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7 | Das Gildentreffen

Am anderen Morgen ging Henrik als Erstes zum Arzt. Er brauchte unbedingt eine neue Krankmeldung für seinen Chef, sonst würde der ihn feuern. Er hatte einen Termin für acht Uhr. Gegen halb neun schlug er in der Praxis auf. Die Arzthelferin am Empfang schaute ihn missbilligend an. »Sie kommen zu spät, Herr Wanker.«

Die gouvernantenhafte Endvierzigerin in der weißen Rüschenbluse und dem karierten Schottenrock tippte mit dem Bleistift auf den Terminkalender und schüttelte empört den Kopf. Das hochgesteckte graue Haar und das braune Kassengestell der Brille, die durch ein dünnes Lederbändchen um den faltigen Hals der Frau vor ständigem Verlegen bewahrt wurde, wirkten so einladend wie ein Schild mit der Aufschrift: Hunde müssen draußen bleiben.

»Aber, Miss Moneypenny, haben Sie doch Mitleid mit einem armen, verzweifelten Patienten. Obwohl ich selber erst kürzlich nur knapp dem Tode entronnen bin, musste ich heute früh um sieben erst meine krebskranke Mutti waschen, bevor ich zu Ihnen kommen konnte. Der Pflegedienst der Caritas hat uns versetzt.« Treuherzig schniefend und mit herunterhängenden Mundwinkeln stand Henrik vor ihr.

»Herr Wanker, ich bin empört!«, fuhr die Arzthelferin auf. »Ihre Mutter ist mir bestens bekannt. Erst gestern hat sie sich ein Rezept für ein Medikament gegen Migräne abgeholt. Also tischen Sie mir nicht ihre erbärmlichen Lügengeschichten auf!« Sie knallte den Bleistift so hart auf den hellen Eichentresen, dass Henrik vor Schreck zusammenzuckte.

»Eih, nun mach mal halblang, du Schreckschraube!«, legte Henrik in üblem Jargon los, drohte mit dem Zeigefinger, hielt aber gehörigen Sicherheitsabstand. »Du wirst vom Geld meiner Krankenkasse bezahlt, merk dir das. Und nun schleich dich zu deinem Doktor House und sag ihm, dass ich ‘ne neue Krankmeldung brauche! Und wenn das nicht klappt, zeige ich euch beide wegen unterlassener Hilfeleistung an, damit ihr’s wisst!«

Mit versteinerter Miene stand die Frau auf; ohne Henrik eines Blickes zu würdigen, verschwand sie im Behandlungszimmer des Arztes. Nach wenigen Minuten kam sie zurück und überreichte ihm die Krankmeldung, dazu einen DIN-A4-Umschlag. »Hier ist Ihre Bescheinigung, Herr Wanker, und dies sind ihre Patientenunterlagen. Der Doktor lässt Ihnen ausrichten, dass Sie sich einen anderen Hausarzt suchen sollen.« Ihr Blick hatte viel Ähnlichkeit mit dem eines Sumpfkrokodils.

Henrik nahm die Unterlagen unbeeindruckt entgegen. »Warum nicht gleich so, Schwester?«, grunzte er. Ein rascher Blick auf das Formular zeigte ihm, dass er noch drei weitere Tage krankgeschrieben war. Zufrieden grinsend verließ er die Praxis.

Das, was nun anstand, war bei Weitem unangenehmer. Er musste seinem Chef die Krankmeldung vorlegen – drei Tage zu spät. War das unter Umständen ein Kündigungsgrund? Er wusste es nicht.

Mit dem Bus fuhr er bis zur Wilhelmstraße. Von da aus lief er noch zehn Minuten zu Fuß bis zu seinem Discounter.

Der Laden war seit einer halben Stunde geöffnet. Henrik hatte gehofft, unbemerkt durch den Verkaufsraum zum Büro des Filialleiters schleichen zu können. Doch als er durch die Eingangstür trat, wurde er von Gerda Finke gesichtet, die an der Kasse saß.

Die zweiunddreißigjährige, alleinerziehende Mutter mit den blond gefärbten Haaren – im Scheitelbereich sah man den schwarzen Haaransatz – warf ihm einen giftigen Blick zu. Ihre unreine Gesichtshaut bedeckte eine dicke Schicht Make-up. »Ach nee! Der gnädige Herr Wanker!«, rief sie. »Kommst du auch noch mal zur Arbeit? Oder willst du dir nur ‘ne Tüte Chips besorgen, damit dein fetter, fauler Hintern vorm Fernseher noch mehr in die Breite geht?«

Henrik wurde knallrot – nicht vor Scham, sondern vor Wut. Er hasste diese dämliche, vorlaute Zicke, die ihn von Anfang an gepiesackt hatte und ihn bei jedem kleinen Fehler beim Chef denunzierte. Er konnte es sich nicht verkneifen, ihr zuzurufen: »Hallo, Schatz. Du weißt doch, dass ich nicht in Billigläden kaufe. Ist nicht gut für den Teint, wie man an dir sieht. Oder ist es gestern Abend wieder spät geworden bei der Fellatio unter Krauses Schreibtisch?« Während er eilig zwischen den Regalen verschwand, hörte er Gerda Finkes wütenden Aufschrei.

Henrik grinste hämisch und beglückwünschte sich selbst zu der schönen Retourkutsche. Er klopfte an die Bürotür des Filialleiters und trat er ein.

Herr Krause war ein vierundfünfzigjähriger, grobschlächtiger Junggeselle mit Glatze und rotem Vollbart, in dem stellenweise bereits graue Haare wuchsen. Wie immer trug er unter dem weißen Kittel einen dunkelblauen Anzug samt schwarzer Krawatte und thronte hinter seinem Schreibtisch, vertieft in die Lektüre der letzten Quartalsbilanz. Mit dem Bleistift, der in seinen dicken, kurzen Wurstfingern zerbrechlich wirkte, unterstrich er soeben einen Posten. Unwillig blickte er auf. Als er den Eintretenden erkannte, runzelte er mit finsterem Gesichtsausdruck die Stirn und forderte ihn mit einer Geste seiner Hand wortlos auf, Platz zu nehmen.

Henrik setzte sich und schob langsam die Krankmeldung über den Tisch.

Krause studierte sie lange und sorgfältig. Dann legte er den gelben Schein beiseite und musterte sein Gegenüber weiterhin schweigend.

Henrik war unbehaglich zumute. Nervös griff er nach einem Kugelschreiber, der in seiner Reichweite lag, schraubte ihn ständig auf und zu, bis dieser plötzlich auseinanderfiel und die Einzelteile zu Boden rollten. Er machte Anstalten, sie aufzuheben, aber da begann Krause endlich zu reden.

»Lassen Sie das, Wanker!«, knurrte er.

Henrik richtete sich auf und saß nun starr wie eine Salzsäule. Mit Unbehagen bemerkte er, dass sich auf seiner Stirn und Oberlippe Schweiß bildete.

Herr Krause erhob sich, trat näher an Henriks Stuhl heran und fixierte seinen Angestellten aus dieser Position mit undurchdringlichem Gesicht. »Dass Sie es wagen, noch einmal ins Geschäft zu kommen, zeugt entweder von großem Mut oder von unübertrefflicher Dreistigkeit!«, legte er dann los, wobei ein Tropfen seines Speichels auf Henriks rechtem Brillenglas landete. »Wie ich Sie kenne, gehe ich eher von der zweiten Möglichkeit aus.«

Henrik setzte zu einer Erwiderung an, doch Krause winkte unwirsch ab. »Schweigen Sie und hören Sie genau zu: Nachdem Sie tagelang unentschuldigt nicht erschienen waren, stand für mich der Entschluss fest, Ihnen fristlos zu kündigen.« Krause hielt Henrik seine zur Faust geballte behaarte Pranke unter die Nase.

Dieser hoffte inständig, dass der Chef nicht wieder zu spucken anfing, denn er befürchtete, davon Herpes zu bekommen. Zu seiner Erleichterung nahm Krause wieder am Schreibtisch Platz, stützte die verschränkten Arme auf den Tisch und sprach nun ruhiger weiter.

»Gestern rief mich Ihre verehrte Frau Mutter an, mit der ich – wie Sie wissen – aufs Herzlichste verbunden bin.« Er kraulte sich mit den Fingern den Bart. »Sie erzählte mir, dass Sie überfallen und zusammengeschlagen wurden, mit einer Gehirnerschütterung und Gedächtnisverlust im Krankenhaus gelegen haben und sich deshalb nicht melden konnten.«

Henrik war ausnahmsweise von seiner Mutter beeindruckt. Die Idee mit dem Gedächtnisverlust hätte glatt von ihm kommen können.

»Also ist die Sache nun für mich erledigt und ich gehe davon aus, dass Sie in drei Tagen wieder pünktlich um acht Uhr im Geschäft erscheinen. Ist das klar, Herr Wanker?«, schloss Krause.

Henrik nickte eifrig.

»Gut. Im Lager warten bereits mehrere Paletten mit Ware auf Sie, die ausgezeichnet und in die Regale geräumt werden müssen.« Krause wies mit der linken Hand zur Tür.

Das war’s! Henrik atmete tief durch und wollte gerade die Tür öffnen, als der Chef ihm zurief: »Übrigens, Wanker …«

Mit Unbehagen drehte Henrik sich um.

Krause grinste schmierig. »Bestellen Sie Ihrer lieben Mutter meine besten Grüße und fragen Sie sie …«, er leckte sich kurz über die Unterlippe, »fragen Sie, ob sie nicht wieder mal meine Latte probieren möchte.«

Henrik wurde schwindlig, er glaubte, gleich umkippen zu müssen. Was redete der Chef da?

Krause lachte dröhnend. »Ja, ja, Wanker! Das hätten Sie nicht gedacht, was? Aber meinen Latte Macchiato macht mir so leicht kein anderer in der Stadt nach!«

Henrik hatte die Nase voll von diesem Blödmann. Er beeilte sich, aus dem Büro zu verschwinden. Hinter sich hörte er Krause dröhnend lachen; er schien sich köstlich zu amüsieren.

Im Laden rempelte Henrik eine Kundin an, die gerade an der Obsttheke Äpfel abwog. Sie ließ den Beutel los und die Äpfel kullerten über den Boden.

»Was fällt Ihnen ein, Sie Flegel?«, schimpfte die Frau hinter ihm her. Doch Henrik beachtete sie nicht und rannte weiter. Zufällig bemerkte er, dass Gerda ihn beobachtete, deshalb griff er sich im Vorbeilaufen drei Tüten Chips, wedelte mit ihnen demonstrativ in der Luft herum und klemmte sie sich dann unter den Arm.

»Das sage ich Krause, damit du’s weißt, Wanker!«, keifte die Kassiererin.

»Na prima, dann kannst du ja gleich auch seine Latte probieren«, rief Henrik und stürmte aus dem Geschäft.

Den Rest des Tages verbrachte er abwechselnd im Bett und auf dem Sofa vor dem Fernseher, wo er den Inhalt von zwei der drei Tüten vertilgte.

Gegen sechs Uhr loggte er sich ins Spiel ein. Er war mit seiner Gilde in Korandor verabredet, einem kleinen Dorf an der Küste, etwa drei Meilen entfernt von Blackmount Castle, dem Ort des großen Gildentreffens.

Als Hard2drive die Schenke betrat, warteten seine Gefährten bereits auf ihn. Wiseman, der Priester, sah ihn als Erster und hob zur Begrüßung die Hand. Nacheinander grüßten auch die anderen Gildenmitglieder.

Donnergott: Hei, Pala, da bist du ja endlich! Wir warten schon über 'ne halbe Stunde auf dich. Komm, setz dich zu uns, MisterMister Big, und trink einen Becher gegorenes Trollblut mit uns.«

 

Gut gelaunt wie immer winkte der muskelbepackte Barbar den Wirt heran, der kurz darauf mit einem schäumenden, purpurroten Getränk erschien und es vor Hard2drive auf den Tisch stellte. Doch der beachtete es nicht und wandte sich gleich an seine Gefährten.

Hard2drive: Also, zur Sache! Bevor wir nach Blackmount Castle aufbrechen, möchte ich euch auf einige wichtige Dinge hinweisen, damit auch nichts schief geht.

Er legte sein Schwert, das er für gewöhnlich auf den Rücken gebunden trug, auf den großen, hölzernen Tisch.

Shiva-Warrior, der Schurke und der Untote Livingdead rutschten etwas näher heran. Deadlysorc klebte mit ihren grünen Augen förmlich an den Lippen des Paladins und erwartete gespannt dessen Ausführungen.

Wiseman und Donnergott musterten misstrauisch die Gäste am anderen Ende des Schankraumes.

Es handelte sich um acht Kämpfer der Barbarenklasse, alle in den Achtziger-Leveln, riesige, fast zwei Meter große, stämmige Kerle mit dunkelblonden, gelockten fettigen Haaren. Sie trugen schwarze Ledermonturen und rote Umhänge, bestickt mit einer weißen Möwe. Bewaffnet waren sie mit Äxten und Keulen. Es handelte sich ganz offensichtlich um Gildenkrieger aus den Nordlanden, die sich ebenfalls auf den Weg nach Blackmount Castle gemacht hatten. Sie waren ins Gespräch vertieft und schienen kein Interesse an dem zu zeigen, was die übrigen Gäste taten. Dennoch senkte Hard2drive seine Stimme zu einem Flüstern, als er nun sprach.

Hard2drive: Dies ist das zweite Jahr, in dem wir am Gildentreffen teilnehmen. Ihr kennt also schon die wichtigsten Spielregeln. Sinn und Zweck des Treffens ist zum einen der friedliche Handel mit und der Austausch von magischen Ausrüstungen, Waffen, Zaubertränken und so weiter. Zum anderen können sich mehrere Gilden zusammenschließen und Schlachtzuginstanzen planen, um besonders schwierige Quests zu lösen. Diesmal geht es für uns allerdings um mehr. Wir müssen mit Lord Dragon sprechen und erfahren, was es mit dem schwarzen Schattenmagier auf sich hat – und mit diesem Armreif.«

Hard2drive hob seinen rechten Arm, an dessen Handgelenk das schwarze, mit Edelsteinen besetzte Schmuckstück zum Vorschein kam.

Die Gefährten starrten wie gebannt auf Hard2drives Arm. Auch die Gespräche am Tisch der Barbarengilde verstummten schlagartig und acht blond gelockte Köpfe wandten sich ihnen zu. Es war totenstill in der Schenke.

Hard2drive stand langsam auf, fixierte die Nordmänner und legte seine Hand warnend auf den Knauf seines Schwertes Seelenschinder. Zögerlich wandten sich die blonden Riesen ab und konzentrierten sich wieder auf ihre eigenen Themen.

Deadlysorc: Vielleicht solltest du den Armreif nicht so öffentlich herumzeigen. Er erregt zu viel Aufsehen.

Auch die Zauberin blickte besorgt.

Wiseman nickte zur Bestätigung und schaute mit finsterem Blick zum Tisch der Barbaren hinüber.

Hard2drive winkte verächtlich ab.

Hard2drive: Diese Typen können uns nicht gefährlich werden. Eine Gilde, die nur aus Barbaren besteht, hat keine Chance gegen uns. Aber du hast trotzdem recht. Wir sollten uns auf das Treffen mit Lord Dragon konzentrieren. Also weiter: Während des Gildentreffens gilt in Blackmount Castle und im Umkreis von einer Meile um die Festung herum absolute Friedenspflicht. Wer dagegen verstößt, verliert fünf Erfahrungslevel und all seine magischen Items. Dennoch sollten wir auf der Hut sein. Manchmal halten sich die großen Gildenbosse unter ihren Leuten Truppen von Auftragskillern, die auch in der Friedenszone auf unbequeme Gegner angesetzt werden, da die Chance groß ist, dass diese auf einen Angriff nicht vorbereitet sind. Sollte solch ein Attentäter erwischt werden, wird er seinen Auftraggeber nicht verraten und dafür später von diesem den materiellen Schaden ersetzt bekommen.

Shiva-Warrior: Kein Problem, Pala. Wir werden dich so abschirmen wie zuletzt in der Teufelsschlucht. Wir sorgen schon dafür, dass dir keiner zu nahe kommt.

Die braunen Augen des kleinen Schurken blitzten angriffslustig und zur Bekräftigung rammte er seinen Dolch in die Tischplatte.

Hard2drive: Das funktioniert leider so nicht. Pro Gilde dürfen nur zwei Mitglieder in die Festung – der Boss und ein Begleiter. Die übrigen müssen außerhalb der Burg warten. Ich habe mich entschieden, Deadlysorc mitzunehmen. Sie wird sich im Hintergrund aufhalten und die übrigen Gäste auf Blackmount Castle beobachten. Mit ihren Zaubersprüchen ist sie in der Lage, auch mehrere Angreifer auf einmal in Schach zu halten, wenn es sein muss.

Am Tisch der Barbarengilde entstand Unruhe. Die acht Krieger standen auf und schickten sich an, die Schenke zu verlassen. Der Anführer der Gruppe verließ als Letzter den Raum, ein wahrer Hüne mit Vollbart und einer dunkelblonden Mähne, die bis zu den Hüften reichte. Auf seiner Stirn war ein Totenkopf tätowiert. Vor Verlassen des Raumes drehte er sich noch einmal mit verschlagenem Grinsen zu ihnen um, winkte grüßend und verschwand.

Donnergott: Wurde Zeit, dass die Pfeifen endlich verschwinden!

Dann wandte er sich Hard2drive zu und fing an zu lamentieren.

Donnergott: Warum nimmst du nicht mich mit? Du weißt, dass ich der bessere Leibwächter bin. Was kann eine Zauberin ausrichten, wenn du von mehreren mit Schwertern bewaffneten Angreifern bedrängt wirst? Bevor sie einen Beschwörungszauber wirken kann, hat man dich längst in zwei Teile zerhackt.

Hard2drive: Ich wünsche keine Diskussion. Mein Entschluss steht fest. Es ist wichtig, dass sich mein Begleiter unauffällig im Hintergrund bewegt und mich bei meinen Aktivitäten nicht stört. Was soll ich also mit einem Barbaren, der sich benimmt wie die Sau in der Tanzschule und die Aufmerksamkeit der anderen auf sich lenkt?

Donnergott setzte zum Widerspruch an, doch ein warnender Blick Livingdeads ließ ihn verstummen.

Hard2drive: Sobald wir in der Festung sind, versuchen wir Kontakt mit Lord Dragon aufzunehmen. Wer dessen Begleiter sein wird, steht wohl fest.

Wiseman: Tulsadoom?

Hard2drive: Das ist so sicher, wie der Pastor im Beichtstuhl furzt. Leider kann ich dem Bürschchen in der Festung keinen Denkzettel verpassen. Aber ich werde schon einen Vorwand finden, um außerhalb der Friedenszone mit ihm ein bisschen Spaß zu haben. – So, Freunde, ich denke, wir haben genug gequatscht. Auf geht's nach Blackmount Castle!

Damit stand Hard2drive auf und schnallte sich sein Schwert wieder auf den Rücken. Die anderen machten sich ebenfalls fertig. Schließlich verließen sie die Schenke.

Draußen stand die Sonne schon tief über dem Ozean. Das Fischerdorf lag wie ausgestorben da, man hörte nur die leise Brandung. Der frische Wind trug den Geruch nach Tang und Meer heran.

Aus der Ferne hörte er das heisere Kreischen der Möwen. Henrik fragte sich, wie es überhaupt möglich war, dass er solch klare Sinneseindrücke empfinden konnte, obgleich sie aus einer virtuellen Welt stammten. Er glaubte sogar, das Gewicht des Riesenschwertes auf seinem Rücken zu fühlen. Erging es seinen Gefährten ebenso? Vielleicht würde er später mit Tobi darüber reden. Doch dann vergaß er diese sonderbaren Umstände schnell …

Aus einer Seitengasse stürmten die blonden Barbaren und verstellten ihnen den Weg. Mit grimmigen Mienen und kampfbereit erhobenen Äxten trieben sie Hard2drive und seine Gefährten unter das Vordach der Schenke zurück. Dort hielten sie die Gruppe in Schach. Die Gilde saß in der Falle!

Shiva-Warriors Griff ging zum Dolch und Donnergott wollte seine Axt heben, doch Hard2drive gebot ihnen mit einer Handbewegung Einhalt. Sie hatten in dieser Situation keine Chance. Der Anführer der Nordmänner trat vor und baute sich vor Hard2drive auf.

Isengard: Man nennt mich Isengard, tapferer Paladin. Ich bin der Führer der Gilde der weißen Möwe. Wir sind auf dem Weg zum großen Gildentreffen. Ihr gleichfalls, wie es scheint?

Isengard hob fragend die Stimme und runzelte die Stirn, sodass der tätowierte Totenschädel aussah, als grinse er.

Hard2drive nickte zur Bestätigung, schwieg jedoch.

Isengard: Das freut mich sehr. Ich schlage daher vor, dass unsere beiden Gilden Freundschaft schließen und gemeinsam den restlichen Weg zurücklegen. Was meint Ihr?

Hard2drive: Warum nicht? Die Straße nach Blackmount Castle ist breit genug für uns alle.

Isengard: Wohlan denn, so soll es sein. Und da wir nun Freunde sind, ist es bei uns Nordmännern üblich, dass wir unsere Waffen ablegen und Geschenke austauschen.

Isengard übergab seine Axt daraufhin einem seiner Männer und blieb mit verschränkten Armen vor Hard2drive stehen. Der zögerte, gab dann aber sein Schwert an Shiva-Warrior ab.

Isengard nickte zufrieden.

Isengard: Gut, nun möchte ich Euch als Zeichen meiner großen Wertschätzung dieses Opalamulett überreichen, auf dass es Euch immer Glück auf Euren Wegen bringen möge.

Einer von Isengards Barbaren reichte ihm einen türkisfarbenen Anhänger an einem braunen Lederband. Doch Hard2drive machte keine Anstalten, den Schmuck entgegenzunehmen.

Hard2drive: Edler Isengard, Euer Geschenk ehrt mich sehr. Jedoch kann ich es nicht annehmen, denn ich habe nichts, das ich Euch dafür anbieten könnte. Wir besitzen nur unsere Ausrüstung und unsere Waffen, also Dinge, von denen wir nichts entbehren können.

Isengard stieß ein dröhnendes Lachen aus, in das seine Männer ebenso lautstark einfielen.

Wiseman schluckte unbehaglich und Livingdead wurde noch bleicher als er eh schon war.

Deadlysorc hielt verstohlen nach einem Fluchtweg Ausschau, doch der Wirt hatte hinter ihnen die Tür zur Schenke verriegelt, sodass nach dieser Seite kein Entkommen möglich war. Isengard sprach mit drohendem Unterton weiter.

Isengard: Ihr seid zu bescheiden, tapferer Paladin. Ich denke schon, dass Ihr die eine oder andere Kleinigkeit besitzt, die uns als Zeichen Eurer Freundschaft genügen würde. Wie wäre es zum Beispiel mit dem hübschen Armreif, den Ihr tragt?

Gierig starrte er auf das rechte Handgelenk des Paladins.

Hard2drive: Leider kann ich Euch diesen Wunsch nicht erfüllen, Sire. Der Armreif besitzt für mich einen lieben Erinnerungswert an einen guten Freund. Er würde es mir gewiss übel nehmen, wenn ich ihn nicht behielte.

Donnergott stieß ein heiseres Lachen aus, als er Henriks Worte hörte. Der Paladin hätte ihn dafür am liebsten ohrfeigen mögen. Warum konnte der Kürbiskopf nicht mal sein Maul halten?

Isengard bezog das Lachen allerdings auf sich, sodass Zornesröte in seinem Gesicht aufstieg.

Isengard: Dann lass uns um den Reif kämpfen!

Ohne Vorwarnung sprang er vor und packte Hard2drive am Hals. Dieser fiel auf den Rücken, durch das Gewicht seiner Rüstung nach hinten gezogen.

Isengard kniete auf den Oberschenkeln seines Gegners und fuhr fort, den Paladin zu würgen.

Endlich löste sich die überraschte Erstarrung der Gildenmitglieder und ein wilder Kampf entbrannte.

Donnergott hieb mit seiner Axt auf den ihm zunächst stehenden Gegner ein, der den Schlag jedoch mit der eigenen Waffe abwehren konnte.

Shiva-Warrior griff blitzschnell zu seinem Wurfmesser und schleuderte es in den Arm eines Barbaren, der gerade mit seiner Axt Deadlysorcs hübschen Rotschopf traktieren wollte.

Wiseman und Livingdead beeilten sich, hinter Donnergott Deckung zu finden.

Derweil versuchte Hard2drive, sich aus Isengards Würgegriff zu befreien, indem er die Unterarme seines Gegners packte. Doch er war dem Barbaren kräftemäßig hoffnungslos unterlegen. Im Kampf Axt gegen Schwert hätte der Fünfundneunziger-Paladin mit Isengard kurzen Prozess gemacht, doch im Kampf mit bloßen Händen hatte er keine Chance.

Als Isengard den Armreif Hard2drives sah, weiteten sich seine Augen vor Gier. Er löste seine rechte Hand von Hard2drives Hals und versuchte, diesem das Schmuckstück vom Handgelenk zu reißen. Dabei geriet er durch Zufall an den großen, roten Rubin an der Innenseite des Armreifs.

Urplötzlich schoss mit lautem Knall ein greller Blitz aus dem Armreif hervor und traf Isengards Schädel, der augenblicklich mit einem Zischen verdampfte. Der kopflose Rumpf des Nordmanns erhob sich noch für Sekunden über Hard2drives Körper, dann kippte er kraftlos zur Seite in den Staub. Es roch ekelerregend nach verbranntem Fleisch und Haaren. Aus der Wunde an Isengards Hals tropfte kein Blut. Der Blitz hatte alle Blutgefäße sauber verschweißt.

 

Entsetzt und fassungslos wurden Freund wie Feind Zeugen dieses grauenerregenden Geschehens. Der Kampf ruhte.

Hard2drive erholte sich als Erster von seinem Schock. Er erhob sich und betastete vorsichtig den Armreif.

Hard2drive: Na, das ist ja 'ne geile Maßnahme!

Dann zielte er entschlossen auf den nächstbesten Gegner und drückte auf den Rubin. Wieder schoss ein Blitz hervor und brannte ein Loch, so groß wie ein Fußball, in die Brust des Nordmannes.

Donnergott: Na, wenn die Muschi da nicht Samba tanzt!

Tobis Avatar preschte los und hieb seine Axt einem Nordmann in den Hals, der noch immer wie angewurzelt in der Gegend herumstand. Dies war das Signal für die übrigen Beteiligten, sich erneut ins Gemetzel zu stürzen. Die Nordmänner ergriffen die Flucht.

Deadlysorc entfachte einen Feuerregen, der zwei angstvoll schreiende Gegner niederstreckte.

Shiva-Warrior sprang vor und durchtrennte einem Feind, der nicht rasch genug das Weite gesucht hatte, mit zwei Dolchhieben die Kehle.

Hard2drive visierte indes in Seelenruhe mit seinem Armreif die Barbaren an, die schon weiter entfernt waren. Der erste Blitz ließ den Rumpf des einen explodieren, der andere sackte ohne Beine sterbend zusammen.

Livingdeads Skelettkrieger mussten nicht mehr in den Kampf eingreifen – die Gegner waren alle tot.

Wiseman: Ich denke, nun kennen wir das wahre Geheimnis des Armreifes und warum dieser Schattenmagier ihn zurückhaben will.

Donnergott: Ganz genau. Mit dieser Horrorwaffe könnten wir jeden Gegner im KoF in die Hölle fegen.

Hard2drive sagte nichts. Er musste an Franks Erzählung denken und bezweifelte, dass sie die wahre Bedeutung des Armreifes und des Sets, zu dem er gehörte, auch nur erahnten. Es war klar, dass der nächste Schritt ein Gespräch mit Lord Dragon sein musste.

Die Gildenmitglieder eilten nun zu ihren Pferden und machten sich auf den Weg nach Blackmount Castle, immer an der Küste entlang.

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