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Die toten Seelen

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Kapitel 11

Von alledem, was Tschitschikow erwartete, geschah jedoch nichts. Zuerst wachte er viel später auf, als er sich vorgenommen hatte – das war die erste Unannehmlichkeit. Als er aufgestanden war, schickte er sofort hinunter, um zu erfahren, ob der Wagen angespannt und alles fertig sei; man meldete ihm aber, daß der Wagen noch nicht angespannt und noch nichts fertig sei – das war die zweite Unannehmlichkeit. Er geriet in Wut und nahm sich sogar vor, unserem Freunde Sselifan ein ordentliches Donnerwetter zu machen und wartete nur mit Ungeduld, mit was für Ausreden dieser wohl kommen würde. Bald erschien Sselifan an der Schwelle, und der Herr hatte das Vergnügen, von ihm die bewußten Reden zu hören, die man immer von seiner Dienerschaft zu hören bekommt, wenn man in aller Eile abreisen will.

»Pawel Iwanowitsch, man muß ja noch die Pferde beschlagen.«

»Ach du, Tölpel! Warum hast du mir das nicht früher gesagt? Hast du vielleicht keine Zeit gehabt?«

»Zeit habe ich wohl gehabt … Dann sind auch die Räder nicht in Ordnung, Pawel Iwanowitsch, man wird sie neu bereifen müssen, denn die Straßen sind jetzt ausgefahren und holperig … Außerdem muß ich melden: der Vorderteil des Wagens ist ganz aus den Fugen, so daß der Wagen vielleicht schon nach zwei Stationen entzweigeht.« »Gemeiner Kerl!« schrie Tschitschikow und schlug die Hände zusammen. Dann ging er so nahe auf Sselifan zu, daß dieser, aus Angst, von seinem Herrn ein Geschenk zu bekommen, zurücktaumelte und auf die Seite wich.

»Willst du mich morden? Wie? Willst du mich erstechen? Willst du mich auf der Landstraße umbringen, du Räuber, du verfluchter Tölpel, du Meerungeheuer? Drei Wochen sitzen wir doch auf dem gleichen Fleck! Wenn du doch nur ein Wort gesagt hättest, du Taugenichts, hast es aber für die letzte Stunde aufgespart! Wo man schon ganz Spannung ist und nur einzusteigen und wegzufahren braucht? Und da mußtest du mir so übel mitspielen, wie? Du hast es doch schon früher gewußt? Was? Antworte! Hast du es gewußt?«

»Ich hab' es gewußt«, antwortete Sselifan mit gesenktem Kopf.

»Nun, warum hast du es nicht früher gesagt, wie?«

Auf diese Frage gab Sselifan keine Antwort; wie er aber mit gesenktem Kopfe dastand, schien er sich selbst zu sagen: – Es hat sich wirklich so seltsam gefügt: ich hab' es wohl gewußt, aber nicht gesagt! –

»Geh jetzt hin und hol einen Schmied. Alles muß in zwei Stunden fertig sein. Hörst du? Unbedingt in zwei Stunden; und wenn nicht, so werde ich dich, so werde ich dich … zu einem Widderhorn biegen, zu einem Knoten zusammenbinden!« Unser Held war sehr zornig.

Sselifan wandte sich schon zur Türe, um den Auftrag seines Herrn auszuführen, blieb aber stehen und sagte: »Noch eines, Herr: den Schecken sollte man verkaufen, denn er ist ein ganz gemeiner Kerl, Pawel Iwanowitsch; Gott möchte einen jeden vor einem solchen Gaul behüten, er stört nur beim Fahren.«

»Ja, gewiß, gleich laufe ich auf den Markt, um ihn zu verkaufen!«

»Bei Gott, Pawel Iwanowitsch, der sieht nur so aus, als ob er was taugte, in Wirklichkeit ist er aber ein Gauner von einem Gaul, einen solchen Gaul kann man nirgends … «

» Dummkopf! Wenn ich ihn mal verkaufen will, so verkaufe ich ihn. Was kommst du noch mit langen Erklärungen! Ich werde mal sehen: wenn du mir nicht sofort die Schmiede holst und wenn nicht in zwei Stunden alles fertig ist, so beutele ich dich so durch, daß du dein eigenes Gesicht nicht erkennst! Marsch! Geh!« Sselifan ging.

Tschitschikow geriet in die übelste Laune und schleuderte den Säbel, den er auf Reisen immer bei sich führte, um den Leuten, von denen er Respekt verlangte, solchen einzuflößen, zu Boden. Über eine Viertelstunde verhandelte er mit den Schmieden, ehe er mit ihnen handelseinig wurde, denn die Schmiede waren, wie das immer so ist, abgefeimte Gauner: als sie merkten, daß die Arbeit sehr dringend war, verlangten sie den sechsfachen Preis. Wie sehr er sich auch ereiferte und sie Spitzbuben, Räuber und Ausbeuter der Durchreisenden nannte, wobei er sogar auf das Jüngste Gericht hinwies – alles machte auf die Schmiede nicht den geringsten Eindruck; sie zeigten eine große Charakterstärke und ließen nicht nur nichts vom Preise nach, sondern vertrödelten statt der zwei Stunden ganze fünfeinhalb. Während dieser Zeit hatte er das Vergnügen, die einem jeden Reisenden bekannten angenehmen Augenblicke zu durchkosten, wenn der Koffer gepackt ist und im Zimmer nur noch Bindfaden, Papierfetzen und sonstige Abfälle herumliegen, wenn der Mensch weder als Reisender noch als Ansässiger anzusehen ist und durch das Fenster langsam vorbeigehende Menschen sieht, die über ihre Groschen sprechen und mit einer eigentümlichen dummen Neugier die Augen heben, um ihn anzublicken und dann ihren Weg fortzusetzen, was die üble Laune des armen, nicht abreisen könnenden Reisenden nur noch verschlimmert. Alles, was er sieht: der kleine Kramladen vor seinem Fenster, der Kopf der Alten, die im Hause gegenüber wohnt und ab und zu an das Fenster mit dem kurzen Vorhang tritt – alles ist ihm widerlich, und doch geht er nicht vom Fenster weg. Er steht da, bald ganz geistesabwesend, bald mit stumpfem Interesse alle beweglichen und unbeweglichen Dinge betrachtend, und zerdrückt vor lauter Ärger eine Fliege, die unter seinem Finger summt und mit den Flügeln gegen die Fensterscheibe schlägt. Alles nimmt aber ein Ende, und der ersehnte Augenblick ist da: alles ist fertig, der Vorderteil des Wagens ist ordentlich befestigt, das Rad ist neu bereift, die Pferde sind von der Tränke zurückgekommen, und die räuberischen Schmiede sind, nachdem sie die ihnen ausgezahlten Rubelscheine nachgezählt und dem Reisenden alles Gute gewünscht haben, abgezogen. Endlich waren die Pferde angespannt, zwei soeben gekaufte, heiße Wecken in den Wagen gepackt, und auch Sselifan hatte sich schon etwas in die am Bocke angebrachte Tasche gesteckt; unser Held setzte sich in Gegenwart des Polowoi, der die Mütze schwenkend in seinem obligaten baumwollenen Rock vor der Türe stand, wie auch der anderen Lakaien und Kutscher, wie solcher, die zum Gasthaus gehörten, so auch der fremden, die sich versammelt hatten, um zu sehen, wie ein fremder Herr die Stadt verläßt und die auch bei jeder anderen Ausfahrt zugegen sind, in die Equipage – und der Wagen, von der Art, wie ihn die Junggesellen haben, der in dieser Stadt eine so lange Station gemacht hatte und dessen die Leser wohl schon überdrüssig geworden sind, rollte endlich zum Tore des Gasthauses hinaus. – Gott sei Dank! – dachte sich Tschitschikow, indem er sich bekreuzigte. Sselifan holte mit der Peitsche aus, Petruschka, der einige Minuten auf dem Trittbrett geschwebt hatte, stieg zum Kutscher hinauf, unser Held setzte sich recht bequem auf dem kaukasischen Teppich zurecht, schob sich ein Lederkissen in den Rücken, drückte sich die beiden heißen Wecken an den Körper, und die Equipage begann wieder zu hüpfen und zu springen, infolge des Pflasters, das bekanntlich die Kraft besaß, jeden Gegenstand in die Höhe zu werfen. Mit einem seltsamen, undefinierbaren Gefühl betrachtete er die Häuser, die Mauern, den Bretterzaun und die Straßen, die auch ihrerseits in einer scheinbar hüpfenden Bewegung langsam zurücktraten und von denen nur der liebe Gott allein wußte, ob Tschitschikow sie je wieder in seinem Leben sehen würde. An einer Straßenkreuzung mußte der Wagen halten, weil durch die Quergasse eine endlose Beerdigungsprozession zog. Tschitschikow steckte den Kopf aus dem Wagen und befahl Petruschka, zu erfragen, wer da beerdigt werde; er erfuhr, daß es die Beerdigung des Staatsanwalts war. Von den unangenehmsten Empfindungen erfüllt, drückte er sich sofort in eine Ecke, zog das Lederverdeck hoch und den Vorhang zu. Während die Equipage stillstand, betrachteten Sselifan und Petruschka, die Köpfe fromm entblößt, den Leichenzug und zählten genau nach, wie viele Fußgänger und Equipagen an der Prozession teilnahmen; Tschitschikow hatte ihnen befohlen, sich keinem erkennen zu geben und keinen der ihnen bekannten Lakaien zu grüßen und blickte selbst ängstlich durch die kleinen Fensterchen im ledernen Verdeck hinaus. Dem Sarge folgten entblößten Hauptes alle Beamten. Er fürchtete anfangs, sie könnten seine Equipage erkennen, sie hatten aber ganz andere Sorgen. Sie führten nicht mal die üblichen Gespräche, die stets bei einem Leichenzuge geführt werden. Die Gedanken eines jeden waren nur auf sich selbst gerichtet: sie dachten daran, was der neue Generalgouverneur wohl für ein Mensch sei, wie er wohl die Sache anpacken und wie er sie empfangen werde. Den zu Fuß gehenden Beamten folgten geschlossene Wagen, aus denen Damen mit Trauerhauben hervorblickten. Nach den Bewegungen ihrer Lippen und Hände zu schließen, waren sie in lebhafte Gespräche vertieft; vielleicht sprachen auch sie über die Ankunft des neuen Generalgouverneurs, stellten Kombinationen über die Bälle an, die er geben würde, und redeten von ihren ewigen Festons und Kleiderbesätzen. Diesen Equipagen folgten im Gänsemarsche einige leere Droschken, nach diesen kam aber nichts mehr, und unser Held konnte weiterfahren. Er ließ das Lederverdeck herunter, seufzte und sprach aus tiefster Seele: »Ja, der Staatsanwalt! Er hat gelebt und gelebt und ist dann gestorben! Und nun werden die Zeitungen berichten, er sei, zum größten Leidwesen seiner Untergebenen und der ganzen Menschheit, als ein geachteter Bürger, ein seltener Vater und ein musterhafter Gatte gestorben; noch vieles andere werden sie schreiben; vielleicht werden sie noch hinzufügen, daß ihn die Tränen der Witwen und Waisen zum Grabe begleitet hätten; wenn man aber die Sache vernünftig betrachtet, so gelangt man zum Schluß, daß er bloß buschige Augenbrauen gehabt hat und sonst nichts.« Jetzt befahl er Sselifan, schneller zu fahren und dachte sich dabei: – Es ist eigentlich gut, daß ich einem Leichenzuge begegnet bin; man sagt, es bedeute Glück, wenn man einer Leiche begegnet. –

 

Der Wagen bog indessen in ödere Straßen ein, und bald zogen sich nur die langen Bretterzäune hin, die das Ende der Stadt ankündigten. Nun war auch das Straßenpflaster zu Ende, die Stadt blieb hinter dem Schlagbaume zurück, und Tschitschikow war wieder unterwegs. Wieder flogen zu beiden Seiten der Landstraße die bekannten Bilder vorbei: Werstpfähle, Stationsaufseher, Ziehbrunnen, lange Reihen von Fuhren, graue Dörfer mit ihren Samowars, Bauernweibern und dem flinken bärtigen Wirt, der mit einem Sack Hafer in der Hand aus dem Wirtshause gelaufen kommt; ein Fußgänger in durchgeriebenen Bastschuhen, der schon achthundert Werst zurückgelegt hat; schnell erbaute Städtchen mit ihren Bretterbuden, Mehlfässern, Bastschuhen, Wecken und sonstigem Kram; scheckige Schlagbäume, in Reparatur befindliche Brücken, unübersehbare Felder zu beiden Seiten der Straße, Gutsbesitzerkutschen, ein berittener Soldat, der einen grünen Kasten mit blauen Bohnen und der Inschrift: »Artilleriebrigade Nummer soundso‹ mit sich führt; grüne, gelbe und frisch aufgewühlte schwarze Streifen in der Steppe; aus der Ferne klingt ein Lied herüber; Fichtenwipfel verschwinden im Nebel, in der Ferne verhallt Glockengeläute; Krähen wie die Fliegen und ein Horizont ohne Ende … Rußland! Rußland! Ich sehe dich, aus meiner herrlichen, schönen Ferne sehe ich dich. Arm, weit verstreut und unfreundlich ist alles in dir; nichts erheitert, nichts erschreckt den Blick: keine kühnen Wunder der Natur, von kühnen Wundern der Kunst gekrönt – keine Städte mit vielfenstrigen, hohen, in Felsen eingebauten Palästen; keine malerischen Bäume, kein die Häuser umrankender Efeu, im ewigen Staube der Wasserfälle; der Kopf fällt nicht in den Nacken, um die sich über ihm und in der Höhe endlos türmenden Felsblöcke zu betrachten; es leuchten nicht durch die übereinandergetürmten dunklen, von Reben, Efeu und zahllosen Millionen wilder Rosen umschlungenen Bogen – es leuchten nicht in der Ferne die ewigen Linien der strahlenden Berge, die in einen silbernen, heiteren Himmel ragen. Offen und wüst und flach ist alles in dir; wie Punkte, wie kleine Zeichen ragen unansehnlich aus der Ebene deine niederen Städte: nichts verführt, nichts bezaubert den Blick. Doch welch eine unergründliche, geheimnisvolle Kraft zieht mich zu dir? Warum klingt und schallt mir unaufhörlich dein trauriges Lied ins Ohr, das dich deiner ganzen Länge und Breite nach vom einen Meere zum andern durchzieht? Was liegt darin, in diesem Liede? Was ist's, was da ruft und schluchzt und ans Herz greift? Was sind das für Töne, die so schmerzvoll küssen, in die Seele dringen und mein Herz umschweben? Rußland! Was willst du von mir? Welch ein unfaßbares Band ist zwischen uns? Was blickst du so und warum richtet alles, was in dir ist, seine erwartungsvollen Blicke auf mich? … So stehe ich noch ratlos und unbeweglich da, doch eine Gewitterwolke beschattet schon mein Haupt, künftige Regengüsse verheißend, und mein Denken erstarrt vor deiner weiten Ausdehnung. Was verheißt dein grenzenloser Raum? Ist's möglich, daß hier in dir der unendliche Gedanke nicht geboren werde, wo du doch selbst kein Ende hast? Sollte hier nicht der Recke erscheinen, für den es in dir genug Raum gibt, daß er sich entfalte und bewege? Drohend umfängt mich dein mächtiger Raum, der sich mit furchtbarer Kraft in meinem Innern spiegelt; eine überirdische Gewalt erleuchtet meine Augen … Oh, welch eine funkelnde, herrliche, der Welt noch unbekannte Ferne! Rußland! …

»Halt, halt, Dummkopf!« rief Tschitschikow Sselifan zu.

»Da gebe ich dir gleich eins mit dem Säbel!« schrie ein entgegensausender Feldjäger mit einem ellenlangen Schnurrbart. »Siehst du denn nicht, der Teufel schinde deine Seele, daß es eine Staatsequipage ist?« Und wie ein Gespenst verschwand unter Donner und Staub die Troika.

Wieviel Seltsames und Lockendes, Emporhebendes und Herrliches liegt in dem einen Wort: Reisen! Wie herrlich ist sie selbst, diese Fahrt! Ein heiterer Tag, herbstliches Laub, kalte Luft … Du hüllst dich fester in deinen Mantel, ziehst die Mütze über die Ohren und drückst dich enger und gemütlicher in die Ecke! Zum letztenmal hat ein kalter Schauer deine Glieder ergriffen, und schon ist an seine Stelle eine wohlige Wärme getreten. Die Pferde rasen dahin … Wie verführerisch schleicht der Schlummer heran, die Augenlider fallen zu, und du hörst wie im Schlafe das Lied vom weißen Schnee, das Schnauben der Pferde, das Rasseln der Räder, und schon schnarchst du und drängst deinen Nachbar in die Ecke. Wenn du erwachst, liegen schon fünf Stationen hinter dir; Mondlicht; eine unbekannte Stadt; Kirchen mit altertümlichen Holzkuppeln und schwarzen Turmspitzen; dunkle hölzerne und weiße gemauerte Häuser; Mondlicht hier und da, als ob weiße Leinentücher an den Wänden hingen und auf den Straßen und auf dem Pflaster lägen; kohlschwarze Schatten durchschneiden sie schräg; wie schimmerndes Metall glänzen die schräg beleuchteten Schindeldächer; und keine Seele weit und breit: alles schläft. Höchstens brennt noch in einem Fensterchen ein einsames Licht: ist's ein Handwerker, der ein Paar Stiefel näht, ist's ein Bäcker, der sich bei seinem kleinen Ofen zu schaffen macht? Was kümmert's uns? Und erst die Nacht!… Himmlische Mächte! Welch eine Nacht begibt sich dort oben in der Höhe! Und die Luft, und der Himmel, der ferne, hohe Himmel in seiner unerreichbaren Tiefe, der sich so grenzenlos wohltönend und heiter breitet! … Doch ein kalter nächtlicher Hauch weht dir kühl in die Augen und schläfert dich ein, und schon schlummerst du, vergißt dich und schnarchst – und ärgerlich wirft sich dein armer, in die Ecke gedrückter Reisegenosse hin und her, als er deine Last auf sich fühlt. Du erwachst – und wieder liegen vor dir Felder und Steppen; nichts ist zu sehen, alles ist leer, alles ist offen. Ein Werstpfahl fliegt dir mit seiner Zahl in die Augen; der Morgen bricht an; am weißen, kalten Horizont schimmert ein bleicher goldener Streif; frischer und steifer wird der Wind; du hüllst dich fester in deinen warmen Mantel! … Welch eine herrliche Kälte! Welch ein herrlicher Schlaf, in den du aufs neue versinkst! Ein Stoß – und du erwachst wieder. Die Sonne steht schon hoch am Himmel. »Vorsicht! Vorsicht!« ruft eine Stimme; der Wagen fährt einen steilen Abhang hinab; unten ist ein breiter Mühlendamm und ein großer klarer Teich, der wie ein Messingdeckel in der Sonne glänzt; ein Dorf, die Häuser liegen am Abhang zerstreut; wie ein Stern strahlt seitwärts das Kreuz der Dorfkirche; Geschwätz der Bauern und ein unerträglicher Appetit im Magen … Gott! Wie schön ist zuweilen auch eine weite, weite Reise! Wie oft habe ich schon wie ein Ertrinkender und Untergehender nach dir gegriffen, und wie oft hast du mich großmütig errettet! Und wieviel herrliche Pläne, poetische Träume sind schon auf einer solchen Fahrt entstanden, wieviel wunderbare Eindrücke gabst du den Sinnen! …

Auch unser Freund Tschitschikow hatte auf seiner Fahrt durchaus keine ausgesprochen prosaischen Träume. Wollen wir mal untersuchen, was er fühlte. Anfangs fühlte er nichts und blickte nur ab und zu zurück, um sich zu vergewissern, daß er die Stadt tatsächlich verlassen hatte; als er aber sah, daß die Stadt schon längst verschwunden war, daß von den Schmieden, Mühlen und sonstigen Dingen, die in der Nähe der Städte zu sein pflegen, keine Spur mehr zu sehen war und selbst die weißen Türme der steinernen Kirchen in den Erdboden versunken waren, richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf die Fahrt, blickte nur nach rechts und nach links, und die Stadt N. war ganz seinem Gedächtnisse entschwunden, als hätte er sie vor langer Zeit, in seiner Kindheit, auf der Durchreise berührt. Zuletzt interessierte ihn auch die Fahrt nicht mehr; er schloß ein wenig die Augen und ließ seinen Kopf auf das Kissen fallen. Der Autor muß gestehen, daß er sich darüber freut, weil er endlich einmal Gelegenheit hat, einiges über seinen Helden zu erzählen, während ihm bisher immer, wie es der Leser schon sah, bald Nosdrjow, bald die Bälle, bald die Damen, bald der städtische Klatsch und bald die Tausende von Bagatellen im Wege waren, die nur dann als Bagatellen erscheinen, wenn sie im Buche stehen, aber, solange sie in die Wirklichkeit gehören, als höchst wichtige Angelegenheiten angesehen werden. Jetzt wollen wir aber dies alles beiseite lassen und an die Sache schreiten.

Es ist sehr zweifelhaft, ob der von uns erwählte Held den Lesern gefallen wird. Daß er den Damen nicht gefallen wird, darf man wohl positiv behaupten, denn die Damen verlangen, daß ein Held die Vollkommenheit selbst sei; der geringste seelische oder körperliche Makel macht ihn sofort unmöglich. Wenn der Autor ihm noch so tief in die Seele hineinblickt und sein Bild reiner als ein Spiegel zeichnet, so wird das dem Helden nicht den geringsten Wert verleihen. Sogar die Korpulenz und das mittlere Alter Tschitschikows werden ihm viel schaden: die Korpulenz wird man ihm auf keinen Fall verzeihen, und sehr viele Damen werden sich von ihm abwenden und sagen: »Pfui, wie garstig!« Das alles ist dem Autor wohl bekannt, und dennoch kann er sich leider keinen tugendhaften Menschen zum Helden wählen. Aber … vielleicht wird man in dieser selben Erzählung andere, noch niemals angeschlagene Saiten hören, den unendlichen Reichtum des russischen Geistes kennenlernen, einen mit göttlichen Tugenden begabten Mann erblicken oder ein herrliches russisches Mädchen, das in der ganzen Welt nicht seinesgleichen hat, mit der ganzen wunderbaren Schönheit der weiblichen Seele, die ganz aus großmütigem Streben und Selbstaufopferung besteht. Und vor ihnen werden die tugendhaften Menschen aller anderen Völker ebenso leblos erscheinen, wie das tote Buch vor dem lebendigen Wort! Russische Regungen werden sich bemerkbar machen … und die Leser werden sehen, wie tief in die Natur des Slaven das eingedrungen ist, was die Natur der anderen Völker nur oberflächlich berührt hat … Warum sollen wir aber von Dingen sprechen, die in der Zukunft liegen? Es ziemt sich nicht für den Autor, der schon längst ein vom strengen Innenleben und von der erfrischenden Nüchternheit der Vereinsamung erzogener, gereifter Mann ist, sich gleich dem Jüngling zu vergessen. Alles kommt einmal an die Reihe, alles hat seine Zeit und seinen Platz! Und doch hat der Autor keinen tugendhaften Menschen zum Helden erwählt. Man darf sogar verraten, warum. Weil es endlich einmal Zeit ist, den armen tugendhaften Menschen in Ruhe zu lassen; weil das Wort »tugendhafter Mensch« unnütz von allen Lippen gesprochen wird; weil man den tugendhaften Menschen schon längst zu einem Pferd gemacht hat und es keinen Schriftsteller gibt, der nicht fortwährend auf ihm herumritte und ihn mit der Peitsche und jedem anderen Gegenstand antriebe; weil man den tugendhaften Menschen dermaßen müde gehetzt und ausgehungert hat, daß an ihm nicht mal ein Schatten der Tugend zu sehen ist und nur noch Rippen und Haut statt eines Körpers geblieben sind; weil man den tugendhaften Menschen nur noch mit heuchlerischen Lippen anruft; weil man den tugendhaften Menschen mißachtet. Nein, es ist endlich Zeit, auch mal einen Schurken vorzuspannen. Also wollen wir einen Schurken vorspannen!

Dunkel und bescheiden ist die Herkunft unseres Helden. Seine Eltern waren vom Adel, ob es aber alter oder persönlicher Adel war, das weiß Gott allein. Im Gesicht hatte er keine Ähnlichkeit mit ihnen: wenigstens hatte eine Verwandte, die bei seiner Geburt anwesend war, eine kleine, kurze Frau, wie man sie »Kiebitz« zu nennen pflegt, nachdem sie das Kind auf die Arme genommen, ausgerufen: »Er ist doch ganz anders geraten, als ich erwartet hatte! Er hätte doch der Großmutter mütterlicherseits ähnlich sehen sollen, was auch sicher das beste für ihn wäre, er ist aber, wie das Sprichwort sagt, ›weder Mutter noch Vater, sondern einem durchreisenden Gesellen‹ nachgeraten.« Das Leben sah ihn anfangs mit einer sauren, unfreundlichen Miene durch ein trübes, schneeverwehtes Fenster an; keinen Freund, keinen Gespielen hatte er in seinen Kinderjahren! Ein kleines Zimmerchen mit kleinen Fensterchen, die weder im Sommer noch im Winter geöffnet wurden; der Vater – ein kranker Mann in einem langen, mit Lammfell gefütterten Rock und gestrickten Pantoffeln, die er auf den bloßen Füßen trug, ein Mann, der im Aufundabgehen unaufhörlich seufzte und in den in der Ecke stehenden Sandnapf spuckte; das ewige Sitzen auf der Bank mit der Feder in der Hand und Tinte auf den Fingern und selbst auf den Lippen; die ewige Vorschrift vor den Augen: »Lüge nicht, folge den Erwachsenen und trage die Tugend in deinem Herzen«; das ewige Scharren und Schlürfen der Pantoffeln durchs Zimmer und die wohlvertraute, doch immer strenge Stimme: »Wieder machst du Dummheiten!«, die immer ertönte, wenn das Kind, der Einförmigkeit seiner Arbeit überdrüssig, an irgendeinem Buchstaben einen Schnörkel oder einen Schwanz anbrachte; und das ewig bekannte und immer unangenehme Gefühl, wenn nach diesen Worten sein Ohr sehr schmerzvoll von den Nägeln der langen, von hinten heranlangenden Finger zusammengekniffen wurde: das ist das elende Bild seiner frühesten Kindheit, von der er kaum eine blasse Erinnerung bewahrt hat. Aber alles ändert sich im Leben schnell und schleunig: eines Tages, als die erste Frühlingssonne leuchtete und die Frühlingsgewässer rieselten, setzte sich der Vater mit seinem Sohn in einen kleinen Wagen, den ein braungeschecktes Pferdchen schleppte, von der Art, wie sie von den Pferdehändlern »Elstern« genannt werden; den Wagen lenkte ein kleiner buckliger Kutscher, der Stammvater der einzigen leibeigenen Familie, die dem Vater Tschitschikows gehörte, ein Mann, der im Hause fast alle Ämter versah. Mit dieser Elster fuhren sie mehr als anderthalb Tage; unterwegs übernachteten sie, fuhren durch einen Fluß, aßen kalten Fleischkuchen und Hammelbraten und erreichten erst am Morgen des dritten Tages die Stadt. Den Knaben überraschten die unerwartet prächtigen Straßen, die er einige Minuten lang mit weit aufgerissenem Munde betrachtete. Dann plumpste die Elster mit dem Wagen in eine Grube, mit der eine enge Gasse begann, die abwärts strebte und voller Schmutz war; lange arbeitete sie dort aus aller Kraft, zappelte mit den Beinen und zog schließlich, vom buckligen Kutscher und vom Herrn selbst angespornt, den Wagen in einen kleinen Hof, der auf dem Abhange lag; auf dem Hofe befand sich ein altes Häuschen, vor dem zwei Apfelbäume blühten und hinter dem ein kleines niedriges Gärtchen lag, das nur aus Ebereschen und Holundersträuchen bestand und eine kleine Bretterhütte mit einem Schindeldach und einem schmalen trüben Fensterchen in sich barg. Hier wohnte eine Verwandte, eine schwache Alte, die aber noch immer jeden Morgen auf den Markt ging und nachher ihre Strümpfe am Samowar trocknete. Sie tätschelte dem Jungen die Wangen und bewunderte seine Körperfülle. Bei dieser Alten mußte er nun bleiben und jeden Tag in die städtische Schule gehen. Der Vater übernachtete und fuhr gleich am nächsten Morgen wieder ab. Beim Abschied vergoß er keine Träne; er schenkte dem Sohne einen halben Rubel in Kupfer für seine Ausgaben und Näschereien und gab, was viel wichtiger war, eine kleine Belehrung dazu: »Paß auf, Pawluscha: lerne fleißig, mach' keine Dummheiten, sei kein Schlingel; bemühe dich aber vor allem, deinen Lehrern und Vorgesetzten gefällig zu sein. Wenn du deinem Vorgesetzten immer gefällig bist, so wirst du, auch wenn du keine Fortschritte im Lernen machst und Gott dir keine Talente gegeben hat, doch deinen Weg machen und alle überholen. Halte dich von deinen Kameraden fern: sie werden dich nichts Gutes lehren; und wenn du schon mit jemand verkehrst, so suche dir die Reicheren aus, die dir bei Gelegenheit nützlich sein werden. Halte niemand frei; benimm dich lieber so, daß die anderen dich freihalten; vor allen Dingen spare aber jede Kopeke: sie ist zuverlässiger als alles in der Welt. Ein Kamerad oder Freund wird dich begaunern und im Unglück verraten, die Kopeke bleibt dir aber auch in der größten Not treu. Mit der Kopeke kannst du alles erreichen und jedes Hindernis überwinden.« Nachdem er ihm diese Lehre erteilt hatte, verabschiedete sich der Vater von seinem Sohne und ließ sich von der Elster nach Hause schleppen; Pawluscha sah ihn nie wieder, aber seine Worte und Lehren drangen ihm tief ins Herz.

 

Pawluscha begann gleich am folgenden Tage die Schule zu besuchen. Besondere Fähigkeiten für irgendeine bestimmte Wissenschaft waren an ihm nicht zu erkennen; er zeichnete sich mehr durch Fleiß und Sauberkeit aus; zeigte großen Verstand in praktischen Dingen. Er erfaßte sofort die Situation und stellte sich zu seinen Kameraden so, daß sie ihn freihielten, er sie aber nicht nur niemals freihielt, sondern zuweilen auch ihre Gaben auf die Seite tat, um sie später ihnen selbst zu verkaufen. Schon als Kind übte er Enthaltsamkeit. Von dem halben Rubel, den ihm sein Vater geschenkt hatte, gab er keine Kopeke aus; im Gegenteil: er vergrößerte schon im Laufe des ersten Jahres dieses Kapital, wobei er einen ungewöhnlichen Geschäftssinn zeigte. Er knetete aus Wachs einen Gimpel, strich ihn an und verkaufte ihn mit großem Vorteil. Nach einiger Zeit ließ er sich auf andere Spekulationen ein: er kaufte auf dem Markte allerlei Eßwaren ein und setzte sich dann in der Klasse neben die reicheren Schüler; sobald er merkte, daß es einem Kameraden übel wurde – was auf den beginnenden Hunger hinwies –, so zeigte er ihm wie zufällig aus der Bank den Rand eines Lebkuchens oder einer Semmel; nachdem er dem anderen auf diese Weise ordentlich Appetit gemacht hatte, verkaufte er ihm das Backwerk zu einem Preis, der dem Appetit des Betreffenden entsprach. Zwei Monate gab er sich in seiner Wohnung unermüdlich mit einer Maus ab, die er in einen kleinen Holzkäfig eingesperrt hatte, und erreichte es schließlich, daß die Maus Männchen machen und auf Kommando sich hinlegen und wieder aufstehen konnte; dann verkaufte er sie gleichfalls sehr vorteilhaft. Als er auf diese Weise fünf Rubel zurückgelegt hatte, nähte er das Säckchen zu und begann ein neues mit Geld zu füllen. Gegen die Obrigkeit benahm er sich noch klüger. Niemand verstand so schön ruhig auf seiner Bank zu sitzen wie er. Es ist zu bemerken, daß der Lehrer die Ruhe und das gute Betragen über alles schätzte und die klugen und aufgeweckten Jungen nicht ausstehen konnte; er glaubte immer, daß diese über ihn lachen müßten. Einer, der ihm nur einmal durch seinen Witz aufgefallen war, brauchte sich nur zu rühren oder ohne jede böse Absicht mit der Wimper zu zucken, um den ganzen Zorn des Lehrers heraufzubeschwören. Einen solchen Schüler verfolgte und bestrafte er ohne jede Nachsicht. »Ich werde dir deinen Hochmut und Trotz schon austreiben!« pflegte er zu sagen. »Ich kenne dich durch und durch, so wie du dich selbst nicht kennst. Du wirst mir die ganze Stunde knien müssen! Du wirst auch das Hungern lernen!« Und der arme Junge mußte, ohne selbst zu wissen, warum, sich die Knie wund reiben und ganze Tage hungern. »Fähigkeiten und Begabung sind Unsinn!« pflegte der Lehrer zu sagen. »Ich sehe nur auf Betragen. Einer, der einen Buchstaben vom anderen nicht unterscheiden kann, sich aber gut benimmt, bekommt von mir in allen Fächern die besten Noten; aber einem, an dem ich eine schlechte Geistesrichtung und Spottlust bemerke, gebe ich eine Null, und wenn er auch den Solon an Weisheit übertrifft!« So sprach dieser Lehrer, der den Fabeldichter Krylow wie den Tod haßte, weil dieser mal gesagt hatte: »Sauf soviel du willst, wenn du nur deine Sache verstehst«, und der mit freudestrahlendem Gesicht zu erzählen pflegte, daß in der Schule, in der er früher unterrichtet hatte, eine solche Stille geherrscht habe, daß man eine Fliege vorbeifliegen hören konnte, daß keiner von den Schülern im Laufe des ganzen Jahres während des Unterrichts gehustet oder sich geschneuzt habe und daß man bis zum Glockenzeichen mit dem bloßen Gehör nicht hätte erkennen können, ob jemand in der Klasse war oder nicht. Tschitschikow erfaßte sofort den Geist dieses Lehrers und begriff, wie er sich zu benehmen hatte. Während der ganzen Stunde bewegte er kein Auge und zuckte nicht mit der Wimper, und wenn man ihn von hinten noch so zwickte; sobald das Glockenzeichen ertönte, sprang er Hals über Kopf auf und reichte dem Lehrer als erster die Mütze mit den drei Klappen (der Lehrer trug stets eine Mütze mit drei Klappen); nachdem er ihm die Mütze gereicht hatte, verließ er als erster das Klassenzimmer und bemühte sich, dem Lehrer auf dessen Heimwege mindestens dreimal zu begegnen, wobei er jedesmal vor ihm die Mütze zog. Diese Politik hatte vollen Erfolg. Während der ganzen Schulzeit war er stets gut angeschrieben; beim Verlassen der Schule bekam er aber die besten Noten in allen Gegenständen, ein lobendes Attest und ein Buch mit der goldenen Inschrift: »Für musterhaften Fleiß und vorzügliches Betragen.« Er verließ die Schule als Jüngling von recht sympathischem Äußern, mit einem Kinn, das schon nach dem Rasiermesser verlangte. Um diese Zeit starb sein Vater. Die Erbschaft bestand aus vier gänzlich abgetragenen Unterjacken, zwei alten, mit Lammfell gefütterten Röcken und einer ganz kleinen Geldsumme. Der Vater verstand offenbar nur, gute Lehren über das Sparen zu erteilen, hatte aber selbst gar nichts gespart. Tschitschikow verkaufte sofort das baufällige Häuschen mit dem unbedeutenden Grundbesitz für tausend Rubel und übersiedelte mit der leibeigenen Familie in die Stadt, in der Absicht, sich da niederzulassen und in den Staatsdienst zu treten. Um diese Zeit wurde der arme Lehrer, der so sehr die Ruhe und das gute Betragen schätzte, wegen Dummheit oder wegen eines anderen Vergehens aus der Schule gejagt. Vor Kummer begann er zu trinken; bald hatte er kein Geld mehr dazu; krank, ohne ein Stück Brot und ohne Hilfe darbte er, ganz verlassen, in einem ungeheizten Loch. Als seine früheren Schüler, die Klugen und Aufgeweckten, in denen er immer Trotz und Hochmut gewittert hatte, von seiner elenden Lage erfuhren, sammelten sie für ihn sofort einen gewissen Geldbetrag, wobei mancher manchen Gegenstand, den er wirklich brauchte, verkaufte; nur Pawluscha Tschitschikow allein beteiligte sich nicht an der Kollekte, unter dem Vorwande, daß er nichts habe, und gab nur ein silbernes Fünfkopekenstück, das ihm die Kameraden mit den Worten: »Ach, du Geizhals!« vor die Füße warfen. Der arme Lehrer bedeckte das Gesicht mit beiden Händen, als er von dieser Tat seiner ehemaligen Schüler erfuhr; die Tränen flossen aus seinen erloschenen Augen in Strömen wie bei einem schwachen Kinde. »Auf dem Totenbette läßt mich Gott weinen!« sagte er mit schwacher Stimme; und als man ihm über Tsohitschikow berichtete, seufzte er schwer auf und fügte hinzu: »Ach, Pawluscha! Wie ändert sich doch der Mensch! Was warst du doch für ein braver Junge, ohne die geringste Unart, weich wie Seide! Wie furchtbar hast du mich betrogen!«