Zwischen meinen Inseln

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Brisbane, 9. Dezember 1919

Morgen wird Tom schon wieder aus Redcliffe zurück sein und trotzdem erreicht mich heute eine Postkarte von ihm. Er hat auf Französisch geschrieben, weil er nicht wollte, dass unser Postbote es lesen kann. Dies ist auch schon alles, was er schreibt. Tom und ich waren schon einmal gemeinsam in Redcliffe. Zum Glück erinnert sich Tom nicht mehr so genau daran.

Brisbane, 17. Dezember 1919

Es ist schon unglaublich, dass ein Flugzeug in England startet und es bis nach Australien schafft. Es war ein Wettbewerb, den jetzt die Smith-Brüder gewonnen haben, genaugenommen Captain Ross Macpherson Smith und Lieutenant Keith Macpherson Smith, um es respektvoller zu schreiben. Bei Auslobung eines Preisgeldes in Höhe von zehntausend Pfund sollte der Weg von England nach Australien mit einem Flugzeug in nicht mehr als dreißig Tagen bewältigt werden. Der Flugrekord endete allerdings schon am 10. Dezember mit dem Erreichen des australischen Festlandes auf einem Flugplatz in der Nähe von Darwin. Gestartet wurde am zwölften November in der Nähe von London. Die Strecke von über elftausend Meilen wurde aber nicht nonstop bewältigt. Ich denke, dies ist unmöglich, weil ja auch Treibstoff für die Motoren nachgeladen werden muss. Die Reise hatte somit viele Stationen. Rom, Kairo, Kalkutta und Singapur waren nur einige davon. Vor einer Woche, einen Tag nach der Landung, hat der Age bereits von dem Ereignis berichtet. Die Sieger, also die Piloten und die beiden Mechaniker und natürlich auch ihr Flugapparat sind dann nach Adelaide gereist, um dort bejubelt zu werden. Für heute hatte Vater dann den Auftrag über die Feier dort zu schreiben und weitere Hintergründe zu nennen. Er war schon die ganze letzte Woche in Melbourne. Aus seinem Artikel nähren sich nun viele meiner Fakten. So waren die Smith-Brüder und ihre beiden Mechaniker insgesamt hundertsechsunddreißig Stunden in der Luft, was einer Fluggeschwindigkeit von immerhin achtzig Meilen pro Stunde entspricht. Die Smith-Brüder waren natürlich nicht die Einzigen, die zu dem Rennen gestartet sind, sie sind aber bislang die Einzigen, die Australien auch erreicht haben. Einige Teilnehmer sind dabei noch nicht einmal über Europa hinausgekommen.

Brisbane, 23. Dezember 1919

Ich reise über Weihnachten nicht nach Neuseeland, ich besuche Vater nicht. Er ist jetzt wieder in Melbourne und ich möchte auch nicht, dass er zu mir nach Brisbane kommt. Er kann nichts dafür, aber ich möchte jetzt alleine bleiben. Das Weihnachtsfest verbringe ich natürlich mit Tom, er wird aber am 26. Dezember einen Ausflug mit der Kirche auf eine Farm unternehmen und erst Silvester zurück sein. Ich habe also ein paar freie Tage, ganz allein, um nachzudenken.

1920
Brisbane, 5. Januar 1920

Am Mittwoch wird Tom für zwei Wochen verreisen. Keith nimmt ihn und Paul zu seinen Großeltern mit. Es geht nach Ipswich. Ich bin ganz froh, dass er in seinen Ferien viel unternimmt. Ich bin weiterhin nicht in der richtigen Stimmung und so ist es besser und mein Zustand würde sich auf ihn übertragen, wenn er den ganzen Tag mit mir zusammen sein müsste.

Brisbane, 22. Januar 1920

Gestern habe ich ein fröhliches Gesicht aufgesetzt. Tom wurde mir von Keith Vater zurückgebracht. In dieser Woche muss ich ihn unterhalten und dann beginnt auch schon wieder die Schule. Ich habe meine Arbeit zur Seite gelegt und werde mich in den nächsten Tagen mit meinem Sohn beschäftigen. Keith, Paul und Jimmy werden aber bestimmt auch vorbeikommen und Tom zum Spielen abholen.

Brisbane, 12. Februar 1920

Vater hat uns an seinem Geburtstag in Brisbane besucht. Er ist schon vorgestern angekommen und bleibt für zwei Wochen. Tom ist ganz glücklich und ich freue mich natürlich auch. Ich hoffe Vater versteht es, wenn ich nicht über Jack reden möchte.

Brisbane, 29. Februar 1920

Ich habe gerade noch einmal den letzten Eintrag in diesem Büchlein gelesen, den Letzten aus dem vorherigen Jahr, den Letzten aus dem alten Jahrzehnt. Es ist Vergangenheit. Ich habe Jack schon am nächsten Tag gesagt, dass ich nicht auf ihn warten wolle, dass ich ihn jetzt sofort und nicht erst in zwei Jahren will. Er hat noch einmal gekämpft, was ich ihm hoch anrechne, aber er wollte aus zwei Jahren nicht weniger als achtzehn Monate machen. Wir haben uns voneinander verabschiedet. Jack hat noch eine vage Chance, wie er wohl glaubt. Er hat noch im letzten Jahr eine Anstellung auf einem Schiff bekommen. Die Reise geht nach Afrika und er wird in gut sechs Monaten wieder in Brisbane sein. Ich habe ihm zumindest erlaubt, mich dann wiederzusehen. Für ihn mag es eine Hoffnung sein, ich hingegen habe mich schon entschieden.

Brisbane, 10. März 1920

Ich bin voller Tatendrang. Vaters altes Zimmer war bislang ungenutzt. Es soll ja Vaters Zimmer bleiben, wenn er uns besucht. Ich lasse das Bett und den Nachtschrank stehen und nehme nur den Schrank heraus und Vaters kleinen Schreibtisch. Ich will meinen eigenen Schreibtisch und das Bücherregal aus dem Wohnzimmer herübertragen und so habe ich ein richtiges Arbeitszimmer. Ich muss sehen, ob ich alles alleine schleppen kann.

Brisbane, 22. März 1920

Vaters Kleiderschrank steht jetzt im Keller und auch sein Schreibtisch und sogar mein kleiner Schreibtisch. Ich habe mir einen Neuen gekauft, einen größeren. Als die Möbelfirma ihn gebracht hat, haben mir die Träger geholfen, die alten Sachen in den Keller zu bringen. Es ist ein hübsches Arbeitszimmer geworden. Ich habe den Schreibtisch noch mehrere Male verschoben, jetzt steht er direkt vor dem Fenster, so wie ich es gewohnt bin. Das Bücherregal steht dort, wo Vaters Kleiderschrank gestanden hat. Vaters Bett ist geblieben, aber es stört nicht, es macht den Raum sogar gemütlich. Ich habe die Bettwäsche weggenommen und die Matratze mit einer Decke bezogen und zu guter Letzt noch ein paar Kissen darauf verteilt, so wurde das Bett zu einem Sofa und ich kann mich darauf ausstrecken und lesen. Jetzt muss ich nur noch wieder anfangen zu arbeiten, denn in den letzten Tagen ist dies zu kurz gekommen, wo doch einige Aufträge auf Erledigung warten. Und ich muss mich beeilen, denn in zwei Wochen wollen Tom und ich zu Besuch nach Auckland fahren.

Hatfields Beach, 5. April 1920

Am Donnerstag sind wir in Auckland angekommen. Es ist wirklich schön hier. Die Schiffsreise war auch recht angenehm, die paar Tage waren gut, um zu entspannen. Tom hat sich etwas gelangweilt, aber jetzt ist er voller Tatendrang. Vater hat uns abgeholt. Wir sind mit einem Taxi zum Bahnhof gefahren und dann in den Zug gestiegen. Nach Hatfields Beach waren es gerade einmal dreißig Minuten Fahrt. Von der Station aus sind wir zu Fuß weitergegangen. Vater hat unseren Koffer getragen. Ich konnte gleich das Meer riechen, wir sind dann auch nicht länger als zehn Minuten gegangen und standen schon vor Vaters Haus. Er hat sich viel Mühe gegeben, es war alles ordentlich hergerichtet. Tom und ich hatten jeder ein Zimmer, meines sogar mit einem Schreibtisch, an dem ich jetzt sitze. Das Osterfest war wirklich sehr schön, gut, dass wir noch bis Ende der Woche bleiben. Hatfields Beach ist wirklich ein netter Ort. Die Nachbarhäuser stehen nicht so dicht, es gibt hier nicht die Enge der Großstadt.

Hatfields Beach, 8. April 1920

Ich habe schon einige Spaziergänge im Dorf und an der Küste hinter mir. Am Strand habe ich eine Frau getroffen, die sich ihren Sonnenstuhl mitgebracht hat und gemütlich ein Buch las. Ich war ganz überrascht, denn es war ein französisches Buch, der Meaulnes. Ich habe sie dann auch auf Französisch angesprochen und sie hat mir geantwortet, zwar nicht in einem guten Französisch, wie ich bemerken darf, aber ich habe sie verstanden. Die weitere Unterhaltung haben wir dann aber auf Englisch geführt. Wir haben schnell festgestellt, dass wir Nachbarn sind. Joy Parker wohnt mit ihrem Mann in dem gelben Haus, das mir schon aufgefallen ist. Sie kennt Vater recht gut, weil ihre Gärten aneinandergrenzen und sie oft ins Gespräch kommen. Dann habe ich auch gesehen, dass der Meaulnes aus Vaters kleiner Bibliothek stammt. Vater hat Mrs. Parker das Buch geliehen und es ist nicht das Erste, wie sie mir erzählt hat. Wir haben uns noch lange unterhalten. Joy Parker stammt aus London. Sie und ihr Mann Alan sind erst vor zwei Jahren, nach Neuseeland gekommen, sie sind also auch Einwanderer, wie Vater und ich.

Brisbane, 15. April 1920

Auf Tahiti stellte sich mir nie die Frage, wer vor uns, wer vor den Franzosen auf den Inseln gelebt hat. Ich brauchte es nicht zu fragen, weil ich es sehen konnte, weil wir mit den Urbewohnern eng zusammengelebt haben, sehr eng sogar, wenn ich an meine Zeit in Onoos Familie denke. In Brisbane gibt es so gut wie keine australischen Ureinwohner, es gibt gar keine, wenn ich recht überlege und sie sind, wenn überhaupt, auch nur in den ländlichen Gegenden zu sehen und auch dort nicht überall. Mein Interesse für diese Menschen hat sich erst kürzlich ergeben, als ich eine Statistik gelesen habe. Noch vor Jahrhunderten soll die Zahl der Aborigines bei gut einer Million gelegen haben. Im Jahre 1900 sollen es dann nur noch hunderttausend gewesen sein und in diesem Jahr ist ihre Zahl auf weniger als fünfundsiebzigtausend zurückgegangen. Die Europäer verdrängen dieses Volk. In Polynesien ist es anders, weil sicherlich niemand großes Interesse an den vielen kleinen Inseln hat. Australien dagegen ist riesengroß, hat Bodenschätze und genug Land für Viehzucht und für Fabriken und Industrien. Über die Aborigines gibt es in der Öffentlichkeit nur wenig zu erfahren. Ich bin daher in die Bibliothek gegangen und auch fündig geworden. Ich habe in anthropologischen Fachbüchern gelesen und mir ein gutes Bild gemacht. Der Name Aborigines ist schon verkehrt, weil er zu allgemein ist. Es gibt viele Stämme, die Koori leben in New South Wales und in Victoria. Die Murri hier im Bundesstaat Queensland. In West Australien die Noongar, die Yamatji und die Wankais. Es sind faszinierende Namen und alles hat mich an Polynesien erinnert, auch wenn es andere Namen und sicherlich auch andere Sprachen sind. Ich werde wohl nochmals in die Bibliothek gehen und weiter in den Büchern lesen, um mehr über Kultur und Bräuche zu erfahren.

 

Brisbane, 17. Mai 1920

In den Zeitungen wurde noch einmal über die Spanische Grippe berichtet, die in den vergangenen beiden Jahren auf der ganzen Welt gewütet hat. In Madrid soll es die ersten Grippeopfer gegeben haben, daher auch der Name für die Krankheit. Es ist für mich aber unvorstellbar, wie sich eine Krankheit von einem einzigen Ort über die ganze Welt ausbreiten kann. Es soll Millionen von Toten gegeben haben, auch dies kann ich mir nicht vorstellen. Selbst die Zahl von zwölftausend Opfern, die wir hier in Australien zu beklagen haben, kommt mir schon so enorm hoch vor.

Brisbane, 23. Mai 1920

Tom hat jetzt schon sein zweites »B« in Mathematik bekommen. Die Benotung der Arbeiten motiviert ihn und er will noch besser werden. Bei einem Diktat war er allerdings nicht schnell genug und hat nur ein »D« bekommen.

Brisbane, 5. Juni 1920

Ich denke in letzter Zeit viel an Vater. Als wir wieder von Hatfields Beach zurück waren, habe ich gespürt, wie er mir fehlt. Ich würde ja viel öfter nach Neuseeland reisen, aber es ist eben doch sehr weit und Toms Schule lässt es ja auch nicht zu. In Brisbane komme ich mir manchmal so verloren vor. Ich weiß, dass es Einbildung ist.

Brisbane, 19. Juni 1920

Helen hat sich den Fuß gebrochen. Ich habe sie heute besucht. Sie ist gestolpert und unglücklich aufgekommen. Der Fuß ist eingegipst. Tom wollte natürlich genau wissen, ob es wehtut und ob sie schon wüsste, wie der Gips wieder entfernt wird, ob man dazu eine Säge bräuchte. Helen hat auf dem Sofa gelegen und alle Fragen geduldig beantwortet. Sie kann durch die Wohnung humpeln, aber an Hausarbeit ist nicht zu denken. Zum Glück hat sie ja ihre Kinder und auch ihren Mann John. Sie sollen alle ohne zu murren helfen.

Brisbane, 5. Juli 1920

Tom und ich sind umgezogen, ein paar Straßen weiter, in ein größeres Haus. Ich kann es mir leisten. Ich verdiene mittlerweile recht gut und die Arbeit ist mir wichtig, so wichtig, dass ich vorerst noch in Brisbane bleibe. Jack ist noch nicht wieder zurück. Er hat zweimal geschrieben, beim letzten Mal hat er unsere Verabredung verschoben, weil sein Schiff um das Kap Richtung Norden, Richtung Europa weitergefahren ist. Jack hat sich nicht die Mühe gemacht, mir zu erklären warum. Vielleicht hat er es ja auch schon von Anfang an gewusst und wird erst in zwei Jahren wieder nach Brisbane kommen. Es mag sein, dass ich Jack durchschaue, aber das ist jetzt egal, es interessiert mich nicht mehr, es ist vorbei.

Brisbane, 12. August 1920

Eine neue Wochenzeitung, der Guardian Weekly hat einige von Vaters Artikeln genommen. Es ist faszinierend, dass es diese Zeitung auf der ganzen Welt zu kaufen gibt. Der Guardian Weekly bezieht seine Meldungen auch aus anderen Zeitungen. Darunter sind der Observer aus England, die Washington Post aus Amerika und auch der französische Figaro. Die Artikel aus dem Figaro werden natürlich ins Englische übersetzt. Vater wird wohl in Zukunft Gelegenheit haben, gerade die Artikel aus dem Figaro mit eigenen Beiträgen zu kommentieren. Er schreibt aber auch über neuseeländische und australische Themen, die er dem Guardian Weekly dann anbietet.

Brisbane, 30. August 1920

Ich hatte heute ein Gespräch mit Toms neuer Lehrerin. Sie hat mich aufgefordert, mit Tom mehr Englisch zu sprechen oder jemanden zu suchen, der mit ihm Englisch spricht. Ich war etwas überrascht. Ich habe natürlich einen französischen Akzent, aber diese Frau tat gerade so, als könne ich nicht richtig Englisch sprechen. Der Grund für dies alles ist ganz einfach. Tom verwechselt manchmal französische und englische Wörter. In einem Aufsatz schreibt er zunächst das Wort, welches er im Kopf hat, auf Französisch, streicht dies dann durch und nimmt den englischen Begriff. Es gibt aber auch Fälle, bei denen er seinen Fehler nicht bemerkt. Seine Lehrerin soll gefälligst Französisch lernen, Tom könnte es ihr beibringen.

Brisbane, 10. September 1920

Joy hat mir heute geschrieben, Alan und sie kommen im Dezember nach Australien, nach Sydney. Alan will sich ein Automobil mieten und die Küste entlang bis nach Melbourne fahren. Sie laden Tom und mich ein, sie zu begleiten. Von Brisbane nach Sydney und von dort nach Melbourne wäre mit dem Automobil wohl zu weit. Wenn ich ihnen also eine Zusage gebe, dann müssen Tom und ich nach Sydney kommen, um die beiden dort zu treffen.

Brisbane, 22. September 1920

Die Sommerferien sind jetzt schon fast vollständig verplant. Vater bittet mich, ihn über Weihnachten in Hatfields Beach zu besuchen und bis in den Januar hinein zu bleiben. Wenn ich fahre, dann wohl ohne Tom, denn er spricht schon seit Wochen von dem Feriencamp bei Amity Point.

Brisbane, 8. Oktober 1920

Tom studiert seit einiger Zeit Vaters Büchlein. Vater hat es ihm bei unserem letzten Besuch in Hatfields geschenkt. Die Sprichwörter und Zitate sind uns natürlich auf Französisch geläufig, weil wir sie ja auch nur auf Französisch anwenden. Tom hat jetzt aber mit der Übersetzung begonnen. Es ist eine schöne Übung, weil man vieles ja nicht einfach wörtlich übersetzen kann, es muss sich ja auch auf Englisch gut anhören. Ein Reim muss ein Reim bleiben, ohne den Sinn zu verfälschen und es kann ja auch sein, dass es Dinge gibt, die nur der Franzose versteht. In solchen Fällen sucht Tom dann immer nach einem anderen Vergleich, der den Engländern geläufiger ist. Tom darf auch neue Sprüche in Vaters Büchlein schreiben und auch Vater sammelt weiter und will es uns schicken. Tom hat jetzt die Verantwortung für Vaters Büchlein, das doch schon solange geführt wird, schon seit fast fünfzig Jahren.

Brisbane, 30. Oktober 1920

Ich habe Tom für die Sommerferien in einem Camp angemeldet. Kurz nach Weihnachten reist er zusammen mit Keith, Paul und Jimmy nach Amity Point. Das Ganze wird vier Wochen dauern, kurz vor Schulbeginn werden sie wieder in Brisbane sein.

Brisbane, 17. November 1920

Ich habe meine Planungen für die Sommerferien abgeschlossen und hoffe, dass alle zufrieden sind. Mit Joy und Alan treffe ich mich am 6. Dezember in Sydney. Tom wird mich begleiten, ich nehme ihn ein paar Tage früher aus der Schule. Er spricht schon davon, selbst am Steuer des Automobils zu sitzen. Kurz vor Weihnachten wollen wir wieder zurück in Brisbane sein und das Weihnachtsfest dort verbringen. Ich kann vorher nicht zu Vater nach Hatfields Beach kommen, weil Tom ja Ende Dezember ins Camp fährt. Aber im Januar habe ich Zeit und werde Vater für vier Wochen besuchen. Ich habe schon alle Fährverbindungen herausgesucht und ich komme einen Tag, bevor für Tom das Camp endet, wieder in Brisbane an.

Brisbane, 4. Dezember 1920

Die Fliegerei macht wieder von sich reden, gestern wurde ein Flug von Melbourne nach Perth erfolgreich absolviert. Selbst Vater schreibt davon, nicht eigentlich beruflich, weil er keinen Artikel darüber verfassen wird, aber doch beruflich, weil er sich gut vorstellen kann, auf dem australischen Kontinent künftig nicht mehr mit dem Zug, sondern mit dem Flugzeug zu reisen. Für einen Reporter ist es wichtig, so schnell wie möglich an den Ort des Geschehens zu kommen und mit dem Flugzeug ist es eindeutig am schnellsten. Das Flugzeug brauchte nur wenige Stunden nach Perth, für die knapp zweitausend Meilen lange Strecke. Es ist noch nichts bekannt, ob demnächst auch Passagiere mitgenommen werden. Die Post hat auf jeden Fall ihren Platz in den Maschinen.

Melbourne, 16. Dezember 1920

Vor zehn Tagen sind Tom und ich von Brisbane mit dem Schiff nach Sydney gefahren und haben dort wie geplant Joy und Alan Parker getroffen. Wir haben uns noch gemeinsam Sydney angesehen und sind dann alle zusammen Richtung Melbourne gefahren. Alan hat sich ein Automobil gemietet und wir haben den neuen Princes Highway benutzt. Diese Straße ist wirklich so schön wie eine Prinzessin. Der Highway wurde erst vor wenigen Wochen eröffnet und führt die ganze Strecke an der Küste entlang. Wir haben zwar vier Tage nach Melbourne gebraucht, aber so konnten wir auch einige der kleineren Städte kennenlernen.

Melbourne, 19. Dezember 1920

Ich kannte Melbourne schon ein bisschen, aber im Automobil hatte ich es auch noch nicht erkundet. Alan hat den Wagen heute Vormittag bei der Mietstation abgegeben und wir haben Joy und ihn dann am Nachmittag zum Schiff gebracht. Sie haben mir versprochen, uns das nächste Mal in Brisbane zu besuchen.

Brisbane, 28. Dezember 1920

Am Bahnhof gab es heute einen schmerzlichen Abschied, allerdings nicht für Tom und mich, denn Tom ist sehr tapfer oder er hat seinen Abschiedsschmerz meisterhaft unterdrückt. Jimmy konnte dies nicht, was wohl auch daran lag, dass seine Mutter nicht mit zum Bahnhof gekommen ist. Sie hatte sich schon zu Hause von ihm verabschiedet, um es ihm leichter zu machen. Es wurde aber nicht leichter. Tom, Keith und Paul haben ihrem Freund dann aber schnell die Stimmung wieder erhellt. Als die Vier in ihrem Zugabteil saßen, war mit Beginn des Abenteuers auch schon alles wieder vergessen. Ich muss mich jetzt beeilen. Heute Abend nehme ich den Zug nach Sydney und morgen Mittag das Schiff nach Auckland. Die Reise ist so furchtbar lang, aber ich freue mich schon sehr.