Das Sprachverständnis des Paulus im Rahmen des antiken Sprachdiskurses

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Der allgemeine ‚Widerspruch’ zwischen der Sprachschöpfung durch Gott oder den Menschen ist gewichtiger. Er ist nach Kweta so aufzulösen, dass Gott das Sprachvermögen schafft, die Sprache an sich jedoch ein Werk des Menschen ist.44 Otte setzt sich mit dieser Problematik intensiver auseinander. Er kommt letztlich zu einem ähnlichen Ergebnis, nämlich dass die Schöpfung der Sprache als Werk des Menschen anzusehen ist, die dennoch von Gott verursacht wird.45 Gott selbst kann nicht der Schöpfer der Sprache sein. Die Sprache muss in der „geschöpflichen Welt“46 entstanden sein, weil Gott nach Op § 149 nichts Schlechtes zugesprochen werden kann.47 Die Sprache aber kann ihren Bezug zum Sein und damit zum Göttlichen verlieren und schlecht werden.48 Gott ist dennoch die Ursache der Sprache, weil er Adam und mit ihm die Fähigkeit zur Sprachschöpfung geschaffen hat.49 Gott hat im Menschen die Voraussetzung für die Erschaffung der Sprache gelegt. Sprache ist für Otte „analog zur Weltschöpfung ein Akt der Seinsauslegung“50. So wie Gott den Menschen schafft, schafft dieser die Sprache.

Kweta schreibt die Schaffung des Sprachvermögens Gott zu; Otte sieht mit der Schaffung des Menschen durch Gott ebenfalls die generelle Voraussetzung der menschlichen Sprachschöpfung gegeben. Auch Winston stellt in seinem Aufsatz heraus, dass sowohl Adam als auch Gott Sprachschöpfer sind. Gott benennt Adam und die kosmischen Dinge, Adam ist für die Begriffe zuständig, die die Menschen gebrauchen. Von unterschiedlichen (begrifflichen) Nuancen abgesehen, arbeiten sowohl Otte, Kweta als auch Winston für die philonische Theorie der Sprachentstehung heraus, dass Sprache an sich als Werk des Menschen anzusehen ist, das in Gott seine ‚Erstursache’ hat.

4.2 Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Sprache

Es können bei Philon drei Kriterien als Voraussetzung dafür ausgemacht werden, dass Sprache ihre Wirkung entfaltet: Die Deutlichkeit der Äußerung, die menschliche Umwelt und die Erkenntnisfähigkeit des Menschen.

Ungeachtet dessen, in welchem Bereich Sprache zum Einsatz kommt, ist ihre Deutlichkeit als wichtigstes Prinzip zu werten:

ἀσάφεια δὲ βαθὺ σκότος ἐν λόγῳ, κλέπταις δὲ συνεργὸν τὸ σκότος. οὗ χάριν Μωυσῆς τὸν ἀρχιερέα δηλώσει καὶ ἀληθείᾳ διακεκόσμηκεν (Exod. 28,26), ἀρίδηλον ἀξιῶν εἶναι καὶ ἀληθῆ τὸν τοῦ σπουδαίου λόγον. (Her § 302–303)

Undeutlichkeit aber ist die tiefe Finsternis in der Rede, und Finsternis ist den Dieben eine Helferin. Deshalb hat Moses den Hohenpriester mit ‚Klarheit und Wahrheit’ geschmückt, denn er verlangt, daß die Sprache des Weisen ganz klar und wahr sei. (Her § 302–303)

Sprache muss eindeutig und klar sein.1 Die Klarheit kann sich direkt auf die Aussprache beziehen, mehr aber auf das im Wort Gesagte. Es muss eindeutig, klar und verständlich sein, damit sich in ihm das Sein offenbart. Nur wenn das echte Sein in der Sprache greifbar wird, kann eine wahre und richtige Kommunikation erfolgen. Die Klarheit impliziert also Verständlichkeit. Paulus wird diesen Aspekt noch stärker betonen als Philon. Der Apostel erläutert die Wichtigkeit einer verständlichen sprachlichen Äußerung durch den Vergleich mit Musikinstrumenten.2 Auch Philon zieht den musikalischen Bereich heran, um die Verständlichkeit einer Aussage zu betonen:3

πατέρα μουσικῆς καὶ τῶν κατὰ μουσικὴν πάντων ὀργάνων τὸν γεγωνὸν λόγον προσφυέστατα καλεῖ· (…) ὅσα γοῦν αὐλοὶ καὶ λύραι καὶ τὰ παραπλήσια μελῳδοῦσι, τῆς ἀηδόνων ἢ κύκνων μουσικῆς τοσοῦτον ἀπολείπεται, ὅσον ἀπεικόνισμα καὶ μίμημα ἀρχετύπου παραδείγματος, φθαρτὸν εἶδος ἀφθάρτου γένους. τὴν μὲν γὰρ ἀνθρώπων μουσικὴν οὐδενὶ τῶν ἄλλων συγκρίνειν ἄξιον ἔχουσαν γέρας ἐξαίρετον, ᾧ τετίμηται, τὴν ἔναρθρον σαφήνειαν. (Post § 103.105)

Den Vater der Musik und der aller Musikinstrumente nennt er ganz der Sache entsprechend das ausgesprochene Wort. (…) Was nun, Flöten, Leiern und dergleichen an Klängen hervorbringen, bleibt so weit hinter dem Gesang von Nachtigallen oder Schwänen zurück wie ein Abbild oder eine Nachahmung hinter dem originalen Urbild, wie eine vergängliche Gestalt hinter der unvergänglichen Gattung. Denn den Gesang von Menschen mit dem irgendwelcher anderer Wesen zu vergleichen, ist ungehörig, da er einen besonderen Vorzug hat, dessen er gewürdigt wurde: die artikulierte Verständlichkeit. (Post § 103.105)

Die Verständlichkeit bzw. die Klarheit einer Aussage wird als charakteristisches Merkmal der menschlichen Sprache bestimmt, die sich v.a. im Gesang zeigt. Folglich können sämtliche Funktionen der Sprache ihren Zweck nur erfüllen, wenn die Eindeutigkeit der Sprache als unabdingbare Voraussetzung gegeben ist. Auch die Umwelt der Sprachschöpfer bzw. die Weltwirklichkeit, in der Sprache entsteht, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit eindeutige Sprache entstehen kann. Dies verdeutlicht Kweta4 ebenso wie Otte:

Die Qualität der jeweiligen Umwelt, des Menschen und der Sprache bemisst sich aus ihrer Nähe zum Sein. (…) Nur eine seinsgemäße Umwelt und Tradition stellt den Menschen in der Weise unter die Wirksamkeit des Seins, dass ihm das nötige Vorverständnis zueignet, welches zum vollen Verständnis der Sprache führt. Sprache, Mensch und Umwelt stehen in einem vom Seim bestimmten Korrelationsverhältnis (…).5

Eine solch ideale Umwelt findet sich nach Philon, neben der ursprünglichen Situation bei Adam6, bei den Therapeuten,7 den Essenern8 und den Septuagintaübersetzern.9 Sie ist gekennzeichnet durch einen idealen Wohnort außerhalb von Städten, losgelöst von Familienverbänden und befindet sich mitten in der Natur.10 Das Leben der Menschen ist von Askese, geistlichen Übungen und von einem auf Gott ausgerichteten Alltag geprägt.11

Es gibt auch eine Umgebung, die nicht für die Schaffung einer Idealsprache geeignet ist, weil sie der Situation Adams sowie der Therapeuten und Essener nicht mehr entspricht.12 Dabei ist unklar, ob „die Umwelt selbst ihre Eindeutigkeit verloren hat oder ob der Mensch in seinem Abfall aus der adamitischen Situation solche Verdunklung der Dinge erwirkt hat“13. Kweta sieht in Op, dem Text, den Otte als Beleg für diese Überlegungen heranzieht, kein erkenntnistheoretisch-hermeneutisches Konzept Philons, sondern ein moralisches. Es geht nicht darum, dass der Mensch diese Situation bewirkt hat, sondern darum, dass er anhand der negativen Situation, die sich ihm darbietet, Adam und die ursprüngliche vollkommene Ordnung wieder herstellen will. Nach Kweta verkennt Otte, dass nicht die gesamte Welt in einem Chaos versunken ist und Philon keineswegs gezwungen war, eine solche Grundsituation anzunehmen.14 Festzuhalten ist, dass für die Entstehung einer Sprache, die die Wirklichkeit abbilden will, eine besondere Umwelt förderlich ist, da Sprache nur dann das echte Sein abbilden kann. Ist diese ideale Basis verloren gegangen, muss die Grundsituation wieder hergestellt werden, wenn Sprache wirklich verstanden werden will.15

Neben der Umwelt, in der Sprache entsteht, ist auch der Faktor ‚Mensch’ zu berücksichtigen und deshalb ist ein Blick auf die Vorstellung des philonischen Menschenbildes zu werfen.16 Philon präsentiert in seinen Schriften unterschiedliche Vorstellungen vom Menschen. Diese sind heterogen und werden nicht in ein übergeordnetes System gebracht. Wesentliches Kennzeichen ist nach Det § 52.103.139, Sacr § 105 und Imm § 111 ist aber dennoch, dass der Mensch als zusammengesetztes Wesen (σύγκριμα) verstanden wird. Wie diese Zusammensetzung aussieht, wird in den philonischen Schriften unterschiedlich ausgeführt.17 Einer Reihe philonischer Traktate zufolge besteht der Mensch aus σῶμα und ψυχή.18 Letztere lässt sich in die alogischen und logischen Teile gliedern.19 Die alogischen Teile bezeichnen die αἴσθησις, die logischen den νοῦς.20

Sprache nimmt vom Selbstverständnis des Sprechenden her ihren Ausgangspunkt. Wenn Adam als der weiseste Mensch eine gültige Sprache schafft, müssen seine Wesenszüge als ideale Voraussetzungen für die Sprachstiftung durch den Menschen gesehen werden. Wesentliches Charakteristikum Adams ist seine volle Erkenntniskraft:21

ἀκράτου γὰρ ἔτι τῆς λογικῆς φύσεως ὑπαρχούσης ἐν ψυχῇ καὶ μηδενὸς ἀρρωστήματος ἢ νοσήματος ἢ πάθους παρεισεληλυθότος, τὰς φαντασίας τῶν σωμάτων καὶ πραγμάτων ἀκραιφνεστάτας λαμβάνων (…). (Op § 150)

Denn da die Denkkraft der Seele noch ungetrübt war und noch keine Schwäche oder Krankheit oder Leidenschaft eingedrungen war, so nahm er die Vorstellungen von den Körpern und Gegenständen in voller Reinheit in sich auf (…). (Op § 150)

Denk- und Erkenntnisfähigkeit sind bedeutende Voraussetzungen für das Schaffen und Verstehen von Sprache. Um die besten Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Sprache ihre Wirksamkeit entfalten kann, ist zu fragen, welche Bereiche des Menschen auf die Sprache Einfluss haben. Den alogischen Teilen der Seele, genauer der αἴσθησις,22 ordnet Philon die Sprache mit ihren physiologisch-physikalischen Elementen, der Stimme und dem Ton, zu.23 Die folgende Grafik verdeutlicht das:


Der λόγος gliedert sich nach Philon in einen äußeren (λόγος προφορικός) und einen inneren (λόγος ἐνδιάθετος) Logos.24 Die philonische Besonderheit liegt darin, dass er die beiden Logoi unterschiedlichen Teilbereichen der Seele zuordnet.25 Der λόγος ἐνδιάθετος bezeichnet das menschliche Denkvermögen und ist unabdingbar dem logischen Teil der Seele zugeordnet.26 Begrifflich kann λόγος im Verständnis der geistigen Potenz entweder mit νοῦς27 oder διάνοια28 wiedergegeben werden.29 In ihm sind nicht verbal geformte Gedanken beinhaltet.30 Es geht Philon hier um artikulierte Vorgänge, die zwar noch nichts mit verbaler Sprache zu tun haben, die aber dennoch geformt sind in bestimmten Gedanken und Vorstellungen.31 Es existiert für Philon im νοῦς „ein Innehaben von Gedanken unabhängig vom Medium der Sprache als Formungsphänomen“32. Im λόγος ἐνδιάθετος verbirgt sich der Gehalt der Sprache, der Ausdruck in einem sprachlichen Zeichen erfolgt im λόγος προφορικός. Mit dieser Trennung von Denken und Sprache steht Philon in stoischer Tradition.33

 

Unter dem äußeren Logos ist das physiologisch-physikalische Sprachphänomen zu verstehen. Es wird als ἦχος34 (Ton), φωνητήριον35 (Stimmwerkzeug/Stimmorgan) beschrieben und als Bruder der διάνοια bezeichnet36. Es ist dem alogischen Teil der Seele zuzurechnen.37 Allein „durch die Indienstnahme durch den inneren λόγος und νοῦς wird sie zu einem Teil des ganzen λόγος des Menschen“38. Damit steht Philon in nachplatonischer und nacharistotelischer Tradition, weil er Sprache nicht als Phänomen charakterisiert, das den ganzen Menschen angeht; sie ist lediglich ein Teil,

welcher Medium für die Vermittlung von Inhalten ist, für welche, wenn es sich um körperhaft Konkretes handelt, die unmittelbare Anschauung als überlegen gilt, und welche, wenn es sich um Geistiges handelt, dem Menschen unmittelbarer und eigentlicher auf andere Weise zugänglich sind: im reinen Denken, einem bildhaft und gestalthaft schauenden Denken in der Erfassung der Begriffe, einem intuitiv-visuellen Erfassen (…), in Identifikationsphänomenen (…), schließlich in Inspirationserlebnissen.39

Der Gehalt der Sprache wird in der stimmlichen Äußerung präsent gemacht.40 Analog dazu wird der λόγος προφορικός durch das Hören wahrgenommen.41 Der νοῦς bedient sich des alogischen Teils, der Sinne, im Speziellen der Sprache, und setzt diese für sich ein:42

τὰ γὰρ ἐν αὐτῷ ταμιευόμενα μὴ δυνάμενος ὁ νοῦς ἀπαγγεῖλαι τῷ πλησίον ἑρμηνεῖ χρῆται λόγῳ πρὸς τὴν ὧν πέπονθε δήλωσιν. (Migr § 78)

Da nämlich der Nus die Gedanken, die er faßt, nicht allein mitteilen kann, so bedient er sich des ihm nahe stehenden Dolmetschers43, der Rede, um das zu übermitteln, was auf ihn gewirkt hat. (Migr § 78).

Kweta folgert richtig, wenn sie den äußeren Logos als Möglichkeit bestimmt, „einen noetischen Gehalt präsent zu machen“44. Er fungiert also in einer sprachlichen Äußerung als Umsetzung des νοῦς, weshalb Philon vom λόγος προφορικός als ἑρμηνεύς des νοῦς sprechen kann.45 Es liegt nahe, dass es zwischen der stimmlichen Äußerung und dem Gehalt eine enge Verbindung geben muss.46 Wenn im äußeren Logos ein Gehalt präsent gemacht wird, so bleibt dieser doch eine autonome Größe. Lediglich im Augenblick der Präsentwerdung fungieren die beiden Logoi als „Zweieinheit“47, im Grunde aber bleiben sie eigenständige Größen.48 Philon verwendet den Logosbegriff in einem weiten Spektrum, in dem die einzelnen Bereiche nicht immer exakt voneinander unterschieden werden können. Es umfasst die Vorstellung vom göttlichen Logos bis hin zum menschlichen Logos, der vom ὀρθὸς λόγος geprägt wird.49

Die beschriebenen Tätigkeiten des νοῦς und des λόγος προφορικός als Sprache sind die idealen anthropologischen Voraussetzungen. Sie sind Grundlage der Erkenntnis. Die Fragen, wie Erkenntnis bei Philon zu denken ist und welcher Zusammenhang zwischen Sprache und Erkenntnis besteht, sind Gegenstand der folgenden Ausführungen, die zugleich die Darstellung der Funktionen von Sprache bei Philon einleiten.

4.3 Der Zusammenhang von Sprache und Erkennen

Bei der Darstellung des philonischen Menschenbildes wurde bereits deutlich, dass der νοῦς die Möglichkeit besitzt, die in ihm geformte Materie durch den λόγος προφορικός in einer stimmlichen Äußerung präsent zu machen. Es stellt sich in Bezug auf die Erkenntnis die Frage, woher der νοῦς die Gedanken und den Gehalt der Sprache, also all das nicht verbal Geformte, das durch den Lautbestand der Sprache zum Ausdruck gebracht wird, aufnimmt bzw. erhält. Auf diesem Weg sind zwei Arten der Erkenntnis zu unterscheiden, (1) die noetische und (2) die aisthetische.1 (3) Im Anschluss an die Darstellung beider Erkenntnisformen sind ihre Unterschiede und ihre Beziehung zu beleuchten. Dabei wird auf zwei besondere Erkenntnissituationen einzugehen sein, auf die philosophische Betrachtung und den Traum. (4) In einem letzten Punkt wird der Zusammenhang von Erkennen und Wahrheit aufgegriffen.

Voraussetzung für beide Formen ist, dass der Mensch die Fähigkeit zur Erkenntnis besitzt. Diese ist für Philon im νοῦς gegeben, in dem er den Ort der Erkenntnis sieht.2 Der νοῦς ist nach Op § 69–71 und Det § 168 der Führer im Menschen. Deshalb ist das Lexem νοῦς für das Verständnis von Erkenntnis bei Philon von größerer Bedeutung als das der γνῶσις. Dies zeigt auch das Vorkommen: Das Lexem γνῶσις findet sich nur 15mal und zeigt keine semantische Kontinuität;3 die Lexeme νοῦς/νοός zeigen knapp 700 Belege.

(1) Die noetische Erkenntnis meint „ein Begreifen der Dinge in ihrem inneren Wesen“4 und folgt der Annahme, dass die göttliche Erkenntnis der Ursprung bzw. die Grundlage der menschlichen Erkenntnis ist.5 Die Erkenntnis wird dem Menschen nach Sacr § 64 von Gott gegeben.6 Dies geschieht über den göttlichen Logos, der das direkte Abbild Gottes ist7 und der den Menschen über den νοῦς zur Erkenntnis führen kann.8 Anstelle des göttlichen Logos kann auch πνεῦμα stehen.9 Entscheidend ist, dass der göttliche Logos auf den menschlichen νοῦς wirkt und diesem so Erkenntnis vermittelt.10 Kweta bezeichnet diesen Vorgang als Prinzip der Prägung,11 d.h., etwas wird in einer anderen Erscheinung zum Ausdruck gebracht.12 Wie der νοῦς den Gehalt der Sprache in einem anderen Medium, nämlich der stimmlichen Äußerung wiedergibt,13 so wird die göttliche Erkenntnis im direkten Abbild des göttlichen Logos dem menschlichen νοῦς als ‚Gedachtes’ zugeführt:

ἄνευ γὰρ τοῦ ὑποβολέως οὐ φθέγξεται ὁ λόγος, ὑποβολεὺς δὲ λόγου νοῦς, ὡς νοῦ θεός. (Migr § 81)

Denn ohne einen Eingeber wird die Rede nicht sprechen; Eingeber der Rede aber ist der Nus, wie Gott selbst hinwiederum der Eingeber des Nus ist. (Migr § 81)

Möglich ist die Prägung des νοῦς, weil Philon ihn weich wie Wachs denkt.14 Man kann von ‚echter Erkenntnis‘ sprechen, weil die göttliche Erkenntnis über diesen Vorgang Grundlage der menschlichen Erkenntnis ist. Sie kann nur stattfinden, wenn der göttliche Logos als Vermittler fungiert und die göttliche Erkenntnis an den νοῦς weitergibt. Die noetische Erkenntniskette ist folgendermaßen zu verstehen:


Göttlicher λόγος →menschlicher νοῦς →stimmliche Äußerung

Durch Sprache kann ein bestimmter, durch den göttlichen Logos vermittelter Inhalt geäußert werden.15 Sprache wird so zur Umsetzung des νοῦς16 und ist damit abhängig von ihm17. Deshalb bezeichnet Philon den λόγος προφορικός als Diener des νοῦς.18 Wenn Erkenntnis nach diesem Modell funktioniert, kann eine Kommunikation über das Erkannte erfolgen, die wahr und klar ist, weil sie ihren Ausgangspunkt im göttlichen Logos findet und sich mit dem νοῦς den menschlichen Teil zu Nutzen macht, der zu den logischen Teilen der Seele zählt. So kann über die Sinnlichkeit eine unverfälschte Erkenntnis (der Wirklichkeit) wiedergegeben werden.

Wem ist eine solche Erkenntnis möglich? Kommt sie nur bestimmten oder allen Menschen zu? Nur die Menschen, deren νοῦς vom göttlichen Logos geprägt ist, können zu echter Erkenntnis gelangen. Das sind nach philonischer Ansicht nicht alle Menschen. Eine erste Grenze der noetischen Erkenntnis liegt in der eigenen Erkenntnis. Wenn der Mensch sich nicht selbst erkennt, kann er nicht am κόσμος νοητός teilhaben.19 Ein zweiter Grund, weshalb nicht die gesamte Menschheit zu noetischer Erkenntnis befähigt ist, liegt darin, dass der göttliche Logos nicht a priori Teil des menschlichen Logos ist:20 Es gibt Menschen, die Philon als ἄνθρωποι θεοῦ bezeichnet: Unter ihnen subsumiert er die Priester und Propheten21, die Schauenden22, Abraham23 und Mose24 sowie die Menschen, welche er in seinen anthropologischen Ausführungen als himmlische Menschen25 beschreibt. Der ἄνθρωπος θεοῦ ist durch eine „existentielle Zugehörigkeit zu Gott“26 gekennzeichnet.27 Ihnen gesteht Philon echte Erkenntnis zu, weil der göttliche Logos auf den menschlichen νοῦς einwirkt. Strittig ist, ob er mit ihm eine Identität eingeht.28 Echte Erkenntnis, die zur Gotteserkenntnis führen kann, hat ihren ‚Ausgangpunkt’ bei Gott, nicht im Menschen. Sie geht immer vom göttlichen λόγος oder vom göttlichen πνεῦμα aus.29

Echte Erkenntnis jedenfalls steht in direktem Zusammenhang mit der philonischen Dekadenztheorie des Menschen. Philon vertritt eindeutig Abstufungen der menschlichen Existenz, die mit Abstufungen in der Erkenntnis zusammenfallen. Die Traktate zeigen, dass der Fokus Philons auf den weisen Menschen liegt. Die Ansicht, dass echte Erkenntnis nur einem Teil der Menschen zukommt, trifft nicht nur für Philon zu, sondern für alle paganen und jüdischen Erkenntnistheorien.30 Auch bei Heraklit konnte bereits festgestellt werden, dass sich nicht alle Menschen auf das richtige Hören und Sprechen verstehen und deshalb nicht zur Einsicht der ‚objektiven Welt’ gelangen.

(2) Die zweite Art der Erkenntnis ist die aisthetische, die Kweta als „ein Aufnehmen der unmittelbaren äußeren Erscheinung der Dinge als Vorstellung“31 bezeichnet.32 Sie beschreibt Philon in Op § 166:

(…) μαστροπεύουσι δ’ αὐτῇ καὶ προξενοῦσι τὸν ἐρῶντα αἰσθήσεις, ἃς δελεάσασα ῥᾳδίως ὑπηγάγετο τὸν νοῦν, ᾧ τὰ φανέντα ἐκτὸς εἴσω κομίζουσαι διαγγέλλουσι καὶ ἐπιδείκνυνται, τοὺς τύπους ἑκάστων ἐνσφραγιζόμεναι καὶ τὸ ὅμοιον ἐνεργαζόμεναι πάθος· κηρῷ γὰρ ἐοικὼς δέχεται τὰς διὰ τῶν αἰσθήσεων φαντασίας, αἷς τὰ σώματα καταλαμβάνει δι’ αὑτοῦ μὴ δυνάμενος, καθάπερ εἶπον ἤδη. (Op § 166)

(…) ihm [dem νοῦς] führen die Sinne die äusseren (sic!) Erscheinungen zu, sie melden sie an und zeigen sie, sie prägen ihm die Formen aller Dinge ein und erzeugen in ihm die entsprechende Empfindung; denn wie Wachs nimmt er die durch die Sinne vermittelten Vorstellungen in sich auf, durch die er die Körper erfasst, da er es, wie ich schon sagte, durch sich selbst nicht vermag. (Op § 166)

An dieser Stelle rückt auch der Begriff der φαντασία in den Blick. Sie ist die „bildhafte Repräsentation der realen Körperwelt im νοῦς“33. Die sinnlichen Wahrnehmungen tragen dem νοῦς Erscheinungen (φανέντα) zu; dadurch entstehen Abdrücke (τύπους), die der νοῦς in sich aufnimmt, speichert und gegebenenfalls in einer sprachlichen Äußerung wieder zum Ausdruck bringt.34 Diese Vorstellung findet sich bereits in der Stoa.35 Der Abdruck ist als Nachbildung des Wahrnehmungsgegenstandes in seiner körperhaften Natur zu verstehen und letztlich wieder unter dem Prinzip der Prägung zu subsumieren. Im Unterschied zur noetischen Erkenntnis erfolgt die Prägung jedoch von der anderen Seite. Der νοῦς wird nicht von einem göttlichen Logos geprägt und erst im letzten Schritt – durch die Wiedergabe des Erkannten in einer stimmlichen Äußerung – zur Sinnlichkeit in Beziehung gesetzt. Im Gegenteil: Der νοῦς erhält zu Beginn des Erkenntnisprozesses eine Prägung durch die Sinne, die zu einem Abdruck im νοῦς führen,36 der wiederum durch die Stimme in einem sinnlich wahrnehmbaren Medium präsent gemacht werden kann. Daher lässt sich die aisthetische Erkenntniskette wie folgt skizzieren:


Sinnl. Wahrnehmung →νοῦς →Abdruck →stimml. Äußerung

Erfolgt Erkenntnis des Menschen auf diese Art, so entsteht eine verfälschte Erkenntnis, weil sie ihren Ursprung in der αἴσθησις hat. Die Sinne können trügerisch sein und damit die Wahrnehmung der Wirklichkeit sowie die Erkenntnis und die Kommunikation in einem negativen Sinn beeinflussen. Deshalb soll die sinnliche Wahrnehmung dem νοῦς untergeordnet sein.37

(3) Der Unterschied zwischen beiden Formen der Erkenntnis liegt zum einen im Erkenntnisvorgang, zum anderen im Ergebnis der Erkenntnis. Letzteres ist für die weiteren Auswirkungen der Sprache von besonderer Bedeutung, weil anhand der Erkenntnis Namensbildungen erfolgen und zudem über die so erfahrene Wirklichkeit Kommunikation stattfindet. Die noetische Erkenntnis ist der Idealfall,38 wie er sich bei Adam, den Weisen, dem ersten und himmlischen Menschen findet, weil sie die bereits beschriebenen Voraussetzungen erfüllen und die Prägung ihres νοῦς durch den göttlichen Logos erfolgen kann. Sie ermöglicht echte Erkenntnis. Die aisthetische Erkenntnis findet sich dort, wo diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden und wo die Sinne die Funktion des νοῦς einschränken.39 Deshalb kann Philon Abraham als denjenigen beschreiben, der die aisthetische Erkenntnis überwunden hat und, nachdem er sich selbst erkannt hatte, zur größeren Art der Erkenntnis fortgeschritten ist, indem er sich von sich selbst und dem Irdischen abgewandt hat und so zur Erkenntnis Gottes gelangt ist.40

 

Bezüglich der Sinne findet sich bei Philon eine unterschiedliche Wertung. Sind die Sinne auf der einen Seite trügerisch und verfälschen jegliche Wahrnehmung, so sind sie auf der anderen Seite notwendig, da sonst auch die richtige Erkenntnis, die aus der göttlichen Erkenntnis stammt, nicht wiedergegeben werden kann. Dieser Dualismus ist für Philon charakteristisch und zieht sich vom Makrokosmos der Welt in den Mikrokosmos des Menschen hinein. Kweta spricht vom Prinzip der δυάς. Für das Verständnis dieses Prinzips ist ein kurzer Einblick in die philonische Kosmologie notwendig. Für Philon gibt es einen gedachten Kosmos (κόσμος νοητός) und den wahrnehmbaren Kosmos (κόσμος αἰσθητός).41 Der Mensch kann ersteren nur von seinem Standpunkt aus, dem κόσμος αἰσθητός, erkennen. Das Denken in Form eines Makrokosmos wirkt sich auch auf den Mikrokosmos ‚Mensch’ aus; denn es gibt eine Parallelität der Logosstruktur der Welt mit der Logosstruktur des Menschen.42 Da die beiden Logoi unterschiedlichen Seelenteilen zugeordnet wurden,43 befindet sich der Mensch in einer Ambivalenz von νοῦς und αἴσθησις und damit auch in der bereits angesprochenen Ambivalenz innerhalb der Sinnlichkeit. Bezeichnend für Philon ist, dass er solche nicht miteinander zu vereinbarenden Aussagen oder Widersprüche unproblematisiert nebeneinander stehen lassen kann. Dies wurde auch zu Beginn der Ausführungen im Hinblick auf die verschiedenen Theorien zur Entstehung der Sprache und die unterschiedlichen anthropologischen Ansätze deutlich.

Auch die Sinne sind ambivalent zu verstehen. Sie können Diener des Verstandes sein, wenn sie vom νοῦς ausgehend eingesetzt werden. Sie können die Arbeit des νοῦς und echte Erkenntnis aber auch verhindern, wenn sie sich verselbstständigen, so dass der νοῦς nicht mehr als Führer als im Menschen fungiert und sie von außen an ihn herantreten. Dann entsteht aisthetische Erkenntnis. Der νοῦς muss jedoch uneingeschränkt in der Lage sein, den göttlichen Logos aufzunehmen. Solches wäre der Fall, wenn die αἴσθησις nicht die Oberhand über den νοῦς gewinnt;44 Für die Erkenntnis der Sprache ist also eine uneingeschränkte Arbeit des νοῦς vonnöten, weil die αἴσθησις Erkenntnis verhindern kann.45

Philon stellt in einem weiteren Exkurs in den Bereich der Musik dar, dass der νοῦς eine wichtige Stellung für die echte Erkenntnis einnimmt und damit die Voraussetzung der Klarheit erfüllt. Er vergleicht den Vorgang, wenn ein Gedanke (νοήμα) versprachlicht wird, mit dem Stimmen und Spielen eines Musikinstruments:

καθάπερ γὰρ ὄργανον ἀμούσῳ μὲν παραδοθὲν ἀνάρμοστον, μουσικῷ δὲ κατὰ τὴν ἐν αὐτῷ τέχνην εὐάρμοστον γίνεται, τὸν αὐτὸν τρόπον καὶ ὁ λόγος ὑπὸ μὲν φαύλου νοῦ κινούμενος ἀνάρμοστος, ὑπὸ δὲ σπουδαίου πάνυ ἐμμελὴς εὑρίσκεται. λύρα γε μὴν ἢ εἴ τι τῶν ὁμοίων, εἰ μὴ πληχθείη πρός τινος, ἠρεμεῖ· λόγος τε αὖ |μὴ πληχθεὶς ὑφ’ ἡγεμονικοῦ κατὰ τἀναγκαῖον ἡσυχίαν ἄγει. (Post § 107 f)

Denn wie ein Musikinstrument, das einem unmusikalischen Menschen anvertraut wurde, findet man die von einem schlechten Geiste angeregte Rede unstimmig, die von einem strebsamen gehaltene durchaus wohlklingend. Eine Leier jedoch oder ein ähnliches Instrument schweigt, wenn es nicht von jemand angeschlagen wurde; die Rede ihrerseits bleibt, wenn sie nicht von der leitenden Vernunft angeregt wurde, notwendig stumm. (Post § 107 f)

Mit einem Instrument verhält es sich wie mit dem gesprochenen Wort:46 Es klingt falsch, wenn es nicht richtig gestimmt werden konnte und wird keinen Ton geben, wenn es von niemandem gespielt wird. Auch eine sprachliche Äußerung ist unstimmig, unverständlich und gibt eine falsche Erkenntnis und Wirklichkeit wieder, wenn sie nicht die notwendigen Voraussetzungen erhält; eine solche ist in der Beteiligung des νοῦς auszumachen, der in den Gedanken die ‚echte’ Wirklichkeit fasst bzw. fassen soll und damit eine wahrheitsgemäße und der Wirklichkeit entsprechende Aussage ermöglicht.

Beide Arten der Erkenntnis führen also zu einem unterschiedlichen ‚Erkenntnisniveau’. Es bleibt die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, die Kraft der Sinne so zu beherrschen, dass sie nicht die Oberhand über den νοῦς gewinnen und dass der νοῦς unabhängig von den Sinnen agieren kann. Dass der νοῦς von den alogischen Teilen der Seele unabhängig sein kann, stellt Philon in Fug § 91 f und Migr § 190 heraus.47 Nur wenn der νοῦς in dieser Losgelöstheit steht, ist dem Menschen reine Erkenntnis und eine reine Gottesbeziehung möglich. Die Kraft, die der νοῦς hierfür benötigt, erhält er durch das göttliche Pneuma.48 Eine erste Antwort auf die gestellte Frage liefert Philon in Migr:

ὅταν γὰρ ἔκ τινος τῶν κατὰ φιλοσοφίαν κατασχεθεὶς θεωρημάτων ἀχθῇ πρὸς αὐτοῦ, τῷ μὲν ἕπειται, τῶν δ’ ἄλλων ὅσα κατὰ τὸν σωματικὸν ὄγκον ἀμνημονεῖ δήπου. κἄν ἐμποδίζωσιν αἱ αἰσθήσεις πρὸς τὴν ἀκριβῆ θέαν τοῦ νοητοῦ, μέλει τοῖς φιλοθεάμοσι καθαρεῖν αὐτῶν τὴν ἐπίθεσιν. τἀς τε γὰρ ὄψεις καταμύουσι καὶ τὰ ὦτα ἐπιφράττουσι καὶ τὰς τῶν ἄλλων <αἰσθήσεων> ἐπέχουσιν ὁρμὰς καὶ ἐν ἐρημίᾳ καὶ σκότῳ διατρίβειν ἀξιοῦσιν, ὡς μὴ πρός τινος αἰσθητοῦ τὸ ψυχῆς ὄμμα, ᾧ νοητὰ βλέπειν ἔδωκεν ὁ θεός, ἐπισκιασθῇ. (Migr § 191)

Wenn nämlich jemand von einer philosophischen Betrachtung gefesselt und angezogen wird, so folgt er ihr und denkt sicherlich nicht an irgendetwas, was zur Masse des Körpers Bezug hat; und wenn die sinnlichen Wahrnehmungen die genaue Betrachtung des Geistigen stören, so ist es die Art derer, die solche Betrachtungen lieben, diesen Angriff abzuwehren; sie schließen nämlich die Augen, verstopfen die Ohren, halten die Wirkungen aller übrigen Sinne von sich fern und lieben es, in Dunkelheit und Einsamkeit zu verweilen, damit nicht das Auge der Seele, das nach göttlichem Willen das geistig Wahrnehmbare schauen kann, durch irgendetwas sinnlich Wahrnehmbares verdunkelt werde. (Migr § 191)

Die Arbeit des νοῦς kann beginnen, wenn alles ausgeblendet wird, was einen Bezug zur Sinnlichkeit des Menschen hat. So sollen die Sinnesorgane ausgeschaltet werden, indem die Augen zugemacht und die Ohren verschlossen werden und indem ein Ort aufgesucht wird, der dunkel und einsam ist. Die genannten Aspekte beschreibt Philon im Zusammenhang mit einer philosophischen Betrachtung (κατὰ φιλοσοφίαν θεωρήματα). Es handelt sich also auch hier nicht um eine Möglichkeit, zu echter Erkenntnis zu gelangen, die jedem Menschen zu jeder Zeit offen steht, vielmehr ist eine asketische Anstrengung nötig. Der νοῦς ist offen für die Prägung durch den göttlichen Logos, wenn der Mensch es schafft, sich von allem Sinnlichen zu befreien. Sie selbst ist eine „Gnade des Pneuma“49, auf die der Mensch angewiesen ist.50

Philon beschreibt als zweite Situation, in der es dem νοῦς gelingt, sich von den Sinnen zu lösen, den Traum:

(…) ἀναχωρήσας γὰρ ὁ νοῦς καὶ τῶν αἰσθήσεων καὶ τῶν ἄλλων ὅσα κατὰ τὸ σῶμα ὑπεξελθὼν ἑαυτῷ προσομιλεῖν ἄρχεται, (…) καὶ ἀπορρυψάμενος πάνθ’ ὅσα ἐκ τῶν κατὰ τὰς αἰσθήσεις φαντασιῶν ἀπεμάξατο τὰς περὶ τῶν μελλόντων ἀψειδεστάτος διὰ τῶν όνείρων μαντείας ἐνθουσιᾷ –, τοτὲ δὲ κἀν ταῖς ἐγρηγόρσεσιν. (Migr § 190)

(…) denn dann geht gewissermaßen der Nus fort, trennt sich von den Wahrnehmungen und allem übrigen, was zum Körper gehört, und beginnt, mit sich selbst zu verkehren (…); wenn er sich dann gereinigt hat von allem, was er von den Sinnenvorstellungen sich eingeprägt, kündet er in Verzückung untrüglichste Traumweisungen über die zukünftigen Geschehnisse – mitunter auch in wachem Zustande. (Migr § 190)