FREMDE HEIMAT

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Wieder nickte er nur, ließ sich von ihr zu einer Liege führen, die mit einem Sichtschutz vom Rest des Raumes abgetrennt war. Auf ihr Geheiß machte er seinen Bauch frei und streckte sich dort aus, starrte an die Decke, während sie den Sender und den Schlauch entfernte. Als sie Gel auf seinen Bauch gab, zuckte er zusammen.

»Können wir jetzt noch einmal über die Therapie reden?««, fragte sie.

»Wozu?«

»Weil ich glaube, dass Sie sie dringend brauchen.«

»Ich wüsste nicht, weshalb.«

Hayes schwieg und begann, mit dem Ultraschallsender seine Bauchdecke abzufahren, während sie dabei den Monitor des Geräts studierte.

»Und?«, quetschte Alan hervor.

»Vergrößert. Ich werde noch einen Scan machen, aber ich fürchte, das Ergebnis wird das gleiche sein.«

Sie deutete erneut auf die Pritsche. Aber Alan starrte sie nur an. Eine Woge aus Panik rollte auf ihn zu.

»Was … was heißt das?«

»Dass Sie hierbleiben werden. Es tut mir leid, aber …«

»Nein!«

Mit einem Keuchen schlug Alan ihre Hand beiseite und versuchte, aufzustehen. Aber Hayes versperrte ihm den Weg und packte ihn am Handgelenk.

»Mister McBride, reißen Sie sich zusammen. Denken Sie, das macht mir Spaß?«

Wortlos entriss Alan ihr seinen Arm.

»Ihre Nieren versagen. Ich kann Sie nicht einfach wieder gehen lassen, sonst sind Sie morgen oder spätestens übermorgen tot.«

»Ich will mit Mister Mabuto sprechen.« Alans Stimme bebte.

»Sehen Sie den Tatsachen ins Gesicht! Ich kann versuchen, Sie medikamentös einzustellen, oder wir müssen regelmäßig eine Blutwäsche durchführen, damit …«

Die Wände kamen auf ihn zu.

»Nein!«, keuchte er. »Ich kann nicht … Lassen … Sie mich gehen.«

»Mister McBride!«

Er sprang auf, versuchte, an ihr vorbeizukommen.

Raus. Er musste hier verschwinden, bevor sie ihn wieder mit Schläuchen an ein Bett fesseln konnte.

Aber Hayes versperrte ihm den Weg.

»Lassen Sie mich gehen!«

»Mister McBride, seien Sie vernünftig. Wenn Sie jetzt gehen, muss ich Sie mit Gewalt zurückbringen lassen. Das führt doch zu nichts. Weder Sie noch ich wollen, dass ich Sie hier an ein Bett fesseln lassen muss. Oder?« Ihre Stimme klang mit einem Mal sanft.

Alan war eiskalt. Zitternd setzte er sich zurück aufs Bett.

»Ich muss mit Mister Mabuto sprechen.«

Hayes seufzte. »Akzeptieren Sie es doch endlich, Mister McBride. Es nutzt nichts, die Augen zu verschließen.«

»Ich verschließe nicht meine Augen«, schrie er sie an. »Ich muss mit Mister Mabuto sprechen. Es ist wichtig.«

»Mister McBride, Alan. Ich will Ihnen doch nur helfen …« Hayes streckte die Hand nach ihm aus.

Nach Atem ringend starrte sie an. »Ich will mit Mister Mabuto sprechen!«

»Wie Sie wollen!«

Hayes presste die Lippen aufeinander, stolzierte zur Schiffskommunikation und schlug auf einen Schalter. »Krankenstation an Brücke. Doktor Hayes spricht. Mister Mabuto, kommen Sie bitte auf die Krankenstation. Es eilt.«

»Brücke an Krankenstation. Mabuto spricht. Ich komme.«

»Zufrieden?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, stopfte Hayes die Hände in die Taschen ihres Kittels und kehrte zu ihm zurück.

»Wären Sie dann so freundlich, sich hier auf diese Liege zu legen, bis der Lieutenant kommt? Damit ich meine Daten bekomme. Oder ist das zu viel verlangt?«

Endlich gehorchte Alan. Mit Gewalt sperrte er die Erinnerungen weg, die ihn überfallen wollten, und zwang sich dazu, ihre Untersuchungen über sich ergehen zu lassen. Er hoffte nur, dass er sich Mabuto gegenüber besser im Griff hatte.

Nach einer Weile zischte das Schott und Mabuto kam herein.

»Was ist los?«, wollte er wissen.

»Fragen Sie nicht mich. Fragen Sie ihn«, erwiderte Hayes. Mit den Worten kehrte sie ihnen den Rücken zu und ging zu einem Schott, das in einen Nebenraum führte. »Ich bin nebenan, falls Sie mich brauchen.«

»Nun«, sagte Mabuto. »Ich höre.«

Alan stand auf und zog das Shirt über seinen Bauch. »Sir, ich muss mich entschuldigen …«

»Das haben Sie schon einmal getan. Mir fehlt die Geduld, es mir noch einmal anzuhören. Sie kennen unsere Abmachung.«

»Darum geht es nicht, Sir. Ich habe nachgedacht und ein paar Dinge herausgefunden, die ich Ihnen mitteilen wollte.«

Mabuto runzelte die Stirn. »Schön, dann sprechen Sie.«

Müde rieb sich sich Alan über das Gesicht. »Wir hatten mehrere Schiffe auf den Sensoren, aber es war Stark, der mit uns Kontakt aufnahm. Und er kam nicht zufällig vorbei. Sein Kursvektor belegt es, Sir.«

»Was wollen Sie damit sagen?«

»Das ist noch nicht alles, Sir. Ich glaube außerdem, dass die Krail-on-Frau, die an Bord ist, bei uns Schutz gesucht hat. Meiner Meinung nach ist sie geflohen.«

»Wie kommen Sie darauf?«

Alan schüttelte den Kopf. »Sir, die Frage ist, was war so wichtig, dass jemand mit einer Gefangenen an Bord seinen Kurs änderte, um uns abzufangen? Warum hat ausgerechnet dieses Schiff uns abgefangen?«

Eine Weile herrschte Stille.

Dann fragte Mabuto: »Haben Sie eine Vermutung?«

»Irgendjemand will unseren Hyperantrieb. Der Chief hat bei einer der Besprechungen erwähnt, wie interessiert Stark daran war. Und ich glaube nicht, dass wer auch immer da seine Finger im Spiel hat, sich mit dem Ergebnis zufriedengibt.«

»Stark ist tot.« Das Interesse in Mabutos Augen erlosch.

»Stark ist nicht relevant. Die Frau in Weiß hatte das Sagen. Da bin ich sicher. Und unser Passagier ist ebenfalls eine Frau in Weiß. Ich glaube, sie kann uns eine Menge erzählen.«

Mabuto schwieg. Alan glaubte schon, er habe das Spiel verloren, da hob Mabuto nach einem tiefen Atemzug den Kopf und sah ihn an.

»Und was schlagen Sie vor?«

»Lassen Sie mich das Spiel fortsetzen, Sir. Lassen Sie mich vor ihr den Kass-Un spielen. Ich bin so gut wie tot. Es ist vielleicht das Letzte, was ich für die Crew tun kann.«

Indirekt versuchte er, Mabuto damit zu verstehen zu geben, dass er keine Konkurrenz für ihn war. So musste es doch funktionieren.

Mabuto musterte ihn einen schier endlosen Augenblick, bis er endlich antwortete.

»Ich werde mit Doktor Hayes reden.«

Alan setzte sich auf die Liege. Sein Blick folgte Mabuto, der zu Hayes in den Nebenraum ging, und wartete darauf, dass sich das Schott hinter ihm schloss. Doch das Zischen blieb aus.

»Was war los?«

Alan musste sich anstrengen, aber Mabutos Stimme war immer noch gut zu verstehen.

»Mister McBride hat eine immunogene Nephritis. Ich habe seine Daten gerade eben analysiert. Wenn er nicht behandelt wird, ist er in wenigen Tagen tot.«

»Weiß er es schon?«

»Mehr oder weniger.«

»Was soll das heißen?«

»Das soll heißen, dass der Junge dringend eine Verhaltenstherapie braucht. Er hat eine ernsthafte Psychose. Ich muss darauf bestehen, dass er auf der Krankenstation bleibt.«

»Bleiben Sie bei der Sache, Doktor Hayes. Gibt es eine Alternative?«

»Ich soll sachlich bleiben? Sagen Sie das Mister McBride. Er benimmt sich, als wolle ich ihn umbringen und verweigert jeden Therapieansatz!«

»Sie glauben also, dass Sie seinen Tod verhindern können?«

»Es muss einen Weg geben! Ich brauche nur mehr Zeit.«

»Und wenn Sie sich irren?«

Eine Weile herrschte Schweigen, bevor Hayes antwortete. »Dann habe ich es wenigstens versucht.«

»Hören Sie mir gut zu, Doktor Hayes! Ich brauche ihn. Ich brauche ihn, damit er mit dieser … unserer Passagierin spricht, die sich nach wie vor beharrlich weigert, mit mir zu reden. Bevor ich nicht weiß, was gespielt wird, kann ich nicht auf ihn verzichten. Und …«

»Warum haben Sie ihn dann nicht gleich mit ihr reden lassen? Jetzt ist es vielleicht zu spät.«

»Ich hatte meine Gründe. Und außerdem brauche ich ihn, damit die Mannschaft ihren Helden hat. Sie haben doch selbst gesagt, dass die Stimmung der Crew sich seit seinem Sieg gegen den Krail-on wesentlich gebessert hat.«

»Und wenn er stirbt, bevor ich eine Behandlungsmöglichkeit gefunden habe? Wenn er vor den Augen der Crew zusammenbricht? Was dann?«

»Er wird nicht zusammenbrechen, dafür ist er zu stur. Und wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ihn retten können? Helfen Sie mit dieser Hoffnung nicht eher sich selbst als Mister McBride?«

»Oh nein, Mister Mabuto. Darauf falle ich nicht herein. Tatsache ist, dass Sie ihn opfern wollen. Zum Wohl der Crew meinetwegen, aber Sie wollen ihn opfern.«

»Das hat er selbst schon so vor dem Kampf entschieden. Machen Sie das, was er erreicht hat, nicht kaputt, indem Sie Ihr eigenes Wohl in den Vordergrund stellen.«

»Mein Wohl? Haben Sie sich schon gefragt, ob es Ihnen nicht vielleicht zu leicht fällt, ihn zu opfern? Ob es Ihnen vielleicht ganz gelegen kommt, wenn er stirbt?«

»Doktor Hayes, Sie vergessen sich!«

»Oh nein! Ich tue nur meine Pflicht. Er hat ein hübsches Gesicht, er ist jung und er hat Mumm. Die Crew verehrt ihn. Was können Sie dagegenhalten?«

»Doktor Hayes«, knurrte Mabuto. »Unterschätzen Sie mich nicht. Auch ich tue nur meine Pflicht – auch wenn es mir schwerfällt.«

»Ist das Ihr letztes Wort?«

»Das ist es.«

»Und was soll ich tun, damit Ihr Held nicht vorzeitig zusammenbricht?«

»Lassen Sie sich etwas einfallen! Führen Sie die Behandlung ambulant durch. Sie sind der Arzt.«

 

»Sie machen es sich verdammt einfach! Und wenn er sich widersetzt?«

»Seien Sie kompromissbereit. Dann wird er es auch sein.«

»Herzlichen Dank!«

»Und rufen Sie mich bitte, bevor Sie ihn die Krankenstation verlassen lassen.«

»Misstrauisch? Auf wen?«

»Ich bin nur vorsichtig, Doktor Hayes. Guten Tag!«

Kurz herrschte Schweigen. Dann näherten sich Schritte dem Schott.

»Einen Moment noch«, ertönte Hayes' Stimme. »Bevor ich es vergesse. Ich glaube, dass sich jemand bei den Antidepressiva bedient. Die Zahlen können einfach nicht stimmen.«

Die Schritte hielten inne. »Haben Sie einen Verdacht?«

»Nein. Mit Ihrer Erlaubnis wollte ich den Code zu den Medikamentenvorräten ändern.«

»In Ordnung. Tun Sie es und geben Sie mir den veränderten Code.«

»Wie Sie wünschen, Sir.«

Alan befeuchtete seine Lippen. Mabuto benutzte ihn wie … wie man ein Streichholz zum Anzünden benutzte und anschließend wegwarf. Aber er half ihm damit hier heraus. Hatte er Mabuto nicht ebenso benutzt?

In diesem Augenblick kam Hayes zu ihm zurück. Die Hände in den Taschen ihres Kittels sah sie ihn an.

»Ich habe es gehört«, kam Alan ihr zuvor. »Können Sie es mir erklären?«

Sie zögerte kurz, ehe sie ihm antwortete. »Sie haben eine immunogene Nephritis. Die Ergebnisse meiner Simulationen haben sich bestätigt. Ihr Körper reagiert mit Antikörpern auf den Gift-Gegengift-Komplex und verhindert so, dass er abgebaut und ausgeschieden werden kann. Dadurch werden Ihre Nieren geschädigt. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, kann es zum Nierenversagen kommen.«

»Muss ich hierbleiben?«

»Interessiert es Sie nicht, zu erfahren, ob ich etwas dagegen tun kann?«

»Am Ergebnis wird sich letztendlich nichts ändern. Das haben Sie selbst gesagt.«

Hayes’ Gesicht verhärtete sich. »Na schön! Hier ist mein Angebot: Sie werden Ihren Sender wieder tragen und alle drei Tage hierherkommen, damit wir eine Dialyse durchführen können. Die Erste führen wir jetzt sofort durch. Und falls mir irgendetwas an den Werten nicht gefällt, die mir Ihr Sender übermittelt, werde ich Sie rufen lassen und von oben bis unten durchchecken. Das Gleiche gilt, wenn Sie merken, dass es Ihnen schlechter geht. Sind wir uns einig?«

Alan nickte. »Aye, Ma’m.«

»Ich verstehe Sie nicht, Mister McBride. Weshalb lassen Sie nicht zu, dass ich Ihnen helfe?«

Alan biss sich auf die Unterlippe und ignorierte ihren Blick. »Bringen wir es hinter uns.«

»Dann legen Sie sich bitte wieder hin. Wir werden die Dialyse hier durchführen.«

Er gehorchte und wartete mit stoischer Miene auf das, was kommen würde.

Nach drei Stunden entließ sie ihn endlich mit drei verschiedenen Pillen in den Hosentaschen und einer Handvoll guter Ratschläge.

»Trinken Sie viel«, sagte sie zum Abschied. »Das heißt mindestens zwei Liter Flüssigkeit täglich, besser jedoch drei Liter. Und wenn es Ihnen nicht gar zuwider ist, am besten in Form von Wasser.«

»Kein Problem.«

»Und achten Sie bitte darauf, dass das, was Sie trinken, auch wieder ausgeschieden wird. Sollte sich ein Missverhältnis einstellen, melden Sie sich bei mir.«

»Soll ich es abmessen oder genügt eine grobe Schätzung?«

Ein Lächeln huschte über Hayes’ Gesicht. »Eine Schätzung genügt völlig. Aber zur Sicherheit können wir den Urin auch über einen Blasenkatheter sammeln.«

»Nur über meine Leiche!«, knurrte Alan.

Hayes’ Lachen klang unecht.

»Denken Sie noch einmal über mein Angebot nach«, setzte sie leise hinzu.

»Wozu?«

Sie schwieg, zog einen Rolltisch heran und deutete auf Alans Bauch. Seufzend schob Alan sein Shirt nach oben. Mit sanften Fingern führte sie den Schlauch für den Sender wieder in seine Bauchdecke ein.

»Wenn Sie so weiter machen, sieht mein Bauch bald aus wie ein Schweizer Käse«, murrte Alan.

»Ich bin sicher, dass ich immer eine Stelle finden werde, an dem ich den Sender platzieren kann.«

»Geben Sie’s zu: Sie quälen mich gern.«

»Sie sollten daran denken, bevor Sie mich wieder ärgern.«

»Ich werd’s nicht vergessen.«

Hayes schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. Endlich ließ sie ihn gehen.

Er war frei.

Ich protestiere hiermit auf das Schärfste gegen das Verbot des Basislagers, den Spuren der Einheimischen zu folgen, auf die wir vor wenigen Tagen bei der Erschließung gestoßen sind. Nach wie vor stehe ich zu meiner Entscheidung, die Spuren von den Teammitgliedern Schönlau und Tonokatsu untersuchen zu lassen, und hoffe, dass Sie im Nachhinein meine Meinung unterstützen. Ein überschrittener Zeitplan aufgrund von Wartungsdefiziten im Gerätepark kann nicht als Grund herangezogen werden, um die Erhebung überlebenswichtiger Daten zu verhindern.

Protestnote des ExCo-Teamleiters auf Epsilon 5, Dr. Goran Vaclav, an das Zentralbüro der ExCo Inc. in Paris

6.

Die Freiheit endete vor dem Schott der Krankenstation, wo Mabuto auf Alan wartete.

»Haben Sie schon etwas gegessen?«, fragte er.

Alans Magen antwortete mit einem Knurren. »Äh, nein, Sir.«

»Gut, dann gehen wir zur Kantine.«

Alan folgte ihm, angelte ein Sandwich und einen Fruchtsaft aus den Regalen und ließ sich mit einem Seufzen Mabuto gegenüber in den Stuhl fallen. Mit Heißhunger machte er sich über sein Sandwich her. Hühnchen, stellte er nach dem ersten Bissen fest. Es hätte schlimmer kommen können.

Mabuto rührte Milch in seinen Kaffee. »Wir müssen einige Dinge klären, bevor wir zu der Krail-as gehen.«

Den Mund voll Sandwich nickte Alan nur.

»Sie werden mich als Ihren Nachfolger ausgeben. Damit uns in dieser Hinsicht nichts dazwischen kommen kann.«

»Aye, Sir.«

Das Sandwich schmeckte mit einem Mal nicht mehr.

»Versuchen Sie, herauszubekommen, ob Ihre Vermutungen stimmen und ob wir mit weiteren Angriffen rechnen müssen. Wenn während des Gesprächs irgendwelche Fragen auftauchen, die Sie nicht beantworten können, brechen Sie entweder das Gespräch ab oder lassen mich antworten.«

»Verstanden, Sir.«

Alan spülte den Bissen, der sich in seinem Mund querstellte, mit etwas Saft hinunter.

»Noch Fragen?«

»Ja, Sir. Was ist bisher mit ihr geschehen? Ich meine, haben Sie schon mit ihr gesprochen, hat sie Ihnen etwas gesagt?«

Mabutos Finger griffen nach der Tasse. »Ich habe ihr das Quartier des Commanders zugewiesen und versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Sie fragte, ob Sie … ob Kass-Un McBride tot sei. Als ich verneinte, weigerte sie sich, mit mir zu sprechen. Seitdem wird sie rund um die Uhr von zwei Mann bewacht. Außerdem wurde der Schiffskomm zu ihrer Kabine gekappt.«

Einen Moment starrte Alan nur auf das angebissene Sandwich.

»Hat sie gesagt, wo sie herkommt?«, wollte er endlich wissen. »Wie sie heißt? Will sie, dass wir sie irgendwohin bringen? Hatte sie etwas bei sich? Irgendetwas?«

»Nichts. Alles, was ich weiß, ist, dass ihr Name Imri-an ist.«

»-an« – das war die Endsilbe der Heilerinnen, erinnerte sich Alan an Boldens Bericht. Damit hatte sich eine seiner Vermutungen schon bestätigt.

»Hat sie einen Translator?«

»Nicht mehr. Wir werden ihr einen mitbringen.«

Das stimmte mit Deans Erzählung über Graham überein.

Alan seufzte. »Von mir aus können wir.«

»Wollen Sie das nicht mehr essen?« Mabuto deutete auf das Sandwich.

Alan verstand das als Aufforderung, stopfte den letzten Rest in sich hinein und trank den Saft leer. Mit einem Nicken entließ Mabuto ihn und stand auf.

Es waren ausgerechnet Graham und Malucci, die vor dem Quartier des Commanders Wache standen. Malucci grinste, als er Alan erkannte, und Alan antwortete mit einem Lächeln.

Mabuto zog derweil zwei Translatoren aus seiner Jacke. Den einen klemmte er über sein Ohr, den anderen reichte er Alan. Alans Ohrmuschel glühte, bis es ihm endlich gelang, das Ding zu befestigen. Im Stillen hoffte er, dass es die Krail-as nicht bemerken würde. Da öffnete Mabuto schon das Schott. Mit einem Nicken bedeutete er Alan, vorauszugehen, und folgte ihm.

Die Frau saß an dem Tisch, der rechts vom Eingang an der Wand stand. Bei ihrem Eintreten wandte sie sich ihnen zu und starrte sie an.

Eingedenk der Krail-on-Sitten neigte Alan den Kopf. »Ich grüße Euch«, sagte er auf Terra Standard. Zwar wusste er, dass sie ihn nicht verstehen konnte, aber er hoffte, dass sie die Geste richtig verstehen würde.

Ein leises Gurren war zu hören, während die Krail-as die Handflächen aneinanderlegte und sich vor ihm verneigte.

Hinter Alan schloss sich zischend das Schott und Mabuto trat neben ihn.

»Kass-Un McBride! Ich freue mich, Euch zu sehen. Ich hatte befürchtet, Ihr wäret gestorben.«

Er war froh darüber, dass er ihr nicht sofort antworten musste, da sie ihn ohne Translator nicht verstehen konnte, und wandte sich an Mabuto. »Den Translator, bitte … Mister Mabuto.«

Ohne eine Miene zu verziehen, drückte Mabuto ihm den Apparat in die Hand. Auf der offenen Handfläche bot Alan der Krail-as den Translator an. Sie griff danach und versuchte, ihn auf ihrem Ohr zu befestigen, versagte aber genauso kläglich wie Alan wenige Augenblicke zuvor.

»Warten Sie«, sagte Alan und trat auf sie zu.

Wortlos hielt sie inne. Nach einem Herzschlag legte sie ihm den Translator in die Hand und schob das Haar beiseite, um ihr Ohr zu entblößen.

Alan bemerkte, dass sie größer war als er. Den Translator an ihrem Ohr zu befestigen erwies sich als Herausforderung. Ihre Ohrmuschel war spitzer und dünner als die eines Menschen und zudem auf der Rückseite dicht behaart. Der Translator rutschte jedes Mal herunter, wenn Alan ihn festklemmen wollte. Schließlich gab er es auf. Er konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

»Es geht auch ohne.« Bei den Worten hielt er ihr das Gerät ans Ohr.

Mit einem Gurren griff sie nach seiner Hand, nahm den Translator und hielt ihn sich selbst ans Ohr.

»Können Sie mich verstehen?«

Die Krail-as senkte den Kopf. »Verzeiht meine Unhöflichkeit, Kass-Un. Ich wollte Euch nicht erzürnen.«

»Ihr habt mich nicht erzürnt.« Alan machte einen Schritt zurück und verneigte sich noch einmal.

»Ich danke Euch für Euren Großmut, Kass-Un.« Anmutig legte die Frau die Handflächen aneinander und neigte den Kopf.

Gott, wenn das in diesem Tempo weiterging, konnte das ja Stunden dauern! Er wartete, bis sie wieder den Translator ans Ohr hielt.

»Darf ich Euch meinen Nachfolger Mister Mabuto vorstellen?« Mit diesen Worten deutete Alan auf Mabuto, der der Krail-as gegenüber eine Verbeugung andeutete.

»Wir kennen uns bereits.«

»Setzen wir uns?« Alan wies auf die beiden Stühle, die um den Tisch standen.

Wieder verneigte sich die Frau, dabei trat sie einen Schritt zurück und ließ Alan den Vortritt. Er tat ihr den Gefallen. Nachdem er sich gesetzt hatte, nahm die Krail-as auf dem freien Stuhl Platz und legte die Hände in den Schoß.

Alan deutete auf den Translator. Als sie das Gerät wieder ans Ohr hielt, fragte er sie: »Wie darf ich Euch nennen?«

»Ich bin Imri-an, Deil-an des Kass-Umo Dorn. Erlaubt, dass ich Euch meine Dienste anbiete.«

»Ich verstehe nicht«, antwortete Alan vorsichtig.

»Stark-ka hat versucht, Euch mit Gift zu töten. Wenn Ihr es mir erlaubt, werde ich gerne versuchen, Euch zu helfen.«

Das Sandwich lag Alan mit einem Mal schwer im Magen. Sein Blick zuckte zu Mabuto. Als dieser die Lider senkte, schüttelte Alan den Kopf.

»Das ist nicht notwendig. Aber ich danke Euch für Euer Angebot.«

»Dann hat Eure Deil-an ein Gegengift gefunden?«

»Das hat sie.« Alan presste bei der Lüge die Lippen aufeinander. Warum ließ Mabuto ihn nicht um ihre Hilfe bitten? »Wer ist Kass-Umo Dorn?«, fügte er hinzu.

»Kass-Umo Dorn gebietet über achtunddreißig Kass-Uni. Beantwortet das Eure Frage?«

Alan schluckte. Der Herr dieser Imri-an schien verdammt viel Macht zu besitzen.

»Wisst Ihr, warum Stark uns abgefangen hat?«

 

»Er hat nicht mit mir darüber gesprochen.«

Also stimmte seine Vermutung. Sie hatte es nicht abgestritten.

»Verzeiht, wenn ich Euch frage. Aber weshalb habt Ihr mich auf dieses Schiff begleitet?«

»Stark-ka hatte mich geraubt, damit mein Kass-Umo ihn zum Kampf herausfordert. Dorn-Umo ist Euch zu großem Dank verpflichtet, da Ihr mich gerettet habt.«

Alan räusperte sich. »Und warum hat Stark Euch entführt, ich meine, geraubt?«

»Stark-ka hatte die Absicht, meinen Kass-Umo zu töten – mit dem Gift, das Euch traf.«

Na, da würde sich Dorn bestimmt freuen, wenn er hörte, dass Alan seinen potenziellen Gegner getötet hatte.

»Verzeiht meine Neugier, aber warum wollte Stark Euren Kass-Umo töten?«

Imri-an neigte den Kopf. »Einige Krail-on befürchteten, dass Kass-Umo Dorn zu viel Macht auf seine Person vereint. Deshalb wollte Stark-ka ihn töten.«

Hieß das etwa, dass man Stark damit beauftragt hatte?

»Ich verstehe. Sagt mir, wo sollen wir Euch hinbringen? Versteht mich nicht falsch, aber wir sind nicht sicher, ob man uns den Krail-on-Raum durchqueren lässt. Wir wollen … keine Missverständnisse provozieren.«

»Erlaubt mir, Euren Kurs zu studieren. Dann werde ich Euch ein Planetensystem benennen, wo Ihr den Hyperraum gefahrlos verlassen könnt. Dorn-Umo wird mich dort abholen und nach Tarsos zurückbringen.«

Ein kaum merkliches Nicken von Mabuto signalisierte Alan, dass er fortfahren konnte.

»Kein Problem. Aber wir können nicht allzu lange warten, bis Dorn-Umo uns erreicht. Es wäre besser, wir könnten Euch auf einem von Krail-on bewohnten Planeten absetzen, den wir unterwegs passieren.«

»Er wird rechtzeitig da sein. Ihr werdet nicht warten müssen.«

»Wie Ihr meint.«

Sie verneigte sich wieder und sah ihn mit zur Seite gelegtem Kopf an, als erhoffte sie, dass Alan sie auffordere zu sprechen.

»Ihr erlaubt mir, Euch einen Rat zu geben, Kass-Un?«

»Sicherlich. Sprecht!«

»Es wäre von Vorteil für Euch, wenn Ihr mich mit Kass-Umo Dorn reden lassen würdet, wenn er mit seinem Schiff erscheint. Damit Ihr nicht den Eindruck erweckt, dass Ihr mich gefangen haltet.«

»Das ist nicht meine Absicht. Ich war krank, meine Männer wussten nicht, wie mit Euch zu verfahren war, und haben Euch deshalb zu Eurer Sicherheit hierher gebracht. Wenn Euch etwas fehlt, dann lasse ich es Euch gerne bringen.«

Die Krail-as ließ ein Gurren hören. »Es ist alles zu meiner vollsten Zufriedenheit, Kass-Un. Es war nur meine Absicht, Missverständnissen vorzubeugen. Dann ist es mir erlaubt, mein Zimmer zu verlassen?«

Alan schwitzte. Er wandte sich Mabuto zu. »Mister Mabuto, können Sie für die Sicherheit unseres Passagiers garantieren?«

Mabuto verzog keine Miene. »Damit ich Imri-ans Sicherheit gewährleisten kann, sollte sie von einem meiner Männer begleitet werden. Die Leute haben die Krail-on in schlechter Erinnerung.«

Alan ärgerte sich, dass er nicht selber auf diese Ausrede gekommen war. »Mister Mabuto hat leider recht, Imri-an. Wäre Euch diese Regelung angenehm?«

Wieder gurrte die Krail-as, bevor sie mit schief gelegtem Kopf antwortete. »Ich möchte Euch keine Unannehmlichkeiten bereiten, Kass-Un. Unter diesen Umständen ziehe ich es vor, in meinem Quartier zu bleiben.«

»Wie Ihr wünscht. Kann ich noch etwas für Euch tun?«

»Erlaubt mir eine Frage, Kass-Un. Weshalb habt Ihr unseren Raum betreten?«

Auf diese Frage hatte Alan gewartet. »Wir suchen einen Weg zum Betasektor. Wir wussten nicht, dass sich der Krail-on-Raum so weit in diese Richtung erstreckt. Glaubt Ihr, dass man uns die Weiterfahrt verwehren wird?«

»Das kommt auf Eure Absichten an, Kass-Un.«

»Unsere Absichten liegen im Erreichen des Betasektors. Wir haben nicht vor, uns in die Angelegenheiten der Krail-on einzumischen.«

Als ob sie das nicht schon getan hätten.

»Wenn Ihr das meinem Kass-Umo glaubhaft machen könnt, dann wird sich Euch niemand mehr in den Weg stellen. Dessen seid gewiss!«

»Kass-Un Stark hat uns im Falle seiner Niederlage freien Weg durch den gesamten Krail-on-Raum zugesichert.«

»In diesem Fall ist der Kass-Umo sogar verpflichtet, Euch die Passage zu ermöglichen. Habt Ihr Zeugen für Eure Abmachung?«

»Selbstverständlich. Meine beiden Sekundanten waren dabei.«

Wieder ließ die Krail-as ein Gurren hören. »Dann ist die Abmachung rechtsgültig und niemand kann sie für nichtig erklären. Ist damit Eure Frage beantwortet, Kass-Un?«

»Ja, sicher. Ich freue mich, das zu hören.«

»Wir Krail-on sind ein ehrenhaftes Volk«, antwortete Imri-an. »Niemand würde eine Abmachung anzweifeln, die mit einem Kampf entschieden wurde. Dessen könnt Ihr sicher sein.«

»Ich danke Euch für Eure Geduld. Verzeiht mir, wenn ich Euch jetzt verlassen muss. Wenn Ihr etwas braucht, dann lasst es mich wissen.«

Alan erhob sich. Er wollte diesen Eiertanz nur noch so schnell wie möglich beenden, ehe er einen Fehler machte.

Die Krail-as tat es ihm gleich und verneigte sich ein weiteres Mal vor ihm, dieses Mal mit vor der Brust aneinandergelegten Handflächen.

»Ich danke Euch, Kass-Un. Und solltet Ihr den Wunsch haben, dass ich Euch Erleichterung verschaffen soll, bin ich jederzeit für Euch da. Dersach.«

»Ich verstehe nicht.«

Die Krail-as streckte eine Hand nach ihm aus und deutete eine Berührung seiner Stirn an. »Ihr seid krank, Kass-Un. Wenn Ihr wünscht, werde ich versuchen, Euch zu helfen.« Damit trat sie zurück und gab ihm den Weg frei.

Hoffnung überschwemmte Alan.

»Ich danke Euch«, würgte er hervor. »Es wird nicht nötig sein.«

»Kass-Un?«

Beim Klang von Mabutos Stimme, zuckte Alan zusammen und drehte sich um. Auffordernd blickte dieser zur Tür. Ehe Alan gehen konnte, hielt ihm Imri-an den Translator entgegen. Aber Alan schüttelte den Kopf.

»Nein, behaltet ihn. Vielleicht werdet Ihr ihn noch brauchen.«

Ein weiteres Mal verbeugte sich die Krail-as. »Ich danke Euch, Kass-Un.«

Alan erwiderte die Verbeugung und flüchtete. Als sich das Schott hinter ihm und Mabuto schloss, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus.

»Wie mir scheint, sind wir da mitten in eine Intrige hineingeplatzt«, sinnierte Mabuto, als sie sich im Bereitschaftsraum gegenübersaßen.

»Sieht ganz so aus, Sir.«

»Dieser Dorn scheint ein mächtiger Mann zu sein. Es kann eine Menge von unserem Treffen mit ihm abhängen, wenn es stimmt, was Imri-an uns erzählt hat.«

»Wünschen Sie, dass ich ihm gegenüber ebenfalls den Kass-Un spiele, gesetzt den Fall, dass …«

Angelegentlich studierte Alan den Boden, um Mabuto nicht in die Augen schauen zu müssen.

»Ich werde darüber nachdenken.«

Eine Weile schwiegen sie. Das Angebot der Krail-as wirbelte in Alans Kopf herum und hinderte ihn daran, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihr standen keinerlei medizinische Geräte zur Verfügung. Gaukelte sie ihm vielleicht nur etwas vor, um ihn für ihre Absichten zu missbrauchen?

»Glauben Sie, dass Stark dazu gedungen wurde, Dorn zu töten«, brach Mabuto das Schweigen.

»Die Frage ist: von wem? Sorai-an, seine Beraterin, hat auf alle Fälle ihre Finger im Spiel. Und wenn Sie mich fragen, Sir, dann weiß Imri-an, wer hinter der Sache steckt. Sie will es uns nur nicht sagen. Mehr noch. Ich glaube, sie weiß auch, warum Stark uns abgefangen hat.«

»Ich teile Ihre Meinung.«

Alan massierte seine Stirn. »Ich frage mich, wie sie zu der Überzeugung kommt, dass wir nicht lange auf Dorns Erscheinen warten müssen.«

»Vielleicht weiß sie, wo er sich momentan aufhält.«

»Möglich. Aber mein Gefühl sagt mir, dass da noch etwas anderes im Spiel ist.«

Wieder dachte Alan an Imri-ans Angebot. Sein Blick irrte in die Ferne, während er den Zeigefinger an seine Lippen legte.

»Ich werde ihr unsere Kursprojektion vorlegen und Kurs setzen lassen, sobald sie einen Treffpunkt ausgewählt hat. Wie es scheint, steht unserer Route durch den Krail-on-Raum ja nichts mehr im Wege.«

»Da bin ich nicht so sicher, Sir. Es wäre auf alle Fälle von Vorteil, wenn wir die Chance nutzen, uns Dorn als Rückendeckung zu sichern.«

»Ich werde darüber nachdenken. Sie können jetzt gehen, Mister McBride.«

Alan zögerte. »Mit Verlaub, Sir. Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«

Mabuto runzelte die Stirn. »Sprechen Sie!«

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