Nährstoffwunder Kollagen - Für Gelenke, Haut und Darm

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KAPITEL 1
Kollagen – Baustoff des Lebens

Kollagen ist nicht nur erstaunlich vielseitig, es ist auch mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent das im Körper am reichlichsten vorhandene Protein. Als Hauptbestandteil des Bindegewebes verleiht Kollagen unserem Körper Festigkeit und sorgt für die strukturelle Stabilität von Gewebe und Organen. Kollagen ist in vielerlei Hinsicht ein einzigartiges Protein. So ist es beispielsweise reich an Glycin, Prolin und Hydroxyprolin – drei Aminosäuren, die in anderen Proteinen unseres Körpers eher selten vorkommen, wobei Hydroxyprolin tatsächlich nur in Kollagen zu finden ist. Aminosäuren – die Bausteine, aus denen sich alle Proteine im menschlichen Körper zusammensetzen – werden in essenzielle und nicht essenzielle Aminosäuren unterteilt. Essenzielle Aminosäuren müssen dem Körper zugeführt werden über all das, was wir essen und trinken, wohingegen nicht essenzielle Aminosäuren vom Körper selbst hergestellt werden können, auch wenn sie nicht in unserer Nahrung enthalten sind.

Zwar zählen Glycin und Prolin nicht zur Gruppe der neun essenziellen Aminosäuren, aber es wird zunehmend deutlich, dass diese beiden „nicht essenziellen“ Aminosäuren verschiedene wichtige Aufgaben im menschlichen Körper übernehmen. Sie gelten als zwei von neun „bedingt essenziellen“ Aminosäuren – also solchen, die zwar nicht Teil einer gesunden Ernährung sein müssen, aber in Zeiten von Krankheit und Stress essenziell sein können. Stress bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Körper eine Herausforderung zu meistern hat, die ihn aus der Homöostase oder Selbstregulation herausbringt, sodass er „Überstunden schieben“ muss, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir und Ihr Leben ist nicht immer in Balance – Sie bekommen zu wenig Schlaf, essen schnell etwas unterwegs, bekommen zu viel oder zu wenig Bewegung oder werden ganz einfach älter. All diese Dinge können den Körper unter Stress setzen. Mögliche Anzeichen dafür, dass Ihr Körper daran arbeitet, wieder ins Gleichgewicht zu kommen, reichen von Müdigkeit, Schmerzen und Schlafproblemen bis hin zu Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme.

Die verschiedenen Arten von Kollagen

Im menschlichen Körper konnten bislang 28 verschiedene Arten von Kollagen nachgewiesen werden, wobei allerdings etwa 90 Prozent des gesamten Kollagens zu einem der vier Typen I, II, III und IV zählen. Diese vier Typen unterscheiden sich sowohl durch ihre biologische Funktion als auch dadurch, welche Gene sie programmieren. Gemeinsam haben die drei vorherrschenden Typen I, II und III, dass sie eine ähnliche molekulare Struktur besitzen: die Tripelhelix. Diese können Sie sich vorstellen wie ein gedrehtes Seil, das aus drei Strängen von Aminosäureketten besteht, die durch lose Bindungen zusammenhängen. Genau diesem Aufbau verdankt Kollagen seine einzigartige Fähigkeit, zugleich flexibel und unglaublich belastbar zu sein. Das „Seil“ kann aus drei identischen, zwei identischen plus einem anderen oder auch aus drei unterschiedlichen Aminosäureketten bestehen, wodurch letztendlich der Kollagentyp bestimmt wird.

Am häufigsten findet sich in unserem Körper Typ-I-Kollagen. Es kommt als Einziges in Sehnen und Knochen vor, die jeweils zu 80 Prozent beziehungsweise zu 30 Prozent aus Kollagen bestehen. Sehnen verbinden einen Muskel entweder mit einem Knochen oder mit einem anderen Muskel und müssen in der Lage sein, enorme Belastungen auszuhalten, ohne zu reißen. Kollagen des Typs I eignet sich hierfür hervorragend, denn es ist belastbarer als Stahl! Auch in unserer Haut (mit einem Kollagenanteil von 75 Prozent) ist vor allem Typ I vertreten. Es findet sich in den Hautzellschichten, die unter der Oberhaut liegen. Die sichtbare Haut hingegen besteht größtenteils aus Keratin, einem Protein mit einer anderen Aminosäurensequenz. Kollagen des Typs I findet sich auch in der Hornhaut des Auges, im Dentin der Zähne und in einem Großteil des Bindegewebes.

Die Gewebe, die Typ-I-Kollagen enthalten, können sehr unterschiedlich sein. Einige sind elastisch und flexibel, während andere relativ steif und fest sind. Kollagen ist ein unglaublich vielseitiger Baustoff und seine mechanischen Qualitäten werden größtenteils durch die Modifizierung seiner Struktur bestimmt, auch wenn die grundlegende chemische Zusammensetzung gleich bleibt. Bei Knochen und Dentin wird die Festigkeit des Kollagens beispielsweise durch den Zusatz von Mineralien erhöht, darunter Kalzium und Magnesium.

Kollagen vom Typ II findet sich ausschließlich im Knorpelgewebe, das die Oberflächen von Gelenken überzieht, damit unsere Knochen nicht aneinander reiben. Es findet sich zudem in Luftröhre, Kehlkopf und den Luftwegen der Lunge, wodurch diese ihre Form behalten und gleichzeitig geschmeidig sein können. Typ-II-Kollagen findet sich auch noch an einigen anderen Stellen im Körper, wie in der Hornhaut des Auges und an den Ohren.

Typ-III-Kollagen findet man überall dort, wo auch Typ I zu finden ist, mit der Ausnahme von Knochen, Sehnen und speziellem Gewebe wie der Hornhaut im Auge. Typ III und – zu einem geringen Grad – auch Typ I bilden die wichtigsten Bauteile der Blutgefäße (die zu 40 Prozent aus Kollagen bestehen). Bei Neugeborenen besteht die Haut etwa zu 50 Prozent aus Kollagen vom Typ III und ansonsten hauptsächlich aus Typ I. Im Erwachsenenalter befinden sich nur noch 10 bis 20 Prozent Typ-III-Kollagen in der Haut. Genau wie die Blutgefäße enthalten auch die Eingeweide ein wenig mehr Typ III als Typ I. Typ-III-Kollagen findet sich zudem noch in der Gebärmutterwand.

Typ-IV-Kollagen unterscheidet sich von den ersten drei Typen dadurch, dass es nicht über die gleiche Tripelhelix verfügt. Stattdessen bildet es ein netzähnliches Muster, das als Hauptbestandteil der sogenannten Basalmembran fungiert. Die Basalmembran ist im Grunde genommen eine Gewebeschicht, die die Grenzen von Haut, Muskeln und Fett festlegt und als Funktionsgewebe in Organen dient, einschließlich der Nieren und im Verdauungstrakt.

Die Aminosäureketten, aus denen die Kollagentypen I, II und III bestehen, sind zusätzlich durch ein Verfahren miteinander verbunden, das als „Quervernetzung“ bezeichnet wird und die Molekularstruktur der Kollagenproteine verstärkt. Dadurch wird das Kollagen fester und weniger flexibel. Diese Quervernetzung nimmt mit zunehmendem Alter zu und bewirkt, dass die Proteine starrer und weniger geschmeidig werden. Eine exzessive Quervernetzung kann zu einer anormalen Starre führen, die häufig eine Eintrübung der Hornhaut, Verhärtung der Arterien und verminderte Mobilität und Flexibilität in Muskeln und Gelenken nach sich zieht. Zwar werden diese Prozesse in der Regel mit dem Alterungsprozess in Verbindung gebracht, doch wie rapide sie verlaufen, liegt zumindest in Teilen in unserer Hand. Medizinische Forschungen haben ergeben, dass Faktoren wie übermäßige Sonneneinstrahlung, Rauchen und erhöhte Blutzuckerwerte, von denen wir sowieso schon wissen, dass sie ungesund sind, allesamt eine unerwünschte Beschleunigung der Quervernetzung nach sich ziehen.

Wie Kollagen im Körper entsteht

Die Bildung von Kollagen, auch als Kollagensynthese bezeichnet, läuft erheblich anders ab als dies bei anderen im Körper hergestellten Proteinen der Fall ist. Im ersten Schritt produziert der Körper Vorläuferproteine, die als Prokollagene bezeichnet werden. Von den 20 verschiedenen Aminosäuren, die zur Herstellung dieser Prokollagene dienen, werden Glycin, Prolin und Lysin als die wichtigsten angesehen, und zwar sowohl für die Produktion von Prokollagen als auch für die unverwechselbaren Eigenschaften des Kollagens. Die Synthese von Prokollagen findet in einem von drei Zelltypen statt: in den Fibroblasten (Zellen, die Bindegewebe herstellen), den Osteoblasten (Zellen, die Knochen herstellen) oder den Chondroblasten (Zellen, von denen die Knorpelbildung ausgeht).

Nachdem es sich in Dreiergruppen zusammengefunden hat, um die typische Tripelhelix zu bilden, verlässt das Prokollagen die Zelle, um zu reifem Kollagen umgebaut zu werden. Im extrazellulären Raum gehen sogenannte Hydroxygruppen mit einem Großteil des Lysins und Prolins Verbindungen ein – ein Prozess, der auch als Hydroxylierung bezeichnet wird –, wodurch die für ein stabiles funktionstüchtiges Kollagenprotein notwendigen Verbindungen entstehen. Glycin zeichnet für rund ein Drittel der verwendeten Aminosäuren verantwortlich und dank seiner geringen Größe finden auch die größeren Aminosäuren im inneren Teil des fertigen Kollagenmoleküls Platz.

Es ist lebenswichtig, dass unser Körper reichliche Mengen an qualitativ hochwertigem Kollagen herstellen kann, denn es bildet die Grundlage für die Stärke und Struktur unseres Körpers sowie für die Intaktheit von Haut, Haaren und Fingernägeln, die uns vor Bedrohungen von außen schützen, beispielsweise widrigem Wetter und Mikroorganismen. Auch die grundlegende Funktion von Organen und Blutgefäßen erfordert hochwertiges Kollagen. Eine gesunde Ernährung ist die Grundlage für die Produktion solch hochwertigen Kollagens, und dafür müssen wir nicht nur verschiedene Proteinquellen zu uns nehmen, sondern auch Vitamine, Mineralien und essenzielle Fettsäuren.

Die Zellen, die Prokollagen herstellen und freisetzen, benötigen hierfür Zink und Vitamin A. Während der Bildung des Prokollagens wiederum sind Eisen und Vitamin C eine wichtige Voraussetzung für die Hydroxylierung von Prolin und Lysin. Die Bildung der Verbindungen zwischen den Lysin-Molekülen, die sich quervernetzen und das Kollagenmolekül zusätzlich verstärken, erfordert Kupfer. Zink wird auch von den Enzymen benötigt, die Kollagen abbauen und umbilden – ein normaler Vorgang, der vor allem für die Wundheilung wichtig ist. Die Aktivierung eines Enzyms, das der Körper benötigt, um Prolin herzustellen, erfordert Mangan. Obwohl uns in der westlichen Welt Lebensmittel im Überfluss zur Verfügung stehen, kommt es nicht selten vor, dass Menschen unter einem Mangel an dem einen oder anderen Nährstoff leiden, was sich dann wiederum auf eine gesunde Kollagenproduktion auswirkt.

 

Wenn die Kollagenherstellung unterbrochen ist

Damit Sie besser verstehen, was passiert, wenn die normale Kollagenproduktion des Körpers unterbrochen wird, werfen wir einmal einen kurzen Blick auf Krankheiten, die auch als Kollagen- oder Bindegewebserkrankungen bezeichnet werden.

Heutzutage zum Glück kaum noch anzutreffen ist Skorbut, eine Bindegewebserkrankung, die durch einen Mangel an Vitamin C ausgelöst wird. Weil dieses Vitamin für die Kollagensynthese benötigt wird, kann ein Speiseplan, auf dem frisches Obst und Gemüse fehlen, zu diesem schweren, aber meist umkehrbaren Leiden führen. Zu den ersten Symptomen zählen Zahnfleischbluten und eine schlechte Wundheilung, im weiteren Verlauf kann es zu inneren Blutungen kommen und letztendlich zum Tode, wenn diese nicht rechtzeitig entdeckt werden. Weil Vitamin C durch Erhitzen unwirksam wird, gehören frisches oder nur leicht gegartes Obst und Gemüse zu jeder ausgewogenen Ernährung.

Eine andere Form der Bindegewebserkrankung ist das Ehlers-Danlos-Syndrom, von dem in etwa eine Person von fünftausend betroffen ist. Diese Erbkrankheit beruht auf einem Defekt in der Synthese und Struktur von Kollagen und Bindegewebe. Menschen, die unter dem Ehlers-Danlos-Syndrom leiden, entwickeln häufig neben einer Überbeweglichkeit der Gelenke auch eine Überdehnbarkeit der Haut, die zudem leicht einreißt, und eine verstärkte Neigung zu Blutergüssen, wobei das individuelle Krankheitsbild sehr unterschiedlich ausfallen kann.

Bei einigen Autoimmunerkrankungen geht man davon aus, dass sie dadurch verursacht werden, dass das Immunsystem die Fibroblasten attackiert – einen der drei Zelltypen, die Kollagen produzieren. Gelenkrheumatismus, der zu schmerzhaft angeschwollenen Gelenken führt, und Sklerodermie, zu deren Symptomen gespannte Haut und ein begrenztes Bewegungsspektrum der Gelenke zählen, sind Bindegewebserkrankungen, die in diese Kategorie fallen.

Der normale Alterungsprozess zeichnet sich dadurch aus, dass die Kollagensynthese in jedem Jahr um rund ein Prozent abnimmt. Dadurch sinkt die Fähigkeit der Haut, sich selbst zu reparieren, wodurch sie dünner und empfindlicher wird. Die Faltenbildung, die sich mit zunehmendem Alter einstellt, wird beschleunigt, wenn die Quervernetzung von Kollagen über das normale Maß hinausgeht. Eine erhöhte Quervernetzung ist auch für die steifen Gelenke verantwortlich, die viele von uns plagen, wenn wir erst einmal die 60 überschritten haben.

Die gute Nachricht ist, dass der Zahn der Zeit aufgehalten und diese sogar ein Stück weit zurückgedreht werden kann, wenn wir uns gesunde Gewohnheiten zulegen, indem wir beispielsweise direkte Sonneneinstrahlung weitestgehend meiden, uns ausreichend bewegen, für genügend erholsamen Schlaf sorgen und uns optimal ernähren – und damit meine ich eine kollagenreiche Ernährung. Die Zeit steht nicht still, aber wenn Sie vorausschauend handeln, bleiben Sie länger jung und aktiv. Ich selbst bin gerade 60 geworden, aber ich fühle mich, als befände ich mich in den Vierzigern. Viele Menschen glauben mir mein Alter erst, wenn ich ihnen die Fotos meines süßen Enkels zeige!

Eines jedenfalls habe ich selbst erlebt – dass es nie zu spät ist, sich eine Ernährung und einen Lebensstil zuzulegen, die alterslos sind. Aus diesem Grund habe ich dieses Buch geschrieben, denn auch Sie können Ihre Lebensqualität verbessern!

KAPITEL 2
Kollagen im Laufe der Geschichte

Wenn Sie bereits begierig darauf sind, zu erfahren, was Kollagen für Sie tun kann, dann sollten Sie zu Kapitel 4 vorblättern, denn sowohl dieses Kapitel als auch das dritte Kapitel liefern zwar äußerst interessante Hintergrundinformationen, gehen aber weniger detailliert auf die gesundheitlichen Vorzüge von Kollagenprotein ein. Ich empfehle Ihnen trotzdem, später zu diesen beiden kurzen Kapiteln zurückzukehren, um noch mehr Gründe kennenzulernen, warum Kollagenprotein auf Ihren Speiseplan gehört.

Von Anbeginn der Geschichte haben Menschen Kollagenprotein aus verschiedenen Gründen geschätzt. Das Wort Kollagen leitet sich vom griechischen kolla ab, das so viel wie „Leim“ bedeutet. Doch auch wenn die ersten dokumentierten Einsatzbereiche von Kollagen tatsächlich die Nutzung als Klebstoff in der Güterproduktion betrafen, wurde es schon bald aufgrund seiner medizinischen und gesundheitsfördernden Eigenschaften geschätzt.

In früheren Zeiten gewannen Menschen Kollagen durch das langsame und schonende Auskochen von Häuten, Fellen, Schuppen, Knochen und Gelenken sowie des Knorpel- und Bindegewebes von Land- und Meerestieren. Vor dem Auskochen wurden die Gewebe in der Regel mit einer Säure oder Lauge behandelt, um die Menge des gewonnenen Kollagens zu steigern. Im medizinischen Bereich wurde Kollagen zuerst in Form von Gelatine genutzt, die durch das Garen von Kollagenquellen knapp unter dem Siedepunkt gewonnen wurde. Durch die Verwendung einer niedrigeren Temperatur lösen sich einige, aber nicht alle Tripelhelix-Strukturen auf, sodass sich beim Abkühlen die charakteristische Gelstruktur bildet.

Wenn Sie schon einmal Wackelpudding mit einer Fertigmischung hergestellt haben, wissen Sie, dass Gelatine getrocknet und in einer heißen Flüssigkeit rehydriert werden kann, um dann wieder ein Gel zu bilden. Gelatine unterscheidet sich von einer kürzlich entwickelten Form von Kollagenprotein, die als hydrolysiertes Kollagen bezeichnet wird und bei der es sich um Gelatine handelt, die mithilfe von Enzymen in Proteinfragmente aufgespalten wurde, sogenannte Peptide. Hydrolysiertes Kollagen geliert im Gegensatz zu Gelatine beim Abkühlen nicht und lässt sich leichter in kalter Flüssigkeit auflösen als getrocknete Gelatine.

In China ist aus Eselshaut gewonnene Gelatine, die unter dem Namen Ejiao bekannt ist, allein oder in Kombination mit anderen Heilkräutern der traditionellen chinesischen Medizin ein sehr beliebtes Heilmittel. Der erste schriftlich belegte Einsatz von Ejiao fand vor rund 2000 Jahren statt und es wird auch heute noch hoch geschätzt. Die Einnahme soll gesundheitliche Vorteile bringen, beispielsweise mehr Energie und eine bessere Durchblutung. Außerdem wird es zur Behandlung von Husten und Schlaflosigkeit eingesetzt. Unglücklicherweise hat die Beliebtheit des Mittels zusammen mit der Herausforderung, genügend Esel zu züchten, um der Nachfrage gerecht zu werden, in den vergangenen Jahren nahezu zu einer Halbierung des Eselbestands in China geführt. Bitte denken Sie nun nicht, dass ich Ihnen Ejiao empfehlen würde. Beim Weiterlesen werden Sie feststellen, dass andere Arten von Kollagenprotein und Gelatine sich für Menschen mit gesundheitlichen Problemen als ebenso hilfreich erweisen.

Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. wurde Gelatine in China und Japan als blutungsstillendes Mittel eingesetzt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts brachte Paul Carnot, ein junger Arzt, der in einem Pariser Krankenhaus arbeitete, die westliche Medizin in Berührung mit Gelatine zur Blutstillung. In den 1940er-Jahren wurde in modernen Krankenhäusern zu diesem Zweck Gelatineschaum verwendet, gefolgt von Mikrofaserkollagen in den 1970er-Jahren – beide Verfahren sind heute noch in Gebrauch. Wissenschaftler forschen weiterhin an neuen Formen von Gelatine- und Kollagenprodukten, um den Blutfluss effektiv zu stoppen, und es gibt Überlegungen zu neuen medizinischen Anwendungen, beispielsweise im Bereich der Gewebetransplantation.

Gelatine findet außerdem seit Langem Verwendung bei der Behandlung verschiedener Verdauungsstörungen. Sie bildet ein sogenanntes hydrophiles Kolloid, also eine wasseranziehende Substanz, die in einer Flüssigkeit suspendiert oder schwebend bleibt. Es scheint diese Eigenschaft zu sein, die sie so förderlich für Magen und Darm macht. Francis Pottenger Jr., ein Pionier auf dem Gebiet der Ernährungswissenschaft des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, berichtete, dass Gelatine zusammen mit einer geeigneten Ernährungsumstellung bei der Verdauung von Nahrung helfe, und dies auch bei Nahrungsmitteln, die Patienten zuvor Probleme bereitet hatten. Er empfahl Mahlzeiten auf Gelatinebasis bei einem weiten Spektrum an Verdauungsproblemen, einschließlich Sodbrennen, Magengeschwür, Reizdarm und bei einem Leiden, das damals als „nervöse Verdauung“ bezeichnet und von häufigem Erbrechen begleitet wurde.

Pottengers Zeitgenossen bestätigten seine Erkenntnisse, obwohl einige diese eher der Fähigkeit von Gelatine zuschrieben, die Innenwände der Eingeweide mit einem Film zu überziehen oder der Tatsache, dass Gelatine im Darm keinerlei Fermentationsprozessen unterliegt, die häufig die Grundlage für eine übermäßige Besiedelung mit schädlichen Bakterien sind. Heute raten sowohl ganzheitlich orientierte Ärzte als auch Ernährungswissenschaftler Patienten mit Magen-Darm-Problemen zu einer gelatinereichen Brühe. Auch reift allgemein die Erkenntnis, dass den meisten Verdauungsproblemen eine „Darm-Dysbiose“ zugrunde liegt – eine Überbesiedelung mit pathogenen, krankheitserzeugenden Bakterien und Pilzen im Verhältnis zu den „guten“ Darmbakterien, die normalerweise unseren Verdauungstrakt an erster Stelle bevölkern. Auch wenn dies nicht wissenschaftlich belegt ist, kann Gelatine eventuell diese Fehlbesiedelung zum Teil beheben und gleichzeitig den Verdauungsprozess fördern.

Noch bevor Kollagen und Gelatine in der Medizin zum Einsatz kamen, waren sie ein wichtiger Bestandteil der Ernährung unserer frühen Vorfahren. Diese „primitiven“ Menschen waren aus der Not heraus sehr einfallsreich, wenn es um Essensvorräte ging. Kein Teil eines auf der Jagd erlegten oder gehaltenen Tieres blieb ungenutzt. Knochen und zähes Bindegewebe wurden zu Brühe verarbeitet, die nicht nur reich an Geschmack war, sondern auch einen hohen Nährwert aufwies. Nachdem die Knochen für die Brühe ausgekocht worden waren, wurden sie mithilfe von Steinwerkzeugen zermahlen und dann verzehrt. Heute wissen wir, dass sie nicht nur hervorragende Lieferanten von Kalzium und anderen lebenswichtigen Mineralien sind, sondern auch reichlich Kollagenprotein beinhalten. Unsere Vorfahren wussten zwar nicht, woraus sich ihre Nahrung genau zusammensetzte, aber sie erkannten auf jeden Fall ihren gesundheitlichen Nutzen.

Traditionelle Gerichte aus aller Welt enthalten reichlich Kollagen und andere wichtige Nährstoffe. Bei den Inuit in den nördlichen Regionen der Arktis zählt das sogenannte Muktuk, das aus der Haut und dem Speck von Walen hergestellt wird, zu den Grundnahrungsmitteln. Muktuk ist ausgesprochen nahrhaft und liefert nicht nur Kollagen, sondern auch Vitamin D und essenzielle Fettsäuren. In Südamerika werden Fischköpfe, die reich an Kollagen und anderen Nährstoffen wie Vitamin A und Jod sind, zusammen mit Gemüse und Kräutern gegart. So entsteht die Basis für eine Suppe namens Caldillo de congrio, Spanisch für „Meeraalsuppe“. Ein überall auf der Welt verbreitetes Gericht, das auf das Mittelalter zurückgeht, ist Schweinssülze. Die Grundlage ist ein Schweinekopf, der mit Zunge, Pfoten und Herz gekocht wird, um einen gelierten Aufschnitt herzustellen.

Ochsenschwanzsuppe ist eine weitere kollagenreiche Spezialität, die wahrscheinlich von französischen Auswanderern stammt, die im 17. Jahrhundert in England lebten. Später wurde sie in abgewandelter Form zum landestypischen Gericht in Südamerika und ist heute noch sehr verbreitet in der asiatischen Küche. Ein traditionelles vietnamesisches Gericht ist Pho, eine Suppe auf der Grundlage einer kollagenreichen Knochenbrühe, der verschiedene Fleisch- und Gemüsesorten hinzugefügt werden. Einer der beliebtesten Zusätze in Pho sind Rindfleischsehnen, die so lange gekocht werden, bis sie kaum mehr gekaut werden müssen. Sie sind nicht nur schmackhaft, sondern bestehen auch zu rund 80 Prozent aus Kollagenprotein.

Im späten 17. Jahrhundert entwickelte der französische Physiker Denis Papin eine Frühform des Dampfkochtopfes, den er als „Fermenter“ bezeichnete und von dem er hoffte, dass er der ärmeren Bevölkerung helfen würde, mehr Nährstoffe aus Knochen zu ziehen. Leider erwies sich der Topf als zu kostspielig für das Zielpublikum. Kurz darauf wurde Papins Erfindung in größerem Maßstab zur effizienten Gewinnung von Gelatine eingesetzt, die als besonders nahrhaftes Lebensmittel galt, in dem Versuch, die ständig wachsende Bevölkerung Frankreichs zu ernähren, speziell die große Anzahl an Krankenhauspatienten und Kindern in Waisenhäusern. Philanthropen in Deutschland und England richteten später Küchen ein, in denen Suppen auf Gelatinebasis ausgegeben wurden. Wie es wohl bei den meisten Ernährungstrends der Fall ist, wurde auch hier ein wenig zu weit gegangen. Man begann zu untersuchen, ob Mahlzeiten, die aus nichts weiter als Brot und Gelatine bestanden, ausreichend waren, um Menschen und Tiere zu ernähren. Dabei zeigte sich schnell, dass diese Art der Ernährung nicht ausreichte, um einen Menschen bei Gesundheit zu halten. In der Folge kam Gelatine aus der Mode.

 

Heute wissen wir, dass zwar weder Gelatine noch Kollagenprotein für sich allein genommen ausreichende Eiweißquellen darstellen, die ihnen zugrunde liegenden Aminosäuren aber gut sind für eine ausgewogene Ernährung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts machte der Wissenschaftler Carl Voit darauf aufmerksam, dass Gelatine über „proteinsparende“ Eigenschaften verfüge und meinte damit, dass es im Rahmen einer Mischkost helfen könne, den Abbau des Körperproteins zu verhindern.

Heutzutage werden traditionelle Gerichte wie die erwähnten zunehmend geschätzt, und zwar sowohl wegen ihres Nährwerts, als auch aufgrund des wachsenden Interesses daran, tatsächlich alle Teile eines Tieres zu verwerten. Knochenbrühe und Suppenfonds, die aus ansonsten nicht verwerteten Tierteilen hergestellt werden, gelten schon als neues „Superfood“, unter anderem aufgrund der großen Menge an Kollagenprotein, die sie enthalten.

In meiner Ernährungsberatung ermuntere ich die Patienten dazu, das komplette Spektrum an Tierprodukten in ihre Ernährung einzubauen, insbesondere Innereien (Organe), Haut und Knochenbrühe. Wenn Sie – wie die meisten meiner Patienten unter 40 – damit aufgewachsen sind, Fleisch, Geflügel und Fisch ohne Haut und Knochen aufgetischt zu bekommen, dann ist Ihnen vielleicht schon beim Gedanken daran, die „anderen Teile“ eines Tieres zu essen, ein wenig mulmig zumute. Sollte dies der Fall sein, dann wird es Sie sicherlich freuen zu hören, dass Sie die in Kollagen enthaltenen Nährstoffe auch zu sich nehmen können, ohne Ihren Gaumen zu überfordern. (Auch wenn Pho-Suppe mit Rindersehnen eines meiner Lieblingsgerichte ist und Ochsenschwanzsuppe ebenfalls zu meinem Speiseplan gehört, habe selbst ich mich bislang nicht an Schweinskopfsülze gewagt!) Neben einer kollagenreichen Ernährung sind Nahrungsergänzungsmittel eine praktische Möglichkeit, um Kollagenprotein zu sich zu nehmen. Worauf Sie bei der Auswahl achten sollten, erkläre ich in Kapitel 13.

Produkte aus Kollagen oder auf Kollagenbasis finden aufgrund ihres praktischen Nutzens und Nährwerts immer häufiger Verwendung in den Bereichen von Medizin und Pharmazie sowie in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie. Jüngste Forschungsergebnisse stützen das, was unsere „primitiven“ Vorfahren instinktiv wussten und die ersten Ernährungswissenschaftler vermuteten.