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Die toten Seelen

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»Sie haben mich vollkommen verwirrt, Afanassij Wassiljewitsch«, sagte Chlobujew, ihn erstaunt anblickend. »Ich kann gar nicht glauben, daß Sie sich damit an mich wenden: dazu braucht man einen unermüdlichen, tatkräftigen Menschen. Und wie soll ich dann auch Frau und Kinder zurücklassen, die nichts zu essen haben?«

»Um Ihre Gattin und Ihre Kinder brauchen Sie sich nicht zu sorgen. Die nehme ich auf mich, und Ihre Kinder sollen Lehrer bekommen. Es ist doch edler und besser, für Gott zu bitten, als für sich selbst zu betteln. Ich werde Ihnen einen einfachen Wagen geben; vor dem Rütteln brauchen Sie keine Angst zu haben: das ist gut für Ihre Gesundheit. Ich werde Ihnen auch Geld mitgeben, damit Sie unterwegs denen geben können, die mehr Not als die anderen leiden. Sie können viele gute Werke tun: Sie werden keine Fehler machen und nur solchen geben, die wirkliche Not leiden. Wenn Sie so durchs Land fahren, werden Sie alle genau kennenlernen, auch wer . . . Das ist doch was ganz anderes, als wenn es ein Beamter tut, den alle fürchten und von dem . . .; mit Ihnen aber wird man gerne ins Gespräch kommen, wenn man weiß, daß Sie für den Kirchenbau sammeln.«

»Ich sehe, es ist ein vortrefflicher Gedanke, und ich möchte sehr gern auch nur einen Teil davon ausführen; aber ich glaube wirklich, es geht über meine Kraft.«

»Was entspricht denn unserer Kraft?« sagte Murasow. »Es gibt doch nichts, was unseren Kräften entspräche; alles geht über unsere Kraft. Ohne Hilfe von oben kann man überhaupt nichts anfangen. Doch das Gebet verleiht uns Kräfte. Der Mensch bekreuzigt sich, sagt: ›Herr, sei mir gnädig!‹, rudert mit den Armen und schwimmt ans Ufer. Darüber soll man nicht lange nachdenken; man muß es einfach als Gottes Willen hinnehmen. Der Wagen wird für Sie gleich fertig sein; gehen Sie nur zum Archimandriten, um das Sammelbuch und seinen Segen zu holen, und machen Sie sich dann gleich auf den Weg.«

»Ich gehorche und nehme es als eine göttliche Fügung auf.« – Herr, segne mich! – sagte er zu sich selbst und fühlte, wie ihm Kraft und Mut ins Herz drangen. Sein Geist erwachte gleichsam aus dem Schlafe, von der Hoffnung auf einen Ausweg aus seiner traurigen Lage geweckt. Ein Licht winkte ihm in der Ferne …

Wir wollen aber Chlobujew verlassen und uns zu Tschitschikow wenden. [Fußnote]

Indessen liefen bei den Gerichten immer neue Klagen und Gesuche ein. Es meldeten sich Verwandte, von denen niemand etwas gehört hatte. Wie die Vögel sich auf ein Aas stürzen, so stürzte sich alles auf das Riesenvermögen, das die Alte hinterlassen hatte; es kamen Anzeigen gegen Tschitschikow, man erklärte, daß das letzte Testament gefälscht sei, daß auch das erste gefälscht sei, man bezichtigte ihn des Diebstahls und der Unterschlagung großer Summen. Man brachte sogar Beweise vor, daß Tschitschikow tote Seelen gekauft und während seiner Anstellung im Zollamte Konterbande durchgeschmuggelt habe. Man wühlte alles auf und erfuhr sein ganzes Vorleben. Gott allein weiß, wie man das alles erfahren hatte, es kamen aber auch solche Dinge auf, von denen Tschitschikow glaubte, daß sie keinem Menschen außer ihm und seinen vier Wänden bekannt seien. Vorläufig wurde das alles vom Gericht geheimgehalten und kam ihm nicht zu Ohren, obwohl ihm ein vertrauliches Billett seines Rechtsbeistandes, das er bald darauf erhielt, zu verstehen gab, daß der Tanz begonnen hatte. Das Billett war ganz kurz: »Ich beeile mich, Sie zu benachrichtigen, daß es viele Scherereien geben wird, merken Sie sich aber, daß Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Die Hauptsache ist Ruhe. Wir werden schon alles machen.« Dieses Billett beruhigte ihn vollkommen. »Wirklich ein Genie!« sagte Tschitschikow. Um das Schöne noch zu vervollständigen, brachte ihm der Schneider den Anzug. Er verspürte große Lust, sich in dem neuen Frack von der Navarinoschen Flammenfarbe mit Pulverrauch zu sehen. Er zog die Hose an, die seine Beine so wunderbar umspannte, daß man sie malen könnte. Das Tuch schmiegte sich wunderbar um die Schenkel, um die Waden und um alle Details und verlieh ihnen eine noch größere Elastizität. Als er hinten die Schnalle anzog, wurde sein Bauch zu einer Trommel. Er schlug mit der Kleiderbürste darauf und sagte: »So ein Narr, wirkt aber im ganzen doch sehr malerisch.« Der Frack schien noch besser zu sitzen als die Hose: nirgends gab es eine Falte, die Hüften waren vollkommen umspannt, und die Taille war schön geschwungen. Auf Tschitschikows Bemerkung, daß es in der rechten Achsel etwas spanne, lächelte der Schneider bloß: deswegen sitzt der Frack in der Taille noch besser. »Sie können wegen der Arbeit ganz unbesorgt sein,« sagte der Schneider mit unverhohlenem Triumph, »außer in Petersburg wird man Ihnen nirgends so einen Frack machen können.« Der Schneider stammte selbst aus Petersburg und hatte auf seinem Schild stehen: »Ausländer aus London und Paris«. Er verstand keinen Spaß und wollte mit diesen beiden Städten allen anderen Schneidern den Mund verstopfen, damit in Zukunft keiner mit solchen Städten komme; sollen die anderen nur »Karlsruhe« oder »Kopenhagen« auf ihre Schilder setzen.

Tschitschikow rechnete mit dem Schneider auf die vornehmste Weise ab und begann, als er allein geblieben, mit Muße, sich wie ein Künstler mit ästhetischem Gefühl und con amore, im Spiegel zu betrachten. Alles schien jetzt noch viel schöner als früher: die Wangen noch interessanter, das Kinn noch verführerischer, der weiße Kragen unterstrich den schönen Ton der Wange, die blaue Atlasbinde – den Ton des Kragens, das Vorhemd mit dem modernen Fältchen – die Farbe der Binde, und die prachtvolle Samtweste die Schönheit des Vorhemdes; aber der Frack von der Navarinoschen Flammenfarbe mit Pulverrauch glänzte wie Seide und gab allem den Ton. Er drehte sich nach rechts – wunderschön! Er drehte sich nach links – noch schöner! Die Taille war so schlank wie bei einem Kammerherrn oder einem Mann, der nur Französisch redet und selbst im Zorne kein russisches Schimpfwort gebraucht, sondern auf Französisch flucht: diese Vornehmheit! Er versuchte, den Kopf etwas auf die Seite zu neigen und eine Pose anzunehmen, als wende er sich an eine Dame in mittleren Jahren von modernster Bildung: es war einfach zum Malen! Künstler, nimm deinen Pinsel und verewige es auf der Leinwand! Vor Freude machte er einen leichten Sprung. Die Kommode erzitterte, und die Flasche mit Kölnischem Wasser fiel zu Boden: dies verursachte aber nicht die geringste Störung. Er nannte die Flasche, wie es sich gehörte, eine dumme Gans und fragte sich: – Zu wem soll ich jetzt zuallererst gehen? Am besten … – Plötzlich ertönte im Vorzimmer etwas wie Sporengeklirr, und ins Zimmer trat ein Gendarm in voller Bewaffnung, als verkörpere er das ganze Heer. »Sie sollen sofort zum Generalgouverneur kommen!« Tschitschikow erstarrte zu Stein. Vor ihm stand ein Schreckbild mit Schnurrbart, mit einem Pferdeschweif auf dem Helm, einem Säbelriemen über der einen Schulter, einem Säbelriemen über der anderen Schulter und einem mächtigen Pallasch an der Hüfte. Tschitschikow kam es vor, als hinge an der anderen Hüfte ein Gewehr und weiß der Teufel was alles: ein ganzes Heer steckte in diesem einen Mann! Er versuchte etwas zu entgegnen, doch das Schreckbild fuhr ihn grob ah: »Sofort!« Durch die Türe sah er im Vorzimmer ein anderes Schreckbild stehen; er warf einen Blick durchs Fenster: draußen wartete ein Wagen. Was war da zu machen? So wie er war, im Frack von Navarinoscher Flammenfarbe mit Pulverrauch, mußte er in den Wagen steigen und, am ganzen Leibe zitternd, in Begleitung der Gendarme zum Generalgouverneur fahren.

Im Vorsaal ließ man ihn gar nicht zu sich kommen. »Gehen Sie! Der Fürst wartet schon!« sagte der diensthabende Beamte. Wie durch einen Nebel sah er das Vorzimmer mit den Kurieren, welche Pakete in Empfang nahmen, dann den Saal, den er passierte, und dachte sich nur: – Wie, wenn er mich verhaftet und ohne jede Gerichtsverhandlung direkt nach Sibirien schickt! – Sein Herz klopfte so heftig, wie es selbst beim eifersüchtigsten Liebhaber nicht klopft. Endlich ging die verhängnisvolle Türe auf: er sah vor sich das Kabinett mit dem Portefeuilles, Schränken und Büchern und den Fürsten so zornig, wie der Zorn selbst.

– Es ist das Verderben! – sagte sich Tschitschikow. – Er wird mich umbringen wie der Wolf das Lamm. – »Ich habe Sie geschont, ich habe Ihnen erlaubt, in der Stadt zu bleiben, während Sie ins Zuchthaus gesperrt zu werden verdienten; Sie haben sich aber wieder durch die ruchloseste Missetat befleckt, mit der sich je ein Mensch befleckt hat!« Die Lippen des Fürsten bebten vor Zorn.

»Durch welche ruchlose Missetat, Durchlaucht?« fragte Tschitschikow, am ganzen Leibe zitternd.

»Die Frau,« sagte der Fürst, etwas näher tretend und Tschitschikow gerade in die Augen blickend, »die Frau, die das Testament nach Ihrem Diktat unterschrieben hat, ist verhaftet worden und wird mit Ihnen konfrontiert werden.«

Tschitschikow wurde es finster vor den Augen.

»Durchlaucht! Ich will Ihnen die reinste Wahrheit sagen. Ich bin schuldig, in der Tat schuldig, doch nicht so schuldig: meine Feinde haben mich verleumdet.«

»Niemand kann Sie verleumden, denn in Ihnen steckt viel mehr Niedertracht, als der größte Lügner erfinden kann. Ich meine, Sie haben in Ihrem ganzen Leben keine Tat vollbracht, die nicht ruchlos wäre. Jede Kopeke, die Sie erworben haben, haben Sie auf die ruchloseste Weise erworben; es liegt Diebstahl und ein gemeines Verbrechen vor, auf das die Knute und Sibirien stehen! Nein, jetzt ist's genug! Du wirst sofort ins Zuchthaus abgeführt werden und mit den schlimmsten Verbrechern und Räubern auf die Entscheidung deines Schicksals warten. Und das ist auch noch eine Gnade: denn du bist viel schlimmer als sie; sie tragen einfache Bauernröcke, du aber … « Er warf einen Blick auf den Frack von der Navarinoschen Flammenfarbe mit Pulverrauch und zog die Glockenschnur.

»Durchlaucht,« rief Tschitschikow, »lassen Sie Gnade walten! Sie sind doch Familienvater. Erbarmen Sie sich nicht meiner, sondern meiner alten Mutter!«

 

»Du lügst!« schrie der Fürst zornig. »Ebenso hast du mich damals bei deinen Kindern und deiner Familie angefleht, die du niemals besessen hast, und jetzt kommst du mit deiner Mutter!«

»Durchlaucht! Ich bin ein Schurke, ein ruchloser Schuft!« sagte Tschitschikow mit einer Stimme, die . . . »Ich habe wirklich gelogen, ich habe weder Kinder noch Familie gehabt; doch Gott sei mein Zeuge: ich hatte immer den Wunsch, mich zu verheiraten, die Pflicht des Menschen und des Bürgers zu erfüllen, um dann tatsächlich die Achtung der Bürger und der Obrigkeit zu verdienen … Aber dieses unglückliche Zusammentreffen widriger Umstände! Durchlaucht! Mit meinem Blut mußte ich mir mein tägliches Brot verdienen. Auf Schritt und Tritt Versuchungen und Verführungen … Feinde, Widersacher, Räuber. Mein ganzes Leben war wie ein wilder Sturmwind oder wie ein Schiff inmitten der Wellen, allen Winden preisgegeben. Ich bin nur ein Mensch, Durchlaucht!«

Tränenbäche stürzten plötzlich aus seinen Augen. Er fiel dem Fürsten zu Füßen, so wie er war: im Frack von der Navarinoschen Flammenfarbe mit Pulverrauch, in der Samtweste mit der Atlasbinde, in der wunderbar sitzenden Hose und mit der sorgfältigen Frisur, der ein süßer Wohlgeruch vom feinsten Kölnischen Wasser entströmte, und schlug mit dem Kopf gegen den Fußboden.

»Fort von mir! Man rufe Soldaten her, damit sie ihn abführen!« sagte der Fürst zu den Eintretenden.

»Durchlaucht!« rief Tschitschikow und umfaßte mit beiden Händen einen Stiefel des Fürsten.

Ein Beben lief durch alle Adern des Fürsten.

»Fort von mir, sage ich Ihnen!« rief er, indem er sich bemühte, seinen Fuß aus der Umarmung Tschitschikows zu befreien.

»Durchlaucht! Ich weiche nicht von diesem Fleck, bis ich Ihre Verzeihung erfleht habe!« sagte Tschitschikow, ohne den Stiefel des Fürsten loszulassen, und rutschte in seinem Frack von der Navarinoschen Flammenfarbe mit Pulverrauch zusammen mit dem Fuß des Fürsten über den Fußboden.

»Gehen Sie fort, sage ich Ihnen!« sagte der Fürst mit jenem unsagbaren Ekelgefühl, das der Mensch beim Anblick eines häßlichen Insekts empfindet, das er nicht zu zertreten wagt. Er schüttelte so heftig den Fuß, daß Tschitschikow einen Schlag mit dem Stiefel auf der Nase, den Lippen und dem rundlichen Kinn verspürte; aber er ließ den Stiefel nicht los und umklammerte ihn noch fester. Zwei kräftige Gendarmen schleppten ihn mit Mühe weg, nahmen ihn unter die Arme und führten ihn durch alle Zimmer. Er war blaß, wie erschlagen, und befand sich in jenem schrecklichen gefühllosen Zustand, in den der Mensch verfällt, wenn er vor sich den schwarzen, unabwendbaren Tod sieht, dieses Schreckbild, dem unsere ganze Natur widerstrebt.

In der Türe, die auf die Treppe führte, kam ihm Murasow entgegen. Es war wie ein Hoffnungsstrahl. Augenblicklich riß er sich mit einer beinahe unnatürlichen Kraft aus den Händen der beiden Gendarme und stürzte dem erstaunten Alten zu Füßen.

»Väterchen, Pawel Iwanowitsch! Was ist mit Ihnen los?«

»Retten Sie mich! Man führt mich ins Gefängnis, in den Tod … « Die Gendarmen packten ihn und führten ihn weiter und ließen ihn gar nicht die Antwort Murasows hören.

Eine dumpfe feuchte Kammer mit dem Geruch von Stiefeln und Fußlappen der Garnisonsoldaten, ein ungestrichener Tisch, zwei elende Stühle, ein eisernes Gitter vor dem Fenster, ein baufälliger Ofen, aus dessen Ritzen nur Rauch, aber keine Wärme kam – das war die Behausung, in die unser Held kam, der schon begonnen hatte, die Süße des Lebens zu kosten und in seinem feinen neuen Frack von Navarinoscher Flammenfarbe mit Pulverrauch die Aufmerksamkeit der Mitbürger auf sich zu lenken. Man hatte ihm keine Zeit gelassen, seine Angelegenheiten zu ordnen, die notwendigen Sachen mitzunehmen, die Schatulle mit dem Geld, das er vielleicht . . . erworben hatte. Die Papiere, die Kaufverträge über die Toten – alles befand sich jetzt in Händen der Beamten. Er stürzte zu Boden, und eine hoffnungslose Trauer wand sich wie ein gieriger Wurm um sein Herz. Immer gieriger nagte sie an diesem wehrlosen Herzen. Noch solch ein Tag, nur noch ein Tag voll solcher Trauer, und Tschitschikow wäre vielleicht aus diesem Leben geschieden. Aber auch über ihm wachte eine rettende Hand. Nach einer Stunde ging die Kerkertüre auf, und vor Tschitschikow stand der alte Murasow.

Wenn man einem von brennendem Durst gequälten, mit dem Staube des Weges bedeckten, müden und erschöpften Wanderer frisches Brunnenwasser in die trockene Kehle gösse, so könnte ihn dies nicht so erquicken und erfrischen, wie der Besuch Murasows den armen Tschitschikow erquickte.

»Mein Retter!« sagte Tschitschikow, indem er plötzlich vom Fußboden aus, auf den er sich in seinem erdrückenden Schmerze hingeworfen hatte, nach seiner Hand griff, sie schnell küßte und an seine Brust drückte. »Gott lohne es Ihnen, daß Sie den Unglücklichen aufgesucht haben!«

Er brach in Tränen aus.

Der Alte sah ihn mit traurigen und schmerzlichen Blicken an und sagte bloß: »Ach, Pawel Iwanowitsch! Pawel Iwanowitsch, was haben Sie angestellt!«

»Was sollte ich machen! Sie hat mich zugrunde gerichtet, die Verfluchte! Ich konnte nicht Maß halten, ich konnte nicht zur rechten Zeit aufhören. Der verfluchte Satan hat mich verführt, hat mir die Vernunft genommen, hat mich aus den Grenzen der menschlichen Vernunft gelockt. Ich habe mich vergangen! Wie durfte aber er so handeln? Einen Edelmann, einen Edelmann ohne Gericht und ohne Untersuchung ins Gefängnis zu werfen! … Einen Edelmann, Afanassij Wassiljewitsch! Durfte man mir denn keine Zeit lassen, nach Hause zu gehen und meine Sachen zu ordnen? Meine ganze Habe ist ja ohne jede Aufsicht geblieben. Meine Schatulle, Afanassij Wassiljewitsch, meine Schatulle! Mein ganzes Vermögen steckt doch in ihr. Ich habe es mit Schweiß und Blut erworben, durch viele Jahre von Mühe und Entbehrungen … Meine Schatulle, Afanassij Wassiljewitsch! Man wird ja alles stehlen und fortschleppen! Oh, mein Gott!«

Er konnte den neuen Ansturm von Schmerz, der sein Herz zusammenpreßte, nicht überwinden und schluchzte laut mit einer Stimme, die durch die dicken Zuchthausmauern drang und dumpf in der Ferne widerhallte. Dann riß er sich die Atlasbinde vom Halse, ergriff mit der Hand den Kragen und zerriß den Frack von Navarinoscher Flammenfarbe mit Pulverrauch.

»Ach, Pawel Iwanowitsch! Wie hat Sie doch dieses Vermögen geblendet! Seinetwegen sahen Sie gar nicht das Schreckliche Ihrer Lage.«

»Wohltäter, retten Sie mich, retten Sie mich!« schrie der arme Pawel Iwanowitsch verzweifelt, ihm zu Füßen stürzend. »Der Fürst liebt Sie, für Sie wird er alles tun.«

»Nein, Pawel Iwanowitsch, ich kann es nicht, wie sehr ich es auch möchte. Sie sind unter die Gewalt eines unerbittlichen Gesetzes und nicht unter die eines Menschen geraten.«

»Er hat mich verführt, der listige Satan, der Verderber des Menschengeschlechts!«

Er schlug mit dem Kopf gegen die Wand und hieb so stark mit der Faust auf den Tisch, daß ihm die Hand blutete; er spürte aber weder den Schmerz im Kopfe noch den furchtbaren Schlag.

»Pawel Iwanowitsch, beruhigen Sie sich, denken Sie nur daran, wie Sie sich mit Gott aussöhnen könnten und nicht mit den Menschen; denken Sie doch an Ihre arme Seele.«

»Aber welch ein Schicksal, Afanassij Wassiljewitsch! Hat denn auch nur ein Mensch solch ein Schicksal erlebt? Ich habe doch sozusagen mit blutender Geduld jede Kopeke erworben, mit Mühe und Arbeit; ich habe niemand beraubt oder gar die Staatskasse bestohlen, wie es manche tun. Wozu habe ich aber Kopeke auf Kopeke gespart? Doch nur, um den Rest meiner Tage in Wohlstand zu verbringen, um meiner Frau und meinen Kindern, die ich zum Wohle des Vaterlandes, für den Staatsdienst hatte zeugen wollen, ein Vermögen zu hinterlassen. Nur das bewog mich, mich zu bereichern! Ich habe mich wohl vergangen, ich leugne es nicht … Wie soll ich es auch? Aber ich tat es nur, als ich sah, daß man auf geradem Wege nichts erreichen kann und daß der krumme Weg der kürzere ist. Ich habe mich aber bemüht, ich habe meinen Geist angestrengt. Wenn ich etwas Fremdes genommen habe, so doch nur von den Reichen. Aber diese Schurken beim Gericht bestehlen den Staat um Tausende, berauben die Armen, nehmen einem, der nichts hat, die letzte Kopeke weg! … Sagen Sie doch, was ist das für ein böses Verhängnis: jedesmal, wenn man die Früchte zu erreichen glaubt und sie sozusagen mit der Hand berührt, kommt ein Sturm, kommt ein Riff, an dem das ganze Schiff zerschellt! Ich besaß ja schon an die dreihunderttausend Rubel Kapital; einmal besaß ich auch ein zweistöckiges Haus; zweimal hatte ich mir Güter gekauft … Ach, Afanassij, Wassiljewitsch! Wofür kommt denn dies . . . ? Wofür diese Schicksalsschläge? War denn mein Leben nicht schon ohnehin wie ein Schiff inmitten der Wellen? Wo bleibt die himmlische Gerechtigkeit? Wo der Lohn für die Geduld, für die beispiellose Ausdauer? Dreimal habe ich schon von neuem angefangen; nachdem ich alles verloren, fing ich immer wieder mit der Kopeke an, während ein anderer an meiner Stelle vor Verzweiflung dem Trunke verfallen und in der Schenke verfault wäre. Wieviel mußte ich in mir unterdrücken, wieviel ertragen! Jede Kopeke ist ja, sozusagen, mit allen Kräften meiner Seele erworben! … Die anderen haben es leicht gehabt, für mich war aber ›jede Kopeke mit einem Dreikopekennagel festgenagelt‹, wie das Sprichwort sagt, und diese mit dem Dreikopekennagel festgenagelte Kopeke errang ich mir, bei Gott, mit einer eisernen Unermüdlichkeit! … «

Er fing vor unerträglichem Herzweh laut zu schluchzen an, fiel vom Stuhl, riß den herabhängenden zerfetzten Frackschoß ganz ab, schleuderte ihn weit von sich, fuhr sich mit beiden Händen in die Haare, um deren Erhaltung er sonst so sehr besorgt war, und raufte unbarmherzig daran, sich am Schmerze weidend, mit dem er das unstillbare Herzweh betäuben wollte.

Murasow saß lange stumm vor ihm und blickte auf dieses ungewöhnliche . . ., das er zum erstenmal sah. Der unglückliche, erbitterte Mensch, der erst vor kurzem mit der ungezwungenen Gewandtheit eines Salonmenschen oder Militärs herumgesprungen war, warf sich jetzt zerzaust, in einem unanständigen Aufzug, im zerrissenen Frack, in aufgeknöpfter Hose, mit blutender Faust hin und her und stieß Lästerungen gegen die feindlichen Mächte aus, die dem Menschen alles verderben!

»Ach, Pawel Iwanowitsch, Pawel Iwanowitsch! Was wäre doch aus Ihnen für ein Mensch geworden, wenn Sie die gleiche Kraft und die gleiche Geduld auf ein nützlicheres Werk verwendeten und ein besseres Ziel verfolgten! Mein Gott, wieviel Gutes hätten Sie tun können! Wenn nur einer von den Menschen, die das Gute lieben, die Mühe darauf verwendete, mit der Sie jede Kopeke erwarben, und es verstünde, für das Gute seinen Ehrgeiz und seine Eigenliebe so selbstlos zu opfern, wie Sie es taten, als Sie jede Kopeke erwarben – mein Gott, wie würde dann unser Land aufblühen! … Pawel Iwanowitsch, Pawel Iwanowitsch! Es ist weniger zu bedauern, daß Sie sich an den anderen, als daß Sie sich an sich selbst vergangen haben, an den reichen Gaben und Fähigkeiten, die Ihnen zuteil wurden. Ihre Bestimmung war, ein großer Mann zu werden, Sie aber haben sich selbst zugrunde gerichtet.«

Es gibt merkwürdige Rätsel in der Menschenseele: wie weit auch ein Mensch vom geraden Weg abgeirrt ist, wie verstockt ein unverbesserlicher Verbrecher in seinen Gefühlen auch ist, wie hartnäckig er an seinem verbrecherischen Leben auch festhält – wenn man ihm seine eigenen, von ihm geschändeten Tugenden vorhält, so kommt in ihm alles ins Wanken, und er wird unwillkürlich aufs tiefste erschüttert.

»Afanassij Wassiljewitsch«, sagte der arme Tschitschikow und ergriff mit beiden Händen seine Hände. »Oh, wenn es mir gelänge, freizukommen und mein Vermögen wiederzubekommen! Ich schwöre Ihnen, ich würde ein ganz neues Leben anfangen! Retten Sie mich, Wohltäter, retten Sie mich!«

»Wie kann ich das machen? Ich müßte gegen das Gesetz kämpfen. Selbst wenn ich mich dazu entschließen würde – der Fürst ist gerecht – er wird niemals nachgeben.«

»Wohltäter! Sie können alles erreichen. Das Gesetz schreckt mich nicht – gegen das Gesetz werde ich schon Mittel finden; aber daß ich unschuldig ins Gefängnis geworfen bin, daß ich hier wie ein Hund zugrunde gehe, daß mein ganzes Vermögen, meine Papiere, meine Schatulle … Retten Sie mich!«

Er umschlang die Füße des Alten mit den Armen und benetzte sie mit seinen Tränen.

»Ach, Pawel Iwanowitsch, Pawel Iwanowitsch!« sagte der alte Murasow, den Kopf schüttelnd: »Wie furchtbar hat Sie dieses Vermögen geblendet! Seinetwegen dachten Sie nicht an Ihre arme Seele.«

»Ich werde auch an meine Seele denken, aber retten Sie mich!«

 

»Pawel Iwanowitsch!… « begann der alte Murasow und hielt inne. »Sie zu retten, liegt nicht in meiner Macht – das sehen Sie selbst. Ich werde aber jede Mühe aufwenden, um Ihr Los zu erleichtern und Sie zu befreien. Ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird, aber ich werde mir Mühe geben. Wenn es mir aber, was ich nicht glaube, gelingen wird, so werde ich Sie um eine Belohnung für meine Mühe bitten, Pawel Iwanowitsch: geben Sie ihre Jagd nach Erwerb auf. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort: wenn ich mein ganzes Vermögen verlöre – und es ist bedeutend größer als das Ihrige – ich würde nicht weinen. Bei Gott, es kommt nicht auf dieses Vermögen an, das man bei mir konfiszieren kann, sondern auf andere Dinge, die mir niemand stehlen und nehmen kann! Sie haben lange genug auf der Welt gelebt. Sie selbst nennen Ihr Leben ein Schiff inmitten der Wellen. Sie haben genug, um den Rest Ihrer Tage leben zu können. Lassen Sie sich in einem stillen Winkel, in der Nähe einer Kirche, in der Nähe von einfachen, guten Menschen nieder; oder, wenn Sie schon ein so großes Bedürfnis haben, Nachkommen zu hinterlassen, so heiraten Sie ein armes, gutes Mädchen, das an ein mäßiges und einfaches Leben gewöhnt ist. Vergessen Sie diese lärmende Welt und alle ihre verführerischen Launen: soll auch die Welt Sie vergessen; in der Welt können Sie keine Ruhe finden. Sie sehen: alles in der Welt ist uns feind, alles ist Versuchung oder Verrat.«

»Unbedingt, unbedingt! Ich hatte schon langst die Absicht, ein ordentliches Leben zu beginnen, mich der Wirtschaft zu widmen, meine Lebensweise einzuschränken. Doch der Dämon der Versuchung hat mich verführt, der Satan, der Teufel, die Ausgeburt der Hölle!«

Neue, ihm bisher unbekannte Gefühle, die er sich gar nicht erklären konnte, erfüllten plötzlich seine Seele, als wollte in ihm etwas erwachen, etwas Fernes, etwas . . . etwas, was in seiner frühesten Kindheit von den strengen toten Predigten, von der Freudlosigkeit der langweiligen Kinderjahre, der Öde des Vaterhauses, der Einsamkeit, der Armut der ersten Eindrücke erstickt worden war; als wollte sich das, was . . . war, vom strengen Auge des Schicksals, das ihn traurig durch ein trübes, schneeverwehtes Fenster angeblickt hatte, nun in die Freiheit drängen. Ein Stöhnen entrang sich seinen Lippen, er bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen und sagte mit schmerzlicher Stimme: »Es ist wahr, es ist wahr!«

»Auch die Menschenkenntnis und Ihre ganze Erfahrung haben Ihnen auf dem Wege des Unrechts nicht helfen können. Wenn Sie aber auf dem Wege des Rechts stünden! … Ach, Pawel Iwanowitsch, warum haben Sie sich zugrunde gerichtet? Erwachen Sie doch: es ist noch nicht zu spät, es ist noch Zeit! … «

»Nein, es ist zu spät, es ist zu spät!« stöhnte er mit einer Stimme, vor der Murasows Herz beinahe entzweiriß. »Ich fange an zu fühlen, daß ich einen falschen Weg gehe, daß ich mich vom wahren Wege weit entfernt habe, aber ich kann nicht mehr zurück! Nein, ich bin nicht so erzogen. Mein Vater erteilte mir Lehren, schlug mich, zwang mich schöne Moralvorschriften abzuschreiben; dabei stahl er vor meinen Augen bei den Nachbarn Holz und zwang mich, ihm dabei zu helfen. Vor meinen Augen strengte er einen falschen Prozeß an und verführte ein Waisenkind, dessen Vormund er war. Das Beispiel ist immer stärker als jede Vorschrift. Ich sehe, ich fühle, Afanassij Wassiljewitsch, daß ich nicht so lebe, wie man leben muß, doch mein Abscheu vor dem Laster ist nicht groß genug: meine Natur ist verroht, mir fehlt die Liebe für das Gute, jene schöne Neigung zu gottgefälligen Werken, die bald zur zweiten Natur, zur Gewohnheit wird … Ich habe nicht den gleichen Eifer, für das Gute zu wirken, wie in meinem Streben nach Gewinn. Ich spreche die Wahrheit – was soll ich machen!«

Der Alte seufzte tief auf …

»Pawel Iwanowitsch! Sie haben doch soviel Willenskraft, soviel Geduld. Die Arznei ist bitter, aber der Kranke nimmt sie, weil er weiß, daß er anders nicht genesen kann. Ihnen fehlt die Liebe für das Gute – tun Sie dann das Gute gewaltsam, ohne es zu lieben. Das wird Ihnen noch höher angerechnet werden, als einem, der das Gute aus Liebe für das Gute tut. Zwingen Sie sich nur einigemal dazu, dann wird auch die Liebe kommen. Glauben Sie mir, das kommt vor. Es ist uns gesagt worden: ›Jedermann dringt in das Reich Gottes mit Gewalt hinein.‹ Nur indem man es sich erkämpft … Man muß gewaltsam nach ihm streben, man muß es mit Gewalt erzwingen. Ach, Pawel Iwanowitsch! Sie haben doch diese Kraft, Pawel Iwanowitsch! Sie haben doch diese Kraft, die die anderen nicht haben, diese eiserne Geduld – ist es möglich, daß Sie es nicht erringen? Sie würden, glaube ich, die Kräfte eines Helden aufbringen. Sonst sind die Menschen heute so willenlos und schwach.«

Man sah, wie diese Worte Tschitschikow tief in die Seele drangen und auf ihrem Grunde etwas wie Ehrgeiz weckten. Aus seinen Augen leuchtete etwas: wenn es auch kein Entschluß war, so war es doch etwas Mächtiges, was einem Entschlusse ähnlich sah …

»Afanassij Wassiljewitsch!« sagte er mit fester Stimme. »Wenn Sie mir nur die Freiheit und die Möglichkeit erwirken, von hier auch mit dem kleinsten Vermögen zu entkommen, so gebe ich Ihnen mein Wort, daß ich ein neues Leben beginnen werde: ich kaufe mir damit ein kleines Gut, werde Landwirt; werde Geld sparen, doch nicht für mich, sondern um den anderen zu helfen, werde nach Kräften Gutes tun; ich werde mich selbst und alle die städtischen Schlemmereien und Trinkgelage vergessen und ein einfaches, nüchternes Leben führen.«

»Gott gebe Ihnen die Kraft zu diesem Entschluß!« sagte der Alte erfreut. »Ich will mein möglichstes tun, um beim Fürsten Ihre Befreiung zu erwirken. Ob es mir gelingen wird, weiß Gott allein. Jedenfalls wird Ihr Los erleichtert werden. Ach, mein Gott! Umarmen Sie mich! Lassen Sie sich umarmen. Eine große Freude haben Sie mir bereitet! Nun, mit Gott, ich gehe sofort zum Fürsten.«

Tschitschikow blieb allein.

Sein ganzes Wesen war erschüttert und erweicht. Selbst das Platin, das härteste der Metalle, das dem Feuer am längsten widersteht, schmilzt, wenn man die Flammen mit dem Blasebalg zur unerträglichen Glut anfacht – das eigensinnige Metall wird weiß und verwandelt sich in Flüssigkeit; auch der stärkste Mensch gibt im Schmelzofen der Schicksalsschläge nach, wenn sie, immer stärker werdend, seine verhärtete Natur mit ihren Flammen belecken …

›– Ich verstehe und fühle es zwar nicht, werde aber alle Kräfte aufwenden, damit es die anderen fühlen; ich selbst bin schlecht und . . . nichts, werde aber alle Kräfte aufwenden, um die anderen umzustimmen; ich bin selbst ein schlechter Christ, werde aber alle Kräfte aufwenden, um kein Ärgernis zu geben. Ich werde mich bemühen, werde auf dem Lande im Schweiße meines Angesichts arbeiten und rechtschaffen sein, um einen guten Einfluß auf die anderen auszuüben. Tauge ich denn wirklich zu nichts mehr? Ich habe doch Fähigkeiten, die man in der Landwirtschaft braucht; ich bin sparsam, geschickt, vernünftig, sogar ausdauernd. Ich muß nur den Entschluß fassen … ‹ –

So dachte Tschitschikow und schien mit den halb erwachten Kräften seiner Seele etwas zu erfassen. Seine Natur schien dunkel zu ahnen, daß es eine Pflicht gibt, die der Mensch auf Erden erfüllen muß, die er überall, in jedem Winkel erfüllen kann, trotz aller widrigen Umstände, Verwirrungen und Einflüsse, die den Menschen umschwirren, wo er auch steht. Er sah schon das fleißige Leben, fern vom Lärm der Städte, fern von den Versuchungen, die der müßige, der Arbeit entwöhnte Mensch erfunden hat, so deutlich vor sich, daß er das Unangenehme seiner Lage beinahe vergaß und vielleicht auch bereit war, der Vorsehung für diesen harten Schlag zu danken, wenn man ihn nur herausließe und ihm auch nur einen Teil seines Vermögens zurückgäbe … Die schmale Türe seiner schmutzigen Zelle ging aber auf, und herein trat eine beamtete Person – Ssamoswitow, ein Epikuräer, ein flotter Kerl mit breiten Schultern und langen Beinen, ein guter Kamerad, Bummler und eine geriebene Bestie, wie ihn seine Kollegen nannten. Zu Kriegszeiten hätte der Mensch wahre Wunder vollbringen können; ihn könnte man beauftragen, sich durch eine unwegsame und gefährliche Gegend durchzuschlagen, dem Feinde eine Kanone vor der Nase zu stehlen – das wäre was für ihn. Doch aus Ermanglung einer kriegerischen Schaubühne, auf der er vielleicht ein ehrlicher Mensch geworden wäre, verwendete er alle seine Kräfte auf schlechte Streiche. Eine seltsame Sache! So sonderbar waren seine Überzeugungen und Moralregeln: seinen Kameraden gegenüber benahm er sich tadellos; er verriet niemand und hielt stets sein Wort; doch die Vorgesetzten betrachtete er als eine Art feindliche Batterie, durch die er sich durchschlagen mußte, indem er sich jede schwache Stelle, jede Bresche und Nachlässigkeit zunutze machen durfte.