Zwischen meinen Inseln

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Brisbane, 29. August 1913

Ich war bis zu dem heutigen Tag noch nie bei einem Zahnarzt, bei einem Arzt, der nur für die Zähne zuständig ist und für sonst gar nichts. Früher kannte ich nur einen Arzt für alles. Wenn ich zur Untersuchung war, wurde mir der Puls gefühlt, Fieber gemessen und in den Mund geschaut. Ich weiß, dass der Arzt in Taiohae auch Zähne gezogen hat, aber nicht bei mir, bei mir gab es nichts zu tun und es gibt auch weiterhin nichts zu tun, was jetzt sogar der Spezialist für Zähne festgestellt hat. Ich habe ein Naturgebiss, weil alle Zähne noch vorhanden sind. Ich habe sogar zu viele Zähne. Es sind die Weisheitszähne, von den es zwei oben und zwei unten gibt und die bei mir schon fast durchgebrochen sind. Ich soll sie mir ziehen lassen, weil ich diese Weisheitszähne nicht brauche, sie würden nur stören. Ich darf es mir aber noch überlegen, es kann nämlich schmerzhaft sein.

Brisbane, 17. September 1913

Ich habe gerade Vaters letzten Artikel gelesen. Er hat ihn ausnahmsweise hier in Brisbane geschrieben, obwohl es um ein großes Feuer in Toowoomba, gut siebzig Meilen von hier ging und Vater erst am frühen Morgen zurückgekommen ist. Der Artikel muss schnell telegrafiert werden, weil er in alle Ecken Australiens geht. An die Ostküste sowieso, an Zeitungen in New South Wales und Victoria, aber auch an den Advertiser in Adelaide und den West Australian im fernen Perth und sogar nach Tasmanien, nach Hobart, an den Mercury. In Melbourne hat Vater die Zeitung sogar schon gewechselt und arbeitet nicht mehr für den Herald, sondern für den Age, der mehr zahlt. Vater ist ein reisender Journalist und das macht ihn so einzigartig, denke ich. Wenn er in Perth ist, und über die Ereignisse dort berichtet, findet er Abnehmer in Adelaide, Sydney oder hier in Brisbane. Wenn er in Melbourne ist, so schreibt er für Zeitungen in Perth, Darwin oder Hobart. Es ist sehr spannend, weil uns die Zeitungen, in denen Vaters Artikel abgedruckt sind, immer einige Zeit später zugeschickt werden. Anfangs habe ich die Zeitungen gesammelt, jeweils die gesamte Ausgabe. Als dies zu viel wurde, habe ich begonnen, die Artikel auszuschneiden.

Brisbane, 5. Oktober 1913

Ich hatte schon etwas Angst vor dem Zähneziehen und es war auch nicht so schön. Jetzt sind die beiden unteren Weisheitszähne heraus. Ich will immer mit der Zunge an den Stellen fühlen, aber ich muss mich beherrschen, sonst heilen die Wunden nicht. Für die oberen beiden werde ich mir noch etwas Zeit lassen, erst wenn unten alles verheilt ist. Vielleicht warte ich auch noch bis nächstes Jahr.

Brisbane, 31. Oktober 1913

Es hat lange gedauert, bis ich endlich eine Ausbildung beginnen kann. Es lag aber auch daran, dass ich noch so viel lernen musste, um die Aufnahmeprüfungen für das College zu bestehen. Mit Polynesischen Zeugnissen komme ich in Australien nicht sehr weit. Ich war aber fleißig und habe gezeigt, dass ich jetzt auch die englische Orthografie recht gut beherrsche. Dann wurde noch das Allgemeinwissen abgefragt, Geschichte des Landes, australische Geografie, was mir leichtgefallen ist, weil ich Vater auf seinen Reisen immer schon in meinem Atlas gefolgt bin und so die meisten Städte, Regionen und Bundesstaaten gut kenne. Natürlich wollten sie mit dem Test nur die Zahl der Bewerber verringern, denn es haben sich mehr Schüler angemeldet, als im kommenden Semester unterrichtet werden können. Auf jeden Fall habe ich bestanden und sie werden mich in der Schule aufnehmen. Wenn ich demnächst gefragt werde, kann ich sagen, dass ich an der Kelvin Grove studiere. Ich werde wohl mit der Elektrischen-Bahn fahren müssen, um von New Farm täglich dorthin zu kommen. Zum Glück ist der Unterricht nur am Vormittag, sodass ich nachmittags Zeit für Tom haben werde. Da Vater auch nicht immer zu Hause ist, haben wir uns nun doch wieder für ein Kindermädchen entschieden. Mildreds Fortgang war nun doch recht schmerzlich und ist gar nicht mehr zu ertragen, wenn ich bald auf die Schule gehe. Vater wollte erst eine Annonce aufgeben, dann wurde ihm aber jemand empfohlen. Ich bin gespannt, wer es ist. Ich fürchte, ich bin sehr kritisch, wenn es darum geht, wer statt meiner oder Vater auf Tom aufpasst und außerdem werde ich diejenige, die kommt, immer mit Mildred vergleichen.

Brisbane, 4. November 1913

Mrs. Lovegrove ist schon siebenundfünfzig. Sie ist wie eine Großmutter zu Tom. Sie hat eine Rente und sieht die Arbeit als Kindermädchen nur zum Zeitvertreib und um jung zu bleiben, wie sie selbst sagt. Sie ist ideal, gefällt mir und sie ist nicht zu teuer. Ich wollte ja immer jemanden haben, der in meinem Alter ist, wegen des Respekts. Jetzt weiß ich aber, dass wohl beides geht, entweder so jung wie ich oder ganz alt. Ja ich denke, ich habe für Tom kein Kindermädchen, sondern eine Großmutter bekommen. Ich werde Mrs. Lovegrove nicht zu sehr anstrengen und sie nur vormittags auf Tom aufpassen lassen. Dafür kommt sie auch fünf Tage die Woche, sodass ich mich auf die Schule konzentrieren kann. So wie ich sie kennengelernt habe, wird sie sich auch ein wenig ums Haus kümmern, ich werde es mir gefallen lassen.

Brisbane, 30. November 1913

Es ist so schnell gegangen und ich habe nicht alles immer aufgeschrieben, weil es einem gar nicht so wichtig erscheint. Tom ist jetzt ein Mensch wie Vater und ich. Er nimmt nicht einfach nur, was wir ihm geben, er verlangt danach. Er sagt es, wenn er Durst hat, er verlangt nach einem Brot und wir müssen ihm seine Spielsachen bringen, wenn er uns dazu auffordert. Tom erinnert Vater beim Zubettgehen auch, dass er eine Geschichte hören will, oder er fordert mich auf, etwas für ihn zu singen. Ich singe tatsächlich, obwohl ich es eigentlich gar nicht kann. Tom findet es aber wunderschön, obwohl er über meinen Gesang einschläft. Für eine Opernsängerin mag dies kein Kompliment sein, für mich schon.

Brisbane, 15. Dezember 1913

Ich frage mich, wann ich Vater den Rougon-Macquart-Zyklus geschenkt habe. War es im letzten oder im vorletzten Jahr. Egal, wir haben am dritten Advent wenigstens auch mit dem dritten Band begonnen, »Der Bauch von Paris«. Über Weihnachten wollen wir es ganz durchlesen. Es bleiben dann noch siebzehn Bände. Ich habe es überschlagen, fast sechstausend Seiten, sechstausend. Vielleicht inseriere ich auch und biete den Zola zum Verkauf an, dann sind wir nicht mehr in der Not. Dies ist natürlich nicht mein Ernst, denn Vater hat mir versprochen, dass wir es noch schaffen werden, alles zu lesen. Der zweite Roman, den wir eben zu Ende gelesen haben, spielt nicht mehr in der Provinz, sondern in Paris, was mich natürlich anfangs sehr interessiert hat. Es wurde allerdings nicht viel über Paris berichtet, nur über das Abreißen ganzer Straßenzüge, über die Zerstörung des alten Paris. Vater wusste, dass Paris unter Napoleon III. ein neues Gesicht bekommen hat, dass es eine neue Ordnung der Arrondissements gab, eine Ordnung, die noch heute Bestand hat. Es nützt mir nichts, ich kenne Paris nicht, ich kann nicht vergleichen. Vater allerdings auch nicht, aber er weiß wenigstens, wie dieses neue Paris aussieht. Was gibt es sonst noch über das Buch zu sagen. Ach ja, Vater und ich haben uns gefragt, was dieses Tahiti-Kostüm sein sollte, ein Baströckchen? Das ist doch nur Zolas Fantasie. Die Missionare haben die Frauen auf Tahiti doch längst in höchstsittliche Kleider verpackt. Der zweite Zola ist auch wieder eine Liebesgeschichte, nicht so rein und unschuldig wie zwischen Miette und Silvère, aber es ist eine Liebesgeschichte, bei der diesmal nur die weibliche Heldin stirbt. Ihr Tod ist zwar nicht so dramatisch wie der Miettes, aber in den letzten Zeilen des Romans wird dem Leser ihr Tod mitgeteilt. Überhaupt sterben bei Zola immer die Frauen, die Ehefrauen und die Geliebten. Durch den Tod aber, bleiben oder werden diese Frauen erst unschuldig, so sehe ich es. Ich fand den zweiten Zola nicht so gut wie den Ersten. Diese ganzen Intrigen, das Jonglieren mit Geld, die Dekadenz der Neureichen, der Emporkömmlinge und der Günstlinge des Zweiten Kaiserreichs, haben mich vielleicht interessiert, aber nicht begeistert. Ich trauere eben immer noch um Miette und Silvère, über die ich gerne weitergelesen hätte.

1914
Brisbane, 8. Januar 1914

Wir haben Tom heute untersuchen lassen. Der Arzt ist sehr zufrieden mit ihm. Tom hatte anfangs gar keine Angst. Er hat den Doktor dann auch selbst mit dem Stethoskop abgehört und ihm mit dem Holzspatel nach den Mandeln gesehen. Einen schwachen Moment gab es dann aber doch noch. Tom musste gegen ein Fieber geimpft werden. Die Spritze hat ihm überhaupt nicht gefallen und ich glaube auch, dass der Doktor vorerst Toms Sympathien verspielt hat. Wir werden erst in einem halben Jahr wieder in die Praxis müssen, ich hoffe Tom hat die Spritze bis dahin vergessen. Es wird aber auch nicht seine Letzte gewesen sein.

Brisbane, 3. Februar 1914

Auf dem College werden in der Regel drei Sprachen studiert und noch zusätzlich die Muttersprache. Für Australier ist dies Englisch, für mich Französisch und so habe ich entschieden, neben Spanisch, Portugiesisch und Holländisch auch noch Französisch als Fremdsprache zu wählen. Ich mache es, um später auch in Französisch einen Prüfungsabschluss vorweisen zu können, obwohl ja meine Staatszugehörigkeit Qualifikation genug wäre.

Brisbane, 13. Februar 1914

Gestern gab es nur eine kurze Kaffeetafel zu Vaters Geburtstag. Wir mussten beide arbeiten. Vater hat seine Manuskripte durchgesehen und ich musste noch lernen. Ich bin plötzlich so ehrgeizig. Die Schule bedeutet mir wirklich viel. Ich denke, wenn ich gleich sofort ganz ernsthaft beginne, gewöhne ich mich auch an die Arbeit und das tägliche Pensum und es fällt mir später leichter, wenn es einmal wirklich viel zu tun gibt und der Stoff schwieriger wird.

 

Brisbane, 17. März 1914

Tom hat etwas für mich gebastelt, es sind zwei Bücherstützen für mein Regal. Vater hat ihm natürlich geholfen, er hat gesägt und gehämmert und Tom durfte die Bücherstützen anmalen. Es ist das erste Mal, dass mir mein Sohn etwas zum Geburtstag geschenkt hat. Ich denke, dies gehört auch zum Menschwerden dazu.

Brisbane, 13. April 1914

Tante Maggie und Onkel Louis haben gestern Abend eingeladen, sie sind seit zehn Jahren verheiratet. Ich habe hier in Brisbane noch nie so viele Franzosen an einem Ort gleichzeitig gesehen. Es gab einige Dialekte, die ich noch nie gehört habe, Elsässer, Katalanen und Korsen. Die Korsen sind wohl besonders stolz. Einer von Onkel Louis Freunden, der aus Korsika stammt, behauptete ein Nachfahre Napoleons zu sein. Ich habe Vater hinterher gefragt, ob das sein könne. Er wusste es nicht. Napoleon hatte viele Brüder und Schwestern, die auch wieder viele Kinder und Kindeskinder hatten, also warum nicht. Leider mussten wir schon früh gehen, es war wirklich ein schöner Abend. Übrigens hat Onkel Louis diesmal nicht selbst gekocht und Tante Maggie stand nicht hinter dem Tresen, es war ja schließlich auch ihr Ehrentag.

Brisbane, 7. Mai 1914

Mein Sohn ist heute zwei Jahre alt geworden, ich bin eine stolze Mutter. Tom hat das Wort Geburtstag schon gelernt, aber ich glaube nicht, dass er weiß, was es bedeutet, geschweige denn er weiß, dass er heute Geburtstag hat. Das mit dem Kuchen und den Kerzen hat er aber schon begriffen. Vater bringt ihm zu zählen bei und so haben sie endlos lange gezählt, erst bis zwei, dann bis fünf und dann sogar bis zehn. Ich denke Tom hat es nur nachgeplappert. Ich freue mich schon auf die Geburtstage in den nächsten Jahren, wenn Tom immer mehr begreift und versteht.

Brisbane, 22. Mai 1914

Ich glaube, wir wollten den »Bauch von Paris« schon zum Jahreswechsel fertiglesen. Daraus ist wohl nichts geworden. Bis letzte Woche fehlten noch gut siebzig Seiten und die habe ich jetzt allein zu Ende gebracht. Entweder werde ich sie noch einmal zusammen mit Vater lesen oder wir fangen gleich mit dem vierten Rougon-Macquart an. In den letzten Wochen und Monaten habe ich Vater aber nur noch selten vorgelesen, wir sind irgendwie davon abgekommen. Ich muss ihn und auch mich einfach wieder dazu ermuntern. Es ist doch eigentlich ganz schön, gemeinsam eine Lektüre zu haben und darüber zu sprechen und mir von Vater erklären zu lassen, was er darüber weiß. Ich habe Onkel Louis gefragt, ob er das Buch kennt, denn für ihn müsste es doch die reinste Wonne sein. Was wird nicht alles an essbarem aufgezählt, Gemüse, Obst, Fisch und natürlich Fleisch. Das Handwerk des Fleischers wird dem Leser nahegebracht, sodass man die Würste und Pasteten beinahe riechen kann. Die Blutwurst hat mir allerdings Ekel verursacht. Onkel Louis kennt zwar das Buch nicht, dafür aber wenigstens die Markthallen in Paris. Dann war der Roman auch wieder sehr politisch. Es wurde ein Aufstand gegen das Kaiserreich geplant. Gerade auf den letzten siebzig Seiten hat sich alles aufgelöst. Dieser Florent ist für mich ein dummer Mensch. Er entkommt der Hölle der Teufelsinsel und hat sogar in Paris noch ein Vermögen. Er hätte sich zurückziehen können, ein gutes Leben führen können, stattdessen betreibt er Politik, will diesen Aufstand gegen den Staat führen, mit Pistolen und roten Schärpen. Die Polizei hat schon gewartet und bei Zola wird auf den letzten Seiten immer ganz schnell erzählt, was aus den Leuten wird. Florent wird wieder deportiert, die anderen leben glücklich weiter.

Brisbane, 2. Juni 1914

In der Woche nach Pfingsten hat das College Ferien, aber ich kann es kaum erwarten, dass sie vorbei sind. Am Montag beginne ich mit dem Holländischen. Es soll dem Englischen verwandt sein. Mit Spanisch und Portugiesisch hatte ich ja überhaupt keine Schwierigkeiten, weil es wie das Französische ebenfalls romanische Sprachen sind. Ich habe schon gelernt, was romanische und germanische Sprachen sind.

Brisbane, 18. Juni 1914

Ich habe die Idee, meine Tagebucheinträge auch auf Spanisch und auf Portugiesisch zu schreiben. Es soll eine Übung sein. Ich übersetzte ja schon zur Übung häufig irgendwelche Texte, aber ich denke es ist ein Unterschied, einen schon fertigen Artikel oder Bericht in eine andere Sprache zu übersetzen, als sich gleich mit den eigenen Worten auszudrücken. Als Erstes werde ich diesen Abschnitt hier ins Spanische und auch ins Portugiesische übersetzen. Aber halt, das wäre ja nichts anderes, als ich sonst auch mache. Nein, ich muss gleich auf Spanisch schreiben, ja, ich denke ich beginne auf Spanisch zu schreiben.

Anmerkungen der Herausgeber:

Madame Jasoline hat ihre Ankündigung in die Tat umgesetzt. In den Jahren 1914 und 1915 haben wir viele ihrer Tagebucheinträge auf Spanisch, Portugiesisch und sogar Holländisch gefunden. Wir haben uns für die Übersetzung professionelle Hilfe geholt. Die sprachliche Qualität der Texte soll sehr gut sein.

Brisbane, 8. Juli 1914

In meinen Tagebüchern habe ich keine Notiz darüber gefunden, wann Tom das erste Mal richtig auf beiden Beinen gelaufen ist. Es war bestimmt schon im letzten Jahr. Er hat sich immer an den Möbeln hochgezogen, wie es wohl jedes Kind macht. Irgendwann ist er dann durchs Zimmer gelaufen. Von da an ist er nirgends mehr hin gekrabbelt, sondern er ist gelaufen. Tom und ich machen uns jetzt immer den Spaß eines Wettrennens. Tom möchte immer und überall ein Wettrennen mit mir und er versucht es auch bei Vater. Ich lasse Tom immer gewinnen. Vater tut dies mit Absicht nicht. Er sagt, ein Mann muss lernen, nicht alles ohne Mühe zu bekommen. Ich verstehe das nicht, Tom kann sich doch ohnehin noch nicht mit einem erwachsenen Mann messen.

Brisbane, 17. Juli 1914

Vater hat das Postfach aufgegeben. Ich hatte gar nicht mehr an all dies gedacht, an die Briefe, die bis heute ohne Antwort blieben, die noch nicht einmal zurückgekommen sind. Ich weiß, was Vater denkt. Er hat es aufgegeben. Wir brauchen nicht darüber zu sprechen, vorerst nicht. Ich mache mir natürlich auch meine Gedanken. Mutter ist tot, aber dann wären die Briefe zurückgekommen. Sie sind verloren gegangen, aber warum denn dann gleich beide? Es kann doch nicht sein. Als Drittes fällt mir ein ..., aber darüber denke ich nicht nach. Ich habe mein Leben, ich habe meinen Sohn, ich habe Vater, wir haben uns. Niemand bringt die Zeit zurück.

Brisbane, 26. Juli 1914

In Europa droht ein Krieg, in den auch die britische Nation hineingezogen werden kann. Vater kennt Europa, auch wenn er schon so viele Jahre nicht mehr dort war. Wir harren der Nachrichten aus der Ferne.

Brisbane, 5. August 1914

Vater nannte es eine Kettenreaktion der Bündnissysteme. Das Kaiserreich Österreich-Ungarn erklärt einem Staat namens Serbien den Krieg. Das große Russland ist der Beschützer Serbiens und kann dies nicht dulden. Das Deutsche Reich ist wiederum im Bündnis mit Österreich-Ungarn und erklärt Russland den Krieg. Frankreich sieht seinen Verbündeten Russland, angegriffen und erklärt dem Deutschen Reich den Krieg. Und auch Großbritannien ist im Bündnis mit Frankreich und Russland. Mit zwei Staaten beginnt es und schon ist ganz Europa im Krieg, so wie es jetzt geschehen ist. Hier in Australien würde es uns nichts angehen, doch Australien folgt seinem Mutterland und wird Soldaten nach Europa schicken. Premier Cook hat die Nation angerufen, nicht England ist im Krieg, sondern das Empire und Australien ist Teil des Empires.

Brisbane, 7. August 1914

Aus Fort Nepean in Victoria wird die Beschießung eines deutschen Frachters gemeldet. Ich hatte gedacht, Australien würde die Deutschen in Europa bekämpfen.

Brisbane, 11. August 1914

In diesen Tagen öffnen die Musterungsbüros, bei denen sich die Männer freiwillig für den Kampf in Europa melden können. Ich bin heute an einem vorbeigekommen, es gab schon eine große Schlange bis auf die Straße hinaus. Viele junge Männer, aber auch einige in Vaters Alter. Wenn dies in allen Städten und auch auf dem Lande so geht, wird Australien sicherlich eine große Truppe zusammenbekommen. Vater meinte, dass England nach zwanzigtausend Mann verlangt hat. Die werden bestimmt rekrutiert, wo sich doch auch Neuseeland genau wie Australien verpflichtet sieht und ebenfalls Männer schicken wird.

Brisbane, 4. September 1914

In Frankreich scheint Paris von den vorrückenden Deutschen bedroht zu sein. Die französische Regierung ist nach Bordeaux geflohen.

Brisbane, 8. September 1914

Belgien wurde von den Deutschen besetzt und auch weite Teile Nordfrankreichs. In Nordfrankreich verläuft die Front. Briten und Franzosen versuchen die Deutschen erbittert zurückzuschlagen.

Brisbane, 11. September 1914

Die Melbourne hat eine deutsche Funkstation auf Nauru zerstört. Vor eben einem Monat wurde die Australian Naval and Military Expeditionary Force gegründet und schon gibt es die ersten Erfolge gegen die Deutschen in Ozeanien.

Brisbane, 19. September 1914

Premier Cook hat die Wahlen verloren und so konnte Mr. Andrew Fisher seine dritte Amtszeit antreten. Jetzt wo wir im Krieg sind, ist es gut einen erfahrenen Premierminister zu haben. Mr. Fisher hat auch gleich den Aufruf seines Vorgängers erneuert. Australien wird auch unter seiner Regierung für die Sache in Europa kämpfen.