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Der Eroberer

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Idylle

Alsin, Tityrus

Alsin. Mein theurer Sohn, ich habe dich behorcht. Gerecht sind deine Thränen; aber mäßige deine Betrübniß. Setze dich zu mir unter diese Eiche, und höre mich aufmerksam. Die Liebe ist eine edle Leidenschaft; sie vergrössert die Herzen. Aus diesem Grunde billigte ich bisher stillschweigend deine Zärtlichkeit. Doch es nähern sich izt die entscheidenden Tage, in welchen erhabnere Pflichten dich rufen. Du bist nicht zur Weide gebohren. Tityrus erkenne dich selbst! – Du bist Eduard, der Thronerbe Jakobs; dessen Geschichte ich dir oft erzählte. Du solst ein Volk glücklich machen!

Tityr. Mein Vater, welche Räthsel —

Alsin. Folge mir! Wir werden auf ewig diese Hütte verlassen. Willst du?

Tityr. O diese Gegend ist mir izt verhaßt!

Alsin. Der Himmel bedient sich solcher Zufälle, unsern Willen zu seinen Absichten zu lenken. Der Aufenthalt des Friedens, der dir sonst so theuer war, ist dir lästig geworden. Wohlan, wir werden grosse bevölkerte Städte sehen. Mein Freund, das Geräusche ganzer Nationen wird dich betäuben. Noch ein Wort, ehe wir gehen. Was ist die Pflicht eines guten Hirten?

Tityr. Seine anvertraute Heerde auf fetten Auen zu weiden, und sie vor den gewaltsamen Anfällen der Raubthiere wachsam zu schützen.

Alsin. Dieß ist auch das Bild eines guten Königs! – Ein Fürst muß sein Volk beglücken und beschützen. Schwöre mir unter diesem gestirnten Himmel, daß dieses dein ewiges Geschäfte seyn soll!

Tityr. Ich schwöre beym Himmel!

Alsin. Die Menschen werden verschieden regieret. Ich will erst deine Begriffe erweitern.

Dogmatische Poesie
Ein Gesang

 
Muse, besinge die rühmliche Staatskunst der Weltenbeherrscher;
Zeig die erhabnen Gesetze, womit sie die Erde beglücken!
Denn die Glückseligkeit jeder Gesellschaft bleibt die Säule
Niemals erschütterter Throne, und ewigblühender Länder.
Selbst die Thiere durch edles Instinkt erwählen sich Häupter,
Und die honigzeugenden Bienen leben monarchisch,
Aristokratisch die Kraniche, die demokratische Herrschaft
Scheint den Ameisen selbst von der Natur zur Richtschnur gegeben.
Diese drey Gattungen dienen dem Menschengeschlechtern zur Regel.
Einige wählen sich einen zum Fürsten, doch herrscht er despotisch;
So wird der Monarch ein Tyrann, das Scheusal der Erde!
Diese Gefahr zu vermeiden bestimmen die Völker den Adel
Zur Handhabung der Landesgesetze; auch dieses zeugt Uebel,
Denn der Stolz so vieler Gebieter verscheuchet die Freyen.
Diese gesellen sich brüderlich in dem Staat der Republik.
Einige mischen aus dreyen Gestalten die glücklichste Herrschaft.
Doch die Monarchie bleibet die Thätigste jeder Regierung.
Persien hat die wichtige Frage mit Weisheit entschieden,
Und die Meinung Darius besiegte die klugen Gefährten.
Aechte Gesetze müssen dem Volk und dem Lande behagen.
Wie ein Baumeister die Plane nur nach der Lage bezeichnet;
So sey bey neuen Gesetzen die Zone, die Sitte des Volkes,
Und der Charakter der Nation mit Vorsicht geprüfet.
Selbst die Regierungsart soll die Verfassung des Landes bestimmen.
Durch die Mittel, durch die wir entstehn, sind wir auch erhalten!
Ist ein Staat kriegerisch; so verderbt ihn ein ewiger Friede.
Doch den Handelstaat tilget die Flamme verderblicher Kriege.
Kriege heissen gerecht, wenn die Nothwendigkeit streitet.
Liebst du den Frieden; so mußt du dich immer zum Kriege bereiten!
Dieses war der geheiligte Grundsatz der siegenden Römer.
Ist ein mächtiger Staat mit vielen Provinzen verbunden,
König, so zittere nicht vor seiner gewaltigen Grösse,
Er faßt in sich die häufigen Mittel sich groß zu erhalten.
Vielleicht machen kleinere Länder mehr glückliche Bürger,
Denn der Körper der Staaten ist wie der Körper des Menschen;
Jener ist nicht der stärkste zu heissen, der alles verschlinget;
Der lebt mit blühender Kraft, der mäßige Speisen verdauet.
Ein unübersehbares Reich ist schwer zu erhalten.
Suchet die Menschen in nährenden Staaten geschikt zu vertheilen;
Lernet die vollblütigen Adern mit Weisheit zu leeren;
Mit Pflanzstädten muß man bevölkerte Länder entlasten.
Setze dem Wachsthum ein Maaß, damit du dein Erbtheil erhaltest.
Suche Monarch, nur das zu beglücken, was du schon besitzest;
Sey nicht lüstern nach neuer Eroberung; fodre nicht alte
Langvergessene Rechte von deinen friedliebenden Nachbarn.
Dieser Eigennutz reisset Verträge, zerstöret das Wohlseyn;
Mit unersättlicher Habsucht verscheuchst du die Bundesgenossen.
Fliehet ihr Hirten, die Staatenverbesserer, die euch betrügen!
In der Monarchie lassen sich Fehler der Fürsten verbessern.
In der Regierung des Volkes fällt der Staat mit den Gesetzen.
Weh dem unglücklichen Reiche, wo der unbändige Wille
Eines grausamen Despoten die Landesgesetze beweiset!
Gold ist das reineste Blut der Reiche; doch setzt es in Umfluß;
Dadurch blühet der Handel, und glücklich ernährt sich der Bürger.
Weiser Minister, sey wie ein Steuermann immer in Arbeit!
Sieh, wie er spähet, die Winde belauschet, und Stürme voraussieht.
Bald spannt er Segel, bald zieht er sie ein, bald ändert er Flaggen;
So mußt du mit forschendem Blicke die Welt übersehen.
Du must wissen, was war, was ist, was eilet zu kommen.
Der Ostracismus entehret, und stürzet die Demokratien.
Die Republik ist zu langsam zu grossen Geschäften.
Die Regierung der Edlen befürchtet die Grossen und Kleinen;
Eifersüchtig auf ihre Verfassung wird sie oft tyrannisch.
Die Monarchie gleichet der weisen Regierung der Gottheit,
Und die Monarchen sollen dem göttlichen Meister sich nähern.
Suchet, O Fürsten, nicht Schätze wie Midas, begehret vom Himmel
Wie einst Salomon Weisheit, denn Weisheit beglücket die Staaten.
Selig die Länder, die Weise regieren, sie schmücken die Krone!
O wie soll ich genug die Güte den Grossen empfehlen?
Sie ist die Seele der Staatskunst, der Schmuck und die Säule des Thrones.
Völker vergöttert den gütigen Fürsten, der Stunden beweinet,
Die er nicht mit erquickenden Thaten der Menschheit bezeichnet!
Wie viel dankende Thränen fliessen noch auf die Gebeine
Gütiger Hirten! Sie sind auf der Erde das Ebenbild Gottes,
Und man heißt sie die reizende Wollust des Menschengeschlechtes.
Du bist zwar mächtig Monarch, doch setze der Eigenmacht Schranken;
Schäme dich nicht, dich unter die weisen Gesetze zu schmiegen.
Ehre das Recht der Natur, der Völker, des heiligen Tempels.
Du bist zwar frey von menschlichen Richtern, doch Gott wird dich richten;
Früh oder spät wird dich die Geissel der Vorsicht bestrafen.
Ihr seyd nicht Herren, O Fürsten, des Lebens, der Güter der Bürger;
Diese Maxime schändet die Throne, brandmarket die Menschheit!
Nur die Verbrecher könnt ihr des Lebens, der Güter berauben.
Ihr sollt wie liebende Väter die zärtlichen Kinder beschützen,
Und mit segnender Lippe den Söhnen die Erbschaft vertheilen.
 

Geheime Nachrichten

König Jakob ward vom Schlage gerührt, und starb eh er seinen Sohn umarmen konnte. Die Königinn bemächtigte sich mit ihren Ministern der Regierung während der Minderjährigkeit ihres Sohnes, und Alsin, der diese Zeit zum Nutzen des jungen Prinzen verwenden wollte, führte ihn auf Reisen. Eduard lernte unter seiner weisen Anführung die Sitten der Völker, und die Geschichte der Künste und Wissenschaften. Bey seiner Zurückkunft übernahm er das Staatsruder.

Einige glaubwürdige Zeitgenossen erzählen diese Geschichte mit folgenden veränderten Umständen. Unter der Herrschaft Jakobs blühten die Länder; aber so glücklich seine Staaten waren, so unglücklich lebte er in seiner eignen Familie. Emilie seine Gattin ergab sich gänzlich den Ausschweifungen der Liebe; unter unzählbaren Buhlern, die heimlich und öffentlich ihren prächtigen Hofstaat vermehrten, war Feranson der Glücklichste, und erhielt sich in ihrer Gunst so lange sie herrschte. Der gütige Jakob war zu liebreich, zu nachsichtig gegen die Fehler seiner Gattin. Feranson nützte diese natürliche Gutherzigkeit, flößte in das Herz der Königinn seinen unbeschränkten Ehrgeiz, und entwarf ihr einen schwarzen Plan, der dem Besten der Könige durch ein schleichendes Gift die Tage verkürzte. Da er den Erbprinzen aus eben den Absichten haßte, entfernte ihn die Königinn unter dem Vorwand einer schwächlichen Gesundheit vom Hofe; oder wie andere Biographen schreiben, Alsin ein wahrer Patriot, der die Lage der Sachen kannte, und wohl einsah, daß dem Reichserben das Schiksal des Vaters bedrohte, entwich heimlich mit diesem kostbaren Pfande. Gewiß ist, daß Eduard erst sechs Jahre nach dem Tode seines Vaters herrschte. Er fand das Reich in einem betrübten Zustande. Die Königinn überließ sich ganz der Wollust. Ihr Günstling sammelte Schätze. Alles haßte und verabscheuete diesen Minister einer schwelgerischen Fürstinn. Die schlauen Nachbarn bedienten sich dieser günstigen Gelegenheit, und rissen an sich, was ihnen gefiel. Sie erkauften den Feranson, der den Krieg aus Zagheit haßte. Er verhandelte die wichtigsten Würden, gab sie Schmeichlern, Schwelgern, und wollüstigen Hofschranzen, und genoß in Ruhe die Früchte seiner Laster. Izt erschien Eduard. Die Rechtschaffenen fielen ihm zu. In wenig Tagen gewann alles eine andere Gestalt. Der Günstling Feranson entfloh mit seinen Schätzen zu den Feinden. Die Königinn entfernte sich in eine Provinz. Eduard bestieg den Thron, und jagte die Schmarutzer vom Hofe. Jeder Tag seiner Herrschaft ward durch wichtige Zufälle merkwürdig.

Scene bey Hof

Eduard, Alsin

Alsin. Mein Eduard, izt bist du König!

 

Edu. Durch dich! – Du bist mein Vater, mein Freund, mein Führer. Verlaß mich nicht, damit ich nicht unter der Last einer Krone zu Boden sinke. Sag, wie soll ich die Verräther behandeln?

Alsin. Nach deinem Herzen! – Izt will ich die Früchte meiner Lehren einärndten. Hör eine Fabel, und dann handle!

Fabel
Der Donner und der Thau

 
Hör mich, so sprach der Donner, edler Thau!
Wenn ich erschalle, bebt der ganze Weltenbau;
Die Erdenkönige betäubt ein banges Zittern;
Ich flösse Schrecken ein den eisernen Gemüthern.
Wenn sich mein Riesenfuß von Pol zu Pole hebt,
Stürzt eine schwarze Wolke nieder;
Der Himmel und die Erde bebt.
Ich lähme den Geschöpfen alle Glieder.
Vor mir erstaunt, was lebt.
Ich bin der Herold aller Götter;
Vor mir erblaßt der kühne Spötter,
Und bricht ein Frevler seinen Schwur;
So stürzt mein Blitz herab, und tödtet den Verräther!
Mir huldigen mit Furcht die Wesen der Natur.
Ich kenne, sprach der Thau, schon deine grossen Thaten.
Du kanst nur immer strafen, dräun,
Und willst allein gefürchtet seyn.
Ich aber bin geehrt in meinen weiten Staaten;
Ich giesse früh und spät den reichen Segen aus.
Die ganze Schöpfung ist mein Tempel und mein Haus.
Mich preisen alle Erdensöhne.
Mir dankt so manche fromme Thräne.
Wie süß ist doch der Lohn, wenn man mit Milde giebt;
Wie sehr bin ich gewünscht, wie sehr bin ich geliebt!
Ich will mit dir nicht Würden tauschen,
Du magst in Wetterwolken rauschen,
Wenn deine Hand die Blitze lenkt.
Ich will den stillen Dank, die Segen froh belauschen,
Die mir mit Lust die Erde schenkt.
 

Scene. Ein Vorhof im königlichen Pallast

Ritter Lusian, sein Knecht, hernach die Leibwache und der König

Lus. Führ meinen Gaul in den nächsten Stall, bewirthe ihn wohl! Ich will ein wenig spähen, welcher Wind izt bey Hofe weht.

(Der Knecht geht. Lusian sezt sich auf einen Stein bey der Treppe.)

Da will ich erst rasten! – Ob mich der junge König noch kennt? Damals war er auf der Reise, izt auf einem Throne – Hahaha! Ich sehe poßierlich gnug aus! – Ich bin müde und schläfrig von der Reise –

(Er gähnt.)

Die Wache. Hier schläft man nicht! – Fort! – Der König kömmt! – Macht Platz! – Auf! Fort!

Lus. Ist denn hier kein Gasthof?

(Der König Eduard nähert, und horcht lächelnd.)

Die Wache. Ist der Mann toll? Im Pallast des Königs einen Gasthof suchen –

Lus. Wer wohnt hier?

Die Wache. Der König!

Lus. Wer hat vor dem König hier gewohnt?

Die Wache. Des Königs Vater!

Lus. Und vor des Königs Vater?

Die Wache. Des Königs Großvater!

Lus. Beym Henker! So ist es ja eine Herberg, wo ein Pilgrim nach dem andern ausrastet. Mich soll kein Teufel von der Stelle jagen!

Der König. Die Stimme verräth ihn! – Das ist mein Freund Lusian!

Lus. Und du bist mein König! – Ich bringe dir aus fremden Landen nichts mit als ein warmes Herz, das zu deinem Dienste bereit ist.

Der König. Du vergötterst mich, denn der Gottheit schenkt man Herzen. Aber wie lang hast du mich deiner werthen Gegenwart beraubt!

Lus. Herr, was soll ein biederer Kerl von meiner Gattung unter den Reifröcken machen? Die seidenen, kriechenden Hofbuben haben mich verdrängt. Ich spreche, wie du weist, dreist von der Leber weg. Deine Mutter fand meine Wahrheiten bitter, und legte mir die Wahl vor, entweder in das Gefängniß, oder auf Reisen zu gehn. Ich wählte freye Luft, und den Wanderstab, zog von Reich zu Reich, sah Narren in Menge, und kehre izt mit Ebentheuern verherrlicht zu Dir zurück, weil ich hörte, daß izt ein Mann herrscht! – Es giebt Krieg. Brauchst Du meinen Degen?

Der König. Deinen Arm, deinen Kopf, und deine Zunge, denn dein Herz habe ich schon,. Es giebt ein feines Stück Arbeit. Ich muß meine Unterthanen demüthigen —

Lus. (schüttelt den Kopf) Unterthanen? – Unterthanen! – Demüthigen, sagst du? – (Er nimmt Ihn bey der Hand, und führt ihn zu einem Säulengesimse) Gieb izt wohl Acht! – Geh leise! – St! – St! – Hier sitzen über hundert Fliegen! Ich will sie alle erschlagen? – Ist das keine Heldenthat?

Der König. Hahaha! Lusian! Ritter Lusian! Hundert Fliegen – Eine Heldenthat! – Das ist eine Narrheit!

Lus. Und du foderst von mir, ich soll deine Unterthanen tödten, die weniger als Fliegen sind – Ein König mit furchtbaren Kriegsheeren umringt! – Monarch, ich bin kein Wolf, ich bin ein guter Schaafhund! – Weh dem, der deine Heerde angreift, und wenn es ein Löwe ist, ich will seinen Rachen zerreissen! – Aber Lämmer, deine eigenen Lämmer, deine geduldigen Schaafe –

Der König. Du bist immer Lusian! – Wohlan, ficht wider meine auswärtigen Feinde! – Ich ernenne dich zum Statthalter aller Provinzen, die ich einst erobere. –

Lus. Du lächelst? – Ich nehme das Geschenk mit Dank an. Wie viele Könige führen den Titel von Ländern, wovon keine Spanne ihnen gehört! Komm König, wir haben schöne Aussichten!

Scene bey Hof

Eduard, Marsis

Edu. Marsis, du lebtest am Hofe meines Vaters, schildre mir die wichtigsten Personen deiner Zeit! – Sprich mit deiner gewöhnlichen Freymüthigkeit.

Mars. Ich will Eurer Majestät die Charaktere derjenigen entwerfen, welche die Hauptrolle spielten, denn die Uebrigen waren gleichsam nur Handlanger und stumme Aufwärter, die sehr wenig auf dem Schauplatz erschienen, weil stets einer den andern verdrängte.

Charaktere

König Jakob war in seiner Jugend schön, und liebenswürdig in seinem Alter. Güte und Leutseligkeit grüßten sich auf seinem Antlitz. Er verabscheute die Ränke und Arglist, und war freygebig. Die Wahrheit stand stets auf seiner Lippe. Er liebte sein Volk, das ihn anbetete. Alle gerechten Fürsten waren seine Freunde und Bundesgenossen. Dies hielt einige ehrgeizige Nachbarn im Zaum, und er genoß durch seine Tugend mehr Ruhe, als wenn er immer mit Kriegsheeren gedrohet hätte. In seinem edlen Charakter bemerkte man keinen Flecken, als etwa eine übertriebene Freygebigkeit, und Nachsicht gegen fremde Fehler.

Emilie, seine Gattinn war die berühmteste Schönheit ihrer Zeit. So reizend ihr Körper war, so sehr verunstaltete sie ihre Seele durch Ausschweifungen, die kein Ziel kannten. Sie verbitterte die sanftesten Tage des Besten der Könige. Ihre zügellosen Begierden überschritten alle Schranken. Pracht, Verschwendung, Stolz umschwebten sie. Sie liebte Wechsel in ihren Lüsten, und ließ sich zu den schwärzesten Handlungen herab. Unter der unzählbaren Menge ihrer Buhler spielte die erste Rolle Feranson.

Feranson war der schlaueste Hofmann seiner Zeit. Er schickte sich in alle Sättel; er spähte alle Launen, und Schwachheiten der Menschen, und wuste sich darnach zu bilden. Jeder hielt ihn für seines Gleichen. Laster und Tugenden wurden von ihm meisterhaft geäfft. Er fühlte nie das, was man Gewissensbisse heißt, und war unempfindlich für den Ruf der Ehre. Kein Günstling hat so wie er den glücklichen und reifen Zeitpunkt einer Handlung gekannt. Niemand am Hofe durchdrang wie er mit einem Blick alle Menschen, indeß er selbst unergründlich war. Er handhabte die Höflinge nach seinem despotischen Willen wie Maschinen. Seine Günstlinge waren Verschwender, Schwelger, und Leute, die sich ganz seinem Interesse aufopferten.

Scene. Ein Speisesaal

Dornwald, Isidor, Hengist, Nordgau, Edmund, Rasian, und andere Höflinge, Beliam der Hofnarr

Hengist. (leise) Brüder, giebt uns heut der König vielleicht das Henkermahl?

Nordg. Vermuthlich! Ich erwarte meinen feyerlichen Abschied.

Isid. Wir werden die Ehre haben, unsere Würden niederzulegen. Der König wird ohne Zweifel grosse Wirthschaftsplane entwerfen —

Dornw. O das ist der erste und gewöhnliche Schritt aller Staaten-Verbesserer, die alten Diener zu verabschieden, und den Hof mit neuen Kreaturen von ihrer Schöpfung zu bevölkern.

Ras. Ich habe nichts zu verlieren. Ich war kein Freund des Feranson, und folglich eine Hofnulle –

Edm. Wir waren immer von den Speichelleckern der Königinn verdrängt.

Heng. Vielleicht gewinnen wir beym Wechsel. Ha, da kommt der Hofnarr!

Beliam. (singt)

 
Der König spielt Triktrak;
Der Hof ist ein Schnikschnak:
Wir Frösche schreyn Quikquak!
 

Heysa, meine Herren Kollegen, lasset uns freuen, trinken, und essen auf Rechnung des neuen Königs! – Den guten Jakob hat sein Weib und ihr Liebling gefressen. Wir als treue Vasallen wollen seinen Sohn verzehren. Eduard ist ein Frischling. Von meinem Hunger schliesse ich, daß er wenigstens in drey Tagen rein verschlungen ist. Meine Herren, Sie lächeln? Glauben Sie etwa, daß er uns frißt? – Warum soll er sich mit Pickelheringen kasteyen? – Du armer Beliam, welches Narrenspital wird dich in deinen grauen Tagen versorgen? – Ihr dauert mich alle; bald werdet ihr hinter dem Ohre kratzen, und rufen – Wie meynt ihr wohl? – Hört, ich will es euch im Räthsel erzählen. –

Logogryph

 
Mich kennt zwar jedes Kind;
Doch will ich izt die Greisen fragen,
Sie sollen meinen Namen sagen,
Weil sie so weise Männer sind.
Bald werden alle staunend schweigen.
Hört meinen Lebenslauf, der recht nach Wundern riecht!
Mich hat der Sohn, der Vater kennt mich nicht.
Jedoch bin ich der Gottheit eigen.
Der König stümmelt mich; sein Volk bleibt mir getreu.
Ich fliehe Zank und Meuterey.
Ich hasse Weisheit, Laster, Tugend,
Den frohen Witz, die Munterkeit, und Jugend.
Der Sommer ist mein theurer Gast.
Der Winter wird mir eine Last.
Vergebens suchet mich der Held, und der Gelehrte.
Den Künstlern war ich niemals hold.
Ich meide Hauben, Hüte, Bärte.
Von den Metallen schätz’ ich Gold.
Man misset mich in allen Elementen.
Mir ekelt vor Verdienst und vor Talenten.
Nie kannt’ ich Neid, Verläumdung, Fluch,
Mein Nam’ ist freylich schwer zu finden.
Doch wollet ihr das Räthsel leicht ergründen:
So leset euer Namenbuch!
 

Wisset ihr, was es ist? – Der kleine Buchstab O! – Wir werden bald alle rufen: O! O! O! Der König kömmt!

Scene

Der König, Lusian, Marsis, Gefolge, Vorige

(Die Gegenwärtigen stehen in ängstlicher Erwartung. Beliam versteckt sich komisch hinter ihnen. Alle neigen sich.)

Eduard. Meine Freunde, da führ ich Euch meinen werthen Lusian auf. Ihr kennet seine Verdienste. Ich liebe Harmonie in meinem Hause. Ihr stehet betroffen? Was beunruhiget Euch? Ich bin der Sohn eures Königs. Alle Verdienste, die Ihr bey meinem Vater gesammelt habt, leben heut wieder auf! – Alle Fehler, die etwa nach seinem Tode sich eingeschlichen haben, werden von diesem Augenblick an vergessen! – Erfüllet eure Pflichten als rechtschaffene Männer, und aus den künftigen Handlungen will ich jeden von Euch beurtheilen, und belohnen. Mich rufen izt dringende Geschäfte zu Alsin. Gehet zur Tafel, geniesset in Freude den Segen des Himmels! –

(Er grüsst alle, und tritt zum Gemach.)

(Die Höflinge staunen. Beliam schleicht demüthig hervor, und nähert sich furchtsam dem König.)

Beliam (mit Rührung) Ich war der Narr deines Vaters —

Eduard (beschaut ihn, lächelt, und schlägt ihn auf die Achsel) So bist du auch der Meinige! –

(Er geht ab.)

(Beliam macht einen Rundsprung, und küßt alle Höflinge.)

Beliam. O du Herzkönig! Du sollst leben, und alle Chartenkönige stechen! – O du Sohn meines lieben Jakobs, Segen auf Dich! Noch die Urenkel der unsterblichen Narren sollen Dich segnen, weil du mich ihren Großvater begnadigst. Heut will ich deine Gesundheit trinken, Du grosser Eduard! – Ich fodere jeden zum Kampf auf! – Ich setze meine Nase zum Pfande – Nicht jeder Edelmann ist so reich wie ich! –

Hengist. Ich nehme die Ausfoderung an. Ich bin heut in der Freude meines Herzens! – Her die vollen Becher, wenn ich überwunden werde, so soll mein Sohn mich rächen! – Es lebe der König!

Alle (trinken) Es lebe Eduard!

 

Beliam. Schenkt ein!

Hengist. Zum Henker, macht die grosse Freude mich verlegen? Der Bube haut mich zu Schanden –