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Die toten Seelen

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Nachdem die Damen ihr Ziel bei der Gouverneurin erreicht hatten, machten sie sich an die Männerpartei heran und versuchten, sie für sich zu gewinnen, indem sie die Behauptung aufstellten, daß die toten Seelen erfunden seien, um jeden Verdacht abzulenken und die Entführung erfolgreicher ausführen zu können. Viele von den Männern ließen sich bekehren und traten der Damenpartei bei, obwohl sie sich den heftigsten Vorwürfen seitens ihrer Genossen aussetzten, die sie Frauenzimmer und Weiberröcke nannten, was bekanntlich vom männlichen Geschlecht sehr übel genommen wird.

Wie sehr sich die Männer auch wappneten und wehrten, mangelte es ihrer Partei doch an der Ordnung, die in der Damenpartei herrschte. Alles war bei ihnen roh, ungehobelt, ungeschickt, unschön, plump und häßlich; in ihren Köpfen herrschte ein Durcheinander, ihre Gedanken waren verworren, mit einem Worte, die hohle Natur des Mannes, die rohe, schwerfällige Natur, die weder Haushalttalente hat, noch herzlicher Überzeugungen fähig ist, die kleingläubige, faule, von ewigen Zweifeln und Ängsten erfüllte Natur kam ganz unverhüllt zum Vorschein. Sie sagten, das sei Unsinn, die Entführung der Gouverneurstochter sei eher die Sache eines Husaren als eines Zivilisten, Tschitschikow würde so etwas niemals tun, die Weiber schwatzen dummes Zeug, das Weib sei überhaupt wie ein Sack, was man hineinlege, das schleppe es mit sich herum; der Hauptgegenstand, den man nicht aus den Augen verlieren dürfe, seien die toten Seelen; was dahinter stecke, das wisse der Teufel, aber es stecke sicher etwas sehr Übles dahinter. Warum die Männer glaubten, daß etwas Übles dahinter stecke, das werden wir sofort erfahren. Für dieses Gouvernement war vor kurzem ein neuer Generalgouverneur ernannt worden; so ein Ereignis versetzt die Beamten bekanntlich immer in die größte Unruhe: es beginnen Untersuchungen, Rügen, Rüffel und allerlei amtliche Suppen, mit denen der Vorgesetzte seine Untergebenen traktiert. – »Wenn er nur erfährt,« dachten sich die Beamten, »daß in der Stadt so dumme Gerüchte verbreitet werden, so kann ihn schon das allein fuchsteufelswild machen.« Der Inspektor der Medizinalverwaltung erbleichte plötzlich und redete sich Gott weiß was ein: ob unter den »toten Seelen« nicht die Kranken gemeint seien, die in großer Zahl bei der Typhusepidemie, gegen die keinerlei Maßnahmen ergriffen worden waren, in den Lazaretten und an anderen Orten gestorben waren – und ob Tschitschikow nicht ein aus der Kanzlei des Generalgouverneurs zwecks einer geheimen Untersuchung abkommandierter Beamter sei? Diese Vermutung teilte er dem Kammervorsitzenden mit. Der Kammervorsitzende antwortete, daß es Unsinn sei; plötzlich erbleichte aber auch er selbst und fragte sich: wie, wenn die von Tschitschikow gekauften Seelen wirklich tot sind? Hat er doch selbst den Abschluß der Kaufverträge über diese Seelen zugelassen und obendrein die Rolle des Vertreters von Pljuschkin gespielt; wenn das dem Generalgouverneur zu Ohren kommt, was dann? Dies teilte er nur diesem und jenem mit, und plötzlich erbleichten auch dieser und jener: die Angst ist ansteckender als die Pest und teilt sich in einem Augenblick mit. Alle entdeckten plötzlich an sich solche Sünden, die sie sogar niemals begangen hatten. Das Wort »tote Seelen« klang so unbestimmt, daß sogar der Verdacht aufkam, ob es nicht eine Anspielung auf zwei Fälle sei, die sich vor gar nicht langer Zeit ereignet hatten, wo zwei Leichen voreilig begraben worden waren. Der erste Fall betraf einige Kaufleute aus Ssolwytschegodsk, die in die Stadt zum Jahrmarkt gekommen waren und nach Abschluß der Geschäfte zu Ehren ihrer Freunde, einiger Kaufleute aus Ustsyssolsk, ein Trinkgelage veranstaltet hatten – ein Trinkgelage in russischem Stil, doch mit deutschen Einführungen: wie Orgeaden, Punschen, Balsamen usw. Das Trinkgelage endete, wie es so geht, mit einer Schlägerei. Die von Ssolwytschegodsk prügelten die von Ustsyssolsk zu Tode, obwohl sie dabei selbst eine Anzahl kräftiger Bauch-, Genick- und Rippenstöße abbekamen, die von der ungeheuren Größe der Fäuste zeugten, mit denen die Verstorbenen begabt waren. Dem einen von den Siegern war, wie sich die Faustkämpfer auszudrücken pflegen, die »Luftpumpe« eingetrieben, d. h. die Nase so gründlich zermalmt worden, daß von ihr nur ein etwa einen halben Finger dickes Stück auf dem Gesicht zurückblieb. Die Kaufleute gestanden ihre Heldentat ein und gaben zu, daß sie ein wenig über die Schnur gehauen hätten. Ein Gerücht meldete, daß sie dieser Erklärung je vier größere Reichsscheine beigefügt hätten; die Sache war übrigens recht dunkel: die angestellte Untersuchung ergab, daß die Kaufleute von Ustsyssolsk an Ofendunstvergiftung gestorben waren, und sie wurden auch als solche beigesetzt. Der andere Fall, der sich vor kurzem ereignet hatte, war folgender: die der Krone gehörenden Bauern des Dorfes Wschiwaja-Spjeß hatten sich mit den gleichfalls der Krone gehörenden Bauern des Dorfes Browki, auch Sadirailowo genannt, verbündet und die Landpolizei in Person eines gewissen Assessors Drobjaschkin vom Erdboden vertilgt; und zwar weil die Landpolizei, d. h. der Assessor Drobjaschkin, sich angewöhnt habe, ihr Dorf allzuoft zu besuchen, was in gewissen Fällen viel schlimmer ist als eine Typhusepidemie; der Grund aber sei gewesen, daß die Landpolizei ein schwaches Herz gehabt und ein zu großes Interesse für die Weiber und Mädchen des Dorfes gezeigt habe. Es ist darüber nichts Sicheres bekannt, obwohl die Bauern in ihren Aussagen geradezu erklärten, die Landpolizei sei lüstern wie eine Katze gewesen; sie hätten sie schon mehr als einmal gewarnt und einmal sogar ganz nackt aus einem Bauernhause hinausgejagt, in das sie sich irgendwie Eingang verschafft hatte. Die Landpolizei hatte die Strafe für ihre Herzensschwäche natürlich wohl verdient, aber man durfte auch die Bauern von Wschiwaja-Spjeß wie auch die von Sadirailowo vom eigenmächtigen Verfahren nicht freisprechen, wenn sie sich tatsächlich den Mord zuschulden kommen lassen hatten. Die Sache blieb aber dunkel, die Landpolizei hatte man auf der Landstraße liegen gefunden, ihre Uniform und ihr Rock waren zerfetzt, und das Gesicht ließ sich überhaupt nicht mehr erkennen. Die Sache beschäftigte die Gerichte und kam schließlich vor die Kammer, wo sie im folgenden Sinne entschieden wurde: da es unbekannt sei, wer von den Bauern an der Sache beteiligt gewesen, ihrer aber im ganzen recht viele waren; da ferner Drobjaschkin ein toter Mann sei und folglich wenig Nutzen davon haben würde, wenn er die Sache gewönne, die Bauern aber andererseits noch am Leben seien und folglich ein Interesse daran hätten, daß die Sache zu ihren Gunsten entschieden werde, so sei wie folgt zu beschließen: der Assessor Drobjaschkin trage selbst die Schuld, da er die Bauern der Dörfer Wschiwaja-Spjeß und Sadirailowo ungerechterweise unterdrückt habe; was aber seinen Tod betrifft, so sei er, als er in seinem Schlitten heimfuhr, einem Schlaganfall erlegen. Die Sache schien aufs beste erledigt; doch die Beamten bildeten sich, man weiß nicht warum, ein, daß mit den toten Seelen dieser Fall gemeint sei. Als die Herren Beamten, sich in dieser schwierigen Lage befanden, liefen beim Gouverneur gleichzeitig zwei Papiere ein. Das eine meldete, daß nach den eingelaufenen Berichten sich im Gouvernement ein Hersteller von falschen Banknoten unter verschiedenen falschen Namen aufhalte; daher solle man unverzüglich eine strenge Untersuchung anstellen. Das andere Papier enthielt die Mitteilung des Gouverneurs des Nachbargouvernements über einen Räuber, der vor der gesetzlichen Verfolgung geflohen sei; falls also im Gouvernement ein verdächtiger Mensch auftauchen sollte, der weder einen Paß noch sonst welche Papiere vorweisen könnte, so sei dieser sofort zu verhaften. Diese beiden Papiere wirkten auf alle niederschmetternd. Alle bisherigen Kombinationen und Vermutungen stürzten zusammen. Natürlich konnte man unmöglich annehmen, daß Tschitschikow mit den beiden Angelegenheiten auch das geringste zu tun hätte; als aber ein jeder die Sache für sich überlegte und sich erinnerte, daß es ihnen gänzlich unbekannt war, wer Tschitschikow eigentlich sei, und daß er sich selbst höchst unklar über seine Person geäußert, obwohl er auch gesagt hatte, daß er den Staatsdienst als Opfer seines Gerechtigkeitssinns hatte verlassen müssen, was aber ebenfalls recht unklar klang; als sie sich obendrein seiner Erklärung erinnerten, daß er viele Feinde habe, die ihm nach dem Leben trachteten – so wurden sie noch nachdenklicher: seinem Leben drohte eine Gefahr; also wurde er von jemand verfolgt; folglich muß er etwas angestellt haben … Wer mochte er nun eigentlich sein? Man konnte natürlich nicht annehmen, daß er falsche Banknoten herstelle und um so weniger ein Räuber sei; sein Äußeres war dazu viel zu bieder; wer mochte er aber trotz alledem sein? Nun stellten sich die Herren Beamten eine Frage, die sie sich gleich am Anfang, d.h. im ersten Kapitel unseres Poems, hätten stellen sollen. Es wurde beschlossen, die Leute auszufragen, von denen er die toten Seelen erworben hatte, um wenigstens festzustellen, was das für Käufe gewesen seien und was unter diesen toten Seelen zu verstehen wäre; ob er nicht jemand zufällig, so nebenbei, etwas von seinen wahren Absichten gesagt oder jemand erzählt hätte, wer er sei. Zuallererst wandte man sich an die Korobotschka, konnte aber von ihr nicht viel erfahren: er hätte für fünfzehn Rubel Seelen gekauft; er kaufe auch Daunen und Federn ein; er hätte ihr versprochen, ihr noch allerlei andere Sachen abzukaufen, auch liefere er Schweineschmalz an die Behörden; darum sei er sicher ein Schwindler, denn es sei schon einmal so ein Mann dagewesen, der Federn und Daunen eingekauft und Schweineschmalz an die Behörden geliefert habe; dieser aber hätte alle begaunert und auch die Protopopenfrau um mehr als hundert Rubel geprellt. Alle ihre weiteren Aussagen waren nur eine Wiederholung dessen, was sie schon einmal gesagt hatte, und die Beamten sahen nur, daß die Korobotschka ein dummes altes Weib sei. Manilow sagte aus, daß er für Pawel Iwanowitsch stets wie für sich selbst bürgen werde, er würde sein ganzes Gut hingeben, nur um einen hundertsten Teil der Eigenschaften des Pawel Iwanowitsch zu besitzen; überhaupt äußerte er sich über ihn in den schmeichelhaftesten Ausdrücken und fügte mit zusammengekniffenen Augen einige Sentenzen über die Freundschaft im allgemeinen hinzu. Diese Sentenzen zeugten in hinreichender Weise von den zarten Regungen seines Herzens, vermochten aber den Beamten nichts von der Sache zu erklären. Ssobakewitsch sagte bei der Vernehmung, Tschitschikow sei nach seiner Ansicht ein anständiger Mensch; die Bauern, die er ihm verkauft habe, seien lauter ausgesuchte und in jeder Beziehung lebendige Leute gewesen; für die Zukunft könne er aber nicht garantieren: wenn sie bei der schwierigen Übersiedlung unterwegs sterben, so sei das nicht seine Schuld, das liege nur in Gottes Hand; es gebe nicht wenig Epidemien und tödliche Krankheiten in der Welt, und man hätte schon Fälle erlebt, wo ganze Dörfer ausgestorben seien. Die Herren Beamten wandten noch ein Mittel an, das zwar nicht sehr edel ist, das man aber zuweilen doch anzuwenden pflegt: sie ließen die beiden Diener Tschitschikows auf Umwegen, unter Zuhilfenahme ihrer Bekanntschaften in Lakaienkreisen, ausfragen, ob sie nicht irgendwelche Einzelheiten aus dem Vorleben ihres Herrn wüßten; aber auch auf diesem Wege erfuhren sie nicht viel. Von Petruschka bekamen sie nur den bewußten muffigen Geruch zu riechen, und von Sselifan hörten sie, daß sein Herr »im Staatsdienste gewesen und früher bei einem Zollamte gedient habe« und sonst nichts. Diese Klasse von Menschen hat eine höchst seltsame Angewohnheit. Wenn man sie direkt nach etwas fragt, so wissen sie nichts zu sagen; es will ihnen nichts einfallen, und sie antworten einfach, daß sie nichts wissen; wenn man sie aber nach etwas anderem fragt, so kommen sie gerade auf das Gewünschte zu sprechen und bringen sogar solche Einzelheiten vor, die man gar nicht wissen will. Alle die von den Beamten angestellten Untersuchungen zeigten ihnen nur das eine, nämlich, daß sie nichts Sicheres darüber wußten, wer Tschitschikow eigentlich war, daß er aber doch sicher etwas sein mußte. Endlich beschlossen sie, diese Sache endgültig zu besprechen und sich wenigstens darüber zu einigen, was sie zu tun hätten, was für Maßregeln zu ergreifen wären und wer Tschitschikow eigentlich sei: ob ein Mensch, den man als unzuverlässig verhaften müßte, oder einer, der sie selbst alle als unzuverlässig verhaften könne. Zu diesem Zweck wollte man einmal beim Polizeimeister zusammenkommen, dem den Lesern schon bekannten Vater und Wohltäter der Stadt.

 

Kapitel 10

Beim Polizeimeister, dem den Lesern schon bekannten Vater und Wohltäter der Stadt, versammelt, hatten die Beamten Gelegenheit, aneinander festzustellen, wie sie infolge all dieser Sorgen und Aufregungen abgemagert waren. Und in der Tat, die Ernennung des neuen Generalgouverneurs, die eingelaufenen Papiere von so ernstem Inhalt und alle die unheimlichen Gerüchte – dies alles hatte sichtbare Spuren auf ihren Gesichtern hinterlassen, und vielen von ihnen waren sogar die Fräcke zu weit geworden. Alle waren getroffen: der Kammervorsitzende war abgemagert, der Inspektor der Medizinalverwaltung war abgemagert, der Staatsanwalt war abgemagert und selbst ein gewisser Ssemjon Iwanowitsch, dessen Familiennamenniemals genannt wurde und der einen Ring am Zeigefinger trug, den er den Damen zu zeigen pflegte, war abgemagert. Natürlich fanden sich auch, wie es immer geht, einige Tapfere, die den Mut nicht sinken ließen; ihrer waren aber nicht viele: es war eigentlich nur der Postmeister allein. Sein stets gleichmäßiger Charakter hatte nicht die geringste Veränderung erfahren, und er pflegte bei solchen Gelegenheiten immer zu sagen: »Wir kennen die Herren Generalgouverneure! Es werden ihrer vielleicht drei oder vier abwechseln, ich aber sitze schon seit dreißig Jahren auf meinem Platz, sehr verehrter Herr!« Darauf pflegten die anderen Beamten zu erwidern: »Du hast es gut, sprechen Sie deutsch, Iwan Andreitsch: deine Sache ist die Post – du hast nur die Poststücke anzunehmen und zu befördern; der einzige Betrug, den du verüben kannst, ist, daß du das Postamt eine Stunde zu früh schließt, um dann von einem Kaufmann, der mit seinem Brief zu spät gekommen ist, eine Kleinigkeit zu erpressen, oder daß du ein Paket, das nicht befördert werden darf, dennoch beförderst; an deiner Stelle kann natürlich ein jeder ein Heiliger sein. Wenn du aber einen Posten hättest, wo dich der Teufel jeden Tag in Versuchung brächte, so daß man dir auch, wenn du nichts nehmen wolltest, dennoch etwas in die Hand drückte! Du hast es auch nicht schwer: du hast bloß einen Jungen. Denke dir aber den Fall, Bruder, Gott hat deine Praskowja Fjodorowna so gesegnet, daß sie dir jedes Jahr ein Kind schenkt: bald eine Praskuschka, bald einen Petruscha; dann würdest du schon ein anderes Lied singen!« So sprachen die Beamten; ob aber ein Mensch die Kraft hat, der Versuchung des Teufels zu widerstehen, darüber maßt sich der Autor kein Urteil an. In der Versammlung, die dieses Mal zusammentrat, fehlte in einer recht fühlbaren Weise das, was man Sinn und Ordnung zu nennen pflegt. Überhaupt sind wir für Repräsentantenversammlungen nicht geschaffen. Bei allen unseren Zusammenkünften, von den Bauernversammlungen bis zu den Sitzungen der verschiedenen gelehrten und sonstigen Komitees herrscht, wenn nicht ein kluger Kopf das Ganze leitet, ein ordentliches Durcheinander. Es ist sogar schwer zu sagen, warum das so ist; es wird wohl eine nationale Eigentümlichkeit sein, daß uns nur solche Beratungen gelingen, in denen über irgendeine Zecherei oder ein Essen verhandelt wird: also alle die Klubsitzungen und ähnliche Veranstaltungen auf deutsche Manier. Die Bereitwilligkeit hierzu ist hingegen immer vorhanden. Wenn gerade der richtige Wind weht, gründen wir im Nu alle möglichen Wohltätigkeits-, Unterstützungs- und sonstigen Vereine. Das Ziel wird immer sehr schön sein, es wird aber trotzdem nichts herauskommen. Vielleicht beruht das darauf, daß wir gleich bei Beginn befriedigt sind und die Sache damit als erledigt ansehen. Wenn wir zum Beispiel irgendeinen Verein zur Unterstützung von Armen gegründet und beträchtliche Summen gespendet haben, so veranstalten wir sofort, um unser lobenswertes Beginnen zu feiern, ein Diner für die ersten Beamten der Stadt, was natürlich die Hälfte der gespendeten Gelder kostet; für den Rest wird für das Komitee eine großartige Wohnung mit Beheizung und Bedienung gemietet; zuletzt bleiben für die Armen von der ganzen Summe fünf und ein halber Rubel übrig; bei der Verteilung dieser Summe zeigen sich unter den Komiteemitgliedern Unstimmigkeiten, und jeder empfiehlt irgendeine arme Gevatterin. Übrigens war die Sitzung, über die wir hier berichten, ganz anderer Art: sie war ja aus dringender Notwendigkeit zustande gekommen. Es handelte sich nicht um irgendwelchen Armen oder Abseitsstehenden: die Sache ging jeden Beamten persönlich an; es handelte sich um ein Ungemach, das allen in gleicher Weise drohte, daher mußte man notgedrungen einmütiger und in engerer Gemeinschaft vorgehen. Trotz alledem kam dabei der Teufel weiß was heraus. Ganz abgesehen von den Meinungsverschiedenheiten, die eine Eigentümlichkeit aller solcher Beratungen bilden, zeigte sich in den Ansichten der Versammelten eine ganz unfaßbare Unsicherheit: der eine sagte, Tschitschikow sei ein Banknotenfälscher, fügte aber gleich darauf hinzu: »vielleicht auch nicht«; der andere behauptete, er sei ein Beamter aus der Kanzlei des Generalgouverneurs, erklärte aber gleich darauf: »Übrigens weiß der Teufel, was er ist: es steht ihm doch nicht auf der Stirn geschrieben.« Gegen die Vermutung, daß er ein verkleideter Räuber sei, sprachen sich alle ablehnend aus; alle fanden, daß schon, abgesehen von seinem Äußern, das an sich die Biederkeit selbst sei, auch in seinen Worten nichts läge, was auf einen Menschen mit gewalttätigen Neigungen schließen ließe. Plötzlich rief der Postmeister, der einige Minuten in tiefe Nachdenklichkeit versunken war, ganz unerwartet aus: »Wissen Sie, meine Herren, wer er ist?« Die Stimme, mit der er dies sagte, klang dermaßen erschütternd, daß alle wie aus einem Munde schrien: »Wer ist er denn?« – »Meine Herren, er ist niemand anders als der Hauptmann Kopejkin, mein sehr verehrter Herr!« Und als alle wie aus einem Munde fragten: »Und wer ist dieser Hauptmann Kopejkin?« antwortete der Postmeister: »Wie, Sie wissen nicht, wer der Hauptmann Kopejkin ist?«

Alle antworteten, sie hätten keine Ahnung davon, wer der Hauptmann Kopejkin sei.

»Der Hauptmann Kopejkin«, sagte der Postmeister, indem er seine Tabaksdose nur halb öffnete, da er fürchtete, es könnte jemand von den in der Nähe Sitzenden seine Finger hineinstecken, an deren Sauberkeit er nicht recht glaubte; er pflegte sogar manchmal zu sagen: »Ich weiß es schon, Väterchen, Sie haben mit Ihren Fingern vielleicht Gott weiß wo herumgewühlt, der Tabak ist aber eine Sache, die Reinlichkeit verlangt.« – »Der Hauptmann Kopejkin«, wiederholte er, nachdem er eine Prise genommen hatte: »Wenn ich es Ihnen übrigens erzähle, so kann es sogar für einen Schriftsteller höchst interessant werden, es ist gewissermaßen ein ganzes Poem.«

Alle Anwesenden äußerten den Wunsch, diese, wie sich der Postmeister ausdrückte, »für einen Schriftsteller höchst interessante Geschichte, gewissermaßen ein ganzes Poem« zu hören, und er begann wie folgt:

Die Geschichte von Hauptmann Kopejkin

»Nach der Campagne von 1812, mein sehr verehrter Herr,« begann der Postmeister, obwohl im Zimmer nicht ein Herr, sondern ihrer sechs saßen, »nach der Campagne von 1812 wurde mit den anderen Verwundeten auch der Hauptmann Kopejkin heimgeschickt. Ein Hitzkopf, launisch wie der Teufel, hatte schon auf der Hauptwache und im Arrest gesessen und alles gekostet, was es nur auf der Welt gibt. Bei Krasnoje oder bei Leipzig hatte ihm ein Geschoß, denken Sie sich nur, einen Arm und ein Bein weggerissen. Damals waren wegen der Verwundeten, wissen Sie, noch keinerlei Verfügungen erlassen worden: der Invalidenfond wurde, wie Sie es sich denken können, gewissermaßen erst viel später gegründet. Der Hauptmann Kopejkin sieht, daß er arbeiten muß, er hat aber, sehen Sie, nur den einen linken Arm. Er kam nach Hause zu seinem Vater, aber der Vater sagte ihm: ›Ich habe nichts, um dich zu ernähren, ich‹, stellen Sie es sich nur vor, ›ich kann mir selbst kaum mein Brot verdienen.‹ Nun entschloß sich der Hauptmann Kopejkin, mein sehr verehrter Herr, nach Petersburg zu gehen, um sich bei der vorgesetzten Behörde zu bemühen: so und so, er habe gewissermaßen und sozusagen sein Leben geopfert und sein Blut vergossen … So kam er also, wissen Sie, mit dem Train oder mit Staatsfuhren – mit einem Wort, er kam, mein sehr verehrter Herr, irgendwie nach Petersburg. Nun stellen Sie sich vor: so ein Hauptmann Kopejkin ist plötzlich in eine Hauptstadt geraten, die in der ganzen Welt nicht ihresgleichen hat! Er sieht vor sich plötzlich eine Welt, gewissermaßen ein Feld des Lebens, Sie wissen wohl, so eine märchenhafte Scheherezade. So einen Newskij-Prospekt, oder, wissen Sie, so eine Gorochowaja- oder irgendeine, hol's der Teufel, Litejnaja-Straße; da ragt so eine Fahnenstange in die Luft: Brücken hängen wie durch einen Zauber, ganz ohne Stützpunkte; mit einem Worte, die reinste Semiramis, mein sehr verehrter Herr! Er versucht sich eine Wohnung zu mieten, aber die Preise sind furchtbar gemein: lauter Gardinen, Vorhänge, allerlei Teufelszeug, Teppiche – das reinste Persien, mein sehr verehrter Herr … man tritt sozusagen Kapitalien mit den Füßen. Man geht durch die Straßen, und die Nase wittert schon aus der Ferne die Tausende; die Staatsbank meines Hauptmanns Kopejkin besteht aber, Sie werden es wohl begreifen, aus zehn Fünfrubelscheinen und etwas Silbergeld … Ein Dorf kann man sich dafür nicht kaufen, das heißt, man kann schon eins kaufen, wenn man vierzigtausend dazulegt; diese vierzigtausend müßte man aber erst beim König von Frankreich pumpen. Kurz und gut, er fand schließlich in einem Revaler Wirtshaus Unterkunft, für einen Rubel pro Tag; das Mittagessen besteht aus einer Kohlsuppe und einem Stück Klops … Er sieht, daß es keinen Sinn hat, allzu lange dazubleiben. Er erkundigt sich, wohin er sich zu wenden habe. ›Ja, das ist eine Frage!‹ sagt man ihm: ›Die höchsten Behörden sind noch nicht in der Hauptstadt;‹ Sie verstehen, alles war noch in Paris, die Armee war noch nicht zurückgekehrt; ›es gibt aber‹, sagt man ihm, ›eine provisorische Kommission. Versuchen Sie es dort, vielleicht kann die für Sie etwas tun.‹ – ›Gut, ich gehe in die Kommission‹, sagt Kopejkin, ›und erkläre ihnen dort: soundso, ich habe gewissermaßen mein Blut vergossen, habe, bildlich gesprochen, mein Leben geopfert.‹ So stand er eines Morgens recht früh auf, schabte sich mit der linken Hand den Bart, denn ein Barbier hätte wohl ein Vermögen gekostet, zog seine Uniform an und humpelte, stellen Sie sich vor, auf seinem Holzfuß zum Vorsitzenden der Kommission. Er erkundigt sich, wo dieser Vorsitzende wohnt. ›Hier,‹ sagt man ihm, ›in diesem Hause am Kai.‹ Sie können sich wohl so ein Bauernhäuschen vorstellen: die Fensterchen sind Spiegelscheiben von anderthalb Klafter Höhe, nichts als Marmor und Lack, mein sehr verehrter Herr … mit einem Worte, zum Verrücktwerden. Irgendeine Türklinke aus Metall ist ein Komfort erster Qualität, so daß man zuerst in den nächsten Laden laufen, sich für einen Groschen Seife kaufen und sich dann gewissermaßen an die zwei Stunden die Hände reiben muß, ehe man so eine Klinke anrührt. Schon der Portier vor dem Eingang mit dem Stab in der Hand: so eine Grafenphysiognomie, Batistkragen, ganz wie ein gemästeter fetter Mops … Kopejkin schleppt sich auf seinem Holzfuß in den Empfangssaal, drückt sich in eine Ecke, um nicht mit dem Arm irgendso ein Amerika oder Indien – bildlich gesprochen, so eine vergoldete Porzellanvase umzustoßen. Es versteht sich von selbst, daß er lange genug stehen mußte, denn er kam zu einer Stunde, als der Vorsitzende gewissermaßen noch kaum aufgestanden war und sein Kammerdiener ihm so eine silberne Schüssel zu allerlei Waschungen reichte. Mein Kopejkin wartet an die vier Stunden, als der diensthabende Beamte eintritt und meldet: ›Gleich erscheint der Vorsitzende.‹ Das Zimmer ist schon voller Epaulettes und Achselbänder, die Menschen drängen sich wie die Bohnen auf einer Schüssel. Endlich kommt der Vorsitzende, mein sehr verehrter Herr. Nun … Sie können sich vorstellen, wie so ein Vorsitzender aussieht! In seinem Gesicht ist, sozusagen … seinem Dienstrange entsprechend, Sie verstehen mich wohl … so ein Ausdruck … In jeder Bewegung ein Großstädter; er geht auf den einen und auf den andern zu und fragt: ›Was wollen Sie? Was wünschen Sie? In welcher Angelegenheit sind Sie hier?‹ Endlich kommt er, mein sehr verehrter Herr, zum Kopejkin. Kopejkin sagt: ›Soundso, habe mein Blut vergossen und gewissermaßen einen Arm und ein Bein verloren: ich kann nicht arbeiten; darum erlaube ich mir die Anfrage, ob ich nicht auf eine Unterstützung rechnen darf, ob nicht eine Verfügung wegen einer sozusagen Gratifikation oder Pension zu erwarten ist.‹ Sie verstehen es doch. Der Vorsitzende sieht: vor ihm steht ein Mann mit einem Holzbein, und der rechte Ärmel ist leer an den Waffenrock festgesteckt. ›Gut,‹ sagt er, ›fragen Sie in einigen Tagen wieder nach.‹ Mein Kopejkin ist ganz begeistert: ›Nun,‹ denkt er sich, ›die Sache ist gemacht!‹ Er ist, Sie können es sich wohl denken, in bester Laune, hüpft auf dem Trottoir, macht einen Sprung ins Restaurant Palkin, um einen Schnaps zu nehmen, ißt im Gasthause zur Stadt London zu Mittag, läßt sich ein Kotelett mit Kapern geben, dann eine Poularde mit allerlei Kram, dazu eine Flasche Wein, geht abends ins Theater – mit einem Worte, er macht sich einen guten Tag. Auf dem Trottoir sieht er plötzlich eine Engländerin daherschweben, Sie können sich wohl denken, schön und schlank wie ein Schwan. Mein Kopejkin – sein Blut kommt, Sie begreifen doch, in Wallung – humpelt ihr auf seinem Holzbein nach. ›Lieber nicht,‹ sagt er sich dann, ›ich will das Kurschneiden einstweilen aufstecken! Nachher, wenn ich die Pension schon bekommen habe; ich bin schon ganz aus Rand und Band geraten.‹ So hatte er an einem Tage, wollen Sie es beachten, beinahe die Hälfte seines Vermögens durchgebracht. Nach drei oder vier Tagen kommt er, mein sehr verehrter Herr, wieder in die Kommission zum Vorsitzenden. Jawohl! ›Ich komme,‹ sagt er, ›um mich zu erkundigen: soundso krankheitshalber und infolge meiner Verwundungen … habe gewissermaßen mein Blut vergossen … ‹ und so weiter, Sie verstehen wohl, in amtlichem Ton. ›Ach was‹, sagt der Vorsitzende: ›vor allen Dingen muß ich Ihnen mitteilen, daß wir in Ihrer Sache ohne Genehmigung der höchsten Stelle nichts machen können. Sie sehen doch selbst, was jetzt für eine Zeit ist. Die militärischen Operationen sind, sozusagen, noch nicht endgültig abgeschlossen. Gedulden Sie sich bis zur Ankunft des Herrn Ministers. Sie können überzeugt sein, daß man Sie nicht übersehen wird. Und wenn Sie inzwischen nichts zum Leben haben, so nehmen Sie dies, das ist alles,‹ sagt er, ›was ich für Sie tun kann.‹ Sie verstehen, er gab ihm nicht viel, aber doch so viel, daß Kopejkin damit bei einiger Sparsamkeit doch noch bis zu der Entscheidung hätte auskommen können. Kopejkin strebte aber nach etwas anderem. Er stellte sich vor, man würde ihm schon morgen einige Tausende auszahlen: ›Hier hast du es, mein Lieber, trink und amüsiere dich;‹ statt dessen sagt man ihm aber: ›Wart!‹ und gibt ihm sogar keinen Termin an. Im Kopfe hat er aber die Engländerin und allerlei Souplettes und Kotelettes. Düster wie ein Uhu tritt er auf die Straße, oder wie ein Pudel, den der Koch mit Wasser begossen hat – hat den Schwanz eingeklemmt und läßt die Ohren hängen. Er hat schon Geschmack am Petersburger Leben gefunden, hat auch schon manches gekostet. Da soll er aber, der Teufel weiß wie, leben und nichts Süßes zu kosten bekommen. Er ist aber ein frischer, lebhafter Mensch und hat einen richtigen Wolfshunger. Wenn er an so einem Restaurant vorübergeht, so ist der Koch, Sie können sich wohl denken, ein Ausländer, ein Franzose mit solch einem offenen Gesicht, hat holländische Wäsche an und eine Schürze, die sich sozusagen nur mit Schnee vergleichen läßt; er arbeitet an irgendeinem fines-herbes, an einem Kotelett mit Trüffeln, mit einem Worte, an einer solchen Delikatesse, daß man vor lauter Appetit sich selbst auffressen möchte. Und wenn er an den Miljutinschen Läden vorbeigeht, so schaut aus einem Fenster sozusagen irgendein Räucherlachs heraus, Kirschen zu fünf Rubeln das Stück, oder ein Omnibus von einer Wassermelone, die nur auf einen Dummkopf wartet, der für sie hundert Rubel bezahlt; mit einem Wort, auf Schritt und Tritt Versuchungen; das Wasser läuft ihm, bildlich gesprochen, im Munde zusammen, er muß aber warten. Versetzen Sie sich nur in seine Lage; einerseits sozusagen der Räucherlachs und die Wassermelone, und andererseits reicht man ihm ein bitteres Gericht unter dem Namen ›Morgen‹: – ›Sollen sie dort machen,‹ sagt er sich, ›was sie wollen, ich gehe aber hin, bringe die ganze Kommission und alle Vorsitzenden auf die Beine und sage ihnen: Nein, ganz wie Sie wollen, aber so geht das nicht!‹ Und in der Tat: er ist zudringlich und frech, hat nicht zuviel Grütze im Kopf, dafür aber Keckheit mehr, als man braucht. Er kommt also in die Kommission. ›Was gibt's?‹ fragt man ihn: ›Was kommen Sie schon wieder? Man hat Ihnen doch schon mal gesagt … ‹ – ›Ach was,‹ sagt er, ›ich kann mich so nicht durchschlagen. Ich muß‹, sagt er, ›auch ein Kotelett essen und eine Flasche französischen Wein trinken; auch muß ich mich ein wenig zerstreuen, will auch mal ins Theater gehen‹, Sie verstehen schon. – ›Da müssen Sie schon entschuldigen‹, sagt der Vorsitzende: ›Dazu hat der Mensch gewissermaßen, sozusagen, die Geduld. Man hat Ihnen vorläufig einige Mittel bewilligt, damit Sie sich ernähren können, bis Ihre Sache entschieden ist. Sie werden ohne Zweifel ordentlich belohnt werden: denn es hat bisher noch keinen Fall gegeben, daß bei uns in Rußland ein Mann, der, sozusagen, seinem Vaterlande gedient hat, ohne Versorgung geblieben wäre. Wenn Sie sich aber mit Kotelettsund Theaterbesuchen verwöhnen wollen, so müssen Sie schon entschuldigen. In solchem Falle müssen Sie sich selbst die Mittel dazu verschaffen und sich selbst helfen.‹ Aber mein Kopejkin läßt sich nicht beirren. Die Worte prallen von ihm ab wie Erbsen von der Wand. Er erhob ein großes Geschrei und ließ an der ganzen Gesellschaft kein gutes Haar! Er begann auf alle die Amtsvorstände, Sekretäre und sonstigen Beamten zu schimpfen. ›Sie sind‹, sagt er, ›dies‹, sagt er, ›und Sie sind jenes! Sie‹, sagt er, ›kennen Ihre Pflichten nicht! Sie sind‹, sagt er, ›Gesetzverächter!‹ sagt er. Alle bekamen von ihm was ab. Ganz zufällig war dort, wissen Sie, ein General von einem ganz anderen Ressort anwesend, und auch der bekam von ihm, mein sehr verehrter Herr, was ab! Es war ein richtiger Aufruhr. Was soll man nur mit einem solchen Satan anfangen? Der Vorsitzende sieht, daß man, gewissermaßen, sozusagen, zu strengen Maßregeln greifen muß. ›Gut‹, sagt er, ›wenn Sie sich damit nicht begnügen wollen, was man Ihnen gibt, und nicht geneigt sind, hier in der Hauptstadt gewissermaßen ruhig auf die Entscheidung Ihrer Sache zu warten, so werde ich Sie nach Ihrem Wohnort spedieren. Man hole‹, sagt er, ›einen Feldjäger her, damit er ihn nach seinem Wohnort transportiert!‹ Der Feldjäger aber, wissen Sie, steht schon hinter der Tür: ein drei Ellen langer Kerl mit einer Hand, wissen Sie, die schon von der Natur selbst bestimmt ist, um den Postkutschern die Rücken zu bearbeiten, mit einem Worte so ein Dentist … So setzt man den Knecht Gottes in den Wagen und schiebt ihn mit dem Feldjäger ab. ›Nun,‹ denkt sich Kopejkin, ›so brauche ich wenigstens kein Fahrgeld zu zahlen, ich bin auch dafür dankbar.‹ So fährt er, mein sehr verehrter Herr, mit dem Feldjäger, und wie er so, gewissermaßen, mit dem Feldjäger fährt, überlegt er sich: ›Schön,‹ sagt er sich, ›du sagst mir, ich solle mir selbst die Mittel verschaffen und mir selbst helfen; gut,‹ sagt er, ›ich werde mir schon die Mittel verschaffen!‹ Nun, wie man ihn an den Bestimmungsort befördert und wohin man ihn eigentlich gebracht hat, darüber ist nichts Sicheres bekannt. So versanken alle Nachrichten über den Hauptmann Kopejkin in den Strom der Vergessenheit, in so eine Lethe, wie es die Dichter nennen. Aber, gestatten Sie, meine Herren, hier fängt eben der Faden unseres Romans an. Was aus dem Kopejkin geworden ist, das weiß niemand; aber es vergingen keine zwei Monate, als in den Wäldern von Rjasan eine Räuberbande auftauchte, und der Hauptmann dieser Bande war, mein sehr verehrter Herr, niemand anders als … «