Der Eid Der Brüder

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Z serii: Ring der Zauberei #14
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KAPITEL SIEBEN

Darius stand auf dem Schlachtfeld, hielt ein Schwert aus Stahl in der Hand, und sah sich um. Er betrachtete die Landschaft. Es war surreal. Selbst wenn er es mit eigenen Augen sah, konnte er nicht glauben, was gerade eben geschehen war. Sie hatten das Empire besiegt. Er allein, mit ein paar hundert Dorfbewohnern ohne wirkliche Waffen – und mit der Hilfe von ein paar hundert von Gwendolyns Männern – hatte eine hunderte von Mann starke,  gut ausgebildete Armee von Empire-Kriegern besiegt. Sie hatten ihre besten Rüstungen angelegt, die feinsten Waffen gehabt und Zertas. Und er, Darius, kaum bewaffnet, hatte diese Männer besiegt. Der erste Sieg gegen das Empire in der Geschichte.

Hier, an diesem Ort, wo er damit gerechnet hatte bei der Verteidigung von Lotis Ehre zu sterben, stand er nur als Sieger da.

Ein Eroberer.

Als Darius das Feld betrachtete, sah er neben den Leichen der Empire-Krieger auch die Körper vieler Dorfbewohner. Dutzende von ihnen waren tot, und seine Freude mischte sich mit Leid. Er spannte die Muskeln an und spürte seine eigenen Wunden, Schwerhiebe gegen seinen Oberarm und Schenkel, und spürte das Brennen der Peitschenhiebe auf seinem Rücken. Er dachte an die Rache, die kommen würde, und wusste, dass sie für ihren Sieg teuer bezahlt hatten.

Doch die Freiheit hatte nun einmal einen Preis.

Darius spürte Bewegung hinter sich und drehte sich um, um zu sehen, dass seine Freunde Raj und Desmond, verwundet, doch am Leben, auf ihn zukamen. Er konnte an ihren Augen sehen, dass sie ihn anders ansahen – dass alle seine Leute ihn nun anders ansahen. Sie sahen ihn mit neugewonnenem Respekt an – mehr als nur Respekt, mit Ehrfurcht. Wie eine lebende Legende. Sie hatten alle gesehen, was er getan hatte, wie er sich alleine gegen das Empire aufgelehnt hatte. Und eine ganze Armee besiegt hatte.

Sie sahen nicht mehr den Jungen in ihm. Sie sahen jetzt einen Anführer. Einen Krieger. Es war ein Ausdruck, den er in den Augen der älteren Jungen nie zu sehen erwartet hätte, und schon gar nicht in den Augen der Dorfbewohner. Er war immer derjenige gewesen, der übersehen worden war, von dem nie jemand etwas erwartet hatte.

Raj und Desmond kamen mit dutzenden seiner Waffenbrüder auf ihn zu, Jungen, mit denen er Tag für Tag trainiert hatte, vielleicht Fünfzig von ihnen, die ihre Wunden abklopften, sich erhoben, und um ihn herum versammelten. Sie sahen ihn staunend an, wie er mit seinem Stahlschwert dastand, von Wunden übersäht. Hoffnung lag in ihren Blicken.

Raj umarmte ihn und einer nach dem anderen kamen auch die anderen Jungen, um ihn zu umarmen.

„Das war tollkühn“, sagte Raj lächelnd. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dazu fähig wärst.“

„Ich war mir sicher, dass du dich ergeben würdest“, sagte Desmond.

„Ich kann kaum glauben, dass wir alle hier stehen“, sagte Luzi.

Sie sahen sich staunend um, und betrachteten das Schlachtfeld, als wären sie auf einem fremden Planeten gelandet. Darius betrachtete all die toten Körper, all die Rüstungen und Waffen, die in der Sonne glänzten; er hörte das Kreischen von Vögeln, und als er aufblickte, sah er die Geier, die bereits ihre Kreise zogen.

„Sammelt ihre Waffen ein“, hörte Darius sich selbst sagen. Es war eine tiefe Stimme, tiefer als sonst, und in ihr schwang eine gewisse Autorität mit, die er so von sich nicht kannte. „Und begrabt unsere Toten.“

Seine Männer folgten, schwärmten aus, und gingen von einem Krieger zum anderen und plünderten ihre Waffen: Schwerter, Kriegsflegel, Keulen, Dolche, Äxte und Kriegshammer. Darius hielt das Schwert hoch, das er dem Kommandanten abgenommen hatte, und bewunderte es in der Sonne. Er bewunderte sein Gewicht, den aufwändigen Schaft und die Klinge. Echtes Stahl. Er hätte nie damit gerechnet, je eine Gelegenheit zu haben, so etwas in der Hand zu halten. Darius hatte vor, es gut zu nutzen – so viele Empire-Krieger damit umzubringen, wie er konnte.

„Darius!“, hörte er eine wohlbekannte Stimme.

Er drehte sich um und sah Loti aus der Menge kommen. Mit Tränen in den Augen kam sie auf ihn zu und fiel ihm in die Arme. Ihre heißen Tränen liefen ihm den Nacken hinunter.

Er hielt sie fest, während sie sich an ihn klammerte.

„Das werde ich niemals vergessen“, sagte sie und flüsterte ihm ins Ohr. „Ich werde nie vergessen, was du heute getan hast.“

Sie küsste ihn und er erwiderte ihren Kuss, während sie gleichzeitig lachte und weinte. Er war genauso erleichtert sie lebendig zu sehen, sie zu halten und zu wissen, dass der Alptraum, zumindest für den Augenblick vorbei war; zu wissen, dass das Empire ihr nichts tun konnte. Und während er sie hielt, wusste er, dass er alles genauso wieder für sie tun würde.

„Bruder!“, kam eine Stimme.

Darius drehte sich um und war überglücklich seine Schwester Sandara zu sehen, die mit Gwendolyn und Kendrick, dem Mann, den sie liebte, auf ihn zukam. Darius bemerkte das Blut, das über Kendricks Arm lief, die frischen Dellen in seiner Rüstung und an seinem Schwert und spürte eine Welle der Dankbarkeit. Er wusste, dass er und seine Leute heute sicher auf dem Schlachtfeld gestorben wären, wenn Gwendolyn, Kendrick und deren Leute nicht gewesen wären.

Loti machte Platz als Sandara Darius umarmte.

„Ich stehe tief in eurer Schuld“, sagte Darius und sah sie an. „Ich und all meine Leute. Ihr hättet es nicht tun müssen, doch ihr seid zurückgekommen. Ihr seid echte Krieger.“

Kendrick legte eine Hand auf Darius Schulter.

„Wenn hier jemand ein echter Krieger ist, dann bist du das, mein Freund. Du hast heute auf dem Schlachtfeld großen Mut bewiesen. Und Gott hat diesen Mut mit dem Sieg belohnt.“

Gwendolyn trat vor und Darius neigte sein Haupt. „Die Gerechtigkeit hat heute über das Böse und Brutalität gesiegt“, sagte sie. „Ich freue mich aus mehreren Gründen, deinen Sieg zu sehen, und dass du uns erlaubt hast, ein Teil davon zu sein. Mein Gemahl Thorgrin wäre ebenfalls stolz.“

Gwendolyn nickte.

„Und was sind deine Pläne für dein Volk?“, fragte sei.

Darius überlegte und bemerkte, dass er keine Ahnung hatte. So weit hatte er nicht vorausgedacht. Er hatte nicht gedacht, dass er überleben würde. Bevor Darius antworten konnte, brach plötzlich Unruhe aus, und ein Gesicht trat aus der Menge, das er gut kannte: Zirk, einer von Darius Ausbildern kam auf ihn zu, mit nacktem Oberkörper, blutverschmiert vom Kampf. Ein halbes Dutzend Dorfältester folgte ihm und eine Menge von Dorfbewohnern, die alles andere als erfreut aussahen.

Er blickte Darius herablassend an.

„Bist du stolz auf dich?“, fragte er geringschätzig. „Schau, was du getan hat. Schau, wie viele von unseren Leuten heute hier gestorben sind. Sie sind alle einen sinnlosen Tot gestorben, alles gute Männer, alle tot wegen dir. Alles wegen deinem Stolz, deiner Selbstüberschätzung und deiner Liebe zu diesem Mädchen.“

Darius wurde rot, Wut stieg in ihm auf. Zirk hatte es immer auf ihn abgesehen gehabt, vom ersten Tag an, an dem er ihm begegnet war. Aus irgendeinem Grund hatte er sich immer von Darius bedroht gefühlt.

„Sie sind nicht wegen mir gestorben“, antwortete Darius. „Wegen mir hatten sie eine Chance zu leben. Wirklich zu leben. Das Empire hat sie umgebracht, nicht ich.“

Zirk schüttelte den Kopf.

„Falsch“, sagte er. „Wenn du kapituliert hättest, wie wir es dir gesagt hatten, hätten wir alle einen Daumen verloren. Doch stattdessen haben einige von uns ihr Leben verloren. Ihr Blut klebt an deinen Händen.“

„Du hast ja keine Ahnung!“, schrie Loti verteidigend. „Ihr wart alle nur zu feige, das zu tun, was Darius für euch getan hat!“

„Denkst du etwa, es endet hier?“, fuhr Zirk fort. „Das Empire hat Millionen von Männern. Du hast ein paar getötet. Na und? Wenn sie es erfahren, werden sie mit fünfmal so vielen Männern zurückkehren. Und das nächste Mal werden wir alle abgeschlachtet werden – doch nicht, bevor sie uns nicht gefoltert haben. Du hast unser aller Todesstrafe unterschrieben.“

„Das stimmt nicht!“, rief Raj. „Er hat uns eine Chance zu leben gegeben. Eine Chance zur Ehre. Ein Sieg, den du nicht verdient hast.“

Zirk wandte sich Raj zu, und sah ihn böse an.

„Das war die Tat eines dummen und leichtsinnigen Jungen“, antwortete er. „Einer Gruppe von Jungen, die auf ihre Älteren hätten hören sollen. Ich hätte nie auch nur einen von euch trainieren sollen!“

„Falsch“, schrie Loc und trat neben Loti. „Das war die mutige Tat eines Mannes. Eines Mannes, der Jungen zu Männern gemacht hat. Ein Mann, wie du einer zu sein vorgibst. Doch du bist keiner. Alter macht keinen Mann. Heldenmut schon.“

Zirk wurde rot und sah ihn wütend an.

„Sagt ein Krüppel“, antwortete Zirk, und ging bedrohlich auf ihn u.

Bokbu trat aus der Menge und hielt die Hand hoch, was Zirk innehalten ließ.

„Siehst du nicht, was das Empire uns antut?“, sagte Bokbu. „Sie spalten uns! Dabei sind wir ein Volk. Vereint unter einem Anliegen. Sie sind der Feind, nicht wir. Wir müssen jetzt mehr denn je zusammenstehen.“

Zirk stemmte die Hände in die Hüften und starrte Darius böse an.

„Du bist ein dummer Junge mit großen Worten“, sagte er. „Du wirst niemals das Empire besiegen. Niemals. Und wir sind nicht vereint. Ich lehne deine Taten heute ab – wir alle hier!“, sagte er und deutete auf die Hälfte der Ältesten und eine große Gruppe von Dorfbewohnern. „Mit dir zusammenzustehen bedeutete unseren Tod. Und wir haben vor zu leben.“

„Und wie gedenkst du das zu tun?“, fragte Desmond, der an Darius Seite stand, wütend.

Zirk wurde rot und schwieg, und Darius wurde klar, dass er keinen Plan hatte, genau wie all die anderen, und dass er aus Angst, Frustration und Hilflosigkeit sprach.

Schließlich trat Bokbu zwischen sie und brach die Anspannung. Alle Augen legten sich auf ihn. „Ihr habt beide Recht und ihr habet beide Unrecht“, sagte er. „Was jetzt wichtig ist, ist die Zukunft. Darius, was ist dein Plan?“

 

Darius spürte, wie sich in der angespannten Stille alle Augen auf ihn richteten. Er dachte nach, und langsam formte sich ein Plan. Er wusste, dass es nur einen Weg gab. Für alles andere war zu viel passiert. „Wir werden diesen Krieg an die Türschwelle des Empire tragen“, rief er. „Bevor sie sich neu aufstellen können, werden wir sie bezahlen lassen. Wir werden die anderen Sklavendörfer um uns sammeln, und werden ihnen zeigen, was es heißt, zu leiden. Vielleicht werden wir sterben. Doch wir werden als freie Männer sterben, im Kampf für die Freiheit.“

Hinter Darius brandete Jubel auf, getragen von der Mehrheit der Dorfbewohner, und er konnte sehen, wie die meisten sich hinter ihn stellten. Eine kleine Gruppe von Männern, die hinter Zirk stand, sah unsicher in seine Richtung.

Zirk, aufgebracht und zahlenmäßig unterlegen, wurde rot und ließ sein Schwert los, drehte sich um, und verschwand in der Menge. Eine kleine Gruppe von Dorfbewohnern folgte ihm.

Bokbu trat vor und sah Darius ernst an. Alter und Sorgen hatten tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben. Er blickte ihn aus weisen Augen an, in denen Angst aufblitzte.

„Unsere Leute blicken zu dir auf. Sie wollen deine Führung“, sagte er leise. „Das ist eine heilige Sache. Verliere ihr Vertrauen nicht. Du bist noch sehr jung, um eine Armee zu führen. Doch die Aufgabe fällt dir zu. Du hast diesen Krieg angefangen. Nun musst du ihn auch zu Ende führen.“

*

Als die Dorfbewohner begannen, sich zu zerstreuen, trat Gwendolyn mit Kendrick und Sandara an ihrer Seite vor. Steffen, Brandt, Atme, Aberthol, Stara und dutzende ihrer Männer standen hinter ihr. Sie Darius mit großem Respekt an, und sie konnte die Dankbarkeit in seinen Augen sehen, für ihre Entscheidung, ihm heute auf dem Schlachtfeld zur Hilfe zu kommen. Nach ihrem Sieg fühlte sie sich bestätigt; sie wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, so hart sie auch gewesen war. Sie hatte heute Dutzende ihrer Männer verloren, und sie betrauerte den Verlust. Doch sie wusste auch, dass Darius und all die anderen Menschen, die hier vor ihr standen jetzt tot wären, wenn sie nicht umgekehrt wäre.

Darius zu sehen, wie er sich so tapfer dem Empire stellte, ließ sie an Thorgrin denken, und der Gedanke an ihn brach ihr das Herz. Sie war entschlossen, Darius Mut zu belohnen, was immer es auch kosten sollte.

„Wir sind bereit, eure Sache zu unterstützen“, sagte Gwendolyn. Sie zog die Aufmerksamkeit von Darius, Bokbu und aller anderen verbliebenen Dorfbewohner auf sich. „Ihr habt uns aufgenommen, als wir euch gebracht haben – und wir sind bereit, euch zu unterstützen, wenn ihr uns braucht. Wir bieten euch an, gemeinsam mit euch zu kämpfen. Denn schließlich ist unser Anliegen dasselbe. Wir möchten in Frieden in unsere Heimat zurückkehren – und ihr möchtet eure Heimat befreien. Wir leiden unter demselben Unterdrücker.“

Darius sah sie tief berührt an, und Bokbu trat in die Mitte der Gruppe und sah sie ernst an.

„Heute sehen wir, welch gute Entscheidung wir getroffen haben, als wir euch aufgenommen haben“, sagte er stolz. „Ihr habt uns dafür weit mehr entlohnt, als wir uns je erträumt haben. Euer Ruf, die ihr aus dem Ring kommt, als ehrenwerte und wahre Krieger, hat sich als wahr herausgestellt. Und wir stehen für immer in eurer Schuld.“

Er holte tief Luft.

„Wir brauchen eure Hilfe“, fuhr er fot. „Doch mehr Männer auf dem Schlachtfeld ist nicht das, was wir brauchen. Mehr Männer wird nicht ausreichen – nicht in dem Krieg, der auf uns zukommt. Wenn ihr uns wirklich helfen wollt, bitte ich euch, uns dabei zu helfen, Verstärkung zu rekrutieren. Wenn wir eine Chance haben wollen, brauchen wir zehntausende von Männern, die uns zu Hilfe kommen.“

Gwendolyn sah ihn mit großen Augen an.

„Und wo sollen wir zehntausende von Rittern finden?“

Bokbu sah sie grimmig an.

„Wenn es irgendwo im Empire eine Stadt von freien Männern gibt, eine Stadt die bereit wäre, uns zur Hilfe zu kommen – und das ist ein großes wenn – dann würde sie im Zweiten Ring liegen.“

Gwendolyn sah ihn verwirrt an.

„Und um was bittest du uns?“

Bokbu starrte sie ernst an.

„Wenn ihr uns wirklich helfen wollt“, sagte er. „Bitte ich euch, auf eine unmögliche Mission aufzubrechen. Ich bitte euch, etwas zu tun, was noch schwerer und gefährlicher ist, als uns auf dem Schlachtfeld zur Seite zu stehen. Ich bitte euch, eurem ursprünglichen Plan zu folgen, der Suche, auf die ihr heute aufbrechen wolltet. Ich bitte euch, die Große Wüste zu durchqueren; den Zweiten Ring zu suchen; und wenn ihr es lebendig dorthin schaffen solltet, falls es ihn überhaupt gibt, sie davon zu überzeugen, ihre Armee für unsere Sache zusammenzurufen. Das ist die einzige Chance die wir haben, diesen Krieg zu gewinnen.“

Er sah sie ernst an, die Stille war so greifbar, dass alles, was Gwendolyn hören konnte, das sanfte Rauschen des Windes war, der über die Wüste hinweg strich.

„Niemand hat jemals die Große Wüste durchquert“, fuhr er fort. „Niemand hat je bestätigt, dass der Zweite Ring existiert. Es ist eine unmögliche Aufgabe. Ein Selbstmord-Kommando. Ich bitte euch nur ungern, doch das ist das, was wir am dringendsten von euch brauchen.“

Gwendolyn beobachtete Bokbu, sah den ernsten Ausdruck in seinem Gesicht, und dachte lange über seine Worte nach.

„Wir werde tun, was immer nötig ist“, sagte sie. „Was immer eurer Sache am besten dient. Wenn es auf der anderen Seite der großen Wüste Verbündete gibt, dann soll es so sein. Wir werden sofort losziehen. Und wir werden mit einer Armee zurückkehren.“

Bokbu hatte Tränen in den Augen als er vortrat und Gwendolyn umarmte.

„Du bist eine wahre Königin“, sagte er. „Dein Volk hat Glück, dich zu haben.“

Gwendolyn wandte sich ihren Leuten zu, und sah, dass sie sie ernst ansahen, doch ohne Furcht. Sie wusste, dass sie ihr überall hin folgen würden.

„Bereitet euch auf den Abmarsch vor“, sagte sie. „Wir werden die Große Wüste durchqueren. Wir werden den Zweiten Ring finden, oder beim Versuch sterben.“

*

Sandara stand da und hatte das Gefühl zerrissen zu werden, als sie sah, wie Kendrick und seine Leute auf die Reise durch die Große Wüste aufbrachen. Neben ihr standen Darius und ihre Leute, die Menschen, unter denen sie aufgewachsen war, die einzigen Menschen, die sie je gekannt hatte, bereit ihrerseits aufzubrechen, und die Dörfer gegen das Empire hinter sich zu scharen. Sie hatte das Gefühl mitten entzwei gerissen zu werden, und wusste nicht, in welche Richtung sie gehen sollte. Sie konnte es nicht ertragen, Kendrick für immer verschwinden zu sehen; und doch konnte sie es genausowenig ertragen, ihr Volk zu verlassen.

Als Kendrick fertig war, seine Rüstung vorzubereiten und seine Schwert wegzustecken, blickte er auf und begegnete ihrem Blick. Wie immer schien er zu wissen, was sie dachte. Sie konnte den Schmerz in seinen Augen sehen, eine Skepsis ihr gegenüber; sie konnte es ihm nicht verdenken – all die Zeit im Empire hatte sie Abstand gehalten, hatte im Dorf gelebt, während er in den Höhlen gewesen war. Sie war entschlossen gewesen, den Ältesten zu gehorchen und keinen Angehörigen einer fremden Rasse zu heiraten.

Doch sie erkannte, dass sie zwar den Ältesten gehorcht hatte, doch nicht der Liebe. Was war wichtiger? Den Gesetzen seiner Familie zu folgen oder dem eigenen Herzen? Sie hatte sich jeden Tag darüber den Kopf zerbrochen.

Kendrick kam zu ihr herüber.

„Ich schätze, dass du bei deinen Leuten bleiben wirst?“, fragte er argwöhnisch.

Sie sah ihn zerrissen und gequält an, und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste die Antwort selbst nicht. Sie fühlte sich wie eingefroren in Zeit und Raum, angewurzelt am Wüstenboden.

Plötzlich erschien Darius neben ihr.

„Schwester“, sagte er.

Sie drehte sich um und nickte ihm zu, dankbar für die Ablenkung, als er den Arm um ihre Schulter legte und Kendrick ansah.

„Kendrick“, sagte er.

Kendrick nickte.

„Du weißt, wie sehr ich dich liebe“, fuhr Darius fort. „Wenn ich egoistisch bin, will ich, dass du bleibst.“

Er holte tief Luft.

„Und doch flehe ich dich an, mit Kendrick zu gehen.“

Sandara sah ihn erschrocken an.

„Ich sehe deine Liebe für ihn, und seine für dich. Eine Liebe wie diese kommt nicht zweimal vor. Du musst deinem Herzen folgen, egal, was unsere Leute denken, egal was unsere Traditionen sagen.“

Sandara sah ihren jüngeren Bruder gerührt an; seine Weisheit beeindruckte sie.

„Du bist wirklich erwachsen geworden, seit ich weggegangen bin.“, sagte sie.

„Wag es nicht deine Leute im Stich zu lassen, und wag es nicht, mit ihm zu gehen“, kam eine strenge Stimme.

Sandara drehte sich um und sah Zirk, der sie belauscht hatte und jetzt näher trat, gefolgt von einigen der Ältesten.

„Dein Platz ist hier, bei uns. Wenn du mit diesem Mann gehst, bist du hier nicht mehr willkommen.“

„Und welches Recht hast du, dich einzumischen?“, fragte Darius wütend.

„Vorsicht Darius“, sagte Zirk. „Du magst ja für den Moment die Arme führen, doch uns führst du nicht. Tu nicht so, als ob du für unsere Leute sprichst.“

„Ich spreche für meine Schwester“, sagte Darius. „Und ich jedem beistehen, dem ich beizustehen wünsche.“

Sandara bemerkte, dass Darius seine Hand um den Griff seines Schwertes gelegt hatte und Zirk anstarrte, und legte ihm schnell beruhigend die Hand auf den Arm.

„Das ist ganz allein meine Entscheidung“, sagte sie zu Zirk. „Und ich habe sie bereits getroffen“, sagte sie. Sie spürte eine Welle der Wut in sich aufsteigen und entschied sich spontan. Sie würde diesen Leuten nicht erlauben, die Entscheidung für sie zu fällen. Sie hatte so lange sie denken konnte zugelassen, dass die Ältesten über ihr Leben bestimmten, und jetzt war die Zeit gekommen, ihre eigene Entscheidung zu treffen.

„Ich liebe Kendrick“, sagte sie und wandte sich ihm zu. Er sah sie überrascht an. Als sie die Worte aussprach, wusste sie, dass sie die Wahrheit sprach, und spürte eine Welle der Liebe zu ihm begleitet von einer Welle der Schuldgefühle, dass sie sich nicht schon viel eher öffentlich zu ihm bekannt hatte. „Seine Leute sind meine Leute. Ich gehöre ihm und er gehört mir. Und nichts und niemand, nicht du noch sonst irgendwer, kann uns trennen.“

Sie wandte sich Darius zu.

„Pass gut auf dich auf, mein Bruder“, sagte sie. „Ich werde mit Kendrick gehen.“

Darius strahlte über das ganze Gesicht, während Zirk böse dreinschaute.

„Schau uns nie wieder ins Gesicht“, spie er, dann drehte er sich um und ging davon; die Ältesten folgten ihm.

Sandara wandte sich Kendrick wieder zu und tat, was sie seit ihrer Ankunft hier schon tun wollte. Sie küsste ihn öffentlich, ohne Furcht, vor allen – endlich in der Lage, ihrer Liebe zu ihm Ausdruck zu verleihen. Zu ihrer großen Freude erwiderte er ihren Kuss und nahm sie ihn seine Arme.

„Pass auf dich auf, mein Bruder“, sagte Sandara.

„Du auch, Schwester. Wir werden uns wiedersehen.“

„In dieser Welt oder der nächsten“, sagte sie.

Mit diesen Worten drehte sich Sandara um, nahm Kendricks Arm, und gemeinsam gingen sie, gefolgt von seinen Leuten, in die Große Wüste, einem sicheren Tod entgegen. Doch sie war  bereit, überall hinzugehen, solange Kendrick an ihrer Seite war.

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