Mord nach W.E.G.

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Z serii: Boschs erster Fall #1
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Ich hörte ihr aufmerksam zu und lasse sie erst mal ausreden. „Sie meinen also, Frau Vogel wollte sie über den Tisch ziehen, um es mal auf den Punkt zu bringen?“

„Darauf können Sie Gift nehmen! Die war alles, nur keine nette Person. Die hatte mehr als nur zwei Gesichter und machte nichts ohne persönlichen Vorteil.“, kam von Frau Probst als Antwort.

Nachdem ich mir noch ein zweites Stück Kuchen genommen hatte, fragte ich Frau Probst: „Haben Sie über die Sache irgendwelche Schriftstücke? Vielleicht ein schriftliches Kaufangebot oder irgendwas Ähnliches?“

Jetzt strahlte meine Frau Probst förmlich. „Natürlich, die wollte doch sogar gleich zum Notar mit mir. Stellen Sie sich nur vor, die wollte nur 50.000 Euro für die Wohnung bezahlen. Das ist kein Angebot gewesen, das war eine Frechheit. Ich habe gleich mal bei der Frau Schindler vom dritten Stock angerufen. Wissens, die Tochter von der Frau Schindler ist doch Immobilienmaklerin und die hat mir dann gesagt dass unter 150.000 Euro da gar nichts geht.“ Gerade jetzt, wo doch sowieso die Immobilienpreise richtiggehend explodieren. Jetzt redet sich Frau Probst schon etwas in Rage und ich versuchte sie wieder zu beruhigen. „Könnten Sie mir die Unterlagen bitte mal zeigen?“, fragte ich vorsichtig nach.

Sofort geht sie zu ihrem Massivholzmonsterschrank und holt einen Vorvertrag aus der Schublade. Daraus geht eindeutig hervor, dass Frau Vogel die 4 Zimmer Wohnung zum Preis für 50.000 € kaufen wollte. Zum Glück hatte sich Frau Probst nicht kleinkriegen lassen und hat nicht unterschrieben.

„Ja wie hat denn Frau Vogel reagiert, als sie merkte, dass das wohl nichts werden würde mit dem Kauf?“, wollte ich noch wissen.

„Also das war ja das allerschärfste, kann ich Ihnen sagen. Bis dahin war unser Hausmeisterdienst ja immer freundlich, auf einmal aber war da ein neuer Mitarbeiter von denen und der hat mich immer ganz komisch angeredet wenn er mich sah. Ich hatte schon den Eindruck dass der auf mich wartet und mir Angst machen wollte“, erzählte Frau Probst weiter.

Jetzt wird es auf einmal spannend und vor allem hat das schon eine ganz spezielle Qualität. „Was hat denn der Mitarbeiter von ihrem Hausmeisterdienst zu Ihnen gesagt, dass Sie verängstigt hat?“, hakte ich nochmal nach.

„Ja der hat mir immer gesagt, dass ich in meinem Alter doch schon besser im Heim aufgehoben wäre, wenn mir z.B. im Waschkeller was passieren würde, dann wäre es doch schon schade um mich“, so zitierte Frau Probst den Hausmeistergehilfen.

Jetzt wollte ich es aber schon genau wissen: „Können Sie mir den Mann beschreiben und würden Sie ihn wiedererkennen?“

Leicht beleidigt hält sie mir eine kleine Standpauke: „Lieber Herr Bosch, ich bin zwar schon etwas älter aber kann noch sehr gut sehen und hören. Natürlich kann ich Ihnen den Mann beschreiben und ich würde ihn jederzeit wiedererkennen. Der ist aber seit dem Unfall von Frau Vogel nicht mehr in unserer Anlage aufgetaucht.“

Jetzt erhalte ich eine astreine Beschreibung eines ca. 30 jährigen Osteuropäers, oder wie Frau Probst ihn nannte: „Ein Russe halt„.

Eigentlich sollte so ein Typ gut zu finden sein: Tätowiertes Spinnennetz am Hals und große Narbe an der Wange.

Ich habe mir alles notiert und stecke mir das Schreiben über den Vorvertrag noch ein. So verabschiede ich mich ganz herzlich von Frau Probst und verspreche, mich wieder bei ihr zu melden und sie natürlich auch auf dem Laufenden zu halten.

Langsam wird meine Liste derer, die ich auf dem Laufenden halten soll, immer größer.

So wie sich der Fall im Moment darstellt, steckt also doch mehr hinter der Sache und die Unfalltheorie mit Fahrerflucht könnte sich auch noch als etwas ganz anderes herausstellen. Ich nehme mir vor, morgen meine neuen Erkenntnisse mit dem Kollegen Köster vom Morddezernat zu teilen und ebenso mit der Presse zu sprechen. Zwar will ich noch nicht zu viel verraten, jedoch für einen Aufschub mit Aussicht auf eine größere Story würde es auf jeden Fall reichen.

Mir reicht es auch für heute, also mache ich Feierabend.

Da mir der Apfelkuchen noch im Magen liegt, bin ich froh, dass meine Frau etwas Leichtes zum Abendessen vorbereitet hat. Es gibt Fisch mit Risotto und Feldsalat, einfach ein Traum. Außerdem ist heute wieder mal Krav Maga Training angesagt und das mit meinem Kumpel Dominik.

Da ich seit der Geburt meines Sohnes nicht mehr regelmäßig trainiere, freue ich mich auf den Abend. Sich mal wieder richtig auspowern und mal sehen was man noch drauf hat ist nicht nur gut für die Figur, sondern auch fürs Ego. Krav Maga ist eine israelische Selbstverteidigungskunst und mit keiner Kampfsportart zu vergleichen. Das Training ist nicht nur härter, es ist auch vielseitiger und auf alle möglichen Angriffe hin ausgerichtet. Es gibt keine vorgeschriebenen Formen die zu beherrschen sind, sondern es geht nur darum, sich mit Härte und Hirn jedem erdenklichen Angriff entgegen zu stellen bzw. diesen abwehren zu können.

Das Training findet im Sport Centrum in der Schüblerstraße, hinter dem Business Tower statt und als ich auf den Parkplatz fahre weiß ich sofort, dass Dominik schon da ist. In ganz Nürnberg gibt es keinen zweiten knallroten 65er Mustang.

Nach knapp zwei Stunden Schinderei und einer ausgiebigen Dusche setze ich mich mit Dominik an die Bar und wir kommen natürlich auch auf meinen Fall zu sprechen. „Verstehe ich das jetzt richtig“, fängt er an, „Du bist zwar immer noch unser Polizeisprecher, ermittelst aber trotzdem?“

Da er ebenfalls bei der Polizei ist, kennt er natürlich auch die Strukturen und weiß, dass das eigentlich so nie und nimmer gehandhabt wird. „Du scheinst ja bei einigen Leuten einen großen Stein im Brett zu haben“, meinte er.

So ganz kann ich ihm da gar nicht widersprechen, denn ich weiß genau, dass ich eine ganze Menge mehr Freiraum habe, als es eigentlich üblich ist. Nachdem ich ihm meine Erkenntnisse erzählt habe und er mir aufmerksam zuhörte, meint er nur, „Ich werde mal sehen, ob ich deinen Russen nicht auftreiben kann. „

Jetzt könnte man denken er schaut sich eben ein bisschen mehr um wenn er auf Streife ist. Aber jeder der Dominik kennt weiß, sollte der Verdächtige sich in unserem Viertel noch rumtreiben, dann findet er ihn auch. So ein kleines Mauseloch gibt es gar nicht, dass sich unser Mann vor Dominik darin verstecken könnte. Da bin ich mir sicher.

Wenn er nicht schon in der Maschine nach Novosibirsk sitzt, hat er jedenfalls ganz schlechte Karten. Sorgen muss ich mir um meinen Freund auch nicht machen, wenn überhaupt, dann tut mir schon eher der Russe ein wenig leid, sobald er auf Dominik trifft. Dominik war nicht nur ein erstklassiger Krav Maga Kämpfer, er war auch kurz davor seine Gradierung als Trainer zu erlangen. Ich bedankte mich für seine Hilfe und wünschte ihm viel Erfolg.

Mit diesen Worten verabschieden wir uns voneinander und ich mache mich auf den Heimweg, in der Hoffnung dass meine Frau noch nicht schläft und vielleicht auch noch nicht müde ist. Man weiß ja nie, was der Abend noch so bringt.

Als ich am nächsten Tag im Büro aufschlage, gehe ich erst mal zu meiner Chefin, Frau Wachter, um die neuen Erkenntnisse zu besprechen.

Nach meinen Ausführungen über das Kaffeekränzchen mit Frau Probst und meinem Plan, wie ich vorhabe, mit der Presse umzugehen, bemerke ich ein leichtes Schmunzeln.

„Sieht so aus, als hätte sich Ihr Bauchgefühl nicht geirrt„, meint Frau Wachter, „Und das mit der Hinhaltetaktik der Journalisten inklusive möglicher erweiterter Hintergrundstory scheint ja auch zu funktionieren. So weit, so gut. Aber bitte vergessen Sie nicht, dass Sie Polizeisprecher sind und ermitteln gehört nicht zu Ihren Aufgaben. Haben wir uns verstanden?“

Jetzt bin ich doch etwas angefressen. „Natürlich sind mir meine Aufgaben durchaus bewusst, Frau Wachter. Da ich jedoch durch persönlichen Kontakt zu Bewohnern der Anlage, welche von Frau Vogel verwaltet wurde, erst auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht wurde, wäre es zweckdienlich den Kontakt weiter zu nutzen um die genauen Hintergründe an das Licht zu bringen. Natürlich werde ich mich nicht bei der Mordkommission einmischen, jedoch glaube ich kaum, dass ohne meine Wenigkeit der Ermittlungsstand schon so weit fortgeschritten wäre.“

„Ist ja schon gut, so war es ja auch wieder nicht gemeint, Herr Bosch. Sie müssen nicht gleich an die Decke gehen. Am besten Sie geben ihre Erkenntnisse an den Kollegen Köster weiter und sollte er noch Fragen haben oder ihre Hilfe benötigen, so denke ich, werden Sie ihn nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen.

Bitte sind Sie vorher aber noch so gut und rufen bei unseren Nürnberger Nachrichten an und versuchen die von Ihnen angestrebte Vereinbarung mit dem Leiter des ‘Polizeiberichtes‘ zu treffen. Da ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann, werde ich Ihnen etwas Spielraum geben und hoffen dass es sich lohnt“.

Nach diesen aufmunternden Worten verabschiede ich mich aus dem Büro meiner Chefin und weiß nicht gleich, ob ich mich jetzt ärgern sollte oder ob ich mich einfach mal am Arsch lecken lassen sollte. Ich entschied mich für letzteres.

Nach dem Telefonat mit den Nürnberger Nachrichten und noch ein paar üblichen Verdächtigen wie z.B. dem Lokalfernsehen, habe ich mir wieder etwas Zeit und Wohlwollen erschlichen und hoffe nur dass ich das nicht noch bereuen werde. Ich wusste genau, dass es mit meiner geplanten Exklusivstorie eine Gradwanderung sein würde und ich es auf jeden Fall schon geschickt anstellen musste um nicht von anderen Pressevertretern in der Luft zerrissen zu werden. Wie ja immer so schön heißt, des einen Freud ist des anderen Leid. Aber ich hatte da schon eine ungefähre Vorstellung wie ich das bewerkstelligen wollte. Dazu kam ja auch, dass es im Moment noch gar nicht allzu viel zu berichten gab. Jedoch hoffte ich doch sehr dass sich dieser Zustand bald änderte. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich immer zuletzt.

 

3 Stadtpark

Jetzt war aber endlich der Anruf bei dem Kollegen Köster fällig.

„Hallo Herr Bosch, Sie wollte ich eben anrufen.“, so meldete sich der leitende Ermittler und hörte mir aufmerksam zu, was ich zu berichten hatte.

„Es sieht ganz so aus, als sei doch mehr an der Sache dran, als nur ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Ich war eben in der Gerichtsmedizin und Ihre Frau Vogel wurde von einem SUV, mit einem sogenannten Kuhfänger am Kühlergrill, angefahren. Entweder es war wirklich Zufall, oder jemand wollte auf Nummer Sicher gehen. Und wenn ich jetzt noch Ihre Ermittlungen mit zugrunde lege, scheint es doch den einen oder anderen mit einem Motiv zu geben. Das mit dem Hausmeisterdienst würde ich gerne genauer unter die Lupe nehmen. Hätten Sie nicht Lust mich zu begleiten und wir sehen uns den Hausmeister an?“

Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, dass er mir so was vorschlägt. Ich ließ mir aber nichts anmerken. „Gerne Herr Kollege, ich habe gerade sowieso nichts Besseres zu tun.“

Zehn Minuten später fuhren wir zu dem Hausmeisterdienst, einer ziemlich kleinen Klitsche hinterm Stadtpark. Als wir vor dem Haus parkten, sah ich schon an der Wand das Schild auf dem der Name „Hausmeisterdienst Sadovnik – Alle Arbeiten„ stand, sowie ein Richtungspfeil zum Hinterhof. Irgendwie überkam mich ein seltsames Gefühl, mit Hinterhöfen hatte ich ja schon so meine Erfahrung. Gleichzeitig musste ich über das Schild aber auch ein wenig schmunzeln. Entweder es sollte bedeuten dass hier alle Arbeiten ausgeführt werden oder das hier eben alle arbeiten.

Wir saßen noch im Auto und redeten über das weitere Vorgehen, „Also Herr Bosch, da wir noch nicht genug gegen die Hausmeisterfirma in der Hand haben, möchte ich erst mal den Ball flach halten. Ich werde dem Firmenchef zwar etwas auf den Zahn fühlen, jedoch mit Bedacht. Als erstes möchte ich mir einen Eindruck von dem Ganzen verschaffen, alles andere wird sich ergeben. Irgendwelche Einwände?“.

„Werter Herr Köster, ich bin nur Beobachter und werden Ihnen nicht in die Suppe spucken“, entgegnete ich. Ein zufriedenes Nicken und dann stiegen wir aus dem Wagen, schnurstracks auf den Hinterhof zu. Schon von weitem hörten wir laute Stimmen, konnten aber nichts verstehen da offensichtlich russisch gesprochen wurde.

Als wir nach ein paar Schritten den Hof durchquert hatten, sahen wir ein paar Rasenmäher, ein Schneeräumgerät, ein paar Schaufeln und Rechen sowie ein kleines Gartenhäuschen und davor auf einer Bierbank drei Männer sitzen.

Offensichtlich waren die Herren so in ihren Streit vertieft, dass uns zuerst niemand bemerkte. Plötzlich stand einer der Streithähne auf und wollte auf einen anderen mit einer leeren Bierflasche in der Hand losgehen.

„Polizei, sofort aufhören. Stellen Sie augenblicklich die Flasche auf den Tisch.“ Nach meiner lauten und knappen Anweisung sahen mich die drei an, der nette Herr mit der Bierflasche erschien zwar sehr erstaunt, aber die beiden anderen bedachten mich mit einem Blick der Erleichterung.

Mein Kollege zückte seinen Dienstausweis und befahl allen, sich hinzusetzen und zu beruhigen. Um seiner Aufforderung mehr Nachdruck zu verleihen, klappte Herr Köster sein Jackett auf und legte seine Hand auf das Holster mit seiner Dienstwaffe, ließ diese aber noch stecken. Zwei von den dreien kamen unserer Aufforderung gerne nach und verhielten sich ruhig, nur unser Mann mit der Bierflasche hatte wohl einen schlechten Tag.

Der Typ war ein Schläger aus dem Bilderbuch, ungefähr 1,85m groß, gut und gern über 100 kg und die Figur eines Preisboxers. Nach dem Aussehen der Nase, die mehr als flach war, hatte er schon viele Kämpfe hinter sich. Ebenso muss er sich schon einige Kopftreffer eingefangen haben, denn er dachte nicht im Traum daran der Aufforderung meines Kollegen Folge zu leisten. Im Gegenteil, er machte einen Schritt auf mich zu und brüllte: "Bullen am Arsch, ich schlag euch zwei zu Brei."

Er knallte die Bierflasche lautstark auf den Tisch und kam bedrohlich auf uns zu. Um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, schlug er seine rechte Faust in seine linke Hand und ging in Angriffsstellung. Er stellte seinen linken Fuß nach vorne und hob seine Pranken. Ich sah seine erhobenen massigen Fäuste und natürlich waren die Fingerknöchel mit irgendwelchen Runen, oder so was ähnlichen, tätowiert.

Wie schon gesagt, ein Schläger eben wie aus dem Bilderbuch.

Bevor mein Kollegen jetzt seine Waffe ziehen konnte und die ganze Sache drohte aus dem Ruder zu laufen, wollte ich das Ganze beenden.

"So Dawarisch, entweder hinsetzten und Klappe halten oder hinlegen und jammern. Du hast die Wahl", schrie ich ihn an.

Dawarisch heißt Freund auf Russisch, das war’s aber dann auch schon mit meinem russisch. Na ja, ich wusste noch was Nastrovje, Dawai, Perestroika und Glasnost bedeutet. Somit waren zwar meine Sprachkenntnisse doch schon sehr überschaubar, aber meine Körpersprache und mein Gesichtsausdruck ließen keinen Zweifel an meiner Drohung zu.

Wie schon gesagt, er hatte mit Sicherheit schon einige Kopftreffer einstecken müssen, denn er sah mich nicht nur sehr erstaunt an sondern man sah förmlich wie seine restlichen Hirnzellen versuchten zu verstehen was ich damit gemeint haben könnte.

Mir war natürlich klar dass ich es hier mit einem brutalen, wenn auch etwas dumpfen Typen zu tun hatte der viele Stunden im Boxstudio verbracht hat und dementsprechend trainiert war. Aber man kann noch so viel trainieren, noch so viele Gewichte stemmen und noch so hart sein, es gibt Stellen am Körper die bleiben einfach empfindlich. So beschloss ich, mich erst gar nicht auf einen Kampf einzulassen und trat ihm volle Kanne gegen das Schienbein.

Das zeigte auch sofort Wirkung. Zuerst verlor unser Freund seine Gesichtsfarbe und tanzte auf einem Bein, was wirklich lustig aussah. Sofort machte ich zwei Schritte seitlich auf ihn zu und kickte ihm von hinten in die Kniekehle seines Standbeines.

Wie vom Blitz getroffen schlug er der Länge nach hin und ich kniete mich auf seinen Rücken. Nachdem ich ihm sehr unsanft die Arme auf den Rücken drehte, verpasste ich ihm auch gleich Handschellen.

Das Alles geschah sehr schnell und überraschte sowohl meinen Kollegen als auch die beiden Russen, die nach wie vor brav auf der Bank saßen.

"Nicht schlecht Herr Kollege, Sie können also nicht nur gut mit Worten umgehen. Wo lernt man denn solche Tricks?", fragte mich Herr Köster.

"Von Jerry Cotton natürlich", antwortete ich trocken. Ich dachte nicht dass er wusste wer Jerry Cotton ist. Er ist eine Romanfigur, mein Held als Teenager und ich las alle Romane die es von ihm gab.

"Nicht schlecht Herr Bosch, und was beim FBI in New York funktioniert scheint bei uns ja auch zu klappen". kriegte ich als Antwort.

Jetzt war ich ebenso erstaunt und überrascht, denn Jerry Cotton kennt nun wirklich nicht mehr jeder.

Bevor wir uns weiter über meine Lieblingsromanfigur unterhalten konnten, kamen immer mehr Leute in den Hinterhof. Da unser russischer Boxer ja nun wirklich wie am Spieß schrie, war das auch kein Wunder. Er beschimpfte uns in einer Mischung aus gebrochenem Deutsch und eben Russisch. Somit war es sogar besser für ihn dass wir nicht alles, was er von sich gab, verstanden haben.

Herr Köster wollte zur Sicherheit einen Streifenwagen herbeordern und außerdem wollte er unseren Schläger ja auch noch aufs Kommissariat bringen lassen. Da wir uns ja im Osten der Stadt befanden war es nur logisch bei den Kollegen der Polizeiinspektion Ost anzurufen. Noch dazu war es die Wache von meinem Freund Dominik. Er war auf der Polizeiinspektion Ost Polizeikommissar und so rief ich kurz bei der „Oster Wache“ an und fragte, ob Dominik auf Streife sei und bat um Unterstützung und Abtransport unseres Schlägers.

Als zwei Minuten später Dominik eintraf, jammerte unser russischer Boxer immer noch.

"Du hattest die Wahl, das nächste Mal hörst Du lieber zu und tust was dir die Polizei sagt.", das konnte ich mir jetzt echt nicht verkneifen.

Nachdem wir die Schaulustigen verscheucht hatten und Dominik unseren Russen abtransportieren wollte, raunte ich meinem Freund kurz zu: "Vielleicht kannst Du dem Typen ja schon mal auf den Zahn fühlen. Ich wette, der kennt nicht nur den Hausmeistergehilfen den wir suchen, der kann uns bestimmt noch das eine oder andere mitteilen. Schau einfach mal was Du machen kannst. Danke Dir schon mal."

Mit einem kurzen Nicken, bugsierte Dominik unseren Gefangenen in den Streifenwagen und fuhr ins Kommissariat. Ich hatte schon eine ungefähre Vorstellung von dieser Fahrt und wusste genau, dass bis wir eintreffen würden, unser Boxer lammfromm sein würde. Dominik hatte da eine sehr überzeugende Art.

Jetzt kehrte langsam wieder Ruhe in den Hinterhof ein und wir konnten uns endlich der Befragung unserer beiden verbliebenen Russen widmen, die immer noch brav auf der Bank saßen. Zu unserem Glück machten die nicht auf blöd und machten auch nicht auf "Nix verstehen", wie man es oft bei ausländischen Mitbürgern erlebte. Die Befragung übernahm mein Kollege, Herr Köster, und ich hielt mich dabei dezent im Hintergrund.

„So meine Herren, nachdem wieder Ruhe eingekehrt ist, hätte ich als erstes gerne Ihre Ausweise„, so fing mein Kollege ruhig und professionell an. Nachdem er sich die Namen der beiden notiert hatte, startete er seine Befragung.

„Ich gehe mal davon aus, dass Sie beide für die Hausmeisterfirma arbeiten. Ist der nette Herr, den wir eben mitgenommen haben, ebenfalls hier angestellt?“

Bereitwillig gaben sie meinem Kollegen Auskunft, waren aber eher harmlose kleine Fische, die nicht wirklich etwas wussten.

Es stellte sich heraus dass unser Boxer ebenfalls für die Hausmeisterfirma tätig war und hier als Vorarbeiter fungierte. Der Firmenchef war heute nicht hier, jedoch gaben sie Herrn Köster gerne die Telefonnummer, unter der er zu erreichen war. Es hatte keinen großen Zweck weiter nachzubohren. Die beiden waren entweder wirklich strohdumm, wussten einfach nichts oder konnten sich gut verstellen. Was sich jedenfalls noch herausstellen würde, da war ich mir sicher.

Den Mann, den wir ihnen dank Frau Probst gut beschreiben konnten, hatten die beiden zwar ein paar Mal gesehen, wussten aber nicht wo wir ihn finden konnten. Der kam nur manchmal mit dem Vorarbeiter zusammen her. Und mit Rasenmähen hatte er nicht wirklich was am Hut. Konnten wir uns irgendwie schon denken.

Da es nicht weiter zielführend war, die beiden weiter zu befragen, bedankten wir uns bei den beiden Hausmeistergehilfen und verabschiedeten uns. Nachdem wir wieder in unserem Dienstwagen saßen, meinte Herr Köster: „Also, so langsam gebe ich Ihnen Recht. Wir sollten hier wirklich weiter ermitteln. Noch habe ich zwar keinen Schimmer, wie die Zusammenhänge sind, aber eins ist schon mal sicher: Diese Hausmeisterfirma ist alles andere als koscher. Ich schlage vor wir fahren erst mal zurück ins Kommissariat und befragen unseren Boxer. Übrigens, mein Kompliment Herr Kollege. Wirklich sehr souverän gelöst und gut reagiert.“

„Vielen Dank für das Kompliment Herr Köster, aber ich bin überzeugt Sie hätten die Lage auch ohne mich im Griff gehabt“, entgegnete ich.

„Als erstes möchte ich jetzt den verhafteten Russen verhören und mal sehen was wir von ihm erfahren. Danach erst werde ich den Firmenchef aufs Kommissariat bestellen. Haben Sie Lust dabei zu sein?“ fragte mich mein Kollege.

„Aber gerne doch, danach muss ich mich jedoch mal wieder im Büro blicken lassen. Sie wissen schon, Frau Wachter möchte ja immer alles gleich wissen“, meinte ich daraufhin. So fuhren wir los und waren 15 Minuten später auch schon bei unserer Polizeiinspektion Mitte am Jakobsplatz. Als wir eintrafen war unser Schläger schon erkennungsdienstlich behandelt worden und war auf einmal lammfromm. Da musste ich schon etwas schmunzeln und konnte mir gut vorstellen, dass mein Freund Dominik nicht ganz unschuldig daran war.

Da Dominik noch auf uns gewartet hatte, fragte ich ihn einfach, wie denn die Fahrt mit seinem neuen Freund verlaufen sei.

„Kein Problem Peter, ich konnte ihn davon überzeugen, dass er am besten eine Anti-Aggressionstherapie macht und aus unserer Stadt verschwindet. Hat er dann auch eingesehen, nach einem kleinen Umweg“, kam als Antwort.

 

Bei dem kleinen Umweg wäre ich auch gern dabei gewesen.

„Ich sehe schon, an Dir ist eben ein Sozialarbeiter verloren gegangen. Einfühlsam und überzeugend, wie immer. Das schätze ich so an Dir“, lobte ich ihn.

„Du kennst mich eben. Übrigens kennt Igor, so heißt unser Boxer, den Typen den Du suchst. Er hat mir sogar freundlicherweise einen Tipp gegeben, wo ich ihn finden kann. Ich werde dem heute Abend mal nachgehen.“ meinte Dominik.

„ Gib mir Bescheid wenn Du aus dem Solo ein Duo machen willst.“

Mit diesen Worten verabschiedeten wir uns voneinander und ich wusste genau, was er damit meinte wenn er davon sprach, er geht da mal was nach. Meistens geht es bei seiner Recherche mehr als ruppig zu, um es mal gelinde auszudrücken. Aber der Erfolg gab ihm oft auch Recht.

Nun kam aber erst mal die Stunde von Herrn Köster, der Igor Berezowski in dem Verhörraum ordentlich auf den Zahn fühlen wollte.

Wie hatten abgemacht, dass er das Verhör allein führt und ich im Nebenraum durch den Einwegspiegel das Ganze verfolgen konnte. So begab ich mich in den Nebenraum und war gespannt darauf, ob es Herrn Köster gelingen würde, Igor irgendwas Brauchbares zu entlocken.

„So Herr Berezowski, sie sind also angestellt bei der Hausmeisterfirma Sadovnik. Gehen Sie in ihrer Eigenschaft als Vorarbeiter immer mit den Fäusten auf Ihre Kollegen und die Polizei los, oder hatten Sie heute nur einen guten Tag?“, fing Herr Köster erst mal harmlos an.

Jetzt begann das große Jammern: „Bitte Herr Kommissar, es tut mir wirklich leid. Ich weiß auch nicht was über mich gekommen ist, ich wollte Sie und ihren Kollegen wirklich nicht angreifen“, und so weiter und so weiter. Igor hörte gar nicht mehr auf, sich zu entschuldigen und zu schwören, dass er so was nie wieder machen werde. Er schob alles darauf, dass er etwas zu viel getrunken hatte und schwor auf alles und jeden, dass er es nicht so gemeint hatte.

Jetzt hatte mein Kollege aber anscheinend genug von dem Gejammer und meinte: „Herr Berezowski, laut Ihrer Akte sind Sie vorbestraft wegen Körperverletzung und Einbruch. Ihre letzte Haftstrafe ist jetzt gerade mal 10 Monate her und Sie stehen immer noch unter Bewährungsauflagen. Der Angriff auf einen Polizeibeamten kostet Sie wieder ungefähr zwei bis drei Jahre, mindestens.“

Das hat erst mal gesessen. Sofort hat Igor wieder das große Jammern bekommen.

„Herr Kommissar, bitte nicht wieder ins Gefängnis. Ich tu alles was Sie wollen nur bitte kein Knast, meine Freundin Swetlana bringt mich um“.

Da musste ich nun doch ein wenig schmunzeln. Diese Swetlana schien auf Igor anscheinend den gleichen Eindruck zu machen wie Dominik.

Jedenfalls war Igor ziemlich kleinlaut und flehte meinen Herrn Köster an ihn nicht wieder in den Bau zu schicken.

Jetzt hatte mein Kollege Igor genau da wo er ihn haben wollte, “Ich sag Ihnen jetzt mal wie das hier läuft Herr Berezowski. Sie sagen mir jetzt alles über Ihren Chef, die Hausmeisterfirma und die Verhältnisse zu der Hausverwaltung von Frau Vogel. Wenn Sie kooperieren und Ihre Aussagen zutreffen, werde ich mit meinem Kollegen sprechen, dass er keine Anzeige gegen Sie erstattet. Sollten Sie denken, mich verarschen zu können, geht´s ruck zuck in Untersuchungshaft. Als erstes will ich wissen, wo Sie vorgestern um 7:30 waren, als Frau Vogel ums Leben kam.“

Igor war auf einmal nur noch ein Häufchen Elend und rutschte nervös auf seinem Stuhl herum.

Nachdem Igor glaubhaft versichern konnte, bei Swetlana gewesen zu sein, sprudelte es nur so aus ihm heraus. Zwar war uns klar, dass sein Alibi etwas dürftig ist, aber erstens war Igor ein Schläger und eigentlich nicht der Typ, der eine Frau kaltblütig mit einem SUV über den Haufen fährt. Außerdem würde dies einen vorbereiteten Plan voraussetzen und Igor machte mehr den Eindruck der spontanen Eingebung. Igor war nicht so der Denker und Planer. Passte irgendwie nicht zu ihm.

Die Informationen die Igor aber Herrn Köster mitteilte waren sehr aufschlussreich.

Das ganze Verhör dauerte über drei Stunden und Herr Köster fragte immer wieder nach und notierte sich alle Einzelheiten. Nachdem mein Kollege irgendwann beschloss es gut sein zu lassen, verdonnerte er Igor noch dazu; ein Protokoll mit seiner Aussagen aufzuschreiben. Zwar muss laut Vorschrift das Protokoll von einem Polizisten aufgeschrieben werden und der Befragte unterzeichnet es dann nur noch, aber Andreas hat da so seine Eigenart. Er lässt sich die Aussagen von seinen Verdächtigen von denen gerne selbst nochmal zu Papier bringen. Er meinte auf mein Nachfragen hin, doppelt genäht hält einfach besser. Na ja, es kann auf jeden Fall schon mal nicht schaden.

Er ließ Igor noch im Verhörraum zu Ende schreiben und schickte dann noch einen Kollegen hinein um eben seine Aussage kurz noch auf ein Formblatt zu übertragen. Danach sagte er ihm, dass er gehen könnte. Zum Schluss redete er ihm nochmal ins Gewissen: „Herr Berezowski, ich will Sie so schnell nicht wieder hier sehen. Betrachten Sie dies als allerletzte Chance, das Richtige zu tun. Sollte ich nochmal von irgendeiner Beschwerde oder Anzeige gegen Sie hören, hat es sich für Sie erledigt. Dann werde ich persönlich mit dem Staatsanwalt reden und unter 5 Jahren geht dann nichts mehr. Mein Wort darauf.“

Mit diesen Worten verließ Herr Köster den Verhörraum und hinterließ einen sehr blassen Igor. Ich schlug vor, uns mit Kaffee einzudecken und eine kurze Zusammenfassung mit meiner Frau Wachter und Herrn Fischer zu erörtern.

Wie gesagt, die Chefs wollen ja immer über alles sofort informiert werden. Herr Köster stimmte meinem Vorschlag zu und so telefonierten wir unsere Chefs kurz zusammen und versammelten uns im Besprechungsraum unserer Pressestelle.

Herr Köster übernahm den Vortrag unserer momentanen Ermittlungen und sagte: „Frau Wachter, Herr Fischer so wie es sich im Augenblick für uns darstellt, gibt es zwar noch keine Beweise, die für einen Mord an Frau Vogel sprechen. Jedoch hat Herr Bosch absolut Recht mit der Annahme, dass sich hier eine Ermittlung lohnt. Laut unseres Zeugen von der Hausmeisterfirma und der Aussage der Wohnungseigentümerin war die Hausverwalterin nicht nur an der Verwaltung der Anlage interessiert. Sie hat sich immer wieder ältere Eigentümer vorgenommen. Vorzugsweise Menschen ohne oder nur mit entfernter Verwandtschaft. Diese versuchte sie, durch Einschüchterung und überhöhte Abrechnungen zum Verkauf ihrer Wohnung zu drängen. Dies gelang ihr bei drei Wohnungen in der Anlage von Frau Probst, wobei unsere Frau Vogel immer nur einen Spottpreis des eigentlichen Wertes bezahlte. Wir werden jetzt natürlich genauer die Konten und weitere Ankäufe etc. von Frau Vogel überprüfen. Laut Aussagen stand Frau Vogel ebenfalls dem Besitzer der Hausmeisterfirma sehr nahe und betrieb sowas wie Arbeitsteilung. Das heißt, während unsere Hausverwalterin sich mit dem Wohnungseigentümergesetz auskannte, übernahm Herr Vitali Alexandrow Bolschakow, so heißt der Eigentümer der Hausmeisterfirma, den Part der Bedrohung und Einschüchterung“.

„So weit so gut, Herr Köster, haben Sie schon Beweise für diese Delikte?“ fragte Herr Fischer. „Chef, wir stehen gerade am Anfang der Ermittlungen. Fakt ist, dass Frau Vogel nicht die finanziellen Mittel haben konnte, um so viele Wohnungen anzukaufen, auch nicht für einen Spottpreis. Hier stellt sich für mich die Frage, ob unser russischer Hausmeisterdienst hier auch finanziell mit involviert war und wenn ja, woher dieser wiederum das Geld hatte.

Auf den ersten Blick hatten weder Frau Vogel noch Herr Bolschakow hier größere Geldbeträge zur Verfügung. Also werden wir uns als erstes die Konten der Wohnungseigentümergemeinschaft ansehen, ob hier Gelder zweckentfremdet wurden. Als Verwalterin hatte sie ja Kontovollmacht. Es wäre jedoch genauso denkbar, dass unser russischer Hausmeister Verbindungen hat, die mit Geldwäsche zu tun haben. Dies wäre ebenfalls naheliegend. So oder so haben wir noch einige Fragen zu klären und als erstes überprüfen wir die Konten, sowohl von Frau Vogel, die Rücklagen der Hausgemeinschaft und natürlich fühlen wir Herrn Bolschakow mal richtig auf den Zahn. Ich werde den Herrn übrigens ins Präsidium bestellen und mal sehen was das für ein Typ ist“, beendete Herr Köster erst einmal den Vortrag.

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