Natascha

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Mit offenen Mündern verfolgen Stevy, Mikka und Ben das Geschehen vor ihnen. Die dunklen Blicke, die unendliche Tiefe und Grausamkeit, die darin zu liegen scheint, fesselt sie und gleichzeitig ihre Gedanken. Sie verschwenden keine Sekunde, um darüber nachzudenken, was mit dem armen Josh vielleicht geschehen sein könnte, oder was die beiden vor ihnen im Schilde führen. Es ist eher so, als warten sie auf Anweisungen, auf einen Befehl, den sie bereit sind sofort auszuführen, wie immer er auch lauten mag.

Ein lautes Grollen weckt die Feuerwehrmänner aus ihrer Starre. Sie sehen, wie Nicki seine unnatürlich langen Zähne in Nataschas Hals schlägt. Sie zuckt kurz zusammen, dann lächelt sie wieder wie vorher.

Anzüglich und einladend.

Ein Rinnsal Blut fließt aus Nickis Mund, läuft über ihre weiße Haut und verschwindet unter dem Stoff ihres T-Shirts.

Die Vampire verfolgen mit den Augen gierig den roten Lebenssaft, sie schlucken trocken. Ohne dass sie es beeinflussen könnten, wachsen ihre Zähne, die Augen werden raubtierähnlich, ihr dumpfes Knurren vermischt sich mit Nickis Grollen.

Natascha stöhnt leise auf, streichelt ihrem Gefährten über die Wange. An die Drei vor ihr gewandt, flüstert sie:

»Wollt ihr Jungs auch … etwas trinken?«

Hörbar klappen ihre Münder zu, ein rascher Blick wird untereinander getauscht. Mikka, wenn auch der jüngste, so scheint er doch jetzt ihr Anführer zu sein, meint breit grinsend:

»Oh ja, Baby. Nichts lieber als das.«

Die Vampire setzen sich in Bewegung. Natascha breitet die Arme aus, empfängt sie mit Freude und voller Gier in den schwarzen, toten Augen.

*

Einige Zeit später gehen fünf Vampire lautlos durch die ruhigen Straßen ihrer Stadt. Natascha, neben ihr ein glücklich wirkender Nicki, hinter ihnen die drei Vampirfreunde.

Ihre Augen sind nicht mehr braun oder blau, wie sie es vorher waren. Sie erscheinen in den viel zu weißen Gesichtern noch schwärzer, noch dunkler und gemeiner.

Die Vereinigung der Dunkelheit hat begonnen.

*

Eine Horde Vampire:

Die fünf Blutsauger gehen zielstrebig durch die Stadt. Natascha an ihrer Spitze, sie führt diese kleine Gruppe an, die anderen folgen ihr.

An einem Modegeschäft mitten in der City halten sie an, stürmen den Laden. Um diese Uhrzeit befinden sich kaum Kunden in dem Geschäft, so haben die Vampire ein leichtes Spiel. Sie töten den Kassierer und drei Verkäufer. Mikka verscheucht eine Kundin einzig durch seinen Anblick, laut kreischend rennt sie weg.

Natascha stöbert in der Damenabteilung, nacheinander zerrt sie einige schwarze Sachen heraus, zieht sie an. Ihre eigene Hose und das T-Shirt sind ihr am Leib fast verbrannt. Sie benötigt dringend etwas Neues zum Anziehen. Ebenso die drei anderen Vampire, kamen sie doch von einem Feuerwehreinsatz. Wenn auch alles andere an ihnen zum Fürchten ist, ihre Kleidung ist es nicht.

Nicki sucht sich lediglich einen Mantel heraus, einen schwarzen Ledermantel. Mehrmals dreht er sich damit vor dem Spiegel hin und her.

»Klasse«, murmelt er, »so einen wollte ich schon immer haben.«

Natascha umarmt ihn von hinten, sieht ihn in dem Spiegel lächelnd an.

»Du kannst alles haben, Niklaus. Alles was du dir jemals erträumt hast.«

Im Spiegel blickt er in ihre dunklen, leeren Augen.

»Alles …?«, fragt er knurrend.

»Sicher«, sie küsst ihn auf den Hals, dreht ihn zu sich herum. Ihre Hände um seine Mitte geschlungen haucht sie verführerisch:

»Gibt es einen Wunsch, der dir noch nicht erfüllt wurde?«

Nicki nimmt ihre kalten Arme, drückt sie von sich weg.

»Da wäre noch so einiges«, knurrt er und geht.

Er lässt Natascha vor dem Spiegel stehen und begibt sich in die kleine Sportabteilung.

Hier wirft er suchende Blicke um sich, wühlt ein wenig herum, bis er das findet, was er schon lange wollte.

Nicki grinst über das ganze Gesicht, ein paar Mal lässt er den Schläger durch die Luft pfeifen.

Einen Meter hartes Holz, was er trifft, steht nie wieder auf.

Mit solch einem Baseballschläger kann man einen Menschen töten. Mit der nötigen Kraft und Geschicklichkeit sogar einen Blutsauger.

Nicki lässt die Spitze des Schlägers auf den Boden klicken, er hebt den Blick. Einige Meter von ihm entfernt steht Stevy, der einen kleinen Ball in der Hand hält.

»Hey«, ruft Nicki, Stevy hebt neugierig den Kopf.

Er versteht sofort, holt aus zu einem gewaltigen Wurf. Der kleine Ball zischt durch die Luft. Es entsteht ein lautes Geräusch, als er das Holz trifft, prallt ab, fliegt mit einem hohen Surren in Richtung Decke.

Es knallt, Funken fliegen umher. Die in die Decke eingelassene Lampe prallt auf den Boden, Teile der Deckenverkleidung folgen. Putz rieselt auf die Vampire nieder, die sich lachend ihre Arme über den Kopf halten.

»Guter Schlag«, ruft Stevy und kichert, »verdammt guter Schlag.«

»Das war toll, werf noch einen.«

»Nein!«, Natascha steht mit in die Seite gestemmten Fäusten zwischen ihnen.

»Wir müssen weiter. Los jetzt.«

Resigniert lassen die beiden Vampire ihre Schultern sinken, ihr Blick geht beschämt zu Boden.

»Schade …«, murmelt Stevy, »hat gerade so einen Spaß gemacht.«

Die schwarzhaarige Vampirin lacht kurz auf.

»Ich weiß etwas, das noch viel mehr Spaß macht.«

Die Mienen der Männer hellen sich auf.

»Was denn?«

Natascha winkt ihnen.

»Kommt mit, ich zeige es euch.«

Die fünf Blutsauger verlassen das Modegeschäft. Es gleicht einem Trümmerhaufen. Anziehsachen liegen verstreut auf dem Boden herum, in der Sportabteilung hängt die Decke herunter, weiterhin sprüht die Stromleitung Funken.

Zielstrebig gehen sie die Straße entlang. Ben kramt in seiner Tasche nach einem Päckchen Zigaretten. Er findet es schließlich, es ist leer.

»Verdammt«, flucht er und zerdrückt das Päckchen in seiner Faust.

»Natascha?« Die Schwarzhaarige dreht sich zu ihm um.

»Ich brauche dringend was zu rauchen. Hier um die Ecke ist ein Laden.« Sein Blick ist bittend, weiß er doch genau, dass Natascha etwas Bestimmtes vorhat. Es bleibt eigentlich keine Zeit für andere Dinge. Die Vampirin aber zuckt mit den Schultern.

»Warum nicht«, brummt sie nur.

Mikka fährt sich durch die kurzen Haare.

»Etwas Geld könnten wir auch noch gebrauchen.« Er lacht kurz und trocken auf, »die haben doch bestimmt was in den Kassen.«

»Wozu brauchst du Geld?«

Nicki sieht den Jungen verwirrt an.

»Du kannst dir alles nehmen, ohne dafür bezahlen zu müssen.«

Mikka blickt verlegen zu Boden.

»Ja, ich weiß. Aber ich würde gerne ein bisschen Papier zwischen den Fingern spüren … das ist alles.«

»Da vorne ist ein Supermarkt.«

Nicki deutet auf die andere Straßenseite.

»Der hat bestimmt mehr Kohle als der kleine Zigarrenladen um die Ecke.«

Natascha zuckt als Antwort lediglich mit den Schultern und steuert auf das Geschäft zu.

Die Fünf stürmen den Supermarkt. Ihr Anblick alleine lässt die Menschen laut aufschreien und panisch umher rennen. Mikka ergreift ein blondes Mädchen von vielleicht siebzehn Jahren. Sie windet sich in seiner Umklammerung und weint leise. Mikka leckt ihr genüsslich über den Hals, bevor er seine Zähne in ihre weiche Haut schlägt. Das Mädchen schreit laut auf. Ihre Freundinnen kreischen und fallen übereinander. Jedes wollte in eine andere Richtung fliehen.

Nicki bricht in rascher Folge drei stattlichen Kerlen das Genick. Er ist so schnell, dass die Männer fast gleichzeitig zu Boden sinken.

Natascha stürzt sich auf den Geschäftsführer, der zufällig nahe bei der Kasse steht. Sie packt ihn am Kragen seines weißen Kittels.

»Die Schlüssel«, zischt sie gefährlich leise.

Der Verantwortliche, ein langer und hagerer Kerl, schluckt angestrengt, sein Adamsapfel hüpft aufgeregt auf und ab. Die Augen, hinter den dicken Brillengläsern zucken ängstlich umher.

»Aber, aber, meine Herrschaften. Machen Sie doch nicht so einen Wirbel.« Seine Stimme ist hoch und viel zu schrill.

»Die Schlüssel, und zwar sofort.«

Noch ehe der Dünne auf Nataschas Aufforderung reagieren kann, packt Ben ihn am Hals.

»Wir wollen aber einen Wirbel veranstalten, Blutsack.«

Mit einer ungeheuren Kraft drückt der Vampir zu. Die Augen des Geschäftsführers werden immer größer, quellen fast aus den Höhlen.

Er gibt nur noch krächzende Laute von sich.

Natascha lässt die Kittelaufschläge los.

Der Mensch wird nur noch von Bens eisernem Griff gehalten. Er hebt die Arme, wedelt schwach damit durch die Luft. Kraftlos streifen sie über Bens Unterarme. Nicht mehr lange und der dünne Mann wird sterben.

»Lass ihn los!«, befiehlt die schwarzhaarige Vampirin in diesem Moment. Bens erstaunter Blick ruht einen Augenblick auf ihr, dann öffnet er die Hand und der Mensch fällt mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.

Er dreht sich wie von Sinnen auf den kalten Fliesen, beide Hände am Hals hustet er bellend und ringt nach Atem. Die Brille ist ihm von der Nase gerutscht, sie liegt neben ihm, aber der Mann hat kein Interesse daran.

Erst als Ben einen Schritt nach vorne geht und plötzlich ein knirschendes Geräusch zu hören ist, blickt der Geschäftsführer sich suchend um.

»Oh, das tut mir aber leid«, murmelt Ben sarkastisch. Er bückt sich, hebt die Brille hoch und setzt sie dem Menschen wieder auf die Nase. Beide Gläser sind zersplittert und einer der Bügel ist völlig schief. Mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck sieht er den Vampir vor sich an. Dieser lacht laut auf.

 

Natascha streckt eine Hand vor.

»Die Schlüssel … bitte.«

Der Geschäftsführer greift in seine Kitteltasche und zieht ein dickes Schlüsselbund heraus. Seufzend lässt er es in ihre Hand fallen.

»Danke schön.« Sie richtet sich auf und gibt Ben mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass er jetzt alles mit ihm machen kann, was er will.

Jeden Schlüssel betrachtend geht sie zur Eingangstüre. Hinter ihr kreischt der Geschäftsführer laut und schmerzhaft auf. Ben hat sich auf ihn gestürzt und seine Zähne in seinen viel zu mageren Hals geschlagen. Der Vampir verfehlt die Ader, und als er seine Zähne zurückzieht, um erneut anzusetzen, spritzt das Blut wild umher. Wie aus einem Gartenschlauch, auf dem zu viel Wasserdruck lastet.

Die Menschen kreischen laut und hysterisch auf.

Die Kassiererin, die keine zwei Meter entfernt wie gebannt die Ereignisse verfolgt, fällt mit einem keuchenden Seufzer in Ohnmacht.

Endlich hat Natascha den richtigen Schlüssel gefunden. Sie verriegelt den Supermarkt, schließt die Menschen ein.

Damit ist ihr Schicksal eine beschlossene Sache.

Sie wirft Mikka das Schlüsselbund zu.

»Geh und such den Tresor, dann hast du auch was Anständiges zwischen deinen Fingern.«

Vor Erstaunen lässt der junge Vampir fast die Schlüssel fallen, dann aber ist es das tote Mädchen in seinen Armen, welches stattdessen auf den Boden prallt.

Mikkas Blick geht zwischen seiner Hand und Natascha hin und her. Er sieht aus wie ein Wahnsinniger, Blut läuft ihm aus dem Mund, fließt über sein Kinn und tropft auf den Boden.

»Mach deine Klappe zu und such den Tresor, bevor ich es mir anders überlege«, knurrt Natascha und will tiefer in den Laden hinein, um sich ebenso an ein paar Menschen satt zu trinken. Da hört sie plötzlich ein erschrecktes Keuchen.

Rasch dreht sie sich um.

Hinter den Kassen sieht sie eine junge Mutter, die ihren Sohn ängstlich an den Körper presst, mit einer Hand hält sie ihm den Mund zu. Sie wollte wohl versuchen, der Bande von Blutsaugern zu entkommen. Sich in einem der großen Schränke nahe dem Ausgang verstecken und das Ende des Terrors abwarten, fast hätte sie es geschafft.

Die Vampirin geht lächelnd auf die beiden zu.

»Sieh an, ein paar Ausreißer«, murmelt sie und entreißt der jungen Frau das Kind.

Natascha nimmt den blonden, kleinen Kerl auf ihre Arme, seine Mutter streckt verzweifelt die Hände nach ihrem Kind aus. Schreit immer wieder:

»Nein! Gib ihn mir zurück … bitte. Gib ihn wieder her …«

Die kleine Schwarzhaarige sieht den Jungen an, freundlich lächelt sie.

»Wie heißt du, Kleiner?«

»Connor«, kräht der Junge fröhlich.

»Und wie alt bist du?«

Der Kleine hält seine ausgestreckte Hand hoch.

»Oh, fünf Jahre«, meint Natascha und macht große Augen, »du bist ja schon ein richtiger Mann.«

Connor lacht laut und schlägt sich die kleinen Händchen vor den Mund.

»Lass ihn in Ruhe!«, ruft seine Mutter ängstlich. Erneut streckt sie die Hände nach ihrem Sohn aus. Aber die Vampirin dreht sich einfach weg. Sie stolziert mit dem kleinen Kerl auf dem Arm durch den Laden, redet auf ihn ein. Immer wieder ist ein lautes Kichern von Connor zu hören. Besonders begeistert kreischt er auf, als die Vampirin mit ihm in die Süßigkeiten Abteilung geht.

»Du kannst dir alles nehmen«, sagt sie zu dem Jungen, »du brauchst nicht erst fragen. Hol dir nur, was immer dir schmeckt.«

Connors Mutter sieht mit flatterndem Herzen und einem verzweifelten Gesichtsausdruck die Gänge hinunter. Sie wartet darauf, dass die Vampirin mit ihrem Sohn wieder auftaucht. Es dauert ihr scheinbar zu lange, sie geht einen Schritt vor. Sofort ist Ben bei ihr, umschlingt sie von hinten, schmiegt seine Wange an die der Menschenfrau. Ein keuchender, ängstlicher Laut dringt aus ihrem Körper.

Natascha taucht wieder auf, mit einem Connor, der mit dicken Backen munter Süßigkeiten kaut, die kleinen Arme voller Leckereien, sein Mund ist mit Schokolade verschmiert.

Er sieht glücklich aus und strahlt Natascha freudig an.

Schmunzelnd setzt sie den Kleinen auf das Laufband der Kasse. Aus einem Zeitungsständer daneben fischt die Vampirin das neuste Comic-Heft und drückt es Connor in die Händchen. Er kreischt vor Freude laut auf und durchblättert in fieberhafter Eile das Heft.

Der Junge ist so vertieft in seine Leckereien und das Comic, das er nicht bemerkt, in welcher Gefahr seine Mutter schwebt.

Nataschas Lächeln stirbt augenblicklich, als sie sich zu Connors Mutter umdreht.

»Du wolltest fliehen, du kleine Schlampe«, zischt sie leise.

»Bitte … tu mir nichts«, flüstert die junge Frau und verfällt in ein heiseres Schluchzen.

Die Vampirin verschränkt die Arme vor dem Körper, lehnt sich lässig gegen die Kasse.

»Oh, ich werde dir auch nichts antun. Dafür habe ich meine Jungs.«

Sie grinst breit.

Ben, noch dicht an Connors Mutter gepresst, gibt Stevy ein Zeichen. Er lässt die Frau fallen, die er gerade ausgesaugt hat, und packt die junge Mutter von hinten an den Armen. Ben lässt sie los und stellt sich vor sie. Mit einem gewaltigen Ruck reißt er ihre Bluse auf, es klimpert leise, als ihre Knöpfe abspringen und umherfliegen. Langsam streichelt der Vampir über die bloßgelegte Haut. Die Frau windet sich, versucht zu entkommen, aber Stevys stählerne Griff lockert sich kein bisschen.

Natascha betrachtet die Szene vor ihr, plötzlich ruft sie:

»Stell dich nicht direkt vor sie, Ben, sonst könnte es sein …« Weiter kommt die Vampirin nicht.

Connors Mutter hat eine Chance gesehen, um aus dieser Situation zu entfliehen. Der Vampir ist viel zu sehr von ihrer Nacktheit abgelenkt und steht dicht bei ihr. Die Frau reißt ihr Knie hoch und trifft den Vampir dort, wo es jeden Mann am meisten schmerzt, genau zwischen den Beinen.

Mit einem leisen Aufschrei geht Ben in die Knie und presst seine Hände in den Schritt.

Natascha lacht laut auf. Auch Nicki und Stevy lachen hämisch.

Connor hebt fragend den Blick, sieht sich um. Die kleine Schwarzhaarige streichelt ihm leicht über den blonden Kopf.

»Nur keine Sorge, mein Kleiner«, flüstert sie, »es ist alles okay.«

Sofort senkt der Junge seinen Kopf und widmet sich wieder seinen Süßigkeiten.

Ben hat sich gefangen, er holt aus und schlägt der jungen Frau seinen Handrücken ins Gesicht. Sie schreit laut auf. Der Vampir greift in ihre langen Haare.

»Mach das nie wieder. Nie mehr in deinem Leben … die letzten Minuten, die dir noch bleiben.«

Blut fließt aus der aufgeplatzten Lippe, rinnt über ihr Kinn. Sie wimmert jetzt nur noch, sieht zu ihrem Sohn, der versunken und kauend immer noch auf dem Laufband der Kasse sitzt.

Der Widerstand seiner Mutter scheint gebrochen, sie ergibt sich ihrem Schicksal und erträgt, ohne weitere Gegenwehr die Schandtaten, die Ben an ihr verübt.

In dem Supermarkt ist es stiller geworden. Nur Connors Schmatzen, leises Rascheln von Papier und vereinzeltes Keuchen sind zu hören.

Ben vergeht sich an der jungen Mutter, die mit zusammengepressten Lippen den Blick fest auf ihren Sohn richtet. Ben bewegt sich schneller, die Vampire feuern ihn lautstark an. Irgendwann stöhnt er laut auf, verkrallt sich in den weichen Bauch der Frau, reißt den Kopf in den Nacken und brüllt wie ein Löwe.

Hochrufe und Applaus erntet er von seinen Freunden.

In diesem Moment kommt Mikka aus dem Büro des Geschäftsführers, die Arme voller Geldscheine. Als er sieht, mit was sich seine Freunde beschäftigen, lässt er das Geld achtlos fallen und ruft freudig:

»Ich bin der Nächste!«

»Nein«, keucht Ben zwischen zwei Atemzügen, »such dir selbst eine.«

»Darf ich?« Erwartungsvoll ist sein Blick auf die Vampirin gerichtet. Sie vollführt eine Handbewegung, als wollte sie dem Jungen alle Frauen in diesem Geschäft auf einem Tablett servieren.

»Wow, danke«, murmelt er nur und geht suchend in dem Laden umher.

»So viel zu seinen Prioritäten und wie rasch die sich ändern können.« Nicki grinst breit und sieht Mikka hinterher.

»Bring sie zu mir«, ruft Natascha Ben zu. Der zieht sich gerade seine Hose hoch und schließt umständlich den Gürtel. Er zerrt die junge Frau am Arm hinter sich her. Sie weint und schluchzt, die Augen weiterhin starr auf ihren Sohn gerichtet, als gebe ihr sein Anblick Kraft, dieses hier durchzustehen.

»Meinst du, dass das nun Strafe genug war?« Connors Mutter sieht die Vampirin an. Ihre Worte scheinen bei dem Menschen nicht sofort einzudringen. Irgendwann nickt sie aber heftig mit dem Kopf.

»Ja, ja. Ich werde nicht mehr versuchen zu fliehen. Bitte lasst uns am Leben.«

Erneut streichelt Natascha dem blonden Jungen über das Haar. Er sieht auf, lächelt, dann fällt sein Blick auf seine Mutter, die vor ihm steht.

»Mama, du bist ja nackt«, stellt der Kleine entrüstet fest.

Nataschas Hand bleibt in seinem Nacken liegen, sie lächelt böse und gemein.

»Deine Mutter denkt, ihre Strafe wäre schon vorbei. Aber da irrt sie sich …« Ihre dunklen Augen fixieren die junge Frau vor ihr.

Die Hand packt plötzlich fester zu, eine rasche Bewegung und das zarte Genick des kleinen Jungen bricht mit einem leisen Knacken. Sofort sackt Connor in sich zusammen. Ein Raunen geht durch den Supermarkt, die Menschen, die die Szenerie aufmerksam verfolgt haben, atmen entsetzt ein.

»NEIN!«, kreischt seine Mutter und will sich auf ihren Sohn stürzen, aber Ben ist nach wie vor an ihrer Seite. Er hält Connors Mutter auf Abstand.

»NEIN!«

Natascha öffnet ihre Hand und der kleine Junge fällt rücklings vom Laufband auf den Stuhl der Kassiererin. In seinen kleinen Händen hält er noch einen Schokoriegel, der Mund, zu einem leichten Lächeln verzogen, mit Schokolade verschmiert. Der Tod kam so schnell über Connor, dass er nichts davon mitbekommen hat.

»Das war deine Bestrafung«, knurrt Natascha.

Sie sieht zu Ben.

»Der Rest ist deine Sache.« Der Vampir grinst nur hämisch.

Natascha sieht sich um.

Mikka und Stevy saugen gerade zwei Mädchen aus. Die Hosen, die um die Knöchel der Vampire liegen, erzählen von den Qualen, die die Mädchen vor ihrem Tod ertragen mussten.

Nicki verfolgt gerade einen jungen Kerl, der auf Händen und Knien vor ihm flüchten will. Der alte Vampir macht sich einen Jux daraus, dass er immer wieder dem Mann auf die offenen Schnürsenkel tritt und so seine Flucht kurzfristig unterbricht. Aber auch dieser Spaß hat irgendwann ein Ende und Nicki fällt brüllend über den jungen Kerl her, um ihm sein Blut zu nehmen.

Ben lässt seine ganze Wut an der jungen Mutter aus. Niemand lässt sich gerne in die Weichteile treten. Mittlerweile hängt sie nur noch schlaff in seinen Armen, aus unzähligen Bissstellen tritt Blut aus.

Bald ist sie wieder mit ihrem Söhnchen vereint. Ihre Trauer, die Verzweiflung und das Entsetzen, über seinen viel zu frühen Tod muss sie nicht lange ertragen.

Auch in Natascha regt sich jetzt der Blutdurst. Sie packt sich den nächstbesten Kerl und schlägt ihm ihre Zähne in den Hals. Trinkt das Blut, bis sein Herz aufhört zu schlagen. Sie lässt ihn achtlos fallen, um sich auf den Nächsten zu stürzen.

Die fünf Vampire richten ein regelrechtes Massaker an. Erst als sie denken, alle Menschen in dem Supermarkt erwischt zu haben, geben sie auf.

Ben nimmt sich einige Zigarettenpäckchen aus dem Verkaufsständer und steckt sie in seine Jackentaschen.

Auch Stevy öffnet eines der Päckchen und zündet sich eine Zigarette an.

Sein Blick schweift umher. Überall Blut und die verunstalteten Leichen der Menschen.

Wir haben ganze Arbeit geleistet, denkt der bullige Vampir. Mit Natascha an unserer Seite können wir machen, was immer uns einfällt. Dank ihrer Dunkelheit steht uns noch ein lustiges Dasein bevor. Ich wollte schon immer tun und lassen können, was ich wollte.

Satt und zufrieden verlassen die fünf Vampire den Laden.

»Das war echt klasse«, kräht Mikka und schlägt in Bens offen hingehaltene Hand ein.

»Das müssen wir öfters machen.«

Natascha grinst wissend und verschließt sorgfältig die Türen zum Supermarkt. Den Schlüssel lässt sie einfach im Schloss stecken.

 

Vor dem Laden parkt ein Mustang, ein V6 Coupé. In dem glänzendem, schwarzem Lack spiegelt sich das Licht der Straßenlaterne. Natascha streicht mit den Fingern fast zärtlich über das Metall.

»Wow, der ist heiß«, meint Ben und probiert die Türverriegelung. Der Mustang ist tatsächlich nicht abgeschlossen.

Ben will sich gerade auf den Fahrersitz schieben, als ihn Natascha mit einem lauten Ausruf aufhält.

»Denkt nicht einmal daran. Das Baby fahre ich oder keiner.«

»Okay …«, brummt Ben und hält ihr demonstrativ die Fahrertüre offen.

Bedrohlich knurrend zwängt sie sich an dem Vampir vorbei und gleitet auf den Sitz.

Herrlich weich sind die hellen Ledersitze, die gesamte Inneneinrichtung ist brandneu und riecht auch so. Zum Erstaunen aller, streckt der Schlüssel im Zündschloss.

Mit einem Grinsen auf den Lippen betrachtet Natascha das große Schlüsselbund. Neben verschiedenen großen und kleinen Schlüsseln hängen ein umgedrehtes Kreuz, ein Pentagramm und ein gelblich verfärbter Zahn an dem Bund.

»Verdammt, wem gehört das Auto? Dem Teufel persönlich?« Nicki schließt die Beifahrertüre, die anderen haben es sich auf der engen Rücksitzbank bequem gemacht. Natascha zuckt mit den Schultern, startet den Wagen.

Sie gibt ein paar Mal Gas, der Motor röhrt.

»Und wenn schon«, knurrt sie und lässt die Kupplung kommen. Der Mustang grölt, brummt unter ihnen und setzt sich in Bewegung.

Natascha fährt die Jungs in eine Gegend, die ziemlich verrufen ist. Hier hat eine Bande das Sagen, Gewalt und Kanonen bestimmen den Tagesablauf. Wer aufmuckt, bekommt eine Antwort, eine tödliche.

Einige Mitglieder der Gruppe sind Vampire. Freie Blutsauger, die sich einen Dreck um den Pakt oder die Regeln des Hohen Rates scheren. Sie leben allein und für sich. Nur ab und zu treten sie mit der Menschenwelt in Verbindung. Meist um einen von ihnen zu töten, bevor sie sich wieder in die Abgeschiedenheit ihrer Gang zurückziehen.

Ihre Bleibe ist ein altes, halb verfallenes Gebäude, unten am Fluss, das schon längst abgerissen werden sollte. Aber der Stadtrat hat andere Probleme und so wird es immer wieder vor sich hergeschoben.

Sie parken den Mustang genau vor dem morschen Haus, steigen aus.

»Hast du deinen Schläger dabei?«, fragt Stevy, an Nicki gewandt. Der nickt nur und grinst grimmig.

»Ich hoffe nicht, dass wir einige Schädel einschlagen müssen«, meint Mikka, woraufhin Nicki hämisch auflacht.

»Warum? Angst vor ein bisschen Blut, das durch die Gegend spritzt?«

»Nein, aber ich habe lieber Blut im Mund, als im Gesicht.« Der junge Vampir presst trotzig die Lippen zusammen.

Natascha schlägt ihm leicht auf die Schulter, geht an ihm vorbei und murmelt:

»Keine Sorge Junge, du wirst so viel trinken können, wie noch nie in deinem Dasein.«

»Hm, das hört sich gut an …«

»Die Burschen veranstalten heute eine Party«, knurrt Natascha und entsichert die MP-5, die sie mitgenommen hat.

»Wir kommen also genau zur richtigen Zeit.«

»Super«, rufen Ben und Stevy, sie hüpfen vor Freude fast in die Höhe. Natascha lächelt flüchtig über die Vorfreude der beiden Vampire.

»Denkt dran«, knurrt sie, bevor ihr Gefolge auch nur einen Fuß auf die ausgetretene Holztreppe stellen kann.

»Tötet die Menschen und beißt die Vampire …«, sie legt eine bedrohliche Pause ein. Die vier Kerle nicken rasch zustimmend.

»Mehr verlange ich nicht. Alles andere ist euch überlassen.«

Natascha grinst gehässig.

»Gehen wir!«

Die fünf Blutsauger stürmen durch die Türe, erschrocken drehen sich die Köpfe zu ihnen herum.

Die Bande, selbst ungefähr zwanzig Mann stark, hat sich heute Abend einige Freunde eingeladen. Viele Mädchen, einige junge Kerle aber nur wenige Vampire.

Natascha feuert eine Salve aus ihrer Maschinenpistole in die Decke. Die Menschen gehen sofort kreischend in Deckung, verstecken sich, wo sie stehen.

Nur die Unsterblichen stehen noch.

Ein drohendes Knurren ist zu hören, auf beiden Seiten.

»Was wollt ihr hier?«, ein Bulle von einem Kerl schiebt sich in den Vordergrund, baut sich vor der kleinen Vampirin auf.

»Hier sind Waffen verboten. Also macht, dass ihr hier raus kommt.«

Natascha deutet auf seinen Mund, auf die spitzen Eckzähne, die darin augenfällig hervortreten.

»Und was soll das sein? Für die Dinger brauchst du eigentlich einen Waffenschein.«

Hinter ihr lachen ihre Jungs laut auf.

»Verschwindet!«, donnert der bullige Vampir und dreht sich einfach um.

Blitzschnell legt Natascha ihm ihre Hand auf die Schulter, fast lautlos haucht sie:

»Ich bitte mir ein bisschen mehr Respekt aus.«

Er dreht sich um, aus zusammengekniffenen Augen sieht er sie an.

»Warum sollte ich das tun?«

»Du willst doch gar nicht, dass wie gehen, Junge. Du möchtest … etwas anderes …«

»Ich … ich …«, er ist ein Gefangener ihrer schwarzen Augen.

»Wie ist dein Name?«, flötet Natascha mit einer seidenweichen Stimme.

»W-Wie ich heiße?«, der Blutsauger starrt sie mit offenem Mund an.

Natascha nickt zustimmend.

»Ja, sag mir deinen Namen.«

»W-Weiß n-nicht«, er schließt hörbar den Mund und schluckt.

Die schwarzhaarige Vampirin grinst boshaft.

»In Ordnung. Wir werden jetzt die Leute hier töten und deine Vampire in Besitz nehmen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«

Fragend sieht sie ihn an, er schüttelt wie in Trance den Kopf.

»Nein, macht nur.«

»Danke schön«, sie dreht sich zu ihren Vampiren um und knurrt:

»Los macht sie fertig.«

Die vier Kerle stürzen sich auf die laut schreienden Menschen, ziehen sie erbarmungslos unter Tischen und Stühlen hervor. Schlagen ihnen ihre Zähne in den Hals, reißen Köpfe von den Schultern und Arme oder Beine aus. Die Luft ist erfüllt mit den Schreien der Gepeinigten. Nickis Baseballschläger saust auf weiche Köpfe nieder, zertrümmert Knochen, dass das Blut nur so um ihn herumspritzt.

Der bullige Vampir starrt immer noch Natascha an, ertrinkt fast in ihrem Blick.

Sie schiebt leicht ihr T-Shirt zur Seite, legt ihren Hals vor ihm frei.

»Würdest du mich gerne beißen und mein Blut trinken?«, fragt sie aufreizend.

Er ist nur mehr fähig zu nicken, seine Stimme hat ihn verlassen, jegliches Gefühl ist aus ihm gewichen. Nur die Gier beherrscht ihn noch und das Verlangen nach ihrem Blut.

Er tritt näher an sie heran, sie erwartet ihn lächelnd, freudig.

Während der Tumult um sie herum barbarische Ausmaße annimmt, schlägt der kräftige Vampir genießerisch seine Zähne in Nataschas weiße, kalte Haut. Es dauert nicht lange und ihre spitzen Eckzähne durchdringen ebenso seinen Hals.

Eine halbe Stunde später sind fast alle Menschen einen grausigen und blutigen Tod gestorben. Lediglich eine Handvoll Mädchen, zumeist Blondinen, die sich ängstlich bei den Billardtischen versteckt hielten, sind noch am Leben. Auch sie sind mit roten Tropfen übersät, das Blut ihrer Freunde, die sie mit ihrem Leben beschützen wollten.

Die Vampire haben sie sich bis zum Schluss übrig gelassen, jetzt treiben sie die Mädchen zusammen. Ängstlich rufend und wimmernd drängen sie sich aneinander. Ihre Augen zucken unruhig hin und her.

Natascha stellt sich vor sie, begutachtet ihre Beute.

»Nette Dinger«, murmelt sie und blickt lachend zu Nicki. Der aber beachtet sie nicht, er sieht immer wieder zu einer ganz bestimmten Blondine, frisst sie fast auf, mit seinen vor Gier sprühenden Augen.

Natascha runzelt flüchtig die Stirn, ihr Blick zuckt zwischen Nicki und dem Mädchen hin und her.

Mit einem Mal stürzt die Vampirin vor, ergreift den Arm des nun noch lauter schreienden Mädchens.

Nicki verfolgt bestürzt das Geschehen.

»Komm mit«, knurrt Natascha, er folgt ihr.

Über die Schulter ruft sie den anderen zu:

»Tötet sie, wir brauchen keinen Vorrat.«

Lautes Knurren begleitet von fast ohrenbetäubenden Schreien, verfolgt die zwei Blutsauger und das Mädchen auf dem Weg aus der Baracke hinaus.

»Was hast du vor?«, versucht Nicki sich über Nataschas Motive klar zu werden.

Die Vampirin aber zerrt die Kleine hinter sich her, die Holzstufen hinunter und schleudert das Mädchen gegen den Mustang.

Sie richtet ihre MP-5 auf die Blondine.

»Rühr dich besser nicht. Ich werde nicht zögern, dich zu erschießen, du Schlampe.« Die Kleine nickt nur ängstlich.