Za darmo

Infam cassirt

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Bleich und niedergeschmettert verließ Karl das Zimmer seines Onkels.

* * *

Am folgenden Tage saß der Finanzrath von Bremer mit seiner Frau in deren Zimmer und war so niedergeschlagen, daß er es kaum über sich vermochte, auf die fortwährenden Vorwürfe der Dame hie und da ein Wort der beruhigenden Gegenrede zu erwiedern, als sich der General von Richthaus anmelden ließ. Das Kammermädchen Sophie, welches die Meldung brachte, setzte hinzu: der Herr General sei bereits seit einer Stunde bei dem gnädigen Fräulein, da er diese zuvor allein zu sprechen verlangt habe. Als sie dies sagte, lächelte Sophie verschmitzt, und ohne Zweifel hätte sie trotz des Verbotes und eines Trinkgeldes vom General gern noch mehr ausgeplaudert, wenn die gnädige Frau sie nicht gar zu unfreundlich angefahren und gefragt hätte, was sie zu gaffen habe, sie solle den Besuch einlassen.

Uebrigens war dieser Besuch etwas so Unerhörtes, daß beide Gatten sofort vermutheten, es müsse Ungewöhnliches vorgefallen sein, was den alten Herrn herführe.

»Aber was fehlt Euch denn, warum so traurig, Schwager?« frug lachend der General nach den gewöhnlichen Begrüßungen. »Ihr seht ja aus, als ob Euch ein großes Unglück betroffen hätte.«

Der Finanzrath seufzte und sagte nur: »Meine arme Karoline!«

»Ist munter und vergnügt,« fiel ihm der General ins Wort, »ich habe sie soeben gesprochen, sie war zwar auch sehr niedergeschlagen, das scheint eine Art Epidemie hier im Hause zu sein, aber ich habe sie aufgeheitert; sie ist jetzt so fröhlich wie ein Zaunkönig.«

»Scherzen Sie nicht, Schwager,« entgegnete der Finanzrath.

»Das Mädchen hat ja auch alle Ursache, fröhlich zu sein,« fuhr der General fort, »ich habe ihr einen Bräutigam mitgebracht.«

»Hat sie sich endlich eines Besseren besonnen,« entgegnete hierauf rasch Frau von Bremer, »nun, dann ist ja Alles geordnet und mein Mann hat Grund genug, über meine Wahl und das ganze Arrangement zufrieden zu sein.«

»Wie meinen Sie das, liebe Schwägerin?« frug etwas verwundert der General.

»Wie anders, als daß Ihr Neffe, der Baron von Wiesen, sich mit Karoline verständigt hat. Ich gebe Ihnen die Versicherung, daß mein Mann mit Vergnügen bereits seine Zustimmung gegeben hat.«

Und ich gebe Ihnen die Versicherung,« versetzte der General, »daß Herr von Bremer seine Zustimmung zu dieser Verbindung zurücknimmt und daß seine Tochter den Baron von Wiesen verabscheut.«

»Lächerlich!« entgegnete voll Verachtung Frau von Bremer.

»Aber ich weiß noch immer nicht,« begann nun der General, »weshalb der Herr Finanzrath eigentlich so niedergeschlagen ist.«

»Mein Gott,« antwortete Frau von Bremer, »er hat sich einige Vorfälle sehr zu Herzen genommen. Ein Taugenichts hat sich in unser Haus geschwindelt und sich um Karolinens Hand beworben, obgleich er nicht vom Adel war.«

»Das bedeutet doch nichts,« meinte der General, »ich habe ein Huhn gekannt, das regelrecht von dem Hahn abstammte, der in der Arche des Morgens den Noah weckte, und dennoch –«

»Mein Gott!« fiel ihm Frau von Bremer in die Rede, »was gehen uns Ihre Hühner an?«

»Nun ja,« versetzte der General, »ich wollte nur sagen, daß das Hühnchen pickte, aß, trank, Eier legte und starb, genau wie gewöhnliche Hühner, deren Voreltern damals in der Sündfluth ertranken; ich will damit nur andeuten, daß der Adel nichts zur Sache thut; aber Sie sagten, der Mann sei ein Taugenichts, das ist schlimmer, und was nun weiter?«

»Er hatte durch schöne Worte und sentimentale Musikcompositionen das arme Mädchen so für sich eingenommen, daß sie gegen meinen mütterlichen Rath sich in den Menschen verliebte und – genug, es wäre in Folge der Schwäche meines Mannes eine Mesalliance zu Stande gekommen, wenn nicht unser Neffe, der Baron von Wiesen, als rettender Engel erschienen wäre und meinem Gemahl die Augen geöffnet hätte. Jener Mensch ist ein erklärter Schurke, der bereits früher dem Gesetze verfallen war, ein ehrloser Wicht.«

»Und aus Dankbarkeit soll Karoline den rettenden Engel nun heirathen?« versetzte der General. »Ich bedaure, daß ich dagegen Protestiren muß, da ich einen anderen Bräutigam für sie mitgebracht habe. Sie wissen, liebe Cousine, daß ich reich bin, und wahrhaftig, das Mädchen ist lieb und gut genug, um einen so alten Kerl, wie ich, noch selbst auf den Gedanken zu bringen, sie heimzuführen. Aber das ist nichts; ich bin doch zu alt für das prächtige junge Mädchen und da habe ich denn meinen Sohn mitgebracht, ja, seht mich nur erstaunt an, ich rede die Wahrheit; aber damit Ihr nicht denkt, es trete da plötzlich das geheim gehaltene Product einer geheim gehaltenen Liebe zum Vorschein, will ich Euch nur sofort mittheilen, daß ich den Sohn eines verstorbenen Cameraden, der mir so lieb war wie ein Bruder, adoptirt habe.«

Erstaunt blickten Herr und Frau von Bremer auf.

»Wie?« sagte der Finanzrath, »und wer ist es?«

»Daß er würdig ist, mein Sohn zu heißen, versichere ich Sie, und wenn Sie das Nähere wissen wollen, so lesen Sie vor allen Dingen diesen Brief;« damit reichte der General dem Finanzrathe einen Brief und wendete sich inzwischen zu Frau von Bremer:

»Der junge Mensch, den ich als Sohn adoptirt habe,« sagte er zu dieser, »hat sich mein Herz durch eine edle That gewonnen, wie man sie kaum für möglich halten sollte. Er hatte nämlich von seinem sterbenden Vater die Verpflichtung übernommen, den Sohn eines von diesem im Duell getödteten Officiers mit brüderlicher Liebe zu bewachen und Gut und Ehre für denselben einzusetzen. Unglücklicherweise war sein Schützling, obgleich von altem Adel, ein ganzer Taugenichts, der Alles verspielte und verthat und schließlich den Namen seines Freundes bei einer Wechselfälschung mißbrauchte. Der Freund hätte den ganzen Schwindel aufdecken und sich retten können, aber dann wäre der ihm anvertraute Schützling ohne Gnade verloren gewesen, und somit entschloß sich der Edle, lieber seine eigene Ehre zu verlieren und zu Grunde zu gehen, als den ihm von dem sterbenden Vater anvertrauten Cameraden seinem wohlverdienten Schicksale zu überantworten.«,

»Das ist wirklich sublim!« warf hier Frau von Bremer ein, »und wenn dies der Jüngling ist, den Sie adoptirt haben, so wünsche ich Ihnen von Herzen Glück.«

»Er ist es,« entgegnete der General, »der brave edle Mensch wird meinen Namen und mein Vermögen erhalten, und er ist es, den ich Karolinen als Bräutigam mitgebracht habe. Sie müssen schon vorlieb mit ihm nehmen, liebe Schwägerin, da Ihr rettender Engel auf- und davongeflogen ist, nachdem er mir den Brief hinterlassen, den Ihr Gemahl eben liest.«

Indem er sich nach diesen Worten zum Finanzrath wendete, sagte er: »Was sagen Sie dazu, Schwager?«

»Ich kann mich noch gar nicht von meinem Erstaunen erholen,« versetzte dieser. »Lieber Freund, wie vielen Dank sind wir Ihnen schuldig!«

Nach diesen Worten überreichte er seiner erstaunten Frau den Brief, den er soeben gelesen hatte.

Der General aber eilte inzwischen zur Thür hinaus und kam gleich darauf wieder herein, an der einen Hand die von Glück strahlende Karoline, an der anderen Hand Gustav von Huser führend, und indem er den Letzteren vorführte, sagte er: »Ich habe die Ehre, Ihnen hier meinen Sohn, den Baron von Richthaus vorzustellen.«

»Aber mein Gott!« rief Frau von Bremer, »das ist ja der Musikmeister! Das Alles ändert doch nicht, daß der Herr noch immer infam cassirt ist!«

»So lange ihn der König nicht rehabilitirt, allerdings!« erwiederte der General, »aber daß dies geschieht, lassen Sie meine Sorge sein.«

Karoline aber setzte hinzu, indem sie ihrem Vater um den Hals fiel: »Ich habe ihn lieb, mag er heißen, wie er will, und sein, wer er will; für mich war er nie ehrlos.«