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Der Eroberer

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Geisterscene

(Der Schauplatz ist ein Schlachtfeld. In der Ferne sieht man das verschanzte Lager der Feinde. In der Ebne liegen die Todten und Verwundeten. Waffen, Pferde, und Leichen sind aufeinander gethürmet. Von allen Seiten fliehen die Schaaren Eduards. Panisches Schrecken verscheucht sie. Eduard erscheint mit fliegenden Haaren und mit blutigem Schwert in der Hand. Donner rollen, Blitze leuchten; ein fürchterliches Ungewitter wütet. Aus den feindlichen Wällen tönen Stückschüsse. Es ist Mitternacht.)

Edu. Ihr feigen Memmen! Wo eilt ihr hin? Zurück! Wider die Feinde! Ich bin Eduard, euer König! – Fechtet! – Folget mir nach! Ihr verzagten, wo fliehet ihr hin?

Ein Hauptmann. Unsere Kräfte erliegen, die Feinde sind unüberwindlich –

Edu. Sklave stirb! (Er schleudert ihn zu Boden). Zur Schlacht, zum Gefechte! Hieher! – Alles flieht, alles verläßt mich! Tod und Verderben! Ich muß siegen! Ich muß die Feinde tödten! Ich will allein fechten!

(Ein königlicher Schatten mit einem Heere von Geistern in einer majestätischen Schlachtordnung erscheinet. Eduard erstarrt, und steht wie eine Bildsäule mit gesträubtem Haare, und mit dräuendem Schwert.)19

Edu. Welche Gespenster erblicken meine Augen? – Himmel und Hölle wafnet sich wider mich! – Ich bin besiegt, mein Glück sinkt, aus meinen Händen fallen die Zepter, und die Kronen entstürzen meinem Haupte! Entsetzen!

Der k. Schat.

 
Sieh an die Opfer deiner Wuth!
Wie lang wird noch dein Ehrgeiz wüten?
Wie lange trinkest Du noch Menschenblut?
Die Rache folget deinen Schritten!
Du bist zur Strafe schon gereift.
Die Hand des Winters, die den Baum entblättert,
Hat auch dein kahles Haupt gestreift.
Bald wird die hohe Stirn zerschmettert!
Die weise Vorsicht wiegt
Mit unbestochener furchtbarer Waage
Die Thaten aller deiner Tage!
Erwach! Dein Traum entfliegt!
 

(Die Geister verschwinden unter Blitz und Donner.)

Edu.

 
Das Schicksal hemmt den Lauf von meinen Siegen!
Ich sollte mich vor meinen Feinden schmiegen?
Nein! Eduard mißkennt den Sklaventon!
Ich stütze dieses Reich und meinen Thron!
Der Himmel mag mit seinen Donnern dräuen;
Die schwarze Hölle mag auf mich Gespenster speyen;
Ich höhne nur den Schattentroß!
Ich zittre nicht, mein Geist bleibt groß!
 

(Er eilt wütend fort.)

Neue Epopee
Ein heiliger Gesang

 
Die helikonischen Schwestern besangen die Thaten des Königs.
Er sah sich von kriechenden Völkern und Schmäuchlern vergöttert.
Könige bebten vor seinem länderzermalmenden Donner.
Eilends beschlich der Stolz den eitelkeitliebenden Busen.
So wie der heisseste Sommer auf paradiesischen Fluren
Blumenverzehrende Heere der wilden Insekten erzeuget;
So gebähren die glücklichsten Tage die häßlichsten Laster.
Eduard kannte sich nicht mehr, er wurde von Hochmuth begeistert.
Wie der donnerkochende Hekla die Gegend verwüstet,
Auf die benachbarten Hütten die brennende Lava verspritzet,
Und die armen Bewohner der Thäler despotisch verscheuchet;
So zerschlug der siegende König die bebenden Bürger.
Eiserne Ruthen bestraften sein Volk, und selbsten die Freunde,
Die ihr Blut und Leben ihm weihten, enteilten dem Hofe.
Ich bin der Herrscher, so rief er, ich gebe der Erde Gesetze;
Mein Wink ist heilig, und alles verehret mein göttliches Antlitz.
Himmlischbegeisterte Sänger verewigen meine Trophäen,
Denn mein Rachschwert hat täglich die tapfersten Feinde gezählet.
Durch mich fielen die mächtigsten Heere; mich betet die Welt an!
So rief der aufgedunsene Sieger am Morgen und Abend,
Und die Ohren der Gottheit wurden vom Frevel beleidigt.
Wer ist der Mann vom fürstlichen Saamen, der dort wie die Ceder
Bis zu den Wolken die trotzige Stirne mit Kühnheit erhebet?
Hat er denn nicht die Krone von Mir, und von Mir den Segen?
Hab Ich nicht Völker und Länder in seine Verwaltung gegeben;
Hab Ich ihm nicht die goldenen Zepter zu Füssen geworfen?
Wie hat dieser Kameleon sich so plözlich verändert!
Ich will dem würgenden Parder die zierlichen Flecken verwischen.
Ich will dein Horn, du Stolzer zerbrechen, und wieder erniedern!
Bald soll dein blühender Lorbeer verwelken, und Schande dich decken!
Deine Hände sollen erschlappen, dein Herz soll verzagen;
Nicht mehr werden die glänzenden Stralen der Sonne dir leuchten;
Ewige Dämmerung soll dein Gedächtniß verwirren, umnebeln!
Wohn in stinkenden Gräbern, benetze mit Thränen die Leichen
Jener unschuldig erwürgten Schlachtopfer der thörichten Ruhmsucht.
Ich will in dir den mächtigsten Fürsten ein Beyspiel bereiten!
Gabriel, fasse die blutige Sichel, dort reifet die Aernde!
So sprach zörnend der Alte der Tage; die rollenden Donner
Brüllten durch die hohen Gewölber des staunenden Himmels.
Feyerlich horchte die ganze Natur, und die zitternde Schöpfung
Auf die allesbeherrschenden Winke des Gottes der Götter.
Und der gehorchende Seraph entflog mit hastigen Schwingen.
Noch überdeckten den schlummernden Erdkreis die nächtlichen Schatten;
Eduard wälzte sich schlaflos auf goldenem Lager, und webte
Riesenentwürfe für kommende Tage der Welt zur Erstaunung.
Als der dräuende Herold des Himmels die sichern Gemächer
Majestätisch betrat, und donnernd den Schläfer begrüßte:
Ich will das Nest des himmelhochfliegenden Adlers zerstören!
So spricht der große Beherrscher der Schöpfung. Wer bist du Verwägner,
Der du so kühne Gewebe von künftigen Planen gebährest?
Wisse, du säest nur Wind, und ärndest nur reifes Verderben!
Augenblickbettler, was macht dich so stolz? Erzähl mir die Thaten!
Kennst du die größten und kleinsten Geschöpfe? Hast du sie erschaffen?
Gabst du der glänzenden Sonne Befehle, der Erde zu leuchten;
Bist du zu dem geheiligten Buche des Schicksals getreten;
Hast du der weisen Natur erstaunliche Wunder ergründet?
Wechselt durch deinen allmächtigen Wink der Winter und Sommer;
Kannst du der trockenen Erde den segnenden Morgenthau schenken?
Oder ist nur dein gröstes Geschäfte die Völker zu tilgen?
Geissel des Menschengeschlechtes erwache vom täuschenden Traume!
Ich will deinen verfinsterten Augen die Nebel entreissen;
Aber dann will ich dich wieder mit ewiger Blindheit bestrafen!
Nur die Erstlinge deiner Regierung sind Opfer der Tugend.
Du hast die Wege der Demuth verlassen; aus Undank vergessen,
Wer die Kronen Euch Sterblichen giebt, und wieder entreisset.
Du gabst die Ehre dir selbsten, die nur der Gottheit gehöret,
Welche dich aus dem mindesten Staube so gütig erhöht hat;
Eben die Gottheit schleudert dich wieder zum Staube zurücke!
Du sollst irren in Wäldern, und häßliche Höhlen bewohnen!
Wenige Stunden sind dir noch zur Reue, zu Thränen geschenket.
Trage die Strafe geduldig, und nütze die goldnen Minuten,
Vielleicht kannst du durch Zähren und Demuth die Allmacht entwafnen,
Doch izt trinke den Kelch der Rache bis auf die Hefen!
So sprach der Bothe des Himmels, und flog durch die schwarzen Gemächer,
Und er betäubte das Ohr des niedergedonnerten Fürsten.
Gnade! So rief er, indem er mit Zittern dem Lager entstürzte,
Und im Staube demüthig sich wälzte, Herr, schenk mir Erbarmung!
Sieh, ich bin schon zu Boden geschleudert, gerichtet, verworfen!
Selbst der Schatten der vorigen Grösse wird von mir verschwinden.
Meine Palläste sind öde, die goldnen Kronen zersplittern;
Meine stockenden Nerven erschlappen, der Busen verwelket;
Hangende Wolken lassen sich nieder auf meinem Gehirne!
Wer bin ich izt, wo wandelt mein Fuß, wo find ich die Ruhe?
Hülfe! Höret mich niemand? Bin ich von Himmel und Erde
Grausam verlassen? So rief er betäubt, und stürzte zur Pforte,
Irrte durch Wälder, und Gräber, und ward den Verbrechern zum Schrecken.
Nur in seltnen Minuten gab ihm das Schicksal die Ruhe;
Seine Vernunft erwachte zu Zeiten, das Elend zu fühlen,
Und nieversiegende Thränen benezten die sterbenden Augen.
 

Fortsetzung der geheimen Nachrichten

Der alte Patriot Alsin starb. Salinia erschien izt wieder am Hofe, denn der kluge Vater hielt sie entfernet. Die alte Liebesflamme ward im Herzen Eduards rege. Alidia erkannte bald diese furchtbare Nebenbuhlerin. Sie beschloß dieselbe zu verderben. Da sie ihr aber mit offenbarer Gewalt nicht beykommen konnte, schlich sie sich in das Vertrauen dieser Schönen. Sie besuchte ihre freundschaftlichen Kreise, wobey der König selbst erschien. Sie bemerkte scharfsichtig, daß Salinia in den schwülen Sommertagen sich mit süssen Getränken erfrischte, sie spähte glücklich den günstigen Augenblick Gift in eine Milch zu mischen. Durch ein trauriges Ungefähr trank auch der König davon, und fühlte der Erste die Wirkung dieses künstlichen Giftes. Die Aerzte wurden zwar eilends gerufen; aber sie kamen zu spät; eine tödtliche Schwäche befiel den König, und die Krankheit artete in eine Verrückung und endlich in eine Hirnwuth aus. Salinia fühlte bald die nämlichen Anfälle, nur mit minderer Gewalt. Man forschte vergebens nach dem Thäter. Alidia verbarg zwar ihre Schande; aber sie genoß nur halb den Sieg ihrer Rache, weil der Tod Eduards alle ihre ehrgeizigen Absichten vereitelte.

 

Hexenscene

(Eine weite Ebne. In der Mitte steht auf einem Hügel ein Hochgericht mit einem Galgen, worauf ein Gehenkter den Raben zum Mahle dient, daneben ist eine zerstückte Leiche nach dem Henkerkostum auf ein Rad geflochten. Auf der Erde sind einige Gräber geöfnet, und Schedel und Knochen liegen herum. Eulen und Dolen krächzen. Es ist Mitternacht. Der Mond wirft blasse Stralen.)

Medea, Megära, hernach Satan, Alcina, Armida, viele Hexen, Teufel, und Geister

(Medea erscheint auf einem Drachenwagen. Megära fährt auf feurigen Basilisken. Die andern Hexen erscheinen standesmäßig auf Besemen und Ofengabeln. Ganze Schaaren Fledermäuse begleiten sie.)20

Medea zur Megära.

 
Frau Schwester, wie entehrt ist unsre Zauberkunst!
Sieh, wie profan sind diese Weiber!
 

Megära.

 
O ihre Kenntniß ist auch lauter Dunst!
Ein blöder Geist belebt die wilden Leiber.
Welch ein Geschmack beherrscht die alten Feenkreise!
Betrachte nur die pöbelhafte Weise,
Wie man Versammlung hält.
 

Med.

 
Was seh ich! Pluto wird zum Luzifer entstellt!
Ich weiß mich nicht in den Schnikschnak zu finden;
Ich werde bald von hier verschwinden;
Frau Schwester ganz gewiß, ich bin aus meiner Welt!
 

Meg.

 
Ich will nur sehn, was denn die Hexen machen;
Wir wollen heut gelegenheitlich lachen.
Wie ist das ganze Volk so läppisch dumm!
Sie wissen nicht einmal die wahre Sprache.
Ein Besem ist für sie ein Drache.
Hahaha! Ich lache mich heut sicher krumm!
 

Med.

 
Und doch sind die Geschäfte wichtig.
 

Meg.

 
Die Menschen denken izt zu flüchtig,
Für sie ist unsre Kunst zu mystisch zu abstrakt:
Die Hexen stehen izt mit Teufeln in Kontrakt.
Wir bleiben Geisterköniginnen,
Und lassen uns nicht mehr vom Vorurtheil umspinnen.
Jedoch Alidien steh ich aus Freundschaft bey,
Und mache sie noch heut vom Liebeskummer frey.
Die Hexen sollen mir die Eselohren spitzen,
 

Med.

 
Ich bleibe stäts in meinen Wagen sitzen,
Indeß man sich vielleicht beym Hexensopha schlägt,
Bis Meister Satan selbst sich in das Mittel legt.
Jedoch ich sehe schon die Rathsversammlung glänzen;
Die Rednerinn beginnt mit gothischen Sentenzen.
 

Meg.

 
Wie hoch sie ihre Nase trägt!
 

(Alcina neiget sich gegen Satan.)

Alc.

 
Das Circular belehrt bereits Euch weise Damen,
Was unser Zweck in der Versammlung ist.
Ihr kennet auch den edlen Namen,
Der Suplikantinn, die uns bittlich grüßt.
Selbst Vater Satan will uns heut beehren,
Das ganze Gremium als Meister zu belehren.
 

Sat.

 
Mesdames, stäts theuer ist mir eure Gegenwart,
Das schwör ich euch, wie Mahomet beym Bart!
Verzeihet, wenn ich oft die Worte stockend breche,
Ihr wisset, daß ich stäts französisch spreche.
Empfanget dieß Recept zur magischen Arzney.
Die Geister bringen Euch die Species herbey.
Ich weiß kein Mittel sonst, der Teufel soll mich holen!21
Macht eure Sache gut, und hiemit Gott befohlen.
 

(Armida steht auf.)

Armid.

 
Daß ich gewiß die beste Köchin bin,
Das werdet Ihr doch nicht in Zweifel ziehn?
Ich lernte meine Kunst von Wällschen und Franzosen!
 

Alcin.

 
Wir werden um die Würde loosen!
Seht, mich hat selbst das Glück gewählt,
Ich fühle mich bereits durch ein Instinkt beseelt!
 

(Die Geister setzen einen grossen Kessel auf das Feuer; die Hexen tanzen herum mit fliegenden Haaren. Die Teufel werfen die gefoderten Ingredienzen in den Kessel, und eine abscheuliche Musik beginnt.)

Alcina.

 
Ihr tanzenden Hexen,
Werft Schlangen, Eidexen
In dieses Gefäß!
Bringt schwarze Dämonen,
Noch sechs Scorpionen
Zum Hexenprozeß!
 
Chor von allen
 
Von neuen Brochüren
Das Schandprotokoll;
Sechstausend Vampiren,
Der Kessel ist voll!
 

Medea.

 
Verjagt den Hexentroß aus diesem Schreckenorte!
Komödiantisch wird die Wissenschaft verhunzt!
Hör Schwester, wie die Präsidentin grunzt!
Sind dieses mystische und zauberische Worte?
Hört Stümperinnen mich!
So öfnet man die Höllenpforte.
Wollt Ihr doch Hexen seyn; so sprecht wie ich!
 

(Eine pathetische Musik beginnt mit seltnen erschütternden Tönen. Eine feyerliche Stille herrscht.)

Med.

 
Hör mich geweihter Styx, ström feurig Acheron!
Halt deine Fluten ein, erzörnter Phlegeton;
Laß deine Schatten izt zu meinen Beystand fliegen!
O Pluto höre mich! Erscheint ihr Furien!
Proserpina belohn mit Lächeln dieses Flehn!
Laß stäts Alidien mit ihrem Reize siegen,
Und Eduard soll sich in ihre Fässel schmiegen!
Der Donner rollt; Zevs ist versöhnt,
Und meine Bitten sind gekrönt!
 

(Sie entflieht mit ihrer Freundinn siegreich, und die Hexenversammlung geht beschämt auseinander.)

Scene

Abt Mauritz, Lusian

Lus. Wie gesagt, Herr Abt, die arme Salinia ist sehr krank. Vielleicht leidet sie mehr im Geist als im Körper. Besuchen Sie das gute Fräulein, Männer wie Sie haben immer Trostgründe vorräthig.

Maur. Ich muß izt geschwind zum Könige, er will beichten; ich bin gleich wieder hier –

Lus. O Herr Abt, die Beicht eines Eroberers wird lang dauern –

Maur. Nichts weniger! Zu Zeiten giebt man in zwey Minuten den Segen über ganze Kriegsheere. Gewisse Handlungen sind zu sehr verwickelt, man muß sie nicht auflösen, sondern wie Alexander, der ein geschickter Feldpater war, den Knoten in Stücken hauen. Ich eile –

Lus. Es lebe die geistliche Kürze!

Generalbericht

Der König, Abt Mauritz sein Gewissensrath

(Der König liegt im Bette. Der Beichtvater sizt an der Seite, und fühlt an den Puls.)

Edu. Mein lieber Abt, ich habe einige ausserordentliche Gewissenszweifel, die ich sonst nie fühlte –

Abt. Eure Majestät handeln sehr großmüthig mit ihrem Gotte; andere große Könige wissen nicht einmal, daß ein Gott ist. Die Gewissenszweifel sind eine Gattung schwerer Träume. So ein Alp entsteht vom dicken Geblüte. Wie befinden sich Eure Majestät?

Edu. Schlecht! Ich werde sterben –

Abt. Könige sind unsterblich! – Ich spreche Eure Majestät los von allen Sünden, die Sie begangen haben, und künftig begehen werden, denn alles, was wir auf Erden lösen, das ist auch im Himmel gelöset! – Ueberdieß haben die Könige und besonders die Helden und Eroberer gewisse Freyheiten, wie die Dichter. Was für den gemeinen Pöbel Todsünde wäre, ist für Durchlauchtige Sünder höchstens eine Läßliche! Auf ein Paar Stunden in das Fegfeuer, so ist der Spaß gar! Das verstehn wir aus der Kunst. Ein armer Teufel muß indeß in der Hölle zappeln, da wird Heulen seyn und Zähnklappen!

Edu. Auf meine Zweifel zu kommen –

Abt. Dafür weiß ich geistlichen Seelenrath –

Edu. Ich liebte das schöne Geschlecht –

Abt. Kleinigkeiten. Der weise Salomon hatte viele hundert Kebsweiber. Es giebt Schwachheiten, die den Menschen und nicht den König betreffen. Man kann ein schwacher Mensch, und grosser Monarch seyn. Der Gesalbte des Herrn, David war nicht unempfindlich für das schöne Geschlecht, wie uns die Schrift sagt. Klopfen Eurer Majestät mit einer politischen Reue an das Herz mit den Worten: mea Culpa, mea maxima Culpa! Ich werde einige Messen lesen, multum enim valet deprecatio justi assidua! Sagt der heilige Jakob – Enthalten sich auch Eure Majestät der Gewohnheitssünden, bis Sie wieder genesen –

Edu. Was denken Sie von meinen Eroberungen?

Abt. Eure Majestät sind Adams Erbe. Er war König der Welt. Gott selbst sezte den Menschen zum Herrscher über alle Thiere! Ich habe bedächtig alle Kriegserklärungen durchblättert, sie reden alle von lauter gerechten Waffen.

Edu. Lieber Abt, glauben Sie also, daß ich für so viel Arbeit den Himmel erbe?

Abt. Wenn ich Eurer Majestät so viele Welten versprechen könnte, als ich Ihnen Freuden des Himmels zusagen kann, wie viel Welten würden Sie erobern!

Edu. Ich danke für ihren guten Willen und frommen Wunsch. In meiner Lage wird mir eine Welt zu schwer.

Abt. Das ist die schönste Verfassung eines Christen. Ihre Seele ist mit dem Schöpfer ausgesöhnt. Beten Eure Majestät zwey Vater unser – et ego te absolvo a peccatis tuis u. s. w.

Scene bey Hofe

Der König, Beliam, hernach Isidor

Bel. Ich suchte dich überall! Neuigkeiten über Neuigkeiten!

Edu. Was bringst du mir Narr?

Bel. Man sagt, du seyst, was ich bin –

Edu. So sey du das, was ich war!

Bel. Der Tausch gefällt mir.

Edu. Hast du Herz?

Bel. Herz? Willst du ein Metzger werden? Ich habe Herz, so viel ein Narr bedarf; aber es ist nicht käuflich!

Edu. Du bist mein Mann! – Ich suchte lang ein grosses Genie. Ich will deine treuen Dienste belohnen. Ich ernenne dich in dieser schriftlichen Vollmacht zum Statthalter über Jerusalem, das du erobern sollst!

Bel. Ich? Hahaha! Du verschenkst, was du nicht hast. Meister, du sollst Pabst werden, und den fünften Welttheil verschenken. Ich ein Statthalter! – Ich, in meiner närrischen Person! – Vater Eduard, wach auf! Du schläfst!

Edu. (geheimnißvoll) Hör: Es ist ein heiliges Gelübde meiner Kindheit –

Bel. Kindheit? Ja wohl – Die Menschen werden wieder Kinder –

Edu. Wir müssen die heiligen Länder dem Erbfeinde der Christenheit entreissen! Eil, flieg, sammle ein Heer, reiß diese heilige Stätte aus den Händen der Unglaubigen! Ich bin dein wohlgesinnter König!

(Er geht majestätisch ab.)

(Beliam sieht ihm eine Weile nach, betrachtet bald den König bald das Papier, und staunt über den Auftrag.)

 

Bel. (Er singt) Einst war der Löwe toll und voll! – Hahaha! Leben Sie wohl Herr Kollega! – Ich ein Statthalter! – Und warum nicht! – Pansa der Grosse höchstseligen Angedenkens spielte auf dem Schauplatz der närrischen Welt meine Rolle, und war ein preißwürdiger Statthalter, der so gut essen, trinken, schlafen, und mehr solche Staatsgeschäfte verrichten konnte, als jede Durchlaucht und Excellenz. Das Glück küßt dich; wenn Könige rasen, machen Narren ihr Glück! – Kein Teufel soll mir meine Würde entreissen! – Aber wo nehme ich Kriegsleute her? – O das will ich klüger machen, als alle gescheiden Leute! Ich leere alle Krankenhäuser, und Spitäler, Krüppeln und Ungeheuer, Zwergen und Mißgeburten und allen müßigen Troß menschlicher Hefen will ich in die Schlacht führen, diese kann der Feind tödten. Die schönen Leute will ich aufsparen, die leeren Städte zu bevölkern. Hahaha! Welch ein grosser Politiker bin ich geworden! Da mögen die Staatsleute in die Schule gehn; sie schicken die Riesen der Nation auf die Schlachtbank, und verwandeln die Städte in Pygmäennester!

Isid. So in Gedanken Narr? Beliam, was macht dein Esel?

Bel. Er ist vorgerükt, der König macht ihn zum Hofjunker, er wird dein Kamerad!

Isid. Mit dir ist nicht gut scherzen –

Bel. Das kömmt daher, weil ich ein grosser Herr bin, und mit grossen Herren ist nicht gut Kirschen essen, sie werfen den Gästen die Stengel in das Gesicht! – Ich bin izt Statthalter von Jerusalem!

Isid. Hahaha!

Bel. Nur kein voreiliges Gelächter! Hier ist die königliche Vollmacht!

Isid. Hahaha! Der König ist verrükt –

Bel. Das ist seine Sache! Ich rede nur von mir. Genug ich bin Statthalter, und eile meine Staaten in Besitz zu nehmen. Es wird viel Blut und Tinte kosten! Leb wohl! Ich bleibe dir mit meinen Gnaden gewogen, wir Beliam der erste Statthalter von Jerusalem, Mehrer des Reichs und so weiter!

(Er geht stolz ab.)

Isid. Hahaha! Warte Bengel, ich will dir Türken über den Hals schicken! – Vielleicht kann so eine Mummerey den kranken König ermuntern.

(Er eilt fort.)

Scene im Tollhause

(Beliam, Rotando ein Maler, Martius ein Mönch, Spilon ein Poet, viel andere Narren mit allerhand Spielwerk. Es ist die Erholungsstunde.)

Beliam. (rechnet in seiner Schreibtafel) Zweyhundert Buklichte! – Sind oft verschmitzte Köpfe! – Zweyhundert Lahme! – O das sind standhafte Leute! – Vierhundert allerley Troß, Seiltänzer, Gaukler, ein Ausschuß von Halunken! Bravo! Meine Werbung geht hastig! Alles gelingt! Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch Verstand! – Euer Diener meine Herren Kollegen!

(Die Narren umringen ihn.)

Beli. Ich habe vom König als sein Statthalter den Auftrag, Jerusalem zu erobern. Der Ruhm meiner Heldentaten ist Euch gewiß zu Ohren gekommen. Wer hat von Euch Herz genug, meiner Fahne zu Folgen? Ich habe Königreiche zu verschenken!

(Martius eilt hastig hervor, umarmet ihn, kniet nieder mit Grimassen, pocht an sein Herz, hebt die Hände betend zum Himmel, und nach einem leisen Schußgebethe springt er auf, und drückt den Beliam an seinen Busen.)

Mart. Dank sey dem gütigen Himmel! Der seinem unwürdigen Knecht Martius diese heilige Stunde schenkte. Endlich ist er gekommen dieser edle Befreyer. Ich hatte durch hundert funfzig Nächte Erscheinungen und Gesichter; alle verkündigten mir die nahe Befreyung der geheiligten Mauern. Sey mir gesegnet du Zögling des Himmels! Ich habe bereits der Welt deine Ankunft geweissaget; aber die undankbaren Menschen, über welche der Zorn Gottes eine ewige Blindheit gesandt hat, haben meine Wahrheiten und brüderlichen Warnungen zu Lügen gemacht, und mich in das Tollhaus gesperrt.

Beli. Das ist eben der Sammelplatz grosser Genien! Du hast also bereits von meinen Siegen geträumt! Desto besser! Wer bist du?

Mart. Ich bin ein Kirchenlehrer!

Beli. Heiliger Vater, du sollst mein Generalfeldpater werden! Wenn wir keinen Bissen Brod zu kauen haben; so schreibst du dem Heere Fasten vor.

Rot. Auch ich trete in deine Kriegsdienste!

Beli. Wer bist du?

Rot. Ich bin der weltberühmte Maler Rotando! Ich male die Gedanken der Menschen. Ich werde deine Schlachten und Stürme für die Nachwelt verzeichnen.

Beli. Du bist mir willkommen! Ich will meinen Heldensaal mit Schlachtgemälden ausschmücken!

Spil. Auch ich schwöre zu deinem heiligen Panier! Ich bin der unsterbliche Spilon, dessen dichterisches Genie alle Welten bewundern; selbst im Archiv des Himmels werden meine posthumen Werke als ein Schatz aufbewahrt. Ich werde wie die alten Barden allen Schlachten beywohnen, und die blutige Mordgeschichte in Bardenliedern verewigen. Das soll ein unsterbliches Bardiet werden!

Beli. Nun sind alle Narren beysammen! Cuncta licent stultis pictoribus atque poetis! Die Unternehmung verspricht viel. Kommt meine Freunde, wir wollen noch mehr Proseliten suchen.

19Da unsere kaltblütigen Deutschen nicht wie splenetische Engländer von einem Geist gerührt werden; so bevölkert mein Autor die Scene mit einer Legion Geister. Der Auftritt muß auf der Bühne fürchterlich lassen, und für Liebhaber der kriegerischen Taktik sehr interessant seyn. Die Scene ist historischwarscheinlich, weil unsere Nationalgeschichte ein feines Pröbchen von einem Geisterheere giebt.
20Der Autor bemerkt sehr scharfsinnig den Hexenkostum, und theilt sie in alte und neue Hexen. Die Alten haben mehr Anstand und Würde, wie die alten Furien und Schatten unsere neuen Teufel und Geister beschämen. Die Damen sprechen übrigens wie die Freymäurer; die alte Loge schimpft über die Neue, und jede behauptet das wahre Geheimniß zu besitzen. So viel ich als ein profaner Kommentar.
21In einer Shakespearischen Zerstreuung hat der Dichter hin und wieder sich vergessen. Bonus dormitat Homerus! würde ein Warburton sagen; ich aber glaube, der Dichter wollte schlafen; also gute Nacht!