LASST BLUMEN MORDEN

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
LASST BLUMEN MORDEN
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Peter Jokiel

LASST BLUMEN MORDEN

Der zweite Fall von Kommissar Bosch

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Ziegelstein

Schoppershof

Rennweg

Gleißhammer

Lorenz

Behringersdorf

Marienberg

Sankt Jobst

Impressum neobooks

Ziegelstein

Nach „ Mord nach W.E.G. „ ist dies der zweite Fall von Peter Bosch.

Genau wie im ersten Roman nimmt er Dienstvorschriften nicht ganz so genau und hat mit Hilfe von Dominik wieder alle Hände voll zu tun um

den wahren Mörder zu finden.

Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung und würde mich über Ihre Bewertung, Kritik und auch Anregungen sehr freuen.

Vielen lieben Dank

Impressum

Texte © Copyright by

Peter Jokiel

90491 Nürnberg

jokiels@arcor.de

Downloadservice

durch Neobooks

Neopubli GmbH

Köpernicker Str. 154a

10997 Berlin

Bildmateralien © Copyright by

Peter Jokiel

Alle Rechte vorbehalten.

Lasst Blumen morden!

von

Peter Jokiel

Ein Kriminalroman mit bekannten Nürnberger Schauplätzen und natürlich ebenso mit

Herz, Hirn und Härte.

Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, wäre jedoch rein zufällig und ist nicht beabsichtigt.

Story und die beschriebenen Personen sind rein fiktiv.

Viel Spaß beim Lesen.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Ziegelstein

Kapitel 2: Schoppershof

Kapitel 3: Rennweg

Kapitel 4: Gleißhammer

Kapitel 5: Lorenz

Kapitel 6: Behringersdorf

Kapitel 7: Marienberg

Kapitel 8: Sankt Jobst

Hannelore war heute nicht gut gelaunt. Schon seit gestern kündigte sich eine leichte Erkältung bei ihr an und machte sie noch mürrischer als sonst. So beschloss sie, heute nicht ins Büro zu gehen, und stattdessen lieber von zu Hause aus zu arbeiten. Schon seit geraumer Zeit war es ihr möglich immer öfter Home-Office zu machen. Schon bei dem Wort drehte sich ihr der Magen um. Sie hasste diese Übernahme von englischen Begriffen in die deutsche Sprache, welche sich immer mehr und mehr im allgemeinen Sprachgebrauch breitmachten. Aber das war eben der Lauf der Zeit, und schon anhand solcher Kleinigkeiten merkte sie immer mehr, wie sie sich von der heutigen Generation unterschied. Aber das war ihr egal, sie mochte sowieso keine anderen Menschen und die jüngere Generation schon gar nicht.

Weder ihre Kollegen, Nachbarn oder andere Bekannten bedeuteten ihr wirklich was.

Sie hatte keinerlei Verwandtschaft und zog sich schon seit langer Zeit immer mehr von ihrer Umwelt zurück. Die einzigen Lieblinge die sie hatte, waren ihre beiden Siamkatzen.

Nachdem sie eben im Büro angerufen hatte und mitteilte, dass sie heute von zu Hause aus arbeiten würde, loggte sie sich mit ihrem Computer beim Server der Firma ein.

Somit konnte sie alle Nachrichten sehen, die auf ihrem Rechner im Büro eingingen, und wenn sie jemand persönlich sprechen wollte, was nur selten vorkam, konnte man sie ja auch zu Hause erreichen. Als erstes checkte sie ihre E-Mails und beantwortete ein paar Anfragen.

Da sie zu 90 Prozent immer die gleichen Schreiben bekam, antwortete sie schon lange mit einer Standardmail, bei der nur der jeweilige Name ausgetauscht werden musste.

Überhaupt war ihre Kommunikation mehr als sachlich. Der eine oder andere würde sogar sagen, sie war die Arroganz in Person. Sie wusste auch, was die meisten, wenn nicht sogar alle, von ihr dachten. Aber es war ihr schon lange egal, was andere von ihr dachten.

Sie war weiß Gott kein Menschenfreund, schon lange nicht mehr.

Das war nicht immer so. Sie stand sogar einmal kurz davor zu heiraten. Aber seit sie buchstäblich vor dem Traualtar stehen gelassen wurde, zog sie es vor, allein zu bleiben.

Und das war sie jetzt schon seit über dreißig Jahren. Allein und verbittert.

Die einzigen, mit denen sie eben ihr Leben teilte, waren ihre beiden Katzen.

Es war ein eintöniges Leben das sie führte, aber genauso wollte sie es.

Seit dem Tod ihrer Eltern vor zehn Jahren, lebte sie wieder in ihrem Elternhaus, einem kleinen Reihenhaus am Heroldsberger Weg in Ziegelstein. Das kleine Haus befand sich etwas abseits am Ende der Straße. Da danach nur noch Felder kamen, war dadurch der Kontakt zu den Nachbarn ebenfalls sehr beschränkt. Genau so wollte sie es haben.

Hier fühlte sie sich wohl und geborgen. Am liebsten hätte sie nur noch von Zuhause aus gearbeitet

und sich den Anblick und den Kontakt mit den Kollegen erspart.

Zu ihrem Glück arbeitete sie schon seit über 25 Jahren bei einem Verlag als Lektorin, und dort ließ man ihr mehr Freiheiten als den anderen Kollegen. Sie gehörte sozusagen zum Inventar der Firma, andere hätten behauptet sie gehörte zum alten Eisen.

Sie wusste genau, was über sie geredet wurde und dass man eigentlich nur darauf wartete bis sie in Rente ging. Aber die Arbeit selbst machte ihr ja Spaß, nur eben die Menschen nicht mit denen sie sich abgeben musste. Und genau das ließ sie jeden spüren, der mit ihr zu tun hatte. Ihre Hauptaufgabe im Verlag bestand darin, eingehende Manuskripte von so genannten Hobbyschreibern zu sichten und zu bearbeiten.

Also zu beurteilen, ob der Verlag dem jeweiligen Autor einen Vertrag zur Veröffentlichung seines Buches anbieten sollte oder eben lieber nicht.

Sie verachtete diese Amateure, und so war es kein Wunder, dass es nur ganz wenigen gelang, dass ihr Buch auch gedruckt wurde. Es gab nicht viele Autoren die ihrem wirklich sehr hohen Literaturansprüchen gerecht werden konnten. Die meisten waren einfach in ihren Augen nicht würdig, dass ihr Geschreibe auch noch gedruckt werden durfte. Natürlich gibt es mittlerweile immer mehr Onlineverlage bei denen man sein Buch sogar kostenlos drucken lassen kann. Aber erstens sah Hannelore solche Self - Publishing weder als echte Konkurrenz an und noch weniger als Alternative zu einem professionellen Verlag, wie dem ihren. Bei diesen Onlineverlagen konnte ja jeder seinen persönlichen Bestseller in die Welt bringen. Dementsprechend beurteilte sie auch die Qualität der dort erscheinenden Werke. Nein, solche Dilettanten konnten mit ihrem Sachverstand und ihrer fundierten Kritik nicht mithalten. Ihr Verlag war bekannt für höchste Ansprüche und Qualität.

So war es kein Wunder, dass kein Tag verging, an dem nicht Dutzende Manuskripte bei ihr eingingen. Nach einem Schreiben von ihr wurden diese Möchtegernautoren aber sehr schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.

So verfasste sie auch heute wieder ein paar Antworten an Menschen die dachten, sie wären der nächste Stephen King oder Joanne Rowling.

Obwohl selbst diese Bestsellerautoren bei ihr mit Sicherheit durchgefallen wären. Ihrer Meinung nach konnte sowieso kein Schriftsteller ihren Lieblingen, Schiller und Goethe, das Wasser reichen. Dass die Zeiten sich seitdem aber geändert haben und die beiden Dramaturgen es heute wahrscheinlich auch schwerer hätten, ließ sie als Argument bei Diskussionen mit Kollegen oder ihrem Chef nur widerwillig gelten.

Sie war gerade an einem Antwortschreiben, bzw. an der Zerstörung eines Traumes eines Menschen, als es an der Tür läutete.

Mürrisch, aber auch neugierig, wer da vor der Tür stand, ging sie zur Haustür. Durch den Türspion sah sie einen Mann mit einem riesigen Blumenstrauß vor der Tür. Das heißt, sie vermutete, dass es sich um einen Mann handelte, denn erkennen konnte sie die Person nicht wirklich. Sie sah nur jemanden mit einer Baseballmütze, denn vom Gesicht konnte sie überhaupt nichts erkennen. Der überdimensionale Blumenstrauß verdeckte ab der Schulter die Person dahinter gänzlich. Irritiert öffnete sie die Tür und wollte schon sagen, dass der Mann sich wohl in der Adresse geirrt hat. Bevor sie sie jedoch etwas sagen konnte, fragte der Mann knapp, „Sind Sie Frau Lorentzer? „.

"Ja bin ich, aber ich glaube nicht, dass ... " noch bevor sie den Satz zu Ende sprechen konnte, stieß der Fremde ihr den Blumenstrauß, mit den Blüten voran, gegen die Brust.

Sie spürte einen stechenden Schmerz und dann nichts mehr. Sie spürte nicht, wie die lange Klinge in ihr Herz eindrang, und sie sah auch nicht das Blut, das sich auf ihrer Bluse ausbreitete. Sie war schon tot, bevor sie auf den Boden sank.

 

Der Fremde behielt den Blumenstrauß weiter in der Hand, zog das in den Blumen versteckte Messer wieder aus der Leiche, drehte sich um und ging einfach weiter. Es war Mitte Februar, der Himmel und die Straßen waren grau in grau. Der Mann mit dem großen bunten Blumenstrauß war schon sehr auffallend. Ebenso die Art, wie er die Blumen hielt. Er umklammerte sie so fest mit seiner Faust, dass ihm die Fingerknöchel spannten. Alles an ihm war angespannt und nervös.

Wäre ihm jemand entgegengekommen, wäre sein verkrampftes Verhalten wahrscheinlich aufgefallen. Aber zu seinem Glück war in diesem Moment niemand auf dem Gehweg unterwegs. Mit schnellen Schritten ging er in Richtung Bierweg. Keiner, der ihn so laufen sah, hätte ihn für einen Mörder gehalten.

Jedenfalls nicht von Weitem.

Ebenso wenig, wie man das große Messer in dem Blumenstrauß vermutet hätte.

Aber es war ihm sowieso vollkommen gleichgültig, ob man ihn sah oder nicht. Er wollte nur nicht geschnappt werden bevor er mit seinem Vorhaben fertig war. Er bog um die nächste Straßenecke zum Bierweg und stieg in sein Auto. Beim Einsteigen hörte er einen Schrei, der ihm sagte, dass jemand die Leiche entdeckt haben musste.

Er warf den Blumenstrauß mit dem Messer auf den Rücksitz und fuhr mit einem leichten Schmunzeln zufrieden weg.

Ich bearbeitete gerade eine Mitteilung für die Presse über einen versuchten Autodiebstahl von letzter Nacht. Dieser konnte zum Glück von den Kollegen nicht nur verhindert werden, sondern der vermeintliche Täter auch noch vor Ort verhaftet werden. Dass der Kerl, zu unserem Glück, zu blöd war den Wagen kurzzuschließen, ließ ich unerwähnt. Ebenso die Tatsache, dass der Autoknacker sich gerade einen Audi ausgesucht hatte der zufällig gegenüber einer Zivilstreife geparkt war. So beobachteten die Kollegen den Typ in aller Ruhe und filmten sogar mit dem Handy den Aufbruch der Wagentür. Als dass mit dem kurzschließen nicht so klappte, haben die Kollegen ihn dann verhaftet und dem Elend ein Ende bereitet. Nicht alles was man eben im Fernsehen sieht, geht auch in Wirklichkeit so leicht.

Aber darüber kann unser Autodieb jetzt ein paar Jahre nachdenken.

Gerade als ich so im Schreiben, war läutete mein Telefon und riss mich aus meinen Gedanken.

„Guten Morgen Peter, gerade kam ein Anruf, es gibt eine Leiche in Ziegelstein. Wir fahren gleich los, bitte sei so gut und komm mit. Wenn die Presse davon Wind bekommt, musst Du mir diese Aasgeier vom Leib halten.“ teilte mir Andreas Köster, leitender Ermittler der Mordkommission, mit.

„Gib mir die Adresse und ich fahr gleich los.“ antwortete ich knapp.

Ich schrieb mir die Adresse auf und klopfte an die Tür von Frau Wachter.

Sie ist die leitende Polizeisprecherin, Polizeirätin, und meine direkte Vorgesetzte. Ihr Alter lässt sich nur schwer schätzen, und Geburtstage feiert sie nie. Jedenfalls nicht im Büro. Sie ist schlank, sehr gepflegt und steckt ihre grauen Haare immer zu einer Hochsteckfrisur. Somit ist sie jeden Tag mehr als nur kameratauglich. Denn Fernsehauftritte übernimmt sie meistens selbst.

Zwar war auch bei diesem Fall mit Fernsehkameras zu rechnen, allerdings hatte meine Chefin andere Termine und überlies mir die Show.

Nachdem wir uns kurz absprachen, machte ich mich auf den Weg zum Tatort.

Zum Glück war, außer am Hauptbahnhof, nicht viel Verkehr und über den Rathenauplatz und die Äußere Bayreuther Straße kam ich gut durch.

Zwölf Minuten später war ich schon vor Ort. Zum Glück hatten die Kollegen der Polizeiinspektion Nürnberg Ost, bereits die Straße abgesperrt und den Tatort durch das Aufstellen von weißen Trennwänden vor neugierigen Blicken abgeschirmt. Die Spurensicherung war im Einsatz, und auch Andreas und Frau Schlagmann waren bereits vor Ort. Ich ließ mir einen kurzen Bericht über das Geschehen geben, und klärte ab was wir gleich der Presse mitteilen wollten, und was lieber noch nicht. Da ich bereits die ersten Journalisten ausmachen konnte, war es Zeit, mich den Fragen zu dem Fall zu stellen.

Mittlerweile war ich ja nicht nur zum Kriminalhauptkommissar befördert worden, sondern jetzt ebenfalls der stellvertretende Chef der Polizeipressestelle. Aufgrund des letzten Falles, den ich mit Andreas Köster und meinem Freund Dominik gelöst hatte, ist es bei uns ganz gut gelaufen. Wie gesagt, ich wurde befördert, ebenso Andreas, der jetzt Erster Kriminalhauptkommissar ist. Aber am besten von uns hat es Dominik getroffen.

Mein Kumpel wurde auf seinen Wunsch hin versetzt und darf jetzt jeden Tag trainieren und die jungen Kollegen für den Streifendienst fit machen.

Offiziell nennt sich das, Polizeiliches Einsatzverhalten,

und findet hier im Präsidium am Jakobsplatz statt.

Mit anderen Worten, er ist jetzt Ausbilder und schleift die jungen Kollegen im Nahkampf. Und wer bei Dominik trainiert, der ist auch wirklich für den Einsatz auf der Straße bereit.

Außerdem hat mein bester Freund endlich seine Nicole geheiratet. Somit hatte unser letzter gemeinsamer Einsatz für alle ein glückliches Ende.

Jedenfalls für die meisten.

Die ganze Wahrheit über den Ausgang, kennen allerdings nur Dominik und ich. Und dabei wird es auch bleiben.

Als ich mich vor die Absperrung stellte, wurde ich sofort von den jeweiligen Medienvertretern mit Fragen bombardiert. Zu meinem Leidwesen waren nicht nur Zeitungsjournalisten da, sondern ebenfalls zwei Kamerateams. Diese sind in der Regel noch penetranter als die Kollegen von der schreibenden Zunft.

Nach einem Blitzlichtgewitter und dem Blenden durch die Kameralampen, die man locker als Flutlicht beim nächsten Clubspiel hätte verwenden können, fing ich mit meinem Statement an.

„Guten Tag meine Damen und Herren. Für die, die mich noch nicht kennen, ich bin Hauptkommissar Bosch von der Polizeipressestelle. Heute um 9.30 Uhr wurde eine leblose Person hier am Heroldsberger Weg aufgefunden. Da wir von einem Tötungsdelikt ausgehen müssen, übernimmt die Mordkommission die Ermittlungen.

Zur Todesursache möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben machen. Hier müssen wir die Obduktion dazu abwarten.

Wie Sie hinter mir sehen können, ist die Spurensicherung noch nicht abgeschlossen, und die Befragung möglicher Zeugen läuft ebenfalls noch. Aus diesem Grund, möchte ich Sie bitten, die Kollegen nicht zu behindern und sich bitte bis morgen zu gedulden. Ich bin sicher, wir können Ihnen bis dahin dann mehr Informationen zur vorliegenden Tat geben. Bitte haben Sie hierfür Verständnis.“

beendete ich meinen kleinen Vortrag.

Natürlich wollten sich die Journalisten mit dieser, zugegebenen spärlichen, Auskunft nicht zufriedengeben, aber viel mehr wussten wir ja selber noch nicht. Auch machte es keinen Sinn irgendwas von sich zu geben, ohne es durch Fakten belegen zu können.

Und erfahrungsgemäß ist es nie verkehrt, bei Pressemitteilungen immer etwas zögerlich mit Infos zu sein. Mehr erzählen kann man später immer noch.

Es gab kurz nochmal ein kleines Gerangel von Seiten der Kameraleute und den Fotografen, als die Leiche abtransportiert wurde, denn jeder wollte entweder ein Bild schießen, oder eben einen kleinen Ausschnitt für die Nachrichten filmen. Aber als der Leichenwagen abfuhr, beruhigte sich die Szene gleich wieder und löste sich auch nach und nach auf.

Nachdem ich mich den zahlreichen Fragen zwar stellte, aber nichts Wesentliches hinzufügte, gab die Meute auch irgendwann nach. Ich versprach für morgen um 10 Uhr eine Pressekonferenz bei uns im Präsidium zu geben, und machte mich dann wieder auf den Weg ins Büro.

Natürlich hatten wir bis morgen jetzt alle Hände voll zu tun. Nicht nur, dass ich meine Chefin Frau Wachter und unseren neuen Polizeipräsidenten, Herrn Baumgärtner, unterrichten musste, ich musste mich auch nochmal mit Andreas über die Herausgabe von Informationen unterhalten. Was mussten wir mitteilen, was konnten wir mitteilen und was sollten wir auf gar keinen Fall preisgeben. Das war bei jedem Fall immer ein schmaler Grat zwischen transparenter Informationspolitik und Ermittlungstaktischer Zurückhaltung von Fakten. Während eine Ermittlung noch läuft, oder gerade erst begonnen hat, kann man nicht immer alle Karten gleich auf den Tisch legen.

Jedenfalls wurde ich schon im Büro von Frau Wachter erwartet und gab ihr einen kurzen Lagebericht. Gemeinsam gingen wir dann zu unserem obersten Chef, Polizeipräsident Baumgärtner und erklärten das Geschehen.

„Guten Tag Frau Wachter, Herr Bosch. Bitte nehmen Sie doch Platz. Herr Bosch, Sie waren ja eben am Tatort. Was genau wissen wir denn bis jetzt? „

begann der Polizeipräsident.

„Nun ja, viel wissen wir noch nicht. Heute um 9:30 Uhr ging ein Notruf ein. Hier wurde der Zentrale mitgeteilt, dass am Heroldsberger Weg eine leblose Person liegt. Die Mitteilerin war eine Nachbarin der Toten, eine Frau Bachmüller. Diese fand die Leiche in der offenen Eingangstür liegend im Haus der Toten. Es handelt sich um eine Frau Hannelore Lorentzer, 58 Jahre alt und eben wohnhaft am Heroldsberger Weg. Laut der ersten Untersuchung des Rechtsmediziners wurde Frau Lorentzer erstochen. Dies wollte ich jedoch der Presse zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitteilen. Hier warte ich erst noch den Obduktionsbericht ab, der uns bis morgen früh vorliegt. Obwohl der Bericht dies wahrscheinlich bestätigen wird. Es war offensichtlich ein Stich ins Herz, bei dem der Tod sofort eintrat. Die Spurensicherung ist noch vor Ort, und mögliche Zeugen und Nachbarn werden zurzeit befragt.

Offensichtlich handelte es sich nicht um einen missglückten Raubüberfall oder um eine Beziehungstat. Zum einen wurde Frau Lorentzer an ihrer Haustür erstochen, und zum anderen betrat wahrscheinlich der Täter das Haus nicht.

Zumindest wurde auf den ersten Blick nichts gestohlen, und die Spurensicherung fand bis jetzt auch keine Hinweise darauf, dass sich jemand, außer Frau Lorentzer selbst, im Haus befand.

Nach der ersten Einschätzung muss die Frau beim öffnen der Haustür sofort erstochen worden sein. Es gibt keinerlei Kampf,- oder Abwehrspuren. Frau Lorentzer wurde augenscheinlich von ihrem Mörder überrascht. Die einzige Ungereimtheit bei der Leiche sind ein paar Blütenblätter, die auf ihrer Kleidung zu finden waren. Das würde zwar auf eine Beziehungstat hindeuten, aber nach den ersten Aussagen von Nachbarn lebte sie allein und sehr zurückgezogen. Eine genauere Einschätzung dazu kann uns vielleicht schon morgen der Kollege Köster geben. Hier werden alle Personen des Umfeldes von Frau Lorentzer noch befragt. Also, Nachbarn, Arbeitskollegen, etwaige Verwandten etc. „

damit beendete ich meinen Vortrag erstmal.

Unser Polizeipräsident sah mich eindringlich an und ich sah förmlich, wie es in seinem Kopf arbeitete.

„Vielen Dank Herr Bosch. Ich hoffe, genau wie Sie, dass wir morgen schon mehr Erkenntnisse haben werden. Jedenfalls war es richtig von Ihnen, noch nicht alle Informationen weiterzugeben. Auch bei der morgigen Pressekonferenz werden wir uns ebenfalls noch etwas bedeckt halten.“

kam als Antwort von Herrn Baumgärtner.

Unser Polizeipräsident war erst seit vier Wochen im Amt, sodass wir uns alle noch kein richtiges Bild von ihm machen konnten. Er war für Anfang 50, etwas kleiner als ich mit schmaler Figur, dafür aber mit wachen Augen. Während man mit ihm sprach, hatte man das Gefühl, als würde er einen analysieren.

Konnte aber auch nur Einbildung sein.

Jedenfalls waren Frau Wachter und ich schon gespannt darauf, wie er sich als Polizeipräsident bei seinem ersten Mordfall verhält. Ich würde es ja morgen auf der Pressekonferenz erleben.

Mit diesen Worten war die kleine Sitzung beendet, und ich ging mit Frau Wachter wieder zu unserer Abteilung zurück. Meine Chefin ging in ihr Büro und ich in meines, dass gleich daneben lag.

Ich musste noch mit Andreas telefonieren, um zum einen den Stand der Dinge zu erfragen, und zum anderen mit ihm abzusprechen, welche Strategie er verfolgte.

Aufgrund seiner Einschätzung war es eben wichtig, Informationen preis zu geben oder lieber nicht.

Zwar war es nicht anzunehmen, dass er schon einen Verdächtigen hatte, aber auch so sollten manche Details vielleicht besser unter Verschluss bleiben.

 

Allein die Sache mit den Blütenblättern gab schon zu denken.

Hatte der Täter vielleicht doch Blumen dabei?

Wenn dies so wäre, dann spräche das wohl doch für eine Beziehungstat. Aber es hatte keinen Sinn, hier zu spekulieren. Außerdem war das nicht mein Job.

Ich musste nur koordinieren, der Mordkommission den Rücken freihalten und ganz nebenbei uns alle gut dastehen lassen. Machte ich doch alles mit links.

Nachdem ich mit Andreas telefoniert hatte, wusste ich auch schon die ersten Ergebnisse der Spurensicherung. Hier war es sehr seltsam, dass auf einigen der Blütenblätter Blut vom Opfer gefunden wurde. Auf der einen oder anderen Blüte wäre das noch erklärbar gewesen.

Der Täter hätte Blumen in der Hand halten können, es kam aber statt zur Versöhnung zum Streit, der Täter dreht durch und sticht zu.

Nicht schön, aber plausibel.

Aber es wurden auch Blumenstengel gefunden, eben eingetaucht im Blut. Und jetzt wird es seltsam. Wenn ein Blumenstengel so voll mit Blut ist, dann ist das Blut nicht nur darauf getropft.

So wie es sich für die Spurensicherung darstellt, wurde ein Blumenstrauß auf die Stichwunde gedrückt. Aber wieso sollte jemand so etwas machen?

Das ergibt irgendwie keinen Sinn.

Nachdem ich so nachdachte und an meinem Kaffee nippte, kam mir eine Idee.

Normalerweise hätte ich mich mit vagen Vermutungen zurückgehalten, aber erstens war Andreas mein Freund und zweitens war ich mir völlig sicher, dass meine Eingebung richtig sein musste. Also habe ich nochmal kurz bei der Mordkommission angerufen.

„Mordkommission, Apparat Köster Guten Tag.“ meldete sich Frau Schlagmann.

„Hallo allerbeste Frau Schlagmann. Bosch hier, ich grüße Sie herzlich. Eigentlich wollte ich

ja Andreas sprechen.“ begrüßte ich die Kollegin.

„Der ist leider schon wieder unterwegs. Sie können ihn aber am Handy erreichen, oder Sie nehmen mit mir vorlieb. Kann ich irgendwas für Sie tun, Herr Bosch?“ fragte sie.

„Andreas hat mir vorhin den vorläufigen Bericht der Spurensicherung durchgegeben.

Das mit dem Blut auf den Blütenblättern und den Blütenstengeln ist schon irgendwie seltsam.

Sie werden es nicht glauben, aber ich bin mir sicher, das Messer war im Blumenstrauß und der Täter hat damit so zugestoßen. Nur so erklären sich die Spuren“. gab ich meine Weisheit weiter.

„Sehe ich genauso. Ich konnte mich zwar noch nicht mit dem Chef darüber unterhalten, aber die Idee hatte ich auch schon.

Ist zwar ziemlich untypisch, aber eigentlich die einzige Erklärung.“ kam als Antwort.

„O.K. ich wollte nicht als Klugscheißer dastehen. Aber toll, wenn Sie auch auf diese Möglichkeit gekommen sind. Ich schau morgen vor der Pressekonferenz nochmal kurz bei Ihnen vorbei. Schönen Feierabend noch.“ ich legte auf und machte ebenfalls Feierabend.

Ein Gespräch mit der Kollegin Schlagmann war immer irgendwie frostig. Sie war eine ganz hervorragende Beamtin, und ein Ass, wenn es um Recherche ging, aber Kommunikation war echt nicht ihr Ding.

Obwohl sie seit unserer ersten Begegnung etwas aufgetaut ist, würde sie keinen Preis für Nettigkeit oder Sympathie gewinnen.

Sie machte meist einen gestressten, bzw. genervten Eindruck und redete nur wenn sie musste, so als wäre ihr jedes Wort das über ihre Lippen kam, zu viel. Ich schrieb dies allerdings auch ein wenig ihrem Alter zu, mit Mitte zwanzig konnte sie sich ja noch entwickeln.

Heute konnte ich beim besten Willen nichts mehr tun und nahm mir dafür vor, am nächsten Tag zeitig bei Andreas und Frau Schlagmann vorbeizuschauen. Wie ich Andreas kannte, hatte er bestimmt schon eine Ahnung, in welche Richtung der Fall sich entwickelte.

Er ist ein analytischer Ermittler und ein sympathischer Typ. Ihm entgehen so leicht keine Details. Im letzten Jahr hatten wir uns gut kennengelernt und zusammen einen Mordfall bearbeitet.

Aber diesmal war ich ja nicht an den Ermittlungen beteiligt. Nicht wie beim letzten Fall, bei dem wir als Team ermittelten. Ein wenig dachte ich natürlich schon an letztes Jahr zurück, und ich hätte mich auch fast um eine Versetzung zur Mordkommission beworben. Aber wie immer kommt eben alles anders, als man denkt.

Ich wurde befördert, und Gaby wurde schwanger. Das hat meine Pläne dann doch wieder umgeworfen.

Wie heißt es doch so treffend, willst Du Gott zum Lachen bringen, dann mach Pläne.

Aber ich bereute meine Entscheidung nicht. Jedenfalls nur ein wenig, so genau hatte ich mich noch nicht mit mir selbst auseinandergesetzt. Eine endgültige Entscheidung was ich wirklich wollte, schob ich noch ein wenig vor mir her.

Ich ging heim zu meiner schwangeren Frau und meinem Sohn. Als ich die Haustür aufschloss, rannten mir mein Sohn, und unser Hund Spenser bereits entgegen. Rene zog mich ins Wohnzimmer und Spenser wuselte um mich herum. Auf dem Sofa lag Gaby und lächelte mich an.

„Hallo Schatz, schön dass Du da bist. Tut mir leid, ich konnte noch nichts kochen. Heute geht’s mir nicht so gut.“ meinte sie.

„Was ist los? Nur übel, oder noch was anderes? Soll ich Dr. Adler anrufen?“ fragte ich leicht besorgt nach.

Ich weiß schon, ich bin leicht übervorsorglich, aber so bin ich. Obwohl das ja mittlerweile die zweite Schwangerschaft ist, bin ich trotzdem immer noch nervös. Natürlich würde ich das aber nie zugeben.

„Nein, nein so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Mir ist nur flau, und wenn ich liege geht’s wieder etwas besser.“ kam als Antwort.

„Tja, und was wollen wir heute Abend essen? Irgendwelche Vorschläge? fragte ich so eigentlich mehr an meinen Sohn Rene gerichtet.

„Pizza.“ kam natürlich als Antwort. War ja klar.

„Na dann, mache ich mich mal auf den Weg zu Salvatore. Schatz das Übliche?“ fragte ich.

„Ich glaube ein Salat wird mir heute genügen. Oder vielleicht irgendwas Leichtes, aber viel kriege ich echt nicht runter.“ gab mir meine Frau zur Antwort.

„Kein Problem, Rene und ich machen das schon.“, ich gab meiner Frau einen Kuss und machte mich mit meinem Sohn auf zu unserem Lieblingsitaliener.

„Ich lasse Spenser bei dir. Nach dem Essen dreh ich mit ihm eine Runde.“ sagte ich noch kurz, und schon war ich mit Rene aus der Tür.

Wir haben Spenser seit einem halben Jahr, und er ist ein Bild von einem Schäferhund. Er macht seinen Ruf als Wachhund alle Ehre.

Obwohl Spenser erst ein gutes Jahr alt ist, bringt er schon gut 30 kg auf die Waage bei einer Schulterhöhe von gut 50 cm. Da Spenser von unserer Hundestaffel ausgebildet wurde, hört er nicht nur aufs Wort, er ist auch überaus wachsam und hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Leider war er bei der Schussprüfung der Hundestaffel durchgefallen, so dass er dringend ein neues Zuhause brauchte. Eigentlich gehörte er ja Rene, denn sein Patenonkel Dominik hatte Spenser ihm zum Geburtstag geschenkt. Aber in Wirklichkeit wussten wir alle, dass dieser Hund einfach zu uns gehörte.

Salvatore hat ein Lokal am Marienberg und ist unser Stammitaliener. Zwar ist der Weg nicht weit entfernt von unserem Haus, da ich aber das Essen noch warm nach Hause bringen wollte, nahm ich den Wagen.

Als ich mit Rene die Tür zum Lokal öffnete, gab es natürlich ein großes Hallo. Salvatore stand hinter dem Tresen und sah mich und Rene sofort beim Reinkommen. Er kam uns entgegen und hob Rene erst mal in die Luft.

Mein Sohn lachte laut auf, und Salvatore fragte mich gleich nach Gaby. Nachdem ich ihm versicherte, dass meine Frau nur unpässlich war, aber ansonsten wohlauf, fragte er mich nach unseren Wünschen.

Bei Rene und mir war das ziemlich einfach, mein Sohn wollte immer Salamipizza und ich bestellte Tortellini überbacken in Steinpilzsoße. Natürlich bestellte ich dazu einen großen Salat und dreimal Tiramisu. Ich wollte Gaby noch etwas mitbringen, wusste nur nicht, was sie vertragen würde oder wonach ihr war. Sie wusste es ja selber nicht.

Aber dass sie später ebenfalls noch Hunger kriegen würde, war auf jeden Fall klar.

Aber Salvatore war nicht nur unser Lieblingsitaliener, er war auch dreifacher Vater und wusste genau, welche Momente seine Frau in der Schwangerschaft mitmachte. So überraschte er uns mit einem Gericht, das er, wie er sagte, immer seiner Frau Maria gekocht hat und seiner Meinung nach, das beste Rezept für schwangere Frauen sei.

Er verriet uns aber nicht, was es war, und so ließen wir uns eben überraschen.

Nach einem kleinen Plausch über Gott und die Welt und einem Grappa, war das Essen fertig, und wir fuhren mit zwei großen Tüten voll mit Essen und einer riesigen Salamipizza nach Hause. Kaum zu Hause angekommen, öffnete uns Gaby auch schon die Tür und fragte neugierig, was wir denn alles haben.