene Identität samt Traditionen zu entwickeln. Manche von ihnen waren auf Antonius’ Seite gewesen und hatten nur unter der Bedingung kapituliert, dass die Legion bestehen blieb. Deswegen tragen die Legionen X, XIII und XIV alle den Namen Gemina, also „Zwilling“. Sie sind das Ergebnis von Fusionen, wenn zum Beispiel eine augusteische und eine antonianische Legion mit derselben Nummer aus Kosten- und Sicherheitsgründen zu einer einzigen Einheit zusammengelegt wurden.

Sollte jemand gern zur Legion XVII, XVIII oder XIX wollen, muss er sich leider einen Dolch nehmen und in den düsteren Tiefen des Teutoburger Waldes in Germanien Selbstmord begehen, wo diese Legionen 9 n. Chr. durch einen Hinterhalt des Abtrünnigen Arminius ausgelöscht wurden. Ihre Nummern sind nie wieder vergeben worden, obwohl Caligulas Aufstellung zweier frischer Legionen namens XV Primigenia und XXII Primigenia von 39 n. Chr. die Armee wieder auf ihre Sollstärke gebracht hat. Der Name Primigenia bezieht sich wahrscheinlich auf Fortuna Primigenia, die manche für Jupiters erstgeborene Tochter halten. Die XV Primigenia kapitulierte 69 n. Chr. vor dem Feind und wurde zusammen mit mehreren anderen unehrenhaft aufgelöst. (Lesen Sie die Werke des Historikers Tacitus, wenn Sie die Geschichte der Aufstände und Kriege dieser Epoche erfahren möchten, in der mehrere Legionen in Schande von der Armeeliste gestrichen wurden.)

Ungefähr 66 n. Chr. plante Nero eine Expedition, um die Gegend rund um das Kaspische Meer zu erobern, und setzte die I Italica auf die Legionsliste – „Italica“, weil ihre Rekruten allesamt Italiker waren. Als sich dann 68 n. Chr. der Bürgerkrieg zusammenbraute, brauchte Nero ein bisschen Extraunterstützung und stellte eine weitere Legion auf, indem er Matrosen von der Flotte in Misenum versetzte (s.S. 53), aus denen die I Adiutrix („die Unterstützende“) wurde.

Unter Anrechnung all der vielen Katastrophen und Auflösungen, Rekrutierungen und Restrukturierungen liest sich die Regimentsliste von 100 n. Chr., auf die Traian für seine großen Feldzugspläne zurückgreifen kann, wie folgt:

I Adiutrix. Ein gutes Motto für diese Legion wäre ubique – überall. Die Legion hat in Italien, Dalmatien und Moesien gedient. Ihre Soldaten können sich auf harte Kämpfe unter dem Kaiseradler in den anstehenden Daker- und Partherkriegen gefasst machen.

I Minervia. Der Name verrät uns, dass Kaiser Domitian diese Legion aufgestellt hat, der Minerva als seine Schutzgöttin betrachtete. Es ist eine neue Legion, noch keine 20 Jahre alt, sie hat in derselben Gegend gekämpft wie die I Adiutrix und kann sich wie sie auf weitere Kämpfe einstellen. Einstweilen bewacht sie den Rhein von Bonna (Bonn) aus, wo sie für die nächsten Jahrzehnte feste Wurzeln zu schlagen scheint.

II Adiutrix. Das ist eine Legion, die wie die I Adiutrix ursprünglich aus Ex-Marinesoldaten formiert wurde. Diesmal schuf Vespasian die Legion, damit sie ihm dabei half, Kaiser zu werden. Die Legion wurde Hals über Kopf in den Krieg im Rheinland und dann in Britannien geworfen. Nach Kämpfen in Wales und Schottland wurde sie an die dakische Grenze verlegt und kassierte eine dicke Tracht Prügel von den Kriegern dieses aggressiven Königreichs. Von ihrer jetzigen Garnison in Pannonien aus erledigt sie einen Großteil ihrer Rekrutierung in der Region. Im Auge behalten sollten Sie unter den Offizieren dieser Legion den jungen Publius Aelius Hadrianus (Hadrian), dem Insider eine steile Karriere voraussagen.

II Augusta. Diese ursprünglich spanische Legion ist seit 43 n.Chr. in Britannien. Heutzutage richtet sie sich mit dem britischen Regenwetter in Isca Dumnoniorum (Exeter) ein und wird voraussichtlich noch einige Zeit dort bleiben. Das Legionsemblem ist der Capricorn, der fischschwänzige Steinbock, ein Zeichen dafür, dass sie Augustus reorganisiert hat, der in diesem Sternzeichen geboren wurde.

III Augusta. Der Wechsel vom Steinbock zu Pegasus, dem geflügelten Pferd, entführt Sie quer durchs Imperium ins deutlich sonnigere Klima von Afrika. Viel zu kämpfen gibt es hier nicht, von gelegentlichen Rangeleien mit den Berberreitern aus der Wüste abgesehen, aber die Datteln sind verlockend und die Dating-Möglichkeiten mit den einheimischen Schönheiten auch.

Steinbock und Pegasus, die Symbole der II bzw. III Augusta, schmücken vereint diese Plakette der Legio II Augusta. Viele Legionen hatten ein Tiersymbol, wobei der gallische Stier die Legionen anzeigte, die schon unter Caesar gedient hatten. Das Symbol der Prätorianergarde war ein Skorpion.

III Cyrenaica. Wenn es Sie ins exotische Land der Pyramiden zieht, sind Sie hier gut aufgehoben, aber ich sag’s Ihnen gleich – kennst du eine Sphinx, kennst du alle. Es gibt Gerüchte, dass die Legion in den Einsatz gehen könnte, wenn die geplante Annexion von Arabia abrollt; das wäre eine Abwechslung zur üblichen Mischung aus Hitze, Fliegen und Langeweile, in der es nur dann spannend wird, wenn die Juden, Griechen und Ägypter in Alexandria mal wieder einen Anlauf machen, ihre Stadt und einander zu vernichten.

 

III Gallica. Trotz ihrer gallischen Anfänge finden Sie diese Legion in Syrien. Wer unter dem Zeichen des Stieres kämpft, kann im Osten Kriege mit den Parthern kommen sehen und darf sich im Westen auf noch einen Aufstand in Judäa freuen. Eine sichere Wahl für jeden, der’s im Militärdienst gern intensiv hat – und mörderisch.

IV Flavia Felix. Ursprünglich hieß sie Macedonica, bis Vespasian die Legion gründlich umorganisierte. Wie ihr Stieremblem bezeugt, hat Caesar sie aufgestellt. (Caesars Legionen kämpften in Gallien, und der Stier hat vielleicht mit einem keltischen Stiergott zu tun.) Die Legion war schon früh eine treue Stütze Octavians in den schlimmen Jahren, ehe er Augustus wurde. Während des Bürgerkriegs von 69 n. Chr. mühte sie sich redlich, die aufsässigen Germanenstämme in Schach zu halten, zeigte aber später gegen Legionärskameraden, die zum Feind übergelaufen waren, keine berühmte Leistung. Wer sich den Namen „Felix“ anschaut, kommt zu der Vermutung, dass das „Glücklichsein“ oder „Glück gehabt“ im Titel sich auf den Erfolg bezieht, um die Auflösung wegen mangelnden Einsatzes herumgekommen zu sein.

IV Scythica. Ursprünglich eine Legion, die Antonius aus den Völkern im Norden des Schwarzen Meeres bildete (daher der Name). Als sie es nach Actium mit Augustus hielt, übernahm sie Augustus’ Symbol, den Capricorn, als ihr Emblem. Wie die Legio XII Fulminata wurden auch ihre Soldaten in den 60er-Jahren n. Chr. von den Juden und auch von den Parthern besiegt, also haben sie keinen Ruf als erstklassige Kampftruppen. Wenn man den vergöttlichten Kaiser Vespasian in die Enge triebe, würde er errötend zugeben, in seiner Jugend bei dieser Legion gedient zu haben. Ihre Mitglieder gelten als hervorragende Straßenbauer.

V Macedonica. Eine Legion, die ein Händchen dafür hat, sich ihre Feinde auszusuchen. Sie hat Barbaren im ganzen Nordosten des Imperiums bekämpft, unterbrochen von einem Abstecher nach Judäa für den Jüdischen Krieg von 69 n. Chr. Sie ist eine sichere Wette für die erste Schlachtreihe im nahen Dakerfeldzug und hat bereits zusammen mit der II Adiutrix dakische Einfälle abgewehrt. Noch eine Legion mit Stieremblem.

VI Ferrata (die Eiserne). Nachdem diese Einheit Vespasian auf den Kaiserthron geholfen hat, ist sie nach Osten gezogen. Im Moment steht sie an den Ufern des Euphrat und wird entweder zur III Cyrenaica in Arabia stoßen oder zurückverlegt werden, um Judäa in Schach zu halten. Oder auch beides. Jedenfalls noch eine Legion, auf die interessante Zeiten warten.

VI Victrix (die Siegreiche). Steht zurzeit in Novaesium (Neuss) am Rhein, wo sie die Flavia Felix (geborene Macedonica) und andere Legionen abgelöst hat, die sich durch Überlaufen zum Feind in den Kriegen von 69–70 n. Chr. zu Tode blamiert haben. Hauptsächlich Garnisonsdienst, dazu muss sie es bei kleineren Überfällen – mal als Täter, mal als Verteidiger – den Germanen zeigen. Hin und wieder bekommt der kommandierende General im Rheinland Appetit auf das Kaisertum, also ist ein Ausflug nach Rom auf die Schnelle eine weitere Möglichkeit.

VII Gemina. Ihr berühmtester Ehemaliger ist der momentane Kaiser Traian, der 89 n.Chr. Legionslegat war. Diese Legion ist eine „Gemina“, weil sie eine Mixtur aus der in Schande geratenen I Germanica und der VII Hispana ist. Das spanische Element hat es nicht weit in die Fremde gezogen. Noch immer ist sie in Hispania Tarraconensis stationiert, einer der friedlichsten Provinzen des Imperiums, und Rekruten können sich auf gelegentliche Banditenjagd, Lager-dienst und Grundlagenforschung in der Kunst der Siesta einstellen. Diese Legion wird so lange an Ort und Stelle bleiben, dass sie der Stadt Le(gi)ón ihren Namen geben wird.

VII Claudia. Diese Legion ist ihren Kinderkrankheiten vor über 150 Jahren entwachsen, als sie unter Caesar in Gallien kämpfte. Sollte es zum Bürgerkrieg kommen, halten Sie ein Auge auf sie, denn sie hat bisher jedes Mal den Gewinner unterstützt. Ihre Legionäre kämpften in Spanien und bei Pharsalos für Caesar gegen Pompeius und später bei Philippi für Caesars Erben Octavian. Die Legion stand 42 n. Chr. in Dalmatien und schlug dort einen Aufstand nieder, was ihr den Beinamen Claudia Pia Fidelis („pflichtbewusst und treu“) eintrug. Sie setzte auf Vespasian als Kaiser und gab den Ausschlag, damit die Schlacht von Cremona 69 n. Chr. mit seinem Sieg endete. Vermutlich wird sie die Speerspitze des kommenden Dakerkrieges bilden.

VIII Augusta. Diese altgediente Legion zählt zu den Geheimtipps der Armee. Wie die VII Claudia ist sie eine ehemalige Legion Caesars und steht im Moment in Argentoratum (Straßburg). Einigen Leuten geht der Gedanke vielleicht gegen den Strich, dass die Verantwortlichen für ein gesamteuropäisches Imperium kaum etwas tun, außer die gallische Küche und den guten Wein zu würdigen, aber andere denken sich, dass das für Ruhe und Frieden dieser Zeiten ein sehr vernünftiger Preis ist.

IX Hispana. Das inoffizielle Motto der Legion ist „Kein Wort über Boudicca!“. Von der britischen Kriegerkönigin hat diese Legion während Boudiccas Aufstand 60–61 n. Chr. kräftig Dresche bezogen und ein paar Veteranen der feinfühligeren Sorte fallen angeblich beim Anblick blauer Waid-Tätowierungen immer noch in Ohnmacht. Der aktuelle Hauptfeind der Legion ist das Rheuma, Ergebnis der britischen Nässe. Da Frieden auf der Insel herrscht, ist die Garnison von Lindum (Lincoln) nach Eboracum (York) verlegt worden. In gut 20 Jahren wird die Legion so geräuschlos aus Britannien abgerufen werden, dass sich viele fragen, was mit ihr passiert ist, und so wird sie als „die verschollene Legion“ Legende werden.

X Fretensis. Nach einem Weg rund ums östliche Mittelmeer steht diese Legion jetzt in Hierosolyma, der Stadt, die die Römer nach der Rebellion 66–68 n. Chr. auf den rauchenden Trümmern von Jerusalem erbaut haben. Ein guter Posten für dickfellige Typen, denen es nichts ausmacht, wenn die Einheimischen hinter ihnen ausspucken. Titus, der General von damals, brachte es immerhin zu einer jüdischen Prinzessin als Freundin. Die Besatzungstruppen sollten lieber nicht mit so etwas rechnen, aber sicher ist ihnen auf jeden Fall das volle Mitgefühl des Kaisers. Traians Vater hat hier nämlich während des Aufstands eine Legion befehligt, also weiß Traian, womit es die Soldaten zu tun haben.

X Gemina. Ursprünglich eine von Caesars Legionen (und auch eine, die 55 v. Chr mit ihm die Invasion in Britannien durchführte); für die Bürgerkriege stellte der Triumvir Lepidus sie neu auf, aber sie übertrug ihre Loyalität rasch auf Augustus. Nach einer erholsamen Runde in Spanien hat sie sich in Noviomagus (Nimwegen) im Rheinland wiedergefunden. Eine gute Wahl für alle, die gern mit Holz arbeiten, denn die Legion kämpft momentan mit Säge und Hacke, um Kastelle und Gräben entlang der Grenze zu errichten.

XI. Offiziell ist das eine weitere Claudia Pia Fidelis, tatsächlich eher ein anonymes Arbeitstier unter den Legionen. Von ihrer Garnison in Vindonissa (Windisch in der Schweiz) zog sie westwärts, um Vespasian mit auf den Thron zu setzen und um mit dem Schlamassel fertigzuwerden, den der Verrat der Macedonica, der XV Primigenia & Co. im Jahr 70 hinterlassen hatte. Die Legio XI, gegenwärtig auf dem Balkan, wird wahrscheinlich den Garnisonsdienst in Pannonien übernehmen, wenn die angreifenden Legionen nach Dakien eingedrungen sind.

XII Fulminata (die Donnerkeile). Eine Legion, die hinter den Erwartungen, die ihr Blitzsymbol weckt, klar zurückbleibt. Ihre Soldaten verpatzten die Eroberung Armeniens 62 n. Chr. und ergaben sich den Parthern, anschließend steigerten sie sich noch und verloren ihren Adler 66 n. Chr. an jüdische Rebellen. Nachdem sie eine gewisse Zeit im Osten von Kappadokien (in der Türkei) verbracht und gehofft hat, dass ihr nichts Gefährliches über den Weg läuft, ist diese Legion nach Osten an den Euphrat verlegt worden.