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Geschlecht und Charakter

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Der letzte Satz war wohl schon zu der Zeit, da Hertwig ihn schrieb (1898), nicht mehr ganz richtig. Fr. Goltz und A. Freusberg hatten 1874 (»Über den Einfluß des Nervensystems auf die Vorgänge während der Schwangerschaft und des Gebäraktes«, Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie, IX, 552–565) von folgendem berichtet (S. 557): »Eine Hündin mit vollständiger Trennung des Rückenmarkes in der Höhe des ersten Lendenwirbels ist brünstig geworden, hat empfangen und ein lebensfähiges Junges ohne Kunsthilfe geboren. Bei und nach diesen Vorgängen hat das Tier alle die damit verbundenen Naturtriebe (Instinkte) entfaltet ebenso wie ein unversehrtes Geschöpf« (d. h. die Milchdrüsen füllten sich und das Junge wurde mit größter Zärtlichkeit behandelt. Man vgl. auch Brücke, Vorlesungen über Physiologie II3, Wien 1884, S. 126 f.). Goltz selbst kam schon damals zu folgendem Schlusse (S. 559): »Es scheint mir … äußerst fraglich, ob überhaupt der Zusammenhang zwischen Gebärmutter und Milchdrüsen durch Beteiligung des Nervensystems zu denken ist. Mir sagt auch in diesem Falle der Gedanke mehr zu, daß das Blut diesen Zusammenhang vermittelt.« Er erinnert daselbst auch an die Ausfallserscheinungen nach der Kastration. In ihrer berühmter gewordenen Arbeit »Der Hund mit verkürztem Rückenmark« (Pflügers Archiv; 63, 362–400) sind Fr. Goltz und J. R. Ewald 22 Jahre nach jener Untersuchung nochmals auf das Thema zurückgekommen (vgl. in jener Abhandlung S. 385 f.).

Der hauptsächlichste Beweis, daß keine nervöse Vermittlung vorliegt, ist, wie ich meine, darin zu erblicken, daß einseitige Kastration, also Exstirpation bloß eines Ovars oder Testikels, an der Entwicklung der sekundären Geschlechtscharaktere nicht das Geringste ändert. Den Einfluß jeder Keimdrüse hätte man aber, wenn ein solcher auf nervösem Wege sich vollzieht, als stets auf eine Hemisphäre des Körpers stärker sich erstreckend vorzustellen, ja eine halbseitige Kastration wäre, zunächst wenigstens, nur für eine Körperhälfte als entscheidend anzunehmen. Mit Ausnahme einer einzigen Angabe aber, der Rieger, Die Kastration, S. 24, mit Recht als Jägerlatein mißtraut (es ist die in Brehms Säugetieren, Leipzig und Wien, 1891, III3, 430: »Einseitig verschnittene Hirsche setzen bloß an der unversehrten Seite noch auf«), hat nirgends etwas ähnliches verlautet: halbseitig verschnittene Tiere sind wie gar nicht verschnittene. So schon Berthold, Nachrichten von der Universität und Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, 1849, Nr. 1, S. 1–6. Vgl. z. B. Chrobak-Rosthorn, Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane, I/2, S. 371 f.: »Sokoloff104 operierte an Hunden, verfolgte die Veränderungen sowohl bei einseitiger als auch bei doppelseitiger Kastration. Bei ersterer trat die Brunst wie normal ein, bei letzterer blieb sie regelmäßig weg. Einseitige Kastration bei jungen Tieren läßt das Wachstum beider Gebärmutterhälften fortdauern. Schon 1½ Monate nach zweiseitiger Kastration war eine ausgesprochene Atrophie der zirkulären Muskelschichte aufgetreten.«

Diesen Beweis halte ich darum für stringenter selbst als die Transplantationsversuche (auf Grund deren J. Halban, Über den Einfluß der Ovarien auf die Entwicklung des Genitales, Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, XII, 1900, 496–506, besonders S. 505, A. Foges, Zur Lehre von den sekundären Geschlechtscharakteren, Pflügers Archiv, XCIII, 1902, 39 ff., Emil Knauer, Die Ovarientransplantation, experimentelle Studie, Archiv für Gynäkologie, LX, 1900, besonders S. 352–359, mit so viel Recht für die innere Sekretion sich entscheiden), weil diesen gegenüber als letzter noch immer der Einwand möglich wäre, daß vermittelnde nervöse Bahnen in das transplantierte Gewebe zugleich mit dessen Vaskularisierung eingezogen seien.

(S. 18, Z. 10 v. u. ff.) Einen anderen Begriff von tertiären Sexualcharakteren hat Havelock Ellis aufgestellt, Mann und Weib, S. 24: ».... So haben wir z. B. die verhältnismäßig größere Flachheit des Schädels, die größere Aktivität und Ausdehnung der Schilddrüse und die geringere Durchschnittsmenge der roten Blutkörperchen beim Weibe. Diese Differenzen hängen wahrscheinlich indirekt mit primären und sekundären sexuellen Charakteren zusammen. Vom zoologischen Standpunkt aus sind sie kaum von Interesse, dagegen vom anthropologischen und gelegentlich auch vom pathologischen und sozialen Standpunkt aus höchst bemerkenswert. In dieselbe Gruppe mit den sekundären sexuellen Charakteren lassen sie sich keinesfalls einreihen, und wir tun wohl am besten, sie zu einer neuen Gruppe zusammenzufassen und als ‚tertiäre sexuelle Charaktere’ zu bezeichnen.« Ellis bemerkt selbst, daß »sich wegen der Tendenz dieser Merkmale, ineinander überzugehen, diese Teilung schwer durchführen läßt«. Aber nicht nur der theoretische, auch der praktische Wert dieser Gliederung scheint mir geringer als der Wert der im Texte vorgeschlagenen Einteilung, nach welcher als primordiale Geschlechtscharaktere die allgemein-biologischen, als primäre die im engeren Sinne anatomischen, als sekundäre die im engeren Sinne physiognomischen, als tertiäre die psychologischen und als quartäre die sozialen Unterschiede der Geschlechter bezeichnet werden.

(S. 19, Z. 15 ff.) Die Annahme dünkt mich sehr wahrscheinlich, daß gleichzeitig mit jeder äußeren eine innere Sekretion vor sich geht, also auch die letztere keine kontinuierliche, sondern eine intermittierende Funktion sei. Denn der Bartwuchs z. B. ist nicht gleichmäßig, sondern er erfolgt schubweise, stoßweise. Als Erklärung hiefür scheint eine interrupte innere Sekretion am nächsten zu liegen.

(S. 19, Z. 7 v. u.) Der Ausdruck »Komplementärbedingung« nach Richard Avenarius, Kritik der reinen Erfahrung, Bd. I, Leipzig 1888, S. 29.

(S. 20, Z. 10–28.) Über das Idioplasma vgl. C. v. Naegeli, Mechanisch-Physiologische Theorie der Abstammungslehre, 1884. Der Begriff wird dort, in einer von seiner Entwicklung im Texte etwas abweichenden Weise, eingeführt auf S. 23. Es heißt dann weiter: »Jede wahrnehmbare Eigenschaft ist als Anlage im Idioplasma vorhanden, es gibt daher so viele Arten von Idioplasma, als es Kombinationen von Eigenschaften gibt. Jedes Individuum ist aus einem etwas anders gearteten Idioplasma hervorgegangen, und in dem nämlichen Individuum verdankt jedes Organ und jeder Organteil seine Entstehung einer eigentümlichen Modifikation oder eher einem eigentümlichen Zustande des Idioplasmas. Das Idioplasma, welches wenigstens in einer bestimmten Entwicklungsperiode durch alle Teile des Organismus verteilt ist, hat also an jedem Punkte etwas andere Eigenschaften, indem es beispielsweise bald einen Ast, bald eine Blüte, eine Wurzel, ein grünes Blatt, ein Blumenblatt, ein Staubgefäß, eine Fruchtanlage, ein Haar, einen Stachel bildet.« Am wichtigsten ist für das hier in Betracht kommende die Stelle S. 32 f.: »Jede beliebige Zelle muß davon [vom Idioplasma] eine gewisse Menge enthalten, weil dadurch die ererbte Tätigkeit bedingt wird.« Ferner S. 531: »Jede Ontogenie … beginnt mit einem winzigen Keim, in welchem eine kleine Menge von Idioplasma enthalten ist. Dieses Idioplasma zerfällt, indem es sich fortwährend in entsprechendem Maße vermehrt, bei den Zellteilungen, durch welche der Organismus wächst, in ebenso viele Partien, die den einzelnen Zellen zukommen, ....... Jede Zelle des Organismus ist idioplasmatisch befähigt, zum Keim für ein neues Individuum zu werden. Ob diese Befähigung sich verwirklichen könne, hängt von der Beschaffenheit des Ernährungsplasmas ab. Das Vermögen hiezu kommt bei niederen Pflanzen jeder einzelnen Zelle zu; bei den höheren Pflanzen haben es manche Zellen verloren; im Tierreiche besitzen es im allgemeinen nur die zu ungeschlechtlichen oder geschlechtlichen Keimen normal bestimmten Zellen.« – Hugo de Vries: in seinem Buche: Intracellulare Pangenesis, Jena 1889, S. 55–60, 75 ff., 92 ff., 101 ff., und besonders S. 120. Oscar Hertwig, Die Zelle und die Gewebe, Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. (Diesem Buche verdanke ich in biologischer Hinsicht ganz allgemein neben Darwins »Variieren« die reichste Belehrung.) Hertwig begründet die Theorie im ersten Bande (Jena 1893), S. 277 ff.: »Wenn man das Moospflänzchen Funaria hygrometrica zu einem feinen Brei zerhackt, so läßt sich auf feuchter Erde aus jedem kleinsten Fragment wieder ein ganzes Moospflänzchen züchten. Die Süßwasserhydra läßt sich in kleine Stückchen zerschneiden, von denen sich jedes wieder zu einer ganzen Hydra mit allen ihren Eigenschaften umbildet. Bei einem Baum können sich an den verschiedensten Stellen durch Wucherung vegetativer Zellen Knospen bilden, die zu einem Sproß auswachsen, der, vom Ganzen abgetrennt und in Erde verpflanzt, sich bewurzelt und zu einem vollständigen Baum wird. Bei Cölenteraten, manchen Würmern und Tunikaten ist die ungeschlechtliche Vermehrung auf vegetativem Wege eine ähnliche, da fast an jeder Stelle des Körpers eine Knospe entstehen und zu einem neuen Individuum werden kann ....... Ein abgeschnittener und ins Wasser gestellter Weidenzweig entwickelt wurzelbildende Zellen an seinem unteren Ende, und so wird hier von Zellen, die im Plane des ursprünglichen Ganzen eine sehr abweichende Funktion zu erfüllen hatten, eine den neuen Bedingungen entsprechende Aufgabe übernommen, ein Beweis, daß die Anlage dazu in ihnen gegeben war. Und so können sich umgekehrt auch aus abgeschnittenen Wurzeln Laubsprosse bilden, die dann zu ihrer Zeit selbst männliche und weibliche Geschlechtsprodukte hervorbringen. In diesem Falle stammen also direkt aus Zellbestandteilen einer Wurzel Geschlechtszellen ab, die als solche wieder zur Reproduktion des Ganzen dienen ...... Die Botaniker hängen zum größten Teile der Lehre an, die kürzlich de Vries gegen Weismann verteidigt und in den Satz zusammengefaßt hat, daß alle oder doch weitaus die meisten Zellen des Pflanzenkörpers die sämtlichen erblichen Eigenschaften der Art im latenten Zustand enthalten. Dasselbe läßt sich auf Grund von Tatsachen von niedrigen tierischen Organismen sagen. Für höhere Tiere kann man den Beweis allerdings nicht führen; deswegen ist man aber nicht zu der Folgerung gezwungen, daß die Zellen der höheren und niederen Organismen insoferne verschieden wären, als die letzteren alle Eigenschaften der Art im latenten Zustand, also die Gesamtheit der Erbmasse, die ersteren dagegen nur noch Teile von ihr enthielten.« – Als der heftigste Gegner der Idioplasmalehre ist August Weismann aufgetreten in seiner Schrift: Die Kontinuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung, 1885 (Aufsätze über Vererbung und verwandte biologische Fragen, Jena 1892, S. 215 ff.). Weismanns Hauptargument (S. 237): »Ehe nicht erwiesen wird, daß ‚somatisches’ Idioplasma überhaupt rückverwandelt werden kann in Keimidioplasma, haben wir kein Recht, aus einer von ihnen [den somatischen Zellen] Keimzellen entstehen zu lassen«, dürfte vor den genauen Untersuchungen von Friedlich Miescher (Die histochemischen und physiologischen Arbeiten von F. M., Leipzig 1897, Bd. II, S. 116 ff.) über die Entwicklung der Keimdrüsen der Lachse auf Kosten ihres großen Seitenrumpfmuskels nicht mehr haltbar sein. Vgl. übrigens die vernichtende Kritik, welche an den überaus künstlichen Theorien Weismanns von Kassowitz, Allgemeine Biologie, Bd. II, Wien 1900, geübt worden ist, auf die Weismann, wohl ihres überscharfen Tones halber, nicht geantwortet hat.

 

Für die Idioplasmalehre zeugen vollends Untersuchungen wie die von Paul Jensen, Über individuelle physiologische Unterschiede zwischen Zellen der gleichen Art (Pflügers Archiv, LXII, 1896, 172–200). Es heißt da z. B. (S. 191): »Wenn ein Foraminifer durch abgetrennte eigene Pseudopodien niemals, dagegen stets durch abgeschnittene Pseudopodien eines anderen Individuums kontrektatorisch erregt wird, so muß das Protoplasma des ersteren sich von dem der letzteren in bestimmter Weise unterscheiden, oder allgemein ausgedrückt: das Protoplasma verschiedener Individuen muß physiologisch verschieden sein. Welcher Art aber ist diese Verschiedenheit und welcher Art der Reiz, der ihr entspringt? Wir werden nicht umhin können, Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der Protoplasmen verschiedener Individuen anzunehmen.« – Über die Regenerationsfähigkeit (auch niederer Tiere) vgl. Hermann Vöchting, Über die Regeneration der Marchantieen, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, 1885, Bd. XVI, S. 367 bis 414. Über Organbildung im Pflanzenreich, Physiologische Untersuchungen über Wachstumsursachen und Lebenseinheiten, Teil I, Bonn 1878, S. 236–240, besonders S. 251–253. – Jacques Loeb, Untersuchungen zur physiologischen Morphologie der Tiere, II. Organbildung und Wachstum, Würzburg 1892, S. 34 ff. (über Regeneration bei Ciona intestinalis).

(S. 21, Z. 6 ff.) Wenn jede Zelle, also auch jede Nervenzelle, männlich oder weiblich (in bestimmtem Grade) ist, so entfällt auch der letzte Anlaß zur Annahme eines »psychosexuellen Zentrums« für den Geschlechtstrieb im Gehirn, wie es besonders Krafft-Ebing (Psychopathia sexualis, 11. Aufl., S. 248, Anm. 1) und seine Schüler, ferner (nach ihm) Taruffi, Hermaphrodismus und Zeugungsunfähigkeit, übersetzt von R. Teuscher, Berlin 1903, S. 190, ungeachtet der in der Anmerkung zu S. 18, Z. 15 v. u. citierten Experimente von Goltz, postuliert haben.

(S. 21, Z. 2 v. u.) Wilhelm Caspari, Einiges über Hermaphroditen bei Schmetterlingen, Jahrbücher des nassauischen Vereines für Naturkunde, 48. Jahrgang, S. 171–173 (Referat von P. Marchal, Année biologique, I. 288), berichtet, wie zuweilen die eine seitliche Hälfte eines Schmetterlings vollständig männlich und die andere vollständig weiblich ist. Bei Saturnia pavonia, einem Pfauenauge, ist der Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Färbung sehr groß und daher, bei Hermaphroditen in dieser Art der Kontrast zwischen rechter und linker Körperhälfte höchst auffallend. – Richard Hertwig, Lehrbuch der Zoologie5, 1900, S. 99 über diesen »Hermaphroditismus lateralis« und jene hermaphroditischen Formen bei Schmetterlingen wie Ocneria dispar (einem Spinner), dessen männliche Hälfte die besondere Gestalt der männlichen Fühler, Augen und Flügel trägt, und sich durch sie wesentlich von der weiblichen Hälfte unterscheidet.

(S. 22, Z. 4 v. u. ff.) Aristoteles sagt (Histor. Anim. 5, 14, 545, a 21:) εἰς τὸ θήλυ γαρ μεταβάλλει τα ἐκτεμνόμενα. (9, 50, 632, a 4) μεταβάλλει δὲ καὶ ἡ φωνὴ ἐπὶ τῶν ἐκτεμνομένων ἁπαντων εἰς τὸ θήλυ. Die falschen Angaben über regelmäßige Verweiblichung des entmannten Tieres rühren in der neuesten Zeit hauptsächlich von William Yarrell her (On the influence of the sexual organ in modifying external character, Journal of the Proceedings of the Linnean Society, Zool. Vol. I, 1857, p. 81), und sind ihm (mit oder ohne Berufung auf ihn) oft nachgesprochen worden, z. B. von Darwin, Das Variieren etc., II2, 59: »Der Kapaun fängt an, sich auf Eier zu setzen und brütet Hühnchen aus;« von Weismann, Keimplasma, S. 469 f.: »Bei ausgebildeten Individuen des einen Geschlechtes können unter besonderen Umständen die sekundären Sexualcharaktere des anderen Geschlechtes zur nachträglichen Ausbildung gelangen. Dahin gehören vor allem die Folgen der Kastration bei beiden Geschlechtern.« Ebenso von Moll, Die konträre Sexualempfindung, 3. Aufl., Berlin 1899, S. 170, Anm. 1. Gegen diese Theorien hat sich namentlich Rieger gewendet (Die Kastration, S. 33 f.), ferner Hugo Sellheim (Zur Lehre von den sekundären Geschlechtscharakteren, Beiträge zur Geburtshilfe und Gynäkologie, herausgegeben von A. Hegar, Bd. I, 1898, S. 229–255): »In keiner Weise konnten wir [bei den Kapaunen] einen Umschlag, eine Entwicklung von Mutterliebe konstatieren, die sich in einer Fürsorge für die beigegebenen Küchlein ausgesprochen hätte« (S. 234). »Von einer aktiven Annäherung an das weibliche Tier, wie sie von mancher Seite bei den durch die Entfernung der Hoden bedingten Veränderungen angenommen wird, ist bei dem Kastratenkehlkopf nichts zu merken« (S. 241). Schließlich hat Arthur Foges (Zur Lehre von den sekundären Geschlechtscharakteren, Pflügers Archiv, Bd. XCIII, 1902, S. 39–58) Sellheims Befunde bestätigt und die ältere Ansicht nochmals zurückgewiesen (S. 53). Die letzten Autoren gehen aber wohl zu weit, indem sie die Verweiblichung für ausgeschlossen zu halten scheinen; sie ist zwar keine notwendige Folge der Kastration, da sie jedoch gänzlich ohne dieselbe eintreten kann (vgl. S. 24, Z. 1–8 und die Anmerkung zu dieser Stelle), so wird durch Kastration ihre Möglichkeit in vielen Fällen wohl noch erleichtert werden.

(S. 23, Z. 16 f.) Über die Annahme männlicher Charaktere durch die Frauen, respektive Weibchen, nach dem Aufhören der Geschlechtsreife, respektive der Menopause, vgl. vor allem die ausführliche Abhandlung von Alexander Brandt, Anatomisches und Allgemeines über die sogenannte Hahnenfedrigkeit und über anderweitige Geschlechtsanomalien bei Vögeln, Zeitschr. f. wiss. Zool., 48, 1889, S. 101–190. – Die erste Angabe über Hahnenfedrigkeit bei Aristoteles, Histor. Animal. 9, 49, 631 b, 7 ff. – Im XIX. Jahrhundert handeln von ihr vornehmlich William Yarrell, On the change in the plumage of some Hen-Pheasants, Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 10. Mai 1827 (Part. II, p. 268–275); Darwin, Das Variieren II2, 58 f.; Oscar Hertwig, Die Zelle und die Gewebe, Bd. II, Jena 1898, S. 162. – Hieher gehört vielleicht der interessante Fall von Hypertrichosis, den Chrobak und Rosthorn, Die Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane, Teil I, S. 388, nach Virchow erzählen, »in welchem es sich um eine junge Frau handelte, die während der Menstruation an akutem Magen- und Darmkatarrh erkrankte, später amenorrhoisch wurde, und bei welcher sich während der Dauer des Ausbleibens der Regel der ganze Körper mit schwarzen wachsenden Haaren bedeckte.«

(S. 23, Z. 22 f.) Ricken: nach Brehms Tierleben, 3. Aufl. von Pechuel-Loesche, Säugetiere, Bd. III, 1891, S. 495: »Auch sehr alte Ricken erhalten bisweilen einen kurzen Stirnzapfen und setzen schwache Gehörne auf … Von einem derartigen Geweih teilt mir Block mit, daß es aus zwei gegen 5 cm langen Stangen bestand und selbst einen alten Weidmann täuschen konnte, welcher die Ricke als Bock ansprach und erlegte.«

(S. 23, Z. 13 v. u. ff.) Vgl. Paul Mayer, Carcinologische Mitteilungen, Mitteilungen a. d. zool. Station zu Neapel, I, 1879, VI: Über den Hermaphroditismus bei einigen Isopoden, S. 165 bis 179. Von Vertretern der Gattungen Cymothoa, Anilocra und Nerocila ist durch Mayer sichergestellt, daß dieselben Individuen in ihrer Jugend als Männchen fungieren, bei denen nach einer späteren Häutung die ursprünglich zwar vorhandenen, aber nicht funktionsfähigen Eierstöcke die männlichen Keimdrüsen zurückdrängen, so daß die Tiere nun die Rolle von Weibchen ausfüllen. – Der Ausdruck »Protandrie« (nach dem Muster der Botanik vgl. Nolls Physiologie in Strasburgers Lehrbuch der Botanik, 3. Aufl., 1898, S. 250) wird auch von Mayer, S. 177, für diese Erscheinung gebraucht. Vgl. Cesare Lombroso und Guglielmo Ferrero, Das Weib als Verbrecherin und Prostituierte, übersetzt von Hans Kurella, Hamburg, 1894, S. 3. Übrigens hat L. Cuénot bei gewissen Seesternen ganz die gleiche Erscheinung nachweisen können: Notes sur les Echinodermes, III: »L'hermaphrodisme protandrique d'Asterina gibbosa Penn. et ses variations suivant les localités« (Zoologischer Anzeiger, XXI/1, 1898, S. 273–279). Er kommt zu dem Ergebnis (S. 275): »L'hermaphrodisme protandrique est donc ici indiscutable: les Asterina sont fonctionnellement mâles … puis, elles deviennent exclusivement femelles pour le reste de leur existence.«

(S. 24, Z. 1 ff.) Über Fälle von sexueller Umwandlung wird auch sonst sporadisch berichtet. Z. B. von L. Janson, Über scheinbare Geschlechtsmetamorphose bei Hühnern, Mitteilungen d. deutsch. Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Heft 60, S. 478 bis 480. – Kob, De mutatione sexus, Berlin 1823. – Anekdotenhafte Fälle sind bei Taruffi, Hermaphrodismus und Zeugungsunfähigkeit, Berlin 1903, S. 296, 307 f., 364 f., aus einer Literatur von sehr ungleicher Zuverlässigkeit gesammelt. – »Man hat eine zehn Jahre alte Ente gekannt, welche sowohl das vollständige Winter- als Sommergefieder des Enterichs annahm.« Darwin, Das Variieren etc., II2, S. 58. Vgl. Moll, Untersuchungen über die Libido sexualis, I, S. 444. – R. v. Krafft-Ebing, Psychopathia sexualis mit besonderer Berücksichtigung der konträren Sexualempfindung, eine klinisch-forensische Studie, 8. Aufl., Stuttgart 1893, erwähnt S. 198 f. verschiedene höchst merkwürdige Fälle von Männern, die im Laufe ihres Lebens eine vollständige Umwandlung zum Weibe erfahren haben; besonders kommt in Betracht jene Autobiographie eines Arztes (S. 203 ff.) als Beispiel einer Umwandlung, die, wie Krafft-Ebing S. 215 selbst zugeben muß, durchaus ohne paranoischen Wahn ist, obwohl er auch jenen Fall S. 203 unter der Überschrift »Metamorphosis sexualis paranoica« einführt.

(S. 24, Z. 11 v. u.) Die hier erwähnten Versuche sind die von Emil Knauer (Die Ovarientransplantation, Experimentelle Studie, Archiv für Gynäkologie, Bd. LX, 1900, S. 322–376) ausgeführten. Nur in zwei von dreizehn Fällen mißlang die Transplantation nicht (ibid., S. 371). »Mit Rücksicht auf diese beiden letzten, positiven Erfolge glaube ich behaupten zu können, daß die Überpflanzung der Eierstöcke von einem auf ein zweites Tier ebenfalls möglich sei.« (S. 372.) Foges, der unter Kenntnis von Knauers Erfolgen denselben Versuch wiederholte, ist die Vertauschung nie gelungen (Pflügers Archiv, Bd. XCIII, 1902, S. 93.), ebensowenig wie Knauers von ihm selbst, S. 373 f., citierten Vorgängern. Als Grund ist wohl (neben Wechseln in der Vollkommenheit der technischen Ausführung) der im Text vermutete zu betrachten. – Über den guten Erfolg der Transplantation innerhalb des Tieres vgl. Knauer S. 339 ff.

 

(S. 25, Z. 8 ff.) Über die heute ihrer Gefahren wegen freilich fast außer Gebrauch gekommene Bluttransfusion, vgl. L. Landois, Artikel »Transfusion« in Eulenburgs Realenzyklopädie der Heilkunde, 2. Aufl., Bd. XX, 1890, welche für, und Ernst v. Bergmann, Die Schicksale der Transfusion im letzten Dezennium, Berlin 1883, sowie A. Landerer, Über Transfusion und Infusion, Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und klinische Medizin, Bd. CV, 1886, S. 351–372, die beide gegen die Transfusion sich einsetzen.

(S. 25, Z. 10 v. u. ff.) Über die »Organsafttherapie« unterrichtet am ausführlichsten der, ihrem Prinzipe freilich äußerst gewogene, gleichlautende Artikel von Georg Buschan in Eulenburgs Realenzyklopädie, 3. Aufl., Bd. XVIII (1898), S. 22–82.

(S. 26, Z. 6 v. u.) Nach Foges, Zur Lehre von den sekundären Geschlechtscharakteren, Pflügers Archiv, Bd. XCIII, 1902 (S. 57), wäre freilich die Quantität der ins Blut sezernierten Keimdrüsenstoffe von der größten Bedeutung; denn daß die vollständige Erhaltung des normalen Sexualcharakters durch Hodentransplantation bei seinen Versuchstieren nicht gelang, führt er darauf zurück, daß eine im Verhältnis zur Größe des normalen Hodens nur ganz kleine Menge Hodengewebes zur Anheilung kam.

(S. 25, Z. 4 v. u. ff.) Nach Buschan (a. a. O., S. 32) tun eine Reihe von Versuchen, die von Ferré und Bechasi (Note préliminaire sur l'étude de l'action du suc ovarien sur le cobaye, Gazette hebdomadaire, XLIV, 1897, Nr. 50) in dem physiologischen Laboratorium der Universität Rom angestellt worden sind, deutlich dar, »daß die Wirkung dieser [der Organ-]Präparate auf das männliche Geschlecht eine ganz andere als auf das weibliche ist. Spritzten diese Beobachter von einem Ovarialextrakt … 5 cm3 einem weiblichen Meerschweinchen ein, dann trat weder eine lokale noch eine allgemeine Reaktion auf, nur das Körpergewicht erfuhr eine Zunahme; wurde die gleiche Menge einem männlichen Tiere injiziert, dann stellten sich ebenfalls keine lokalen noch Allgemeinerscheinungen, wohl aber Abmagerung ein. Bei Injektion von 10 cm3 war beim weiblichen Tier die lokale Reaktion nur ganz gering, Allgemeinreaktion war nicht vorhanden und die Gewichtszunahme eine bedeutende; beim männlichen Tier dagegen die lokale Reizung schon ganz beträchtlich, ferner stellte sich eine vorübergehende Temperatursteigerung ein, und die Gewichtsabnahme war noch stärker ausgeprägt. Wenn endlich 15 cm3 injiziert wurden, dann blieb die lokale Reaktion beim Weibchen eine nur schwache, beim Männchen hingegen nahm sie eine noch bedeutendere Höhe an; bei ersterem trat gleichfalls eine Temperatursteigerung um einige Dezigrade während des Injektionstages, bei letzterem hingegen eine sehr deutliche Hypothermie mit nervösem Zittern und intensiver Depression ein; außerdem erfuhr das männliche Meerschweinchen eine sehr beträchtliche Abnahme seines Gewichtes und starb schließlich innerhalb vier bis sechs Tagen.«

(S. 27, Z. 6 ff.) Es dürfte dies für verschiedene Organismen verschieden sein. Z. B. bemerken gegenüber anderslautenden Aussagen von Born und Pflüger die Hertwigs auf S. 43 ihrer »Experimentellen Untersuchungen über die Bedingungen der Bastardbefruchtung« (Oscar und Richard Hertwig, Untersuchungen zur Morphologie und Physiologie der Zelle, 4. Heft, Jena 1885): »Selbst bei den stärksten Vergrößerungen ist es uns nicht möglich gewesen, zwischen den reifen Samenfäden eines Sphaerechinus oder Strongylocentrotus oder einer Arbacia Unterschiede in Form und Größe zu entdecken.« Dagegen setzt L. Weill, Über die kinetische Korrelation zwischen den beiden Generationszellen, Archiv für Entwicklungsmechanik der Organismen, Bd. XI, 1901, S. 222–224, die Existenz individueller Unterschiede auch zwischen den Spermatozoiden und Eizellen derselben Tiere voraus. – Daß übrigens die Dimensionen der Eier sicherlich schwanken, ist aus den Maßzahlen zu ersehen, die Karl Schulin, Zur Morphologie des Ovariums, Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. XIX, 1881, S. 472 f. und W. Nagel, Das menschliche Ei, ibid., Bd. XXXI, 1888, S. 397, 399 angeben.

(S. 27, Z. 12 ff.) Über die Geschwindigkeit der Spermatozoiden vgl. Chrobak-Rosthorn I/2, S. 441.

(S. 27, Z. 16 ff.) Purser, The British Medical Journal, 1885, p. 1159 (vgl. Moll, Untersuchungen, I, S. 252) und besonders Franz Friedmann, Rudimentäre Eier im Hoden von Rana viridis, Archiv für mikroskopische Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. LII, 1898, S. 248–261 (mit vielen Literaturangaben, S. 261). Friedmanns Fall ist dadurch besonders interessant, daß sich in beiden Hoden (im einen fünf, im anderen zehn) wohl entwickelte Eier mit einem Durchmesser von 225–500 μ fanden, die sämtlich innerhalb der Samenkanälchen selbst, und nicht erst zwischen den Hodenschläuchen lagen. Auch Pflüger, Über die das Geschlecht bestimmenden Ursachen und die Geschlechtsverhältnisse der Frösche, Archiv für die gesamte Physiologie, Bd. XXIX, 1882, S. 13–40, berichtet über die großen Graafschen Follikel, die er gegen seine Erwartung in den Hoden brauner Grasfrösche gefunden habe (S. 33). Seine Abhandlung spricht geradezu von Übergangsformen von Hode zu Eierstock. – Weitere Literaturangaben bei Frank J. Cole, A Case of Hermaphroditism in Rana temporaria, Anatomischer Anzeiger, 21. September 1895, S. 104–112. G. Loisel, Grenouille femelle présentant les caractères sexuels secondaires du mâle, Comptes rendus hebdomadaires des Séances et Mémoires de la Société de Biologie, LIII, 1901, p. 204–206. La Valette St. George, Zwitterbildung beim kleinen Wassermolch, Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. XLV (1895), S. 1–14.

(S. 28, Z. 12 v. u.) Einen freilich nicht weit geführten Anfang zu einer Theorie der sexuellen Zwischenformen hat der bekannte Gynäkologe A. Hegar schon im Jahre 1877 gemacht (Über die Exstirpation normaler und nicht zu umfänglicher Tumoren degenerierter Eierstöcke, Zentralblatt für Gynäkologie, 10. November 1877, S. 297–307, S. 305 heißt es): »Der Satz ‚propter solum ovarium mulier est quod est’ ist entschieden zu scharf gefaßt, wenn man denselben in dem Sinne auffaßt, daß von dem Eierstock ausschließlich der Anstoß zur Herstellung des eigentümlichen weiblichen Körpertypus und der speziellen weiblichen Geschlechtscharaktere gegeben werde. Schon Geoffroy St. Hilaire lehrte die Unabhängigkeit in der Entwicklung der einzelnen Abschnitte des Geschlechtsapparates, und Klebs hat in neuerer Zeit diese Lehre durch die Verhältnisse beim Hermaphroditismus motiviert. Jedenfalls ist es jedoch notwendig, auch selbst wenn man den Eierstock als wichtigstes Movens annimmt, noch weiter zurückzugehen und nach einem Moment zu suchen, welches bedingt, daß in dem einen Fall eine männliche, in dem anderen eine weibliche Keimdrüse zustande kommt. [Hier wurde als solches das Arrheno-, respektive Thelyplasma des ganzen Organismus angesehen]..... Wir können hier für unsere Betrachtungen kurzweg von einem geschlechtsbedingenden Moment sprechen. Nehmen wir nun an, daß ursprünglich in jedem Individuum zwei geschlechtsbedingende Momente vorhanden sind, von denen das eine zum Manne, das andere zum Weibe führt, und nehmen wir ferner an, daß diese Momente nicht bloß die spezifische Keimdrüse, sondern gleichzeitig auch die anderen Geschlechtscharaktere herzustellen suchen, so erscheint uns eine genügende Erklärung für alle .... Tatsachen vorhanden zu sein. Die eine Bewegungsrichtung überwiegt für gewöhnlich so, daß nur ein spezifischer Typus geschaffen, während der andere verdrängt wird. Es kann dieses Übergewicht so bedeutend sein, daß, selbst bei Defekt oder rudimentärer Ausbildung der ihm zukommenden spezifischen Keimdrüse, doch die übrigen entsprechenden Geschlechtscharaktere hergestellt werden. [Disharmonie in der sexuellen Charakteristik der verschiedenen Teile eines Organismus.] In welcher Art jene Verdrängung stattfindet, ist freilich nicht leicht zu sagen. Wahrscheinlich spielen hier teilweise sehr einfache mechanische Vorgänge mit. [??] Das Bildungsmaterial wird aufgebraucht oder es bleibt einfach kein Platz, kein Raum mehr für die Entwicklung des andersartigen Organes. Einen analogen Vorgang finden wir ja bei Vögeln, bei denen der linke Eierstock durch sein kräftigeres Wachstum den rechten zur Atrophie bringt, gleichsam totdrückt ....... Bei der zufälligen Schwäche der Bewegungsrichtung können leicht zufällige, selbst leichte Widerstände bedeutend einwirken. Es wird dann das andere geschlechtsbedingende Moment zur Geltung kommen, und wir sehen so ein Individuum entstehen, welches einen anderen Geschlechtstypus hat als denjenigen, welcher ihm seiner Keimdrüse nach zukommt. Meist sind freilich Gemische männlicher und weiblicher Eigenschaften in den mannigfachsten Kombinationen vorhanden bis zu jenen feinen Nuancen herab, bei denen wir von einem weibischen Manne und einem Mannweibe sprechen.«

104Über den Einfluß der Ovarienexstirpation auf Strukturveränderungen des Uterus. Archiv für Gynäkologie, 51, 1896, 286 ff.