Zwischen meinen Inseln

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Brisbane, 12. Februar 1919

Die Grippe soll sich wieder zurückgezogen haben. Von überall auf der Welt wurden im letzten Jahr Erkrankungen gemeldet, mit vielen Toten, so schlimm war es. Aus Amerika kamen Bilder mit Vermummten, die sich auf diese Weise vor einer Ansteckung schützen wollten. In Australien war wohl Sydney besonders betroffen, aber sonst gab es von unserem Kontinent nicht viele Meldungen.

Brisbane, 3. März 1919

Jack Pollock ist ein Romantiker. Wochenlang hält er sich bedeckt, ist galant, aber nicht verbindlich und dann überrascht er mich mit einem riesigen Blumenstrauß. Es waren keine Rosen, dafür ist Jack zu schüchtern. Seine Auswahl war aber trotzdem wunderschön. Natürlich hat er sich beraten lassen, in dem Blumenladen, in dem er den Strauß hat machen lassen. Jack war das erste Mal nicht ganz so verlegen wie sonst. Er ist aus sich herausgegangen. Es lag sicher auch an mir, dass ich es zugelassen habe. Jack hatte es in den letzten Wochen nicht einfach mit mir. Ich zeige ihm nur zögerlich, was ich für ihn empfinde. Jack ist zu schüchtern, um mein Verhalten zu durchbrechen, es sofort zu durchbrechen. Mit seiner zurückhaltenden Art verzögert er alles. Aber genau das mag ich an Jack, macht es mir leichter, eine Entscheidung zu treffen. Natürlich ist Jack nicht schüchtern, nur eben einer Frau gegenüber. Er kann in seinem Beruf nicht schüchtern sein, sonst hätte er den Posten im Kraftwerk nicht. Und ich erlebe ihn im Umgang mit anderen Menschen auch nicht schüchtern. Nur mir gegenüber zeigt er großen Respekt. Ich habe Angst, dass er mir seine Liebe nicht eingestehen könnte, wenn es einmal so weit ist. Ob ich mich in Jack Pollock verliebe, kann ich daher auch nicht mit Bestimmtheit sagen. Gestern Abend war es auf jeden Fall sehr schön. Erst die Blumen, die ich natürlich sofort in eine Vase gestellt habe, und dann die Zeit im Restaurant. Jack hat sogar einmal kurz meine Hand gehalten und später, als wir bei mir vor dem Haus standen, habe ich ihn auf die Wange geküsst. Er war zwar überrascht, hat mich aber sofort wieder geküsst. Ich bin jetzt sogar voller Erwartung auf unser nächstes Treffen, das nicht vor dem Wochenende stattfinden wird, weil Jack arbeiten muss.

Brisbane, 17. März 1919

Eigentlich habe ich erst heute Geburtstag, doch wir haben ein wenig im Voraus gefeiert. Wir waren den ganzen Sonntag am Meer in der Nähe von Lota. Ich kannte die Bucht noch nicht. Es war wunderschön. Wenn ich von wir schreibe, dann meine ich Tom, Jack und mich. So habe ich Jack noch nie erlebt. Ich erwähne es nur vorsichtig, aber Tom versteht sich sehr gut mit Jack. Für Tom ist es eigentlich schwierig, weil er außer seiner Mutter und seinem Großvater sonst niemanden kennt, der enger zur Familie gehört, ausgenommen Mrs. Lovegrove. Jack ist für Tom eine Respektsperson, das hat sich schon bei ihrem Kennenlernen ergeben. Jack ist deutlich älter als die Freunde, mit denen ich sonst Umgang habe und diesen Unterschied hat auch Tom festgestellt. Jack ist fünfunddreißig. Wenn ich es mir recht überlege, so hat er das richtige Alter für mich. Ich bin meinen Freunden im Grunde auch fünf oder mehr Jahre voraus. Das habe ich Tom zu verdanken. Vielleicht spricht dies alles für Jack und mich. Wir sind uns am Wochenende nähergekommen, ohne es direkt zu merken. Ich freue mich schon auf die nächste Zeit. Eines weiß ich allerdings, es wird kein stürmischer Liebesbeginn, was mir auch sehr recht ist.

Brisbane, 1. April 1919

Vater hat mich überrascht, er will Australien verlassen. Irgendwie habe ich sofort an Europa, an Frankreich gedacht. Ich weiß auch warum. Wir hatten ein paar Tage zuvor darüber gesprochen, dass Vater vor genau fünfundzwanzig Jahren Frankreich verlassen hat. Ich habe mich aber geirrt, es ist nicht Frankreich, aber es ist dennoch sehr weit von Brisbane. Ich weiß nicht, wie Vater auf Neuseeland gekommen ist, wie er auf Auckland gekommen ist. Ich weiß aber genau, dass Vater auf seinen vielen Reisen schon überall war, nicht aber in Neuseeland. Zunächst ist auch wieder nur eine kleine Reise geplant. Vater hat Kontakt zu einer Zeitung in Auckland. Er wird einen Artikel schreiben und die Metropolen Brisbane, Melbourne und Sydney mit Auckland vergleichen. Ich habe mir den Atlas genommen und mit einem Lineal die Entfernung errechnet. Brisbane und Auckland liegen tausendfünfhundert Meilen auseinander. Es fährt kein Zug dorthin, es ist in jedem Fall eine Schiffsreise. Auf der Karte sieht das Meer so unendlich aus. Neuseeland ist eine riesige Insel. Vater zieht es wieder auf eine Insel. Ich muss an Ua Huka denken, an meine Insel. Es ist immer noch meine Insel. Vielleicht sollte ich auch verreisen. Vielleicht sollte ich Tom seine wirkliche Heimat zeigen, seine Ursprünge. Auch wenn ich diese Gedanken jetzt habe, auch wenn es mir gerade so einfällt, empfinde ich überhaupt kein Verlangen, es auch in die Tat umzusetzen. Ob Vater nun wirklich nach Auckland geht, steht ja noch nicht fest. Er wird in zwei Tagen dorthin reisen. Vielleicht kommt er in ein paar Wochen mit einer neuen Meinung über die Dinge wieder. Ich jedenfalls habe Gründe genug, in Brisbane zu bleiben.

Brisbane, 18. April 1919

In der Schule ist Tom nicht der Einzige, der zweisprachig aufwächst. Es gibt noch zwei Jungen mit italienischen und einen mit polnischen Eltern. Tom hat mir heute davon erzählt. Er und die anderen wurden im Unterricht von ihren Mitschülern nach einfachen Wörtern gefragt, die sie dann in ihre Sprache übersetzen sollten.

Brisbane, 7. Mai 1919

Es war heute das erste Mal, dass Tom an seinem Geburtstag zu einer richtigen Feier eingeladen hat. Aus der Schule sind sieben Jungen gekommen. Jetzt weiß ich auch, was dies bedeutet und in den nächsten Jahren wohl noch bedeuten wird. Es ist fast 22:00 Uhr, Tom liegt natürlich schon lange zu Bett, ich bin aber eben erst mit dem Aufräumen fertig geworden, obwohl Mrs. Lovegrove auch noch geblieben ist. Ich muss mich im nächsten Jahr besser vorbereiten, nichts ist auf einem Kindergeburtstag schlimmer als Langeweile und wir hatten zu wenig zu essen. Was diese Jungen verschlingen können! Es sollte ja eigentlich nur Kuchen und Kakao geben, aber dann wurde auch noch nach einem Abendbrot verlangt. Zwei der Jungen wurden von ihren Eltern erst spät abgeholt, sodass ich zu alldem noch Geschichten vorlesen musste.

Brisbane, 25. Mai 1919

Vater hat mir vor ein paar Tagen einen seiner Kollegen vorgestellt, der für Smith's Weekly als Zeichner arbeitet. Mr. Cross wird besonders Tom in guter Erinnerung bleiben, weil er ihm ganz spontan einige lustige Figuren gemalt hat. Tom wollte es dann auch unbedingt probieren und Mr. Cross hat ihm einige seiner Tricks gezeigt. Es waren ja nur Spielereien und darum habe ich mir heute eine Ausgabe vom Smith's Weekly gekauft. Die Cartoons von Mr. Cross sind wirklich sehr lustig.

Brisbane, 18. Juni 1919

Elternsprechtag in Toms Schule. Ich habe heute nur Gutes über meinen Sohn erfahren. Er ist fleißig und freundlich. Er versteht sich zwar nicht mit jedem in seiner Klasse, hat aber dennoch einen großen Freundeskreis, wovon ich mich an seinem Geburtstag ja überzeugen konnte. Im nächsten Schuljahr wird es das erste Mal Zensuren geben, dann beginnt der Ernst des Lebens. Tom braucht sich aber keine Sorgen zu machen, so hat es zumindest seine Lehrerin gesagt.

Brisbane, 4. Juli 1919

Im fernen Paris wurden wir von Mr. Lloyd George vertreten, denn wir gehören ja zu den Siegern. Zu den Versailler Verträgen gab es eine recht umfangreiche Berichterstattung. Wir wollen den Krieg, den wir nie selbst von Angesicht zu Angesicht bekamen, so schnell wie möglich vergessen. Wir wollen das Töten vergessen, aber natürlich nicht die Getöteten oder Verwundeten und schon gar nicht jene, die ihr Leben riskiert haben und unversehrt zurückgekehrt sind. Die Bestrafung des Feindes interessiert uns hier in Australien nicht so sehr, wir sind viel mehr mit uns selbst beschäftigt, mit dem, was wir vor dem großen Krieg waren und mit dem, was wir jetzt sind. Ich zitiere dies, weil die Nation so denkt und ich glaube, ich denke ebenso, obwohl ich nur hier lebe und eigentlich einer anderen Nation angehöre, es ist eine Nation, die aber mit den Australiern und Neuseeländern Seite an Seite gekämpft hat. Ich bin auch stolz auf Frankreich.

Brisbane, 11. Juli 1919

Ich habe Vater seit einem Monat nicht mehr gesehen. Er bereist ganz Neuseeland und will das Land bis auf den letzten Flecken kennenlernen. Ich weiß, dass er gründlich ist und dieses Vorhaben auch in die Tat umsetzt. Von Auckland war Vater begeistert. Wenige Tage nach seiner Ankunft hat er sogar ein Telegramm geschrieben und mich aufgefordert, ihm sofort zu folgen. Es war vielleicht ein Spaß. Ich bin natürlich nicht abgereist und Vater wusste wohl auch, dass ich es nicht tun würde. Ich habe mich aber in den letzten Wochen daran gewöhnt, Vaters Briefe zu beantworten, ihm Fragen zu stellen, um seine Berichte besser zu verstehen. Vater wird Ende Juli wieder zurück sein. Ich fürchte, er wird dann aber nicht für lange in Brisbane bleiben. Er wird sich Zeit nehmen, seine Habe zu packen und aus dem Haus auszuziehen. In Auckland hat er sich bereits in ein Stück Land verliebt. Dies sind Vaters Worte. Etwas außerhalb, im Norden, an der Ostküste steht ein altes Haus. Mehr weiß ich nicht, nur dass Vater es als alt bezeichnet, was in seinem Brief aber nicht so klingt, als empfinde er es als Nachteil. Ich freue mich auf Vater und bin gleichzeitig traurig, dass er wohl nur zum Abschied nach Brisbane zurückkehrt.

 

Brisbane, 18. Juli 1919

Es war Jacks Idee. Er selbst lebt in einem Haus außerhalb Brisbanes. Es ist groß genug für uns, für uns alle, groß genug für eine kleine Familie. Jack hat mich noch nicht gefragt, nicht direkt, aber ich habe ihn schon verstanden. Nächste Woche stellt mich Jack dann auch seinem Vater vor. Eines haben Jack und ich noch gemein. Jacks Mutter lebt nicht mehr bei seinem Vater sie sind getrennt, seitdem Jack siebzehn ist. Seine Mutter lebt jetzt im Westen, auf einer Farm in Charleville und Jack hat fast keinen Kontakt mehr zu ihr. Er sagt es sind zwei Welten, die Welt in der er mit seinem Vater und seinem älteren Bruder lebt und die Welt, in die seine Mutter geflohen ist. Jack hat es selbst so formuliert, seine Mutter ist aus einer Welt in eine andere geflohen. Jacks Bruder hat bereits eine Familie mit sieben Kindern. Ich glaube das ist der Grund, warum sich Jack auch so gut mit Tom versteht. Es passt alles so schön zusammen. Hoffentlich kommt Vater bald heim. Auch wenn ich alles nach meinem eigenen Kopf entscheide, so will ich doch sehen, wie er reagiert, wenn ich ihm sage, dass ich Jack liebe.

Brisbane, 1. August 1919

Ich hatte recht. Vater ist vor drei Tagen nach Brisbane zurückgekommen und er hat schon am 11. August wieder eine Passage nach Neuseeland. Wir haben eine halbe Nacht geredet. Vater begann damit, mich nach Auckland zu ziehen. Er hat aber schnell gemerkt, dass es nicht so einfach sein wird, dass es in meinem Leben eine Veränderung gibt. Unser Gespräch hat mir gutgetan. Vater weiß jetzt alles über Jack und Vater weiß jetzt, wonach mir das Herz ist. Er weiß, dass ich Jacks wegen in Brisbane bleiben werde. Vater kennt meine Träume nach einer Familie. Wenn Onoo und ich zusammengeblieben wären, hätte Tom bereits ein paar Geschwister, da bin ich mir ganz sicher. Es ist eine Sache, die ich immer bedauert habe, weil ich doch auch alleine aufgewachsen bin. Vielleicht wird Tom aber schon bald eine Schwester oder einen Bruder oder beides haben. Ich bin noch keine fünfundzwanzig, jung genug. Vater kennt jetzt meine Gedanken, auch wenn ich nicht alles ausgesprochen habe. Als er schon zu Bett gegangen war, habe ich mir noch einmal den Atlas hervorgeholt, von Brisbane nach Auckland braucht ein Dampfschiff gut vier Tage. Es ist schon nicht sehr nahe, aber es ist zu überwinden.

Brisbane, 10. August 1919

Bevor Vater jetzt wieder abreist, hat Jack uns alle zu sich nach Hause eingeladen. Er hat selbst gekocht und es hat wirklich sehr gut geschmeckt. Vater und Jack haben sich dann über die Marine unterhalten. Vater hatte als Offizier früher viel mit der Marine zu tun und er hat ja auch mehr für die Marinestützpunkte auf Tahiti gearbeitet, als für die Armee. Jack hat von seiner Zeit als Seemann berichtet. Ich habe mich heute sehr wohl gefühlt. Vater muss morgen sehr früh aufstehen, der Dampfer verlässt bereits um sieben den Hafen. Das Gepäck hat er schon gestern aufgegeben. Die meisten seiner Sachen lässt er aber noch hier bei mir in Brisbane.

Brisbane, 31. August 1919

An einem regnerischen Wintertag wie diesem kann ich Tom nicht immer dazu anhalten, in seinen Büchern zu lesen. Ich hatte dann heute die Idee, ihm ein Kartenspiel zu zeigen, dass ich selbst als Kind von Vater gelernt habe. Die Karten sind ja im Haus und wir haben am Nachmittag dann Bataille gespielt. Ich finde es doch eigentlich harmlos, aber Vater hat früher immer gesagt, ich solle die Türen verschließen, wenn er die Karten geholt hat, wegen der Missionare. Wenn ich es heute sehe, dann ist doch wirklich nichts dabei, oder vielleicht doch. Am Anfang des Spiels hat ja noch jeder gleich viele Karten, aber Ziel ist es natürlich, dem anderen seine Karten abzunehmen. Gewonnen hat der, welcher am Ende alle Karten besitzt. Dies wird wohl die Sünde sein, dem anderen nichts zu gönnen. Aber eigentlich muss es doch auch einen Sieger geben, ansonsten macht ein solches Spiel keinen Sinn. Das Spiel ist ja leicht zu verstehen, jeder legt eine Karte aus und die höhere gewinnt dann. Tom hat immer ganz schnell gesehen, welche Karte die höhere ist und wenn er gewonnen hat, dann hat er sofort zugegriffen. Ich musste immer etwas länger überlegen. Tom hat dann angefangen, auch einmal die Hand auszustrecken, selbst wenn meine Karte höher war. Ich habe es dann ebenso gemacht und wir mussten beide lachen. Dadurch ist das Ganze richtig lustig geworden und von der Sünde des Kartenspiels ist wohl nicht viel übriggeblieben.

Brisbane, 21. September 1919

Ich wollte es eigentlich gar nicht notieren, doch jetzt, jetzt ist es auch egal. Ich habe John B. getroffen, Mr. John B. Altsmith. Es war in dem großen Kaufhaus in der Millner Street. John B. war allein und er hat mich angesprochen. Ich habe mir gerade eine Decke, eine Tischdecke, angesehen. Ich habe noch gedacht, was er in dieser Abteilung will und dann war es auch noch am Vormittag. Ich war natürlich nicht abweisend, ich habe mich ganz normal benommen, obwohl ich nicht mit ihm reden wollte. Ich habe ihn dann doch gefragt wie es ihm und seiner Familie geht, wie es in Newcastle aussieht und genau das hat mich hinterher geärgert. Natürlich muss ihm sofort klar gewesen sein, dass ich noch gut über ihn unterrichtet bin, dass ich weiß, wo er lebt, was er tut und all dies. Dann kam zum Glück eine Verkäuferin. Sie hat wohl gedacht, wir seien ein Ehepaar. Oh Gott, der Gedanke allein. Ich habe dann schnell nach etwas anderem gefragt, nicht mehr nach einer Tischdecke und die Verkäuferin hat mich weggeführt. John B. ist uns nicht gefolgt. Er hat mich noch beobachtet, ist dann aber verschwunden. Es ist wirklich eigenartig, dass ich mich über die Sache so aufrege.

Brisbane, 7. Oktober 1919

Zum Erntedankfest am Sonntag waren Jack und ich groß aus. Wir waren tanzen und ich hatte eigentlich gehofft, dass Jack endlich um meine Hand anhält. Er hat es nicht getan, nicht direkt. Jack tut nie etwas direkt, daran muss ich mich immer noch gewöhnen. Es ist das gleiche wie mit seinem Haus. Tom und ich sind noch nicht umgezogen. Jack hat aber mehr als einmal angedeutet, wie gerne er mich in seiner Nähe wüsste, wie schön es wäre, wenn Tom und ich ihn begrüßen, wenn er von der Arbeit heimkommt. Er hat mich also nicht direkt dazu aufgefordert, zu ihm zu ziehen, aber das muss er, bevor es geschehen soll, das erwarte ich einfach. Solange er es nicht macht, halte ich mich daran fest, dass Jack es will, auch wenn er es nicht aussprechen kann. Natürlich sind seine Andeutungen unmissverständlich, aber warum kann er mir seinen Plan nicht mitteilen, seinen Plan, von dem er in den letzten Wochen immer so geheimnisvoll spricht.

Brisbane, 18. Oktober 1919

Vater ist in Auckland angekommen, richtig angekommen. Er renoviert das alte Haus und bringt auch den Garten in Ordnung. Er hat von einem Schuppen geschrieben, den er abgerissen hat. Es macht ihm alles sehr viel Freude, das lese ich aus seinen Briefen. Er wohnt noch in Auckland-Stadt, solange bis alles fertig ist. Ich frage mich oft, ob er einsam ist, obwohl ich diese Frage natürlich beantworten kann. Er ist es nicht. Er ist ja auch in den letzten Jahren auf seinen Reisen immer alleine gewesen. Vielleicht können wir Vater zu Weihnachten in Auckland besuchen.

Brisbane, 29. Oktober 1919

Ich glaube, ich durchlebe die gleiche Situation ein zweites Mal. Es ist schon sehr spät, ich bin erst eben nach Hause gekommen. Mrs. Lovegrove hat Tom zu Bett gebracht, schon vor Stunden, denn ich wollte heute eigentlich viel früher zu Hause sein. Jack hat mich nicht gelassen. Was Jack mir gesagt hat, sein großer Plan, hat mich aus meinen Träumen gerissen. Ich habe es erst nicht gelten lassen, ich wollte Jack davon abbringen, weil ich immer erst kämpfe. Aber ich liebe Jack gerade deswegen, weil er auch seinen eigenen Kopf hat, der aber selten so gegen mich war, wie am heutigen Abend. Jack will seinen Plan umsetzen und sieht für uns, für unsere Zukunft keinerlei Schwierigkeiten. Er hatte nur ein Argument, mit dem er mich zu überzeugen glaubte. Ich sei noch jung genug, um ihn zwei Jahre zur See fahren zu lassen, zwei kurze Jahre. Er will als Schiffsingenieur fahren. Er war schon während des Krieges für ein Jahr auf einem Frachter. Der Krieg war nicht geeignet, seine Leidenschaft zu befriedigen, es hatte nur dazu gereicht, sie zu entfachen. Ich weiß nicht, wie Jack sich das vorstellt, das heißt, ich weiß es schon. Tom und ich sollen in sein Haus einziehen, und sein Heim bewachen. Es klingt so einfach, zwei kurze Jahre. Die Zeit ist niemals kurz, es ist immer schwer auf jemanden zu warten und wenn es nur wenige Wochen sind. Die Zeit wird unendlich, wenn der Grund für das Warten keinen Sinn ergibt. Als Jack mich vor wenigen Minuten unten an der Tür verabschiedet hat, wusste ich schon, wie ich mich entscheiden würde.

Brisbane, 29. November 1919

Es ist traurig, dass wir so miteinander sprechen mussten, wo doch gestern Jacks Geburtstag war und er ein Recht auf etwas Frieden hatte. Ich habe ihm diesen Frieden nicht gelassen und das ganz mit Berechnung. Aber ich weiß heute, dass es richtig war, es mir die Augen geöffnet hat, mir den letzten Zweifel genommen hat. Wir sind noch so fröhlich aufs Land gefahren. Wir hatten einen Picknickkorb dabei, ich habe für alles gesorgt und habe alles zerstört, aber es musste zerstört werden, meines und Toms Glückes wegen. Wir haben gestritten. Jack hat nicht nachgegeben, ich habe nicht nachgegeben. Aber ich habe eben auch erkannt, wie Jack denkt, was er über mich denkt, welche Rolle eine Frau in seinem Leben zu spielen hat. Ich muss mich ihm und seinen Wünschen unterordnen. Es sind ein paar unschöne Worte gefallen, für Jack ist es eine Gnade mich zur Frau zu nehmen, eine Gnade mir gegenüber. Es ging um Tom und darum, dass ich als unverheiratete Mutter wohl froh sein könnte, wenn ein Mann wie Jack mich dennoch will. Dieses Letzte hat mich so sehr empört, so sehr verletzt. Ich habe plötzlich erkannt, dass es keinen Sinn mehr macht, mit Jack zu sprechen. Es war sein Geburtstag und so habe ich dann nachgegeben, ich habe geheuchelt. Wir sind zurück nach Brisbane gefahren und haben über andere Dinge gesprochen Jack hat mich wieder bis vor die Tür gebracht, ich schwöre, es war das letzte Mal.