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Der Eroberer

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Neuer Auftritt. Der König, Albin, Vorige

Eduard. Meine Freunde, da führ ich Euch meinen lieben Albin auf! Wir sind versöhnt. Es war ein blosser abgeredeter Scherz. Wünscht ihm Glück zu neuen Würden, und Zeichen meiner Gnade. Albin, wir sehn uns heut bey der Tafel! (Er geht.)

(Alle Höflinge drängen sich zu, den Albin zu umarmen.)

Isid. Seht, unser Albin ist uns endlich wiedergeschenkt! – Meinen herzlichen Glückwunsch!

Edm. Ich nehme den lebhaftesten Antheil.

Ras. Ich bin entzückt!

Dornw. Ich bin hingerissen!

Isid. Ich habe für Dich wie ein Bruder gearbeitet –

Edm. Du bist mein Zeuge Isidor, wir beyde –

Ras. Auch ich war dabey!

Dornw. Der König wollte mich lang nicht hören –

Isid. Endlich wich er unsern dringenden Bitten.

Alb. Welch ein glücklicher Mann bin ich! Wie viel Freunde!

Komisches Singspiel

Final. Chor von Allen
 
Seht die Freuden uns umschweben;
Lasset uns in Freundschaft leben,
Sie erquicket meine Brust.
Ihren zärtlichen Befehlen
Folgen die erhabnen Seelen,
Freundschaft ist der Menschen Lust!
 

(Alle lispeln leise für sich.)

 
So verstellt man seine Triebe,
Und man zeiget warme Liebe,
Wenn man tödtlich haßt.
 
Isidor
 
Ich bin meiner Züge Meister!
 
Rasian
 
Von mir lernen kleine Geister!
 
Edmund
 
Solche Freunde sind zur Last!
 
Albin
 
Ich umarme, küsse, preise,
Doch die Worte bleiben Dunst.
 
Alle sehr still
 
Wie die Schlangen gehn wir leise,
Und die zärtlichsten Beweise
Lehrt uns die Verstellungskunst.
 
Chor von allen
 
Eilt euch liebreich zu umfassen!
Busen, die die Falschheit hassen,
Fässelt heut ein Liebesband.
Schwöret itzt mit sanfter Freude,
Schwört die angenehmsten Eyde;
Schenkt die Herzen mit der Hand!
 

(Sie schlagen die Hände mit Geräusche einander.)

Ende der zweyten Kaprizze

Der Mann Eduard
Dritte Kaprizze

Scene

Eine Studierstube. Eduard, und der Weise

Edu. Mein Besuch ist mir reichlich vergolten! Ich bewundere deine tiefen Einsichten. Die Philosophen sprechen von vielen Welten. Was denkst du davon?

Der Weise. Für den Weisen sind viele Welten; aber für die Eroberer ist nur eine. Der Weltweise kann seine gelehrten Eroberungen unendlich ausdehnen. Sein Adlerblick übersieht wirkliche und mögliche Schöpfungen.

Edu. Eine Welt ist dem Ehrgeiz zu klein.

Der Weise. Die Sonne ist neunmahlhunderttausendmal grösser, unser Ehrgeiz ist also minder beschränkt.

Edu. Ehe ich dich verlasse, sollst du eine Gnade von mir fodern.

Der Weise. Ich befinde mich jetzt in der Lage eines Diogenes; Der cynische Weltweise hat dem grossen Alexander, wie mir däucht, als ein stolzer Narr geantwortet. Ich sage Eurer Majestät für ihre Gnade Dank. Ich habe meine wenigen Bedürfnisse so nach der Natur beschränkt, daß ich in der That nicht geschwind wüste, was ich wünschen sollte. Alles was mir Könige geben können, ist mir entbehrlich; und alles, was ich wünsche, haben die Könige nicht. Doch in Eurer Majestät Staaten leben viele meiner bedürftigen Brüder; giessen Sie ihre Wohlthaten auf die Armuth aus, und vergrössern Sie meine Glückseligkeit, indem ich höre, daß die Armen erquickt sind.

Edu. Deine Bitte ist schön! – Du bist menschlicher als Diogenes.

Der Weise. Und du gütiger als Alexander!

Roman

Es war Friede, und Eduard überließ sich den Freuden der Liebe. Sein Hof war der Sammelplatz des schönen Geschlechtes, und die artigsten Liebesgeschichten waren täglich der Gegenstand der lächelnden Kreise. Der König wurde von den Gunstbezeugungen der wohlthätigen Grazien zu sehr überhäufet, und wünschte einmal das seltne Vergnügen zu fühlen, nicht als König, sondern bloß als Liebhaber zärtlich geliebt zu seyn. Ein Zufall gab ihm, was er lange vergebens wünschte, eine Geliebte, die ihn selbst, und nicht seinen Stand liebte.

Eduard hatte einer seiner Freundinnen ein niedliches Landhaus gekauft, das er oft verkleidet besuchte. Es stand in einer Gegend, wo auf malerischen Hügeln einige Lusthäuser zerstreut lagen. Eines Tags spazierte er ganz allein, und beschaute alle benachbarten Gärten. Er sah einen, dessen angenehme Aussicht ihn entzückte. Er fand eine kleine Thüre offen. Er schlich durch das Gegitter, trat in die Ebne, und weidete sein Auge an den zierlichen Blumenbeeten. Er durcheilte den ganzen Garten, ohne jemand zu finden. Plötzlich trat er in eine duftende Laube; freundschaftliche Aeste neigten ihre fruchtbaren Wipfel einander entgegen, und umschatteten ein artiges Rebengeländer. Hier fand er ein schlummerndes Mädchen, das alle Schönheiten übertraf, die er jemals gesehn hatte. Sie fuhr beym Geräusche vom Schlummer auf. Er wich bescheiden zurück, machte ihr die höflichste Entschuldigung, erzählte ihr seine gereizte Neugier, und mischte so artige Schmäucheleyen in sein Gespräch, die sie immer sehr geistreich beantwortete, daß sie einander bezauberten. Die Liebe wirkt rasch. Sie bedarf nur weniger Augenblicke zum Siege, Elisie, so hies die Schöne, führte ihren Liebhaber durch die kleinen Stuffen der Zärtlichkeit, und Eduard liebte, ohne den König blicken zu lassen. Er gab sich für einen Höfling aus, und erfuhr, daß seine Schöne die Tochter Alsanders eines bemittelten Edelmannes war. Izt begann eine geheimnißvolle Liebesgeschichte. Man wechselte Herzen, man bestellte sich zärtlich, und dieses mystische Gepräng hatte für einen siegreichen König besondere Reize.

Eines Tages findet Eduard seine Elisie in Thränen. Er dringt in sie; er späht die Ursache; mit Schluchzen erklärt sie ihm, daß ihr Vater sie an einen Nachbar seinen alten Freund vermählen wollte. Das soll er nicht! Ich befehle, rief Eduard, der den Liebhaber vergaß, und den König zur Unzeit spielte. Er faßte sich plötzlich, er ersann ein Rettungsmittel; keines gefiel. Er schlug ihr die Flucht vor; aber Elisie war tugendhaft. Eine seltsame Lage für einen verliebten König!

Der Vater hatte von der heimlichen Liebe seiner Tochter einige Spur, doch ohne zu wissen, daß dieser Anbeter sein König seyn sollte. Er wollte dem Liebesverständnisse, das seinen Absichten zuwider war, Schranken setzen, und hielt seine Tochter sehr eingeschränkt, ließ sie selten allein, und der durchlauchtige Verehrer mußte sich mit kleinen zärtlichen Briefchen begnügen. Eduard war in Verzweiflung, er wollte seine Geliebte besitzen, und entschloß sich seinen gefährlichen Nebenbuhler zu entfernen. Er berief ihn unter einem Vorwande nach Hof, und verheurathete ihn an ein reiches Fräulein. Der Vater Elisiens als ein Mann von Entschlüssung tröstete sich damit, daß er einen andern Eidam wählte, und Eduard hatte einen neuen Nebenbuhler. Noch niemals fand sich ein verliebter König in solcher Verlegenheit. Er entwarf tausend Plane. Bald spielte er den Monarchen, und riß gewaltthätig die Entwürfe seiner Gegner über den Haufen; gleich nahm er wieder Zuflucht zur Sanftmuth um seinen königlichen Stand nicht zu verrathen.

Endlich näherte der traurige Zeitpunkt, in welchem er alle seine Hofnungen verschwinden sah. Ein Prozeß zwang den Alsander in der Stadt zu erscheinen. Er nahm aus Vorsicht seine Tochter mit sich. Er besuchte gelegentlich alle Palläste, zeigte ihr alle Seltenheiten, und ließ sie auch den König bey der Tafel sehen, um ihr die Pracht eines königlichen Mahles begreiflich zu machen. Sie traten in den Speisesaal, viele Fremde waren zugegen. Alle bewunderten den fürstlichen Aufwand, den Geschmack und die Kunst der goldnen Geschirre; aber der König zog alle Augen auf sich.

Alsander zeigt seiner Tochter den König, sie erblickt in ihm ihren Geliebten, und sinkt ihrem Vater ohnmächtig in die Arme. Der Zufall war neu. Alle Hofdiener, und Schranzen eilten herzu. Ein Fräulein, das mehr ein Engel, als ein Mensch war, in Ohnmacht zu sehen, war für galante Höflinge ein zu wichtiger Gegenstand. Alles war beschäftiget. Hundert Hände mit Balsamgerüchen waren gerüstet. Jeder machte sich ein Verdienst daraus, der erste zu seyn. Eduard selbst sprang von der Tafel auf, und drängte sich durch; aber welche Erstaunung befiel ihn, seine geliebte Elisie an seinem Hofe in Gefahr zu sehen. Er ließ sie eilends in seinen Gemächern zur Ruhe bringen. Der königliche Leibarzt ward gerufen, und alle Höflinge machten tausend Muthmassungen, und bestimmten das gute Fräulein entweder für sich selbst, oder für den König zur Geliebten.

Den ganzen Tag ward nur von der unbekannten Schönen und ihrer wunderbaren Ohnmacht gesprochen. Diese Begebenheit war eine wichtige Beschäftigung für müßige Hofleute. Elisie befand sich in einer kritischen Lage. Eduard verließ nicht das Vorgemach seiner Gebieterinn, spähte immer auf alle Zufälle, und empfahl dem Arzte seine Geliebte wie sein eignes Leben. Er rufte Alsandern zu sich, und entdeckte ihm seine ganze Liebesgeschichte. Der Vater staunte, und sah wohl ein, daß er in einem schweren Handel verflochten wäre; er sagte dem König mit der Entschlossenheit eines rechtschaffenen Mannes: Eure Majestät, nach den gewöhnlichen Sitten der Welt sollte ich sagen, daß ich mir die gröste Ehre daraus mache, meine Tochter von einem Könige geliebt zu sehen; aber ich bin von den ausserordentlichen Menschen, die nach eignen Begriffen handeln, und ich gestehe Eurer Majestät, daß ich zu ihrer eignen Ruhe und zum Wohl meiner Tochter wünschte, daß sie von einem Manne ihres Standes, nicht aber von einem durchlauchtigen Anbeter geliebt würde. Ich bin Unterthan, Eure Majestät sind mein Gebieter. Ihre Gewalt ist grösser als die Meinige; alles, was ich als Vater thun kann, ist, meiner Tochter wie ein wahrer Freund zu rathen, und ihrem Herzen die Entscheidung zu überlassen. Die Folge wird zeigen, ob sie mehr ihren Liebhaber, oder ihre Ehre und die Tugend liebt. Da ich sie mit schwachen Händen als Vater wider einen mächtigen Monarchen schützen würde; so soll der Himmel und ihre Rechtschaffenheit sie wider die Versuchungen der Liebe, der Gunst, der Grösse, und der Gewalt schützen!

 

Sie sprachen noch, als Elisie sich dem König, und ihrem Vater zu Füssen warf, und beide um eine Gnade flehte. Jeder bewilligte die Bitte; aber wie erstaunten sie, als sie hörten, daß sie um die Freyheit bat, in eine geistliche Freystäte sich zu begeben. Ich liebe Eure Majestät; rief sie, ich erröthe nicht über dis Geständniß, ich habe bey meiner Wahl ihre persönlichen Eigenschaften nicht ihren erhabnen Stand gekannt. Als König hört Eduard auf mein Liebhaber zu seyn; aber kein Mann ist würdig sein Nebenbuhler zu werden. Ich verlasse Sie auf ewig, weil ich meine Tugend mehr liebe, und fliehe alle Menschen, weil ich sie allein liebe. So sprach sie entschlossen, troknete ihre Thränen ab, faßte liebreich die Hand ihres Vaters, und eilte zur Pforte. Umsonst beschwur sie Eduard, ihren Entschluß zu ändern; nichts machte sie wanken, und sie flog in die Einsamkeit. Eduard wollte seine gegebene Verheissung aus Großmuth nicht brechen, und überließ sich lang einer schwermüthigen Laune, bis nach und nach neue wichtige Zufälle die zärtlichen Regungen aus seinem Herzen verbannten. Doch blieb die reizende und tugendhafte Elisie ewig der Gegenstand seiner Bewunderung, und wenn er das schöne Geschlecht preisen wollte, pflegte er zu sagen, schön und tugendhaft wie meine Elisie!

Die Meinungen der Höflinge waren getheilt. Einige bewunderten die ausserordentliche Entschliessung der schönen Elisie; andere tadelten die romantischen und strengen Begriffe; die meisten wünschten, daß ihre Töchter, Schwestern und Muhmen in einer so vortheilhaften Lage sich befänden, die sie und ihre Familie besser benutzt hätten. Aber die Ohnmachten waren sehr selten bey Hofe. Alsander pries seine würdige Tochter, und Elisie fand in der stillen Einsamkeit und in der sanften Beruhigung eines reinen Gewissens die Belohnung, welche der schönste Preis der Tugend ist.

Scene

Ein königliches Gemach. Eduard, Lusian

Lus. Ich lege Eurer Majestät meine Würde unterthänig zu Füssen. –

Edu. Warum willst du mich verlassen?

Lus. Ich liebe mein Vaterland, und werde nie als ein undankbarer Sohn wieder meine landesmütterliche Erde streiten.

Edu. Mein liebster Lusian, hör die Vernunft! Dein Vaterland zwingt mich zum Kriege. War nicht die dreiste Antwort des Senats eine neue Beleidigung? – Ich muß die Ehre meiner Krone rächen.

Lus. Schenken mir Eure Majestät wenige Tage, lassen Sie indeß ihre Waffen ruhn, und ich übergebe Ihnen ohne Schwertstreich friedsame Städte, die um ihren Schutz flehen sollen. –

Edu. Da ist meine Hand! Ich kenne deine Treue!

Lus. Ich will mein Vaterland dem schändlichen Joch entreissen, unter dem es so lange seufzt. Stolze, grausame Senatoren haben die Gesetze vertilget, und ihren Eigensinn zum Orakel gemacht. Verflucht sey das Gesetzbuch der Despoten! – Unter Eurer Majestät gütigen Zepter soll die glückliche Heerde ruhen! – Ich weis gewiß, daß der großmüthige Eduard nicht ein Land unterdrücken wird, das sich ihm freywillig ergiebt.

Edu. Es soll mein Vaterland werden! – Landsmann Lusian grüsse deine Mitbürger in meinem Namen!

Scene

(Ein Platz der Stadt. Lusian, viele Senatoren, bewaffnete Bürger, Krieger, und ein unzähliges Volk, das von allen Seiten zudränget. Auf dem Platz ist ein feuriges Gefecht. Hin und wieder werden einige Haufen zu Boden geschleudert: In der Ferne hört man Schüsse, und einen schrecklichen Lermen. Die Krieger reissen die Senatoren aus den Häusern. Lusian fliegt daher mit blutigem Schwert. Die Fackeln verschwinden, und es wird Tag.)

Lus. Schonet das Blut! – Meine Brüder, besänftiget Euch! – Schützet die Freyheit! – Führt die Senatoren in das Gefängniß! – Ihr Tyrannen fort!

Einige Senatoren. Hülfe! – Freunde! – Bürger! Hülfe!

Lus. Hört diese Tyger nicht! – Ihre Klauen triefen von Wittwenthränen und Waisenblut! – Fort die Zerstörer der Gesetze! – Friede meine Mitbürger! – Freyheit! – Die Republik ist frey! – Die Gesetze leben auf! (Zu den Hauptleuten) Stillet den Aufruhr! – Lasset Güte und Sanftmuth zurückkehren! – Sammelt das Volk! – Ich will meine Brüder grüssen! Kommet hieher meine Geliebten! – Meine Freunde höret mich! Ihr sollt mein Vorhaben einsehen! Ich liebe Euch, kommet hieher!

(Er steigt auf eine Bühne, und das Volk umringet ihn.)

Rede

Ich sehe alle Augen auf mich gerichtet; ich, der ich unter dem Geräusche der Waffen graute, trete unbereitet, unerfahren in den bezaubernden Künsten der edlen Wohlredenheit, mit einer freyen und offenen Stirne, mit einem zärtlichen, brüderlichen Herzen, ohne Schminke, vor das ehrwürdige Antlitz meiner theuersten Mitbürger, Euch als meinen Brüdern meine ganze Seele zu eröfnen, mit Euch mich zu erfreuen, und mit Euch über das gemeinschaftliche Wohl mich zu berathschlagen. Erlaubet mir geliebte Brüder, daß ich zuerst diese herrliche, grosse, freye, volkreiche Stadt grüsse, und dankbar segne wo ich das erste Licht des Lebens erblickte. Hier war meine Wiege! Diese Mauern empfiengen mein erstes kindliches Lächeln! Früh hat das Schicksal mich meinem geliebten Vaterland entrissen. Ich irrte lang an fremden Gestaden; zärtliche Liebe, warme Sehnsucht meine Brüder zu umarmen, meine edle Vaterstadt vor meinem Ende noch einmal zu sehen, zu segnen, und ihr meine Asche zu schenken, führt mich hieher. Aber gerechter Himmel, der Du die Begebenheiten der ganzen Schöpfung ordnest, in welchem betrübten Zustande muß ich diese theuren Wohnungen finden! Darf ich es wagen meine Mitbürger, Euch nach meinem Gefühle, nach dem natürlichen Eindruck auf mein empfindsames Herz das häßliche grauenvolle Bild dieser Schreckenscenen zu schildern, und Euch das lächelnde Gemälde der künftigen Tage entgegen zu setzen?

Ich trage meine Blicke forschend auf diese ehrwürdige Versammlung und spähe mit einer bangen Erwartung, ob einer ist, dessen Auge mir ein finsteres Mißvergnügen weissaget. Gepriesen sey der Allmächtige! Mein Herz jauchzt, da ich auf euren heitern und brüderlichen Mienen jene Zufriedenheit wahrnehme, welche die Seele heilsamer Rathschläge, die Säule der Eintracht, und die Stütze des Staates ist.

Selbst der verruchteste Bösewicht thut oft zum Scheine gute Handlungen; seine Absicht ist, durch gleissende Tugenden die Herzen einzuschläfern, zu gewinnen, die Augen des Pöbels zu blenden, und seine Laster desto sicherer und ungestörter auszuüben; aber eure berufenen Tyrannen legten auch den Schein der Tugend von sich, und rühmten sich schon mit einer ähernen Unverschämtheit ihrer Schandthaten. Nur wenige ihrer schwärzesten Ränke begrub die Nacht; aber izt brechen plötzlich alle ihre Laster an das Licht, sie stehen wider sie auf, sie werden von der hellsten Sonne beleuchtet, allgemeiner Fluch trift sie; vereinigter Haß stürzt auf sie, und ewige Schande brandmarkt ihr Gedächtniß!

Wie der blutbegierige Löwe auf seinen Beuten entschlummert; rings um seine Höhle stinken die Aeser, und überall faulen die Knochen der erwürgten Wanderer; so waren die stolzen Palläste eurer Tyrannen, was sag ich? Palläste, Mördergruben waren es, wo die verfolgte Unschuld ihr Grab fand; wo die Thränen der vertilgten Wittwen, und der gedrückten Waisen schallten! Hier wohnten die Räuber des Staats, die Feinde des Vaterlands, die Verderber der heiligen Gesetze! Durch sie liegen die Künste und Wissenschaften darnieder. Der gehemmte Handel seufzt, der Fremdling wird verscheucht, und flieht diese blutigen Gestade; er sieht die traurigen Spuren seiner Mitbrüder, und entweicht mit Schauer den Mißhandlungen. Ein despotischer, eiserner Zepter beugt alles nieder. Das edle Verdienst ist unterdrückt, hindangesetzt, ausgestossen, vergessen! Die Würden sind den Meistbietenden oder feilen Dienern der Wollust angeboten! Die armen Bürger sind mit schwerem Joche belastet; sie wagen es nicht laut zu seufzen; nur ihre schwermüthigen Blicke sind Zeugen ihres innerlichen Schmerzens; brüderliche Eintracht, öffentliche Sicherheit, häusliche Ruhe sind zerstöhrt! Ist dies der Staat, wo die Brüder mit liebreicher Eintracht leben sollten? O meine Freunde, Thränen treten mir in die Augen, sehet, da zittert ein Vater für seine Kinder; er fährt hastig vom Schlummer auf, und horcht ängstlich, ob man nicht seine Söhne durch Henker ergreifen läßt, ob nicht ein geiler Rathsherr seine Töchter gewaltsam schändet, oder seine Gattinn, die theure Gefährtinn seines Lebens listig beschleichet, entführet, entehret! Welchen Richter soll der Mißhandelte zu Hülfe rufen? Die Richter, die Handhaber der heiligen Gesetze sind Meuchelmörder, Räuber, Weiberschänder, Lasterhafte, die mit allen Verbrechen sich belasten! – Die Gesetze schlummern, das Schwert der Gerechtigkeit ist in der Scheide verrostet! O ihr Hefen, die ihr die Menschlichkeit schändet, tretet aus von diesen Gränzen, eilet mit euren Mordgesellen, mit euren Lastergenossen, und reiniget diese edlen Mauren von der Schande, von der ansteckenden Pest, welche die reinen Sitten der aufkeimenden Jugend beflecket.

Diese abgehärteten Unmenschen, die alles Gefühl mißkannten, sind es auch, welche dreiste genug sind, die Nachbarn zu mißhandeln, und das Völkerrecht zu beleidigen. Sie reitzen große Könige zum Zorn, sie fodern sie gleichsam auf, Euch zu bekriegen, Euch zu vertilgen! Dort steht Eduard, ein mächtiger Sieger, seine belorbeerte Stirne ist gerunzelt, seine unüberwindlichen Heere, wenden ihre Schritte an eure Gränzen. Was werdet Ihr ihnen entgegensetzen? Wo sind eure Bundesgenossen? Die Wuth der Tyrannen hat sie verscheucht! Wo sind eure Freunde? Die Frevler haben sie in ewige Feinde verwandelt! Wo sind eure rühmlichen tapfern Mitbürger? Die Tyger haben sie verbannt, getödtet, und ihrem schwärzesten Neide aufgeopfert! Da steht Ihr wie eine verlassene Heerde, den Nachbarn preißgegeben, ohne Hirten, ohne Schaafhunde!

Zittert nicht meine geliebten Mitbürger; trauret nicht ihr guten Väter; weinet nicht trostlos ihr Mütter; richtet eure gesunkenen Herzen empor ihr edlen Bürger! Die göttliche Vorsicht wachet; mit schutzreichen Flügeln bedeckt sie diese rühmlichen Mauern; Diese Vertilger des Staates sind zu Boden geschleudert! Alles lebt auf; alles wird beseelt; alles lächelt um mich! – Ich bin wie ein müder Wanderer, der lange durch die Schreckenscenen des Winters taumelte, Schneegebürge keuchend überstieg, oder breite Flüsse übersetzte; dessen Ohren noch von den heulenden Nordwinden betäubt, und dessen Augen vom schneidenden Gestöber geblendet sind; aber plötzlich tritt er in ein reizendes Eden, wo grüne einladende Fluren seinem Auge gastfreundlich winken, wo die balsamischen Gerüche der Blumen ihn erquicken; er vergißt die vorigen Scenen. So bin ich, der aus dem Schauplatz des Schreckens und des Verderbens in die heitern Auftritte des wiederauflebenden Staats blicke. Die zärtliche Stimme des Bräutigams schallt mir hochzeitlich entgegen; sicher umarmet liebreich der Gatte die keusche Gattinn; sicher küsset die Mutter die unentweihten Töchter; der freudige Handelsmann eilet auf reichbeladenen Fichten, suchet die Nachbarn, und lädt sie freundschaftlich ein; das Weberschif ist thätig; der Meissel wird geübt; die Künste und Wissenschaften blühen auf; die Musen besuchen mit schwesterlicher Eintracht die majestätischen Lehrsäle, und verbreiten Weisheit, und Glückseligkeit in alle Gemüther, der Priester räuchert mit frommer Andacht den heiligen Altar, und der ruhmbegierige Krieger rüstet sein patriotisches Schwert zum Schutz des geliebten Vaterlands! Seliggepriesene Mauern, wie viel freudige Bürger erblick ich in eurem Schooße!

Unsterbliche Gottheit, sollte jemals wieder, verzeiht mir theure Mitbürger, diesen verwägnen, schmählichen Gedanken; aber sollte jemals der Geist der Eintracht unter euch verlöschen; sollte wieder das Laster triumphiren, und Tugend und Freyheit unterliegen, O meine Brüder, so tödtet mich erst; lasset mich eure Schande nicht erleben; begrabet meine morschen Knochen in den Trümmern eurer Ehre! – Euer gerechter Unwille kocht auf bey diesem abwürdigenden Bilde. Dank Euch, ihr edlen, ihr erhabnen Patrioten! Vaterlandsliebe beseelt Euch, diese rühmlichen Triebfedern zeichnen eure Handlungen aus, und machen sie unsterblich. Aber lasset uns nicht unthätig entschlummern; lasset uns unermüdet arbeiten; thuet nichts ohne weisen Endzweck; unternehmet nichts, was eure Kräfte übersteiget; laßt uns nicht sicher entschlummern, damit nicht heimliche Feinde uns überraschen, und das schöne Gebäude unserer Glückseligkeit heimlich untergraben, erschüttern, zerstören! Verwandelt durch sanfte Vorschläge eure Feinde in Freunde; macht aus ihnen Schützer und Bundesgenossen! Eduard ist schneller als ein Blitz, und mehr gefürchtet als ein Donner; aber dieser königliche Löwe verschonet die Demüthigen, und umarmt den tugendhaften Patrioten. Er ist kein geiziger Eroberer, der auf Beute lauert; der nur Länder verschlinget; nein, er verbessert die Staaten seiner Feinde, und gießt Frieden auf die Besiegten aus! Lasset uns versuchen, seinen gereizten Zorn zu besänftigen, und statt blutige Schlachten friedliche Palmen wählen! Ich will hingehen, ich will für euch sprechen, wie für meine Brüder, O erlaubet mir zu sagen, wie für meine geliebte Familie, Ihr seyd es, ich bin kinderlos, ich liebe nur euch!

 

Ich erstaune meine Freunde über die rasche Veränderung, über diese glückliche Epochen, über den seligen Frieden, der wie ein Zephyr um mich hauchet, über alle glückliche Fügungen, mit so wenigen Kräften, so ohne Blutvergiessen, so ohne Zubereitung, so hastig seh ich mein theures Vaterland aus den Klauen blutgieriger Tyger, und aus dem Rachen des Verderbens gerissen! Ich begreife kaum diesen plözlichen Sturz der Tyrannen; ist es nicht ein sichtbares Wunder der weisen Vorsicht? fühlet Ihr nicht selbst mit innerlicher Ueberzeugung die mitwirkende Hand der Gottheit, welche diese fromme Stadt vorzüglich beschützet? – Es geht mit reifen Verbrechern, wie bey verzweifelnden Kranken. Alles ist verwirrt; die Aerzte selbsten werden mit Blindheit gestraft; so entschliefen die sichern Despoten, sie hörten die Donner über ihren Häuptern rollen; sie sahen die Blitze, und sie wurden ohne Rettung wie zerbrochene Geisseln des bedrängten Volkes in die Flamme geschleudert! – Diese herrliche Stadt, euer Leben, eure Güter, eure Weiber, eure Töchter, eure Söhne sind durch den allmächtigen Beystand des Himmels, durch die weisen Anschläge wahrer Patrioten, und durch die thätige Mitwirkung edler Bürger dem nahen Verderben entrissen, und in den blühendsten Zustand versetzt, das ist der Tag unserer Wiedergeburt! Ihr Freygebohrnen lebet auf; theuer und heilig sey Euch ewig der Tag eurer Erhaltung.

Aber wenn etwa in einem dunklen Winkel hämische Feinde über den Verlust ihrer Ketten seufzten, oder es wagten mit giftiger Zunge mich niederer Absichten anzuklagen; es würde mich schmerzen, mein Herz würde bluten; aber ich würde sie nicht hassen, sondern ihre Blindheit beweinen. Kommt her ihr Zweifler, würde ich ihnen sagen, betrachtet dieses graue Haupt! Es sehnet sich nach Ruhe; sehet diese Brust voll Narben! Sie hat sich oft den gerüsteten Dolchen eurer Feinde entgegengestemmet; der müde lebenssatte Greis seufzt nach seinem Grabe, und wünscht nichts in die kühle Erde mit sich zu tragen als den süssen Trost, meine Brüder beglückt zu sehen, und mein Vaterland zu befreyen! – Ja, meine ewiggeliebten Brüder, ich bin ehrgeizig, ich fodre von Euch einen Dank, eine schöne Erkenntlichkeit! – Wenn ihr einst meinem Grabhügel begegnet, wenn Euch die Ringelblume zuwinkt; so zaudert, und ruft euren Söhnen: Hier ruht Lusian unser Bruder, der uns und sein Vaterland liebte – Und dann schenkt mir eine brüderliche Thräne –

(Das Schluchzen hemmt die Worte des Redners; er trocknet seine Augen. Indeß weinen die Mütter, und die Bürger jauchzen.)

Alle. Es lebe der Patriot! Freyheit! Das Vaterland ist frey!