Red Dirt Heart: Flammende Erde

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Z serii: Red Dirt Heart #1
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Travis stand auf. »Tut mir leid, dass ich dich wach gehalten habe.«

Ich erhob mich ebenfalls. »Kein Grund, sich zu entschuldigen. Nicht dein Fehler.«

»Um welche Zeit stehen wir auf?«, fragte er.

»Um fünf. Ich erledige meistens schon das eine oder andere vor dem Frühstück.«

Er nickte. »Und ich sollte nicht zu spät kommen, richtig?«

Ich grinste und hielt die Vordertür auf. »Nein. Du arbeitest morgen mit dem Boss und der ist ein übellauniger Mistkerl.«

Travis wusste, dass ich über mich selbst gesprochen hatte, und ging mit einem Grinsen hinein. »Gute Nacht.«

Ich löschte das Verandalicht, ging in mein Zimmer, zog mich bis auf die Unterwäsche aus und kletterte ins Bett. Ich musste lächeln, als ich so dalag und über Travis nachdachte – über jemanden, mit dem ich reden konnte – und sagte mir, dass ich besser nichts sehen sollte, was nicht da war. Trotz dieser Gedanken fiel ich schnell in den Schlaf und träumte von einem Mann mit texanischem Akzent und Augen in der Farbe des Himmels am frühen Morgen.

Kapitel 2

Es gibt im Outback ein ehernes Gesetz: Mach dich niemals über den Hut eines Mannes lustig. Leg auch niemals Hand an den Hut eines anderen Mannes. Und vor allem: Setz niemals den Hut eines anderen Mannes auf. Ja, genau. Ein Tag… er war erst einen verdammten Tag hier.

Ich stand vor Sonnenaufgang auf, genau wie immer, trotz des versäumten Schlafes. Ich war in der Küche und stand Ma im Weg, genau wie immer, als Travis plötzlich in der Tür auftauchte. Er war fertig angezogen und bereit für den Tag, auch wenn er noch ein bisschen schläfrig wirkte. Ich nickte ihm grüßend zu und interessierte mich plötzlich auffallend für das, was Ma gerade tat. Nur für den Fall, dass Travis mir vielleicht irgendwie ansehen könnte, dass ich von ihm geträumt hatte.

»Gib dem Jungen einen Becher Tee«, ordnete Ma an.

Erst da sah ich Travis an und musste mich räuspern, damit ich etwas sagen konnte. »Ich glaube, er trinkt lieber Kaffee…«

Ma wirbelte herum, um ihn anzusehen. »Dir schmeckt mein Tee nicht?«

»Äh, es geht nicht darum, dass ich Ih… deinen Tee nicht mag, sondern… also, ich…« Er blickte Hilfe suchend zu mir.

Ich prustete. »Amerikaner trinken keinen heißen Tee so wie wir, Ma. Sie trinken ihn kalt.«

»Kalt?«, fragte Ma. »Warum zum Teufel hast du nichts gesagt, Junge?«

»Ähm«, antwortete Travis zögerlich. »Ich wollte nicht unverschämt sein.«

Ma starrte mich an. »Nun, worauf wartest du? Mach dem Mann einen Kaffee.«

Ich löffelte schnell etwas Instantkaffee in eine Tasse, goss heißes Wasser aus dem Kessel darüber und fragte Travis: »Milch oder Zucker?«

»Beides.«

Natürlich. Warum zum Henker war ich nervös? Ich stellte die Kaffeetasse auf den Tisch und legte einen Löffel vom Serviertablett daneben, aber bevor ich den Zuckertopf öffnen konnte, schnalzte Ma missbilligend mit der Zunge. »Nimm einfach das ganze Tablett mit raus«, sagte sie und seufzte. »Verschwinde aus meiner Küche. Bitte, Liebes. Die Jungs werden jede Minute reinkommen und du bist im Weg.«

Travis presste die Lippen zusammen, so als würde er versuchen, sich ein Lächeln zu verkneifen. Ich verdrehte die Augen. »Hier«, sagte ich und gab ihm seinen Kaffee. Er folgte mir, als ich das Tablett ins Esszimmer trug und dort auf der Anrichte abstellte. Das Milchkännchen und den Zuckertopf stellte ich in die Nähe seines Platzes auf den Tisch.

Seines Platzes.

Mann, er war noch nicht mal einen ganzen Tag hier und ich hatte ihm schon einen eigenen Platz am Tisch gegeben.

Den Platz direkt neben mir.

»Schon lange wach?«, fragte er in dem offensichtlichen Bemühen, etwas Small Talk zu halten, denn ich war völlig in Gedanken verloren.

»Ja«, antwortete ich, vor der Anrichte stehend, wo ich mir eine Tasse Tee zubereitete, weil ich dachte, das würde mich etwas beruhigen. »Ich steh immer mit den Hühnern auf. Ich lass dann schon mal die Hunde raus und füttere sie. Ich krieg immer zu hören, dass ich sie verwöhne. Aber das stimmt nicht. Ich kümmere mich nur gut um sie.«

»Was für Hunde hast du?«

»Kelpies. Ich hab vier davon. Sie erledigen die Arbeit von zehn Männern auf den Weiden. Da ist es doch klar, dass ich mich gut um sie kümmere.« Ich setzte mich neben Travis auf meinen Stuhl und schlürfte meinen Tee. »Hast du gut geschlafen die erste Nacht?«

»Habe ich, danke.« Er trank einen Schluck von seinem Kaffee und verzog das Gesicht.

Ich lachte. »Soll ich Ma sagen, dass sie besseren Kaffee auf die Einkaufsliste setzen soll?«

Er nickte, aber lachte leise. »Oder ich könnte auch einfach Spülwasser trinken.«

George kam herein und marschierte direkt zur Anrichte, um sich eine Tasse Tee zu holen. Ich erwartete, dass er etwas dazu sagen würde, dass ich schon vor dem Frühstück lächelte, aber er behielt es glücklicherweise für sich. Bald darauf kamen auch die anderen in Reih und Glied hereinspaziert, gefolgt von Ma mit Schüsseln voller Eier, Schinken, Würstchen, gebratenen Tomaten und Toast.

Während wir alles wegputzten, was Ma uns servierte, sprachen wir über das, was zu tun war. Dann leerte sich das Esszimmer genauso schnell wieder, wie es sich gefüllt hatte, und jeder machte sich an die Arbeit. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich mir meinen Hut vom mittleren Garderobenhaken im Flur und setzte ihn auf. Travis starrte die obere Hälfte meines Schädels an. Ich grinste. »Was?«

»Was zur Hölle ist mit deinem Hut passiert?«

Ich zog den alten Akubra vom Kopf und betrachtete ihn. Travis hingegen stupste ihn mit einem Finger an. »Hey«, sagte ich. »Fass meinen Hut nicht an.«

Er starrte ihn immer noch an. »Wie behält er seine Form? Nicht, dass das besonders gut funktioniert, aber…«

»Na ja, er ist alt… ich trage ihn jeden Tag.« Ich drehte den Hut herum und betrachtete ihn eingehend von allen Seiten. Der Filz war schmutzig, fleckig und hatte einige Löcher in Krempe und Krone. Er hielt kaum noch zusammen. »Außerdem wurde mehrfach drüber getrampelt – da haben schon Männer, Bullen und Pferde drauf gestanden. Ich hab ihn aus einem Fluss gezogen, bin darüber geritten, hab ihn verloren, wiedergefunden… einmal ist er mir aus dem Hubschrauber gefallen.« Ich warf einen Blick auf seine Kopfbedeckung. »Tatsächlich ist die Kappe, die du da aufhast, überhaupt nicht für die Sonne hier draußen geeignet.«

Ich sah zur Hutablage. Sie bestand aus drei Haken auf einem lackierten Holzbrett, das in Augenhöhe in der Nähe der Vordertür angebracht war. Auf dem Haken an der linken Seite hing immer Georges Hut, mein Haken war der mittlere und der rechte Haken, am dichtesten bei der Tür, war seit dem Tod meines Vaters leer geblieben.

»Ich besorge dir einen Hut«, sagte ich und verschwand in mein Zimmer. Ich zog meinen alten alten Hut aus der hintersten Ecke meines Schrankes und brachte ihn Travis. »Das hier ist mein alter Hut. Er ist schon ein bisschen abgetragen«, erklärte ich, während ich den Staub rausklopfte.

»Er ist in besserem Zustand als der, den du aufhast«, sagte Travis und beäugte ihn zweifelnd.

»Sicher, aber dieser hier« – ich zupfte mir die Krempe tiefer ins Gesicht – »ist mein Lieblingshut.« Ich reichte ihm den alten Hut. »Guck mal, ob er passt.«

Er nahm seine Kappe ab und probierte den alten Akubra auf. Er passte ganz gut. Travis schob ihn auf seinem Kopf hin und her, bis er sich richtig anfühlte. »Besser?«

Ich nickte. »Viel besser.«

Er warf abermals einen Blick auf meinen Hut und schüttelte den Kopf. Dann verengte er die Augen. »Du hast ihn aus einem Hubschrauber fallen lassen?«

»Jepp. Benutzen wir für den Viehtrieb. Und ich muss mich wohl zu weit rausgelehnt haben…« Ich grinste ihn an. »Und wo wir gerade davon sprechen – ich wollte heute mit dir eine Runde damit drehen.«

»Mit dem Hubschrauber?«, fragte er. »Du hast einen hier?«

»Jepp. Viele der Farmen hier draußen nutzen einen fürs Treiben. Meiner ist nur ein gebrauchter, aber er funktioniert prima.«

Travis sah etwas überrascht aus. »Und du willst mich darin mitnehmen?«

»Jepp. Ist gut für dich, das Land mal von oben zu sehen, Landmarkierungen und so was. Vom Boden aus sind Entfernungen schwer einzuschätzen. Aber wenn wir nächste Woche das Vieh treiben, dann hast du schon ein Gefühl dafür, wo wir gerade sind und wohin wir uns bewegen müssen.«

»Okay. Cool.«

Nach all den notwendigen Checks am Hubschrauber war Travis ziemlich aufgeregt, als wir in den kleinen Heli kletterten. »Es ist ein Robinson R22«, erklärte ich ihm. »Ich dachte, du kennst das Modell vielleicht sogar. Die werden in Amerika gebaut.«

Er setzte sein Headset auf. »Einige der ganz großen Ranches haben die. Aber nicht da, wo ich herkomme.«

»Schon mal in einem gesessen?«, fragte ich ihn. Er schüttelte verneinend den Kopf und ich grinste ihn an. »Keine Angst, heute ist kein Viehtrieb, also keine verrückten Aktionen oder todesmutigen Stopps, Rollen oder Kurven.«

Sein Kopf fuhr herum, sein Blick traf meinen und ich lachte. »Ich sagte gerade, dass wir das heute nicht machen.« Ich setzte mein eigenes Headset auf. »Kannst du mich hören?«, fragte ich und sah ihn an.

Seine Stimme kam durch mein Headset. »Kommt drauf an. Wirst du mich in diesem Ding umbringen?«

Ich lachte abermals. »Wir gehen es ruhig an.« Er sah mich ungläubig an. »Ich werd nichts machen!«, bekräftigte ich nochmals. Es half wahrscheinlich nicht, dass ich dabei wieder lachen musste. »Ich hab keine Lust, Kotze vom Armaturenbrett zu wischen.«

Mit einem letzten Winken zu George zog ich den Heli hoch. Travis' Grinsen wurde immer breiter, je höher wir stiegen. Während eines Viehtriebs blieben wir normalerweise recht dicht über dem Boden, die Kufen nur ungefähr einen Meter oder so über den Bäumen und Salzbüschen – aber heute nicht. Ich brachte uns auf etwa zehn Metern Höhe und steuerte nach Norden.

 

Ich liebte das Fliegen. Ja, es war vor allem eine schnellere Methode des Treibens und ersparte mir Hunderte Arbeitsstunden, aber beim Fliegen konnte ich auch die Farm sehen, wie sie wirklich war: weit, sehr rot, überwiegend unfruchtbar und wüstenartig, mit vereinzelten Gummibäumen oder Salzbüschen, Felsvorsprünge und Grate – es war herrlich.

»Wow«, sagte Travis. Ich weiß nicht, ob er beabsichtigte, es laut zu sagen, aber ich hörte ihn in meinem Headset.

»Ich weiß«, stimmte ich zu. »Ist sie nicht wunderschön?«

»Das ist sie tatsächlich«, sagte er und sah mich an. Sein Lächeln war riesig, so wie seine Augen.

»Wunderschön und genauso brutal«, sagte ich. »Dieses Land hat mehr Männer gebrochen, als Bullenreiten jemals könnte.«

Er fixierte mich, immer noch lächelnd, so als wollte er etwas sagen, aber er tat es nicht. Stattdessen sah er aus seinem Seitenfenster. »Ja, kann ich mir vorstellen«, murmelte er.

Wir flogen schweigend eine Weile weiter, während die weiten Flächen roter Erde unter dem gläsernen Boden des Helis vorbeizogen. Ich fragte mich, was er wohl hatte sagen wollen und dann doch nicht gesagt hatte. Ich hätte ihn fast danach gefragt, aber ich dachte, es wäre das Beste, weiter darüber zu reden, warum wir hier oben waren.

»Hinter diesem Kamm gleich hier«, sagte ich und zeigte nach vorn, »werden wir den Anfang der Herde sehen. Da geht eine kleine Senke durch. Eigentlich ist da der Arthur River. Existiert nur, wenn's regnet. Das Vieh bewegt sich von weiter im Norden in seine Richtung, wenn's da oben zu trocken wird. Letzten Monat haben wir die oberen Weiden dicht gemacht, damit die Tiere hier runterkommen. Das macht es einfacher für uns, weil wir sie dann nicht von ganz oben heruntertreiben müssen. Wir müssen zwar immer nach Streunern suchen, aber am Ende der Trockenzeit kommen sie alle hier runter zum Wasser.«

»Und ist jetzt das Ende der Trockenzeit?«

»Genau. Jetzt kommt, was die Einheimischen Aufbauzeit nennen«, sagte ich. »Wenn's so schwül und heiß wie in der Hölle wird, bevor es anfängt zu regnen.«

»Darum ist es jetzt so heiß?«

Ich lachte. »Das hier ist nicht heiß. Ist ja gerade mal so um die fünfunddreißig Grad. Aber in den nächsten paar Wochen, da wird's heiß.« Dann sagte ich: »Hey, ich dachte, unsere Temperaturen wären ziemlich ähnlich.«

»Schon, allerdings wird es hier heißer. Ich hab das nachgeschlagen, bevor ich hergekommen bin.« Dann fügte er hinzu: »Nicht so wie der arme Kerl aus England, über den ihr alle gestern Abend geredet habt.«

Ich lachte prustend. »Ja, ist anscheinend kein schöner Anblick gewesen.«

»Du warst also nicht dabei?«, fragte er. Ich glaube, er versuchte, möglichst beiläufig zu klingen. Fast hätte ich ihm nicht geantwortet; ich war schließlich gewohnt, meinen privaten Kram für mich zu behalten, und ich kannte diesen Mann ja kaum. Aber am Ende sagte ich: »Ich war in Sydney.« Ich wollte das eigentlich gar nicht weiter ausführen, aber dann dachte ich, ich hatte schon so viel gesagt, also warum zum Teufel auch nicht. »Ich war an der Uni. Bachelorstudiengang der Agrarwissenschaft an der Universität von Sydney.« Zu meiner Rechten entdeckte ich einen der Wassertröge und zog den Heli herum, um zu landen. Ich dachte, das wäre ein gutes Ablenkungsmanöver und hielt es auch für eine gute Gelegenheit zu sehen, wie er sich mit dem Vieh anstellte.

Ich landete in sicherer Distanz zu dem kleinen Wellblechschuppen, in dem sich das Bohrloch befand, das den Wassertrog speiste, und wir gingen hinüber. Ich erklärte ihm, wie das Bohrloch mithilfe der Schwerkraft arbeitete, und er zögerte kein einziges Mal, als wir uns zwischen den Rindern bewegten. Er war vollkommen entspannt und wusste offensichtlich, was er tat. Ich war erleichtert. Und überrascht.

Und glücklich.

Ich weiß nicht, warum mich das glücklich machte. Ich schätze, ich wollte ihn hier draußen nicht versagen sehen, besonders nicht vor den anderen Jungs zu sehen, dass er hier durchaus seinen Mann stehen konnte, brachte mich zum Lächeln.

Wir sahen beim Bohrloch nach dem Rechten und als wir wieder in den Heli kletterten, sagte ich: »Da ist noch eins, das ich überprüfen möchte.«

Er nahm den Hut ab, den ich ihm gegeben hatte, und setzte das Headset auf. Als wir wieder in der Luft waren, fragte er: »Wie weit erstreckt sich dein Land?«

»Siehst du den Horizont?«

Travis sah zur Frontscheibe des Hubschraubers hinaus. »Klar.«

»Etwa dreihundert Kilometer darüber hinaus.«

Travis schüttelte ungläubig den Kopf und lachte. »Ich wusste, dass sie groß ist… aber Mann! Ehrlich, auf dem Papier sehen über zehntausend Quadratkilometer schon riesig aus und du weißt, die Farm ist groß. Aber es zu sehen? Sie ist gigantisch!«

»Wir sind nicht die größte Farm hier draußen«, informierte ich ihn.

»Die drittgrößte im Staat«, sagte er.

»Territorium«, korrigierte ich lächelnd. »Wir sind kein Staat.«

»Entschuldigung, Nordterritorium«, lenkte er ein. »Achtgrößte Farm im Land.«

»Du hast deine Hausaufgaben gemacht.«

»Ja, ich habe ein bisschen recherchiert, bevor ich herkam. Meine Mama wollte wissen, wo ich landen würde.«

»Sutton Station hat zehntausendvierhundertsechzig Quadratkilometer. Wir haben eine Bestandsrate von acht zu zehn.«

Seine Augen wurden groß. »Das sind zweitausendfünfhundert Stück Vieh!«

»Und die bringen wir zwei Mal im Jahr rein«, sagte ich lächelnd. Ich war beeindruckt, dass er das so schnell im Kopf ausgerechnet hatte. Ich hätte dafür einen Taschenrechner benötigt. Dann fiel mir etwas ins Auge. »Sieh mal, da unten«, sagte ich und deutete nach rechts. Ich drückte den Steuerknüppel in die Richtung dessen, was ich sah, damit Travis die Kängurus besser erkennen konnte, die in langen Sätzen über die rote Erde flogen.

Er lehnte sich etwas nach vorn und als er mich wieder ansah, reichte sein Grinsen praktisch von einem Ohr zum anderen. »Heilige Scheiße, die sind schnell!«, rief er aus. »Das ist so abgefahren!«

»Ich sollte es eigentlich den Jungs durchgeben. Aber wir sind ein bisschen weit draußen«, sagte ich. Travis sah mich fragend an. »Die Jungs schießen sie ab.«

»Sie erschießen die Kängurus?«

»Jepp. Die sind eine verfluchte Plage«, erklärte ich. Er sah irgendwie bestürzt aus. »Was? Stand das nicht in den Tourismusbroschüren?«

Er schüttelte den Kopf. »Ähm, nein.«

»Wir nutzen ihr Fleisch als Hundefutter. Manchmal essen die Jungs es auch selbst, wenn sie sehr lange zum Treiben draußen sind, aber man muss es richtig zubereiten, sonst kannst du auch gleich deine alten Stiefel essen.«

»Hm«, machte er und seine Lippen formten eine dünne, bebende Linie. »Ich glaube, ich halte mich weiter an Rindfleisch und Lamm, herzlichen Dank.«

Ich lachte. »Nach ein paar Tagen Viehtrieb bist du so müde und hungrig, da ist dir völlig egal, was du isst.«

»Das glaube ich dir aufs Wort«, sagte er.

»Nächste Woche kannst du das selbst herausfinden. Wir werden zu Pferd hier draußen sein«, sagte ich, als ich den Heli in der Nähe des nächsten Bohrlochs landete. »Ich hoffe, du hältst eine Woche im Sattel durch.«

Er grinste und nickte, als er aus dem Hubschrauber stieg. »Ganz sicher.«

Als wir bei der Blechhütte ankamen, hielt ich ihn auf. »Schnapp dir eine Schaufel.«

»Wozu?«, fragte er. »Wonach zum Teufel wollen wir hier graben?«

»Wir werden nicht graben. Die Schaufel ist dafür gedacht, Schlangen abzuwehren.«

Travis' Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Ach du Scheiße! und Was zum Henker?, als er fragte: »Schlangen?«

»Japp. Wenn du eine siehst, schlag ihr den Kopf ab.«

Er wurde etwas blass. »Weißt du, ich habe alles über die tödlichen Tiere, die ihr hier habt, gelesen. Braunnattern, Taipane, Tigerottern, von den Spinnen gar nicht zu reden.« Er schluckte schwer. »Ich nehme an, du hast nicht zufällig ein Antiserum dabei und wir sind –«, er sah auf seine Uhr, »– oh ja, nur knappe drei Stunden und Hallo, kompletter Atemstillstand vom nächsten Krankenhaus entfernt.«

Ich hielt ihm mit einem Grinsen die Schaufel hin. »Dann verfehlst du sie besser nicht, wenn du nach einer schlägst.« Ich lachte in mich hinein. »Außerdem ist es eher ein Blutgerinnungsproblem, noch vor dem Atemstillstandsproblem.«

Er schnappte sich die Schaufel. »Du bist nicht witzig, Arschloch.«

Nun ja, die Tatsache, dass Schlangengift dein Blut in Suppe verwandelt, war natürlich nicht witzig, aber der Ausdruck auf seinem Gesicht war zum Schreien komisch. Ich ignorierte sogar das Schimpfwort. »Komm schon«, sagte ich. »Ich gehe vor.«

Wir überprüften das Bohrloch, das glücklicherweise schlangenfrei war, dann sahen wir uns noch ein, zwei Brahmanrinder an, die in der Nähe des Wassertrogs standen. Danach machten wir uns auf den Weg zurück zum Hof. Ich zeigte ihm noch einige Landmarkierungen, die wir während des Viehtriebs auf unserer Route sehen würden, sowie die Plätze, an denen wir voraussichtlich lagern würden, je nachdem wie die Herde vorankam.

Geplant war, dass ich den Hubschrauber nahm und Bacon, Fish, Ernie, Trudy und Billy zu Pferd und auf Motorrädern am Montag Richtung Norden aufbrachen. George würde jeweils am Dienstag und Mittwoch mit dem Land Rover frische Vorräte zu ihnen rausbringen.

Ich würde am Mittwochnachmittag mit George zusammen zurückkehren, um mit dem Hubschrauber so weit wie nötig nach Norden zu fliegen um verirrte Tiere und Nachzügler zum Rest der Herde zu treiben.

Die Mannschaft auf den Pferden und Motorrädern würde anfangen, sie herunterzutreiben, ich würde mit frischen Vorräten wieder zu ihnen stoßen und mit ihnen reiten, bis wir bei den Koppeln ankamen.

Dann würde ich mit dem Heli eine letzte Runde drehen, während ein paar der Jungs zu Pferd und mit Geländemotorrädern die Rinder hereinbrachten, die auf Abwege geraten waren.

Alles in allem würde es eine Woche dauern.

»Du wirst mit den Treibern arbeiten«, sagte ich ihm. »Übernächsten Montag in aller Frühe geht's los und du reitest mit uns raus.«

Travis grinste. »Cool!«

»Wir müssen vorher sehen, wie du dich auf dem Pferd oder auf dem Motorrad machst. Ist nichts Persönliches. Ich muss nur einmal sehen, wie du beides bewältigst, weil… wenn du da draußen am Arsch der Welt bist, bleibt nicht mehr viel Spielraum für Fehler.«

»Das ist in Ordnung«, sagte er mit einem selbstgefälligen Lächeln. »Ich verstehe das. Und wie auch immer, ich komme mit beidem klar.«

Wir landeten wieder auf der Farm und luden die kleine Notfallausrüstung aus, die wir mitgenommen hatten. Wir erledigten die Sicherheitschecks und den Eintrag ins Fluglogbuch und dann schlug ich Travis vor, mit einem der Geländemotorräder eine Runde zu drehen.

Er holte das Bike raus und schob es bis zu der Stelle, wo George und ich warteten, dann schwang er ein Bein über den Sattel. Seine Jeans schmiegte sich an seinen Arsch und seine Schenkel und wie er da so rittlings auf dem Bike saß… Meine Gedanken wanderten auf direktem Wege ins Land der schmutzigen Fantasien. Ich gab vor, einen losen Faden an meinem Hemd wahnsinnig interessant zu finden, als er plötzlich den Kickstarter durchtrat, Gas gab, und George und mich in eine rote Staubwolke hüllte.

George keuchte und klopfte sich den Staub ab. »Was zum Teufel sollte das denn?« Er hustete.

Ich spuckte den Staub aus meinem Mund. »Könnte sein, dass ich seine Fähigkeit, ein Bike zu beherrschen, infrage gestellt habe.«

George schnaubte und klopfte mir auf die Schulter. »Nun ja, sieht aus, als hättest du deine Antwort.«

»Hm«, grummelte ich. »Verdammter selbstgefälliger Ami.«