Schulsozialarbeit in der Schweiz (E-Book)

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2.2.2 Organisation und Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit

Die zahlenmässig starke Zunahme von Schulsozialarbeitsangeboten in den letzten fünfzehn Jahren wurde in der Literatur des Öfteren als Erfolgsgeschichte gedeutet. Für eine wirklich erfolgreiche Schulsozialarbeit braucht es darüber hinaus aber auch angemessene strukturelle, organisatorische und personelle Voraussetzungen. Die Fachliteratur wie auch Fachorganisationen geben diesbezüglich Empfehlungen ab und definieren notwendige Rahmenbedingungen zur Ausgestaltung einer qualitativ hochstehenden Schulsozialarbeit, die sich inhaltlich grösstenteils überschneiden. Im Wesentlichen geht es dabei um die personelle Ausstattung, die räumliche Situation und Ausstattung an den Schulen, um die Strukturen der Kooperation mit den Schulen und die Leistungsbereiche der Schulsozialarbeit. In der Praxis sind diese Rahmenbedingungen keineswegs einheitlich ausgestaltet, und es werden immer wieder Defizite identifiziert (Speck, 2009). Im Fokus der folgenden Abschnitte steht deshalb die Frage, was unter angemessenen organisatorischen Rahmenbedingungen verstanden wird und wieweit sie in den Angeboten von Schulsozialarbeit der Deutschschweiz realisiert sind. Zuerst wird auf die Trägerformen eingegangen. Anschliessend werden die räumlichen Bedingungen in den Schulhäusern dargestellt und die Ergebnisse zu den für die Zusammenarbeit relevanten Strukturen ausgeführt. Schliesslich werden die Resultate zu den Leistungen der Schulsozialarbeit und den persönlichen Merkmalen von Schulsozialarbeitenden vorgestellt.

Trägerformen

Eine der zentralen Fragen, die bei der Einrichtung der Schulsozialarbeit häufig gestellt und geklärt werden muss, ist die nach der Form der organisatorischen Anbindung. Die Trägerschaft ist für die strategische und operative Führung, die Dienst- und Fachaufsicht sowie für die Finanzierung der Schulsozialarbeit verantwortlich (Baier, 2015; Gschwind, 2014). In der Fachliteratur wurde die Relevanz der Unterstellung wiederholt betont, und es wurden Vor- und Nachteile der verschiedenen Trägermodelle diskutiert (Hollenstein, 2000; Iseli, Stohler, 2012; Olk, Speck, 2004; Speck, 2006; Wulfers, 1996).

Die Kernherausforderung für die organisatorische Anbindung an einen Träger besteht auf der einen Seite in der Gewährleistung einer guten Integration der Schulsozialarbeit in die Schule, auf der anderen Seite in der Sicherstellung der fachlichen Führung und Unabhängigkeit der Schulsozialarbeit.

Die gute Integration der Schulsozialarbeit in die Schule wird als zentrales Argument für die Anbindung der Schulsozialarbeit an die Schule oder an eine Schulverwaltung genutzt (Iseli, Stohler, 2012; Speck, 2006). Eine enge Einbindung ins Schulsystem führt eher dazu, dass die Schulsozialarbeitenden von der Schule nicht als «Fremde» wahrgenommen werden und so die Chance auf mehr Akzeptanz bei den Lehrpersonen besteht (Olk, Speck, 2004). Wenn die Schulsozialarbeit Teil des Schulteams ist, lassen sich auch Zugang und Austausch von Informationen einfacher gewährleisten (Olk, Speck, 2004). Gemäss Speck (2006, S. 250) hat eine schulische Trägerschaft den Vorteil, dass sie mit «weniger Barrieren und Vorbehalten aufseiten der Lehrpersonen und Schulleitungen gegenüber […] einer Weitergabe von schulinternen und schülerbezogenen Informationen an die Schulsozialarbeitenden» verbunden ist. Kritisiert wird bei diesem Modell jedoch, dass der Schulleitung das sozialarbeiterische Fachwissen fehle, das für die fachliche Führung der Schulsozialarbeit nötig wäre, sowie dass Schulsozialarbeit sich dabei womöglich unterordnen muss und für schulische Zwecke vereinnahmt werden könnte (Hollenstein, 2000; Olk, Speck, 2004; Speck, 2006). Damit verbunden ist die Kritik, dass der Interventionsbereich der Schulsozialarbeit zu eng gefasst ist, indem der Hauptfokus einseitig auf akute Probleme und die von der Schule als «problematisch» klassifizierten Schülerinnen und Schüler gerichtet ist. Ausserdem besteht die Gefahr, dass die Schulsozialarbeitenden bei personellen Engpässen von der Schulleitung fachfremd eingesetzt werden. Wenn aber schulische Anforderungen priorisiert werden und sozialarbeiterische Ziele in den Hintergrund treten, ist es den Schulsozialarbeitenden nicht möglich, unabhängig und nach den Grundsätzen der Sozialen Arbeit zu agieren (Hollenstein, 2000; Olk, Speck, 2004).

Aus den genannten Gründen wird in der Fachliteratur wenn möglich eine Angliederung an die öffentliche Sozialverwaltung empfohlen (Iseli, Stohler, 2012; Speck, 2006). Diese Trägerform erlaubt es der Schulsozialarbeit, als gleichberechtigte Verhandlungspartnerin gegenüber der Schule aufzutreten (Ziegele, 2014). Ein weiterer Vorteil dieser Form der Unterstellung besteht darin, dass es eine fachliche Führung gibt, dass zusätzliche Kompetenzen und Ressourcen der Sozialen Arbeit erschliessbar sind und die fachliche Autonomie gegenüber der Schule besser gewährleistet ist. Mit dem Status einer unabhängigen Einrichtung kann die Schulsozialarbeit auch ihre Rolle als neutrale Vermittlerin in Konfliktsituationen und als anwaltschaftliche Vertretung der Kinder und Jugendlichen besser wahrnehmen (Olk, Speck, 2004). Die organisatorische Trennung ist im Sinne dieser Argumentation eine gute Voraussetzung, um das Vertrauen der Schülerinnen, Schüler und Eltern zu gewinnen. Gleichzeitig sorgt sie auch für eine gewisse Distanz gegenüber den Lehrpersonen und Schulleitungen (Olk, Speck, 2004). Als Problem wird bei dieser Form der Anbindung häufig die grössere Distanz der Schulsozialarbeit zu den Lehrpersonen und der Schulleitung gesehen und auch der wiederholte Klärungsbedarf, was Ziele, Kommunikation und organisatorische Einbindung der Schulsozialarbeit angeht (Speck, 2006). Die Schulsozialarbeit als neues Handlungsfeld im System Schule kann deshalb bei Lehrpersonen und Schulleitungen auch Verunsicherung auslösen. So stellen Olk und Speck beispielsweise fest, dass «[f]ür die Schulleiter […] es teilweise schwierig [ist] zu akzeptieren, dass die Schulsozialarbeiter in ihrer Schule arbeiten, wo sie das Hausrecht ausüben, ohne ihnen als Schulleitung unterstellt zu sein» (Olk, Speck, 2004, S. 73). Von den Lehrpersonen wird die Schulsozialarbeit teilweise als Kontrolle und Überwachung wahrgenommen und mit der Befürchtung zusätzlichen Aufwands in Verbindung gebracht. Dies kann dazu führen, dass sich der Austausch, der Zugang zu Informationen und die Beziehungen zwischen den Berufsgruppen schwierig gestaltet (Olk, Speck, 2004).

Die Voraussetzungen für ein gutes Gelingen von Schulsozialarbeit sind gemäss verschiedenen kantonalen Empfehlungen also fachliche Unabhängigkeit der Schulsozialarbeit bei gleichzeitig guter Integration in die Schulen, Eigenständigkeit bei der Bearbeitung der Problemstellungen, Garantie der fachlichen Begleitung und optimale Vernetzung mit kantonalen Fachstellen aus dem Sozialbereich. Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Studien liegt aber bis anhin kein fundiertes Datenmaterial für eine evidenzbasierte Beantwortung der Frage nach der idealen Trägerschaft vor. Damit sind auch die in der Fachliteratur postulierten Vor- und Nachteile empirisch nicht systematisch belegt (Speck, 2006). Überhaupt ist bisher wenig darüber bekannt, wie verbreitet die genannten Trägermodelle in den Gemeinden und Kantonen sind.

In unserer Studie fragten wir nach den eingangs beschriebenen Trägermodellen, um verstehen zu können, wo die Schulsozialarbeit organisatorisch angebunden ist. Die befragten Schulsozialarbeitenden konnten angeben, ob sie bei einer öffentlichen Sozialverwaltung (z.B. Soziale Dienste), einer Schule oder der Schulverwaltung (inkl. kantonales Erziehungsdepartement) angebunden sind, verschiedenen Trägern untergeordnet (geteilte Unterstellung) oder bei einem anderen Träger angestellt sind. Abbildung 5 zeigt, dass die Schulsozialarbeit in den Kantonen der Deutschschweiz am häufigsten bei einer Schulverwaltung oder einer Schule angebunden ist. Bei mehr als der Hälfte der Angebote (53.7 %) ist dies das Trägermodell. Etwas weniger als ein Drittel der Angebote (31.3 %) sind der Leitung einer öffentlichen Sozialverwaltung unterstellt. In den wenigsten Fällen (6.9 %) gibt es eine geteilte Unterstellung, und bei 8.1 Prozent werden die Angebote durch andere Formen der Trägerschaften getragen. Das können Vereine, Sozialfirmen, freie Zweckverbände oder Stiftungen sein.

Um mehr über die Ausprägung des Dilemmas zwischen fachlicher Unabhängigkeit gegenüber der Schule und Integration der Schulsozialarbeit in der Praxis zu erfahren, fragten wir differenziert nach den Folgen der verschiedenen Trägermodelle und analysierten die Antworten. Dafür befragten wir die Schulsozialarbeitenden zu ihrer Wahrnehmung und Einschätzung hinsichtlich der Integration der Schulsozialarbeit in die Schule und ihrer fachlichen Unabhängigkeit von der Schule und werteten die Daten nach Trägerschaft aus (Infobox 1). Die Ergebnisse sind in Tabelle 6 aufgelistet.


Abbildung 5: Angebote der Schulsozialarbeit nach Trägerschaft (n = 332)

Anmerkung: Die Schulsozialarbeitenden, die im gleichen Angebot tätig sind, wurden zusammengefasst und als ein Angebot ausgewiesen. Insgesamt lagen die Daten von 332 Angeboten der Schulsozialarbeit vor.

Infobox 1: Messung der Integration der Schulsozialarbeit in die Schule

Der erste Indikator, den wir zur Messung der Integration der Schulsozialarbeit in die Schule verwendet haben, ist der Informationsaustausch zwischen Schule und Schulsozialarbeit. Für die Skalenbildung wurden die Schulsozialarbeitenden gebeten, drei Aussagen zum Informationsaustausch mit der Schulleitung bzw. mit den Lehrpersonen zu beurteilen (siehe Anhang 6.2.1).

 

Auf Basis dieser Items wurde dann eine Skala zum Informationsaustausch mit den Lehrpersonen (Cronbachs Alpha = 0.77, negativ formulierte Items umgepolt) sowie eine separate Skala zum Informationsaustausch mit der Schulleitung gebildet (Cronbachs Alpha = 0.83, negativ formulierte Items umgepolt). Die Skalenwerte entsprechen jeweils dem arithmetischen Mittel der drei Fragebogenitems, die mit Antworten zwischen 1 («trifft gar nicht zu») und 5 («trifft voll zu») gemessen wurden. Hohe Werte bedeuten einen guten Informationsaustausch zwischen den Beteiligten und eine gute Integration der Schulsozialarbeit in die Schule.

Als zweiter Indikator für die Integration der Schulsozialarbeit in die Schule diente in dieser Untersuchung die Unterstützung der Schulleitung für die Schulsozialarbeit. Sie wurde anhand einer Skala (Cronbachs Alpha = 0.91) gemessen, die aus dem arithmetischen Mittel von drei Items gebildet ist und einen Wertebereich von 1 («trifft gar nicht zu») bis 5 («trifft voll zu») umfasst (für mehr Informationen zur Skalenbildung siehe Anhang 6.2.1): Hohe Skalenwerte verweisen wiederum auf eine starke Unterstützung der Schulsozialarbeit durch die Schulleitung und eine gute Integration in die Schule.

Als erster Indikator für die Integration der Schulsozialarbeit in die Schule diente uns also der Informationsaustausch zwischen Schulsozialarbeitenden, Schulleitungen und Lehrpersonen (siehe Infobox 1). Die Schulsozialarbeitenden bewerteten den Informationsaustausch mit den Lehrpersonen auf einer Skala von 1 bis 5 mit einem Mittelwert von 3.9 recht positiv (SD = 0.68). Beim Informationsaustausch mit der Schulleitung beträgt der Mittelwert 4.2 (SD = 0.81). Der Informationsaustausch mit der Schulleitung wird also von den Schulsozialarbeitenden etwas optimistischer eingeschätzt als der mit den Lehrpersonen. Die Ergebnisse nach Trägerschaft in Tabelle 6 zeigen ausserdem, dass die Schulsozialarbeitenden mit schulischer Trägerschaft den Informationsaustausch mit der Schulleitung und den Lehrpersonen leicht höher einschätzen als die Schulsozialarbeitenden von Angeboten mit anderen Trägerformen. Dies entspricht den in der Fachliteratur formulierten Vorteilen einer schulischen Anbindung. Weil die Schulsozialarbeitenden als Teil des Schulteams wahrgenommen werden und wie die Lehrpersonen in die Struktur der Schule eingebunden sind, profitieren sie anscheinend vom Zugang zu Informationen und Austausch mit dem Schulpersonal.

Tabelle 6: Unabhängigkeit und Integration der Schulsozialarbeit in die Schule nach Trägerform


Trägerform MW SD SPW Kruskal-Wallis
x2 p
Informationsaustausch mit den Lehrpersonen Sozialverwaltung 3.8 0.64 1–5 8.296 0.687
Schule 4.0 0.70
Geteilte Unterstellung 3.8 0.75
Andere 3.9 0.65
Informationsaustausch mit der Schulleitung Sozialverwaltung 4.1 0.87 1–5 6.726 0.875
Schule 4.3 0.74
Geteilte Unterstellung 4.2 0.80
Andere 4.1 0.80
Einsatz der Schulleitung für die Schulsozialarbeit Sozialverwaltung 4.2 0.87 1–5 8.886 0.632
Schule 4.3 0.82
Geteilte Unterstellung 4.3 0.83
Andere 4.3 0.75
Schulsozialarbeit als gleichberechtigte Partnerin und eigenständige Fachstelle Sozialverwaltung 4.2 0.93 1–5 2.789 0.594
Schule 4.3 0.90
Geteilte Unterstellung 4.2 1.09
Andere 4.3 0.76

Anmerkungen: MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung; SPW = Spannweite zeigt den möglichen Wertebereich der Variablen, x2 = Chi-Quadrat, p = Signifikanzwert

Bei Schulsozialarbeitenden mit geteilter Unterstellung ist der Mittelwert beim Informationsaustausch mit der Schulleitung ebenfalls relativ hoch (MW = 4.2, SD = 0.80). Der Unterschied zu einer rein schulischen Unterstellung ist aber gering. Auch bei der fachlichen Führung durch eine öffentliche Sozialverwaltung ist der Informationsaustausch gewährleistet; bei der Angliederung an eine Sozialverwaltung, bei der die Schulleitung keine Personalverantwortung und Leitungsfunktion innehat, liegt der Wert aber etwas tiefer (MW = 4.1, SD = 0.87). Der Informationsaustausch mit den Lehrpersonen wird bei dieser Trägerform gleich beurteilt wie bei einer geteilten Unterstellung (MW = 3.8, SD = 0.64). Überhaupt sind die beobachteten Mittelwertunterschiede beim Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Trägerformen gering und statistisch nicht signifikant (Schulleitung: x2 = 6.726, p = 0.875, Lehrpersonen: x2 = 8.296, p = 0.687).

Als zweiter Indikator zur Messung der Integration der Schulsozialarbeit in die Schule diente uns der Einsatz der Schulleitung für die Schulsozialarbeit (siehe Infobox 1). Liegt die Trägerschaft bei der Schule, dann ist die Schulsozialarbeit fester Bestandteil des Schulteams, und die Steuerung der Aufgaben liegt bei der Schulleitung (Iseli, Stohler, 2012; Olk, Speck, 2004, S. 73). Der Vorteil einer schulischen Trägerschaft oder einer geteilten Unterstellung könnte also darin liegen, dass sich die Schulleitung stärker für die Anliegen der Schulsozialarbeit einsetzt, als dies Schulleitungen bei Schulsozialarbeitenden tun, die der Sozialverwaltung oder einem anderen Träger unterstellt sind. Unsere Daten bestätigen diese Vermutung allerdings nicht. Die Mittelwertvergleiche bei der Unterstützung nach Trägerschaft zeigen, dass der Einsatz der Schulleitung bei den Schulsozialarbeitenden, die ihre Trägerschaft in einer Sozialverwaltung haben (MW = 4.2, SD = 0.87), zwar etwas schwächer ausfällt als bei einer schulischen Trägerschaft oder geteilter Unterstellung (MW = 4.3, SD = 0.83). Wie in den vorangehenden trägerspezifischen Analysen sind aber auch hier die Unterschiede sehr klein und statistisch nicht signifikant (x2 = 8.886, p = 0.632).

Inwiefern ist nun aber die Schulsozialarbeit eine gleichberechtigte Kooperationspartnerin der Schule? Um diese Frage zu beantworten, haben wir die Schulsozialarbeitenden gebeten, die Aussage «Die Schulsozialarbeit ist eine gleichberechtigte Partnerin gegenüber der Schule und kooperiert als eigenständige Fachstelle mit der Schule» auf einer Skala von 1 («trifft gar nicht zu») bis 5 («trifft voll zu») einzuschätzen. Unabhängig von der Trägerschaft sind die Schulsozialarbeitenden der Ansicht, dass sie als gleichberechtigte Partner gegenüber der Schule auftreten und als eigenständige Fachstelle mit ihr kooperieren. Schulsozialarbeitende mit schulischer Trägerform schätzen ihre Rolle als gleichberechtigte Partner und eigenständige Fachstelle sogar noch etwas höher ein (MW = 4.3, SD = 0.90) als diejenigen, die bei der öffentlichen Sozialverwaltung (MW = 4.2, SD = 0.93) angebunden sind. Die Unterschiede zwischen den Trägerschaften sind jedoch sehr klein und statistisch nicht signifikant (x2 = 2.789, p = 0.594). Wichtiger ist in dieser Hinsicht die Unterstützung der Schulleitung. Sie hat einen signifikant positiven Einfluss darauf, inwiefern sich die Schulsozialarbeit als gleichberechtigte und eigenständige Kooperationspartnerin versteht (rs = 0.51, p < 0.010, n = 770).

Räumliche Bedingungen

Damit die Schulsozialarbeit ihren Auftrag effektiv erfüllen kann, braucht es einen überschaubaren Zuständigkeitsbereich und angemessene räumliche Bedingungen. Die Fachverbände empfehlen in diesem Zusammenhang, das Mindestpensum einer Anstellung von 50 Prozent nicht zu unterschreiten und die Zuständigkeit auf ein Schulhaus zu begrenzen (AvenirSocial, Schulsozialarbeitsverband [SSAV], 2010a, S. 6; 2010b). Richtlinien auf kantonaler Ebene wie zum Beispiel im Kanton Bern empfehlen, bei einem integrierten Schulsozialarbeitsangebot den Zuständigkeitsbereich von vollzeiterwerbstätigen Schulsozialarbeitenden auf ein bis maximal drei Schulhäuser und bei einem ambulanten Angebot auf maximal vier bis fünf Schulen zu begrenzen (Amt für Jugend- und Berufsberatung, 2011; Amt für Volksschulen und Sport, 2011; Iseli, Grossenbacher, 2013, S. 18). Allerdings existieren im kantonalen Vergleich oft grosse Unterschiede zwischen den Rahmenempfehlungen und der entsprechenden Umsetzung in der Praxis.

Abbildung 6 zeigt, für wie viele Schulhäuser (ohne Kindergärten respektive ohne die ersten beiden Jahre der Eingangsstufe) die Schulsozialarbeitenden zuständig sind. Fast ein Drittel der befragten Schulsozialarbeitenden (31.8 %) geben an, sie seien für ein einziges Schulhaus zuständig. 28.4 Prozent sind zwei Schulhäusern und weitere 16.0 Prozent drei Schulhäusern zugeteilt, wo sie Sprechstunden und andere Dienstleistungen anbieten. Insgesamt sind also mehr als drei Viertel (76.2 %) für maximal drei Schulhäuser zuständig. Fast jede zehnte befragte Person (9.6 %) ist allerdings für vier Schulhäuser und 12.6 Prozent gar für fünf und mehr Schulhäuser zuständig.


Abbildung 6: Anzahl Schulhäuser pro Schulsozialarbeiterin/Schulsozialarbeiter (n = 811)

 

Vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Berufsverbände und der Kantone wurden die Anzahl Schulhäuser pro Schulsozialarbeiterin oder Schulsozialarbeiter ins Verhältnis zum jeweiligen Gesamtbeschäftigungsgrad gesetzt. Die helleren Balken in Abbildung 7 zeigen die durchschnittliche Anzahl Schulhäuser nach Beschäftigungsgrad der Schulsozialarbeitenden ohne Kindergärten respektive ohne die beiden ersten Jahre der Eingangsstufe. Schulsozialarbeitende, deren Gesamtbeschäftigungsgrad 80 Prozent und mehr beträgt, sind im Durchschnitt für drei Schulhäuser (exklusive Kindergärten bzw. die beiden ersten Jahre der Eingangsstufe) zuständig. Mit einem Pensum von 60 bis 79 Prozent sind die befragten Schulsozialarbeitenden durchschnittlich für 2.7 Schulhäuser zuständig. Die Schulsozialarbeitenden, die ein Arbeitspensum zwischen 20 und 59 Prozent haben, sind im Durchschnitt für 2.1 Schulhäuser verantwortlich und diejenigen mit Pensen von weniger als 20 Prozent für durchschnittlich 1.4 Schulhäuser. Werden zu diesen Angaben die durchschnittliche Zuständigkeit für Kindergärten respektive die beiden ersten Jahre der Eingangsstufe hinzugezählt (dunklere Balken), verdoppelt sich die Anzahl Schulhäuser pro Schulsozialarbeiter/in in allen fünf Kategorien des Gesamtbeschäftigungsgrades.


Abbildung 7: Durchschnittliche Anzahl Schulhäuser nach Gesamtbeschäftigungsgrad der Schulsozialarbeitenden

Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer Anstellung von 80 Prozent und mehr die Anzahl Schulhäuser (exklusive Kindergärten), für welche die Schulsozialarbeitenden zuständig sind, im Durchschnitt bei 3 liegt, was den kantonalen Empfehlungen, nicht jedoch den Empfehlungen der Berufsverbände entspricht. Bei den Schulsozialarbeitenden, die zwischen 60 und 79 Prozent arbeiten, liegt die Anzahl Schulhäuser im Durchschnitt auch bei knapp 3, was eher dem oberen Limit der kantonalen Richtlinien entspricht. Zudem zeigt sich, dass es Pensen von unter 40 Prozent gibt, mit denen durchschnittlich 1.4 bis 2.1 Schulhäuser (exklusive Kindergärten) versorgt werden. Dies ist bei 8 Prozent der Schulsozialarbeitenden der Fall. Die Empfehlungen von AvenirSocial und SSAV werden hier nicht nur für die Anzahl Schulhäuser verletzt, es wird auch das Mindestpensum von 50 Prozent unterschritten. Wenn die durchschnittliche Anzahl Kindergärten mitberücksichtigt wird, für welche die Schulsozialarbeitenden zuständig sind, werden die Empfehlungen von Kantonen und Berufsverbänden in allen Kategorien des Gesamtbeschäftigungsgrades missachtet.

Als besondere Stärke der Schulsozialarbeit wird von Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen und Eltern der niederschwellige Zugang zu den Schulsozialarbeitenden und ihren Angeboten geschätzt (Baier, Heeg, 2011). Niederschwelligkeit ermöglicht, dass die Schulsozialarbeit in allen Situationen schnell und unkompliziert kontaktiert werden kann. Um dies gewährleisten zu können, muss die Schulsozialarbeit in den Schulen aber regelmässig und mit einem angemessenen Stellenpensum präsent sein. In diesem Zusammenhang empfehlen die Berufsverbände AvenirSocial und Schulsozialarbeitsverband eine 80-Prozent-Jahresarbeitszeitstelle für maximal 300 Schülerinnen und Schüler und eine 100-Prozent-Jahresarbeitsstelle für maximal 400 Schülerinnen und Schüler (AvenirSocial, Schulsozialarbeitsverband [SSAV], 2010a). Die Empfehlungen von Kantonen wie Luzern und Bern sind diesbezüglich deutlich weniger streng und orientieren sich an Richtwerten zwischen 600 bis 1000 Schülerinnen und Schüler pro Vollzeitstelle, je nach Schulstufe, Lage der Schulen und lokaler Bedarfs- und Ressourcensituation (Iseli, Grossenbacher, 2013). Auch fixe Anwesenheitszeiten und ein zentral in der Schule gelegener Arbeitsplatz erleichtern die Kontaktaufnahme, weil die Kinder und Jugendlichen die Schulsozialarbeit so stärker im Schulalltag wahrnehmen und einfacher aufsuchen können, wenn sie ein Anliegen haben.

Gemäss unseren Befragungsdaten sind die Schulsozialarbeitenden mehrheitlich (81 %) zu fixen Zeiten im Schulhaus anwesend. 82.1 Prozent der befragten Schulsozialarbeitenden verfügen über einen Arbeitsplatz im jeweiligen Schulhaus. Bei fast drei Vierteln (74.6 %) ist beides der Fall. Die Daten zeigen aber auch, dass die Präsenzzeit der Schulsozialarbeit nicht in allen Schulhäusern im selben Umfang gewährleistet ist.

Aus Abbildung 8 wird ersichtlich, dass 19.5 Prozent der Schulsozialarbeitenden maximal einen Tag pro Woche im Schulhaus anwesend sind. Ein Fünftel (21.6 %) ist 1.5 bis 2 Tage im Schulhaus präsent. Mit 27.6 Prozent der Schulsozialarbeitenden gibt der grösste Anteil an, 2.5 bis 3 Tage im Schulhaus anwesend zu sein, und 19.5 Prozent sind durchschnittlich 3.5 bis 4 Tage im Schulhaus anwesend. An praktisch allen Tagen im Schulhaus anwesend ist jede zehnte Person. 2.1 Prozent machen diesbezügliche keine Angaben. Insgesamt weisen diese Zahlen aber darauf hin, dass die Schulsozialarbeit in zahlreichen Schulen regelmässig und mit einem spürbaren Pensum vor Ort ist. Tendenziell ist dies insbesondere in grösseren Schulen der Fall.


Abbildung 8: Anwesenheit im Schulhaus (n = 811)

Im Mittel ist eine Schulsozialarbeiterin, ein Schulsozialarbeiter an 2.5 bis 3 Tagen im Schulhaus präsent und – umgerechnet auf eine Vollzeitstelle – für 666.7 Schülerinnen und Schüler zuständig. Diesbezüglich sind allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den Schulen zu beobachten (SD = 415.6). Während im bestversorgten Viertel der Schulen mit 100 Stellenprozenten umgerechnet 490 Schülerinnen und Schüler versorgt werden, kommen im Viertel mit den wenigsten Personalressourcen 850 Kinder und Jugendliche auf eine Vollzeitstelle (Angaben der Schulleitungen). Besonders in Schulen, in denen die Schulsozialarbeit selten anwesend ist, wird mit den verfügbaren Personalressourcen eine relativ hohe Anzahl Schülerinnen und Schüler versorgt. Je seltener also eine Schulsozialarbeiterin, ein Schulsozialarbeiter der Schule anwesend ist, desto mehr Schülerinnen und Schüler liegen in ihrem oder seinem Zuständigkeitsbereich (rs = – 285, p < 0.001, n = 473). Auch ist zu beobachten, dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem Betriebsjahr des Schulsozialarbeitsangebots an einer Schule und der Anzahl versorgter Schülerinnen und Schüler. So steigt mit zunehmenden Betriebsjahren auch die Anzahl der Kinder und Jugendlichen im Verantwortungsbereich der Schulsozialarbeit (rs = .146, p < 0.005, n = 474), was ein Hinweis darauf ist, dass die Lernendenzahlen etwas rascher steigen als die Stellenpensen der Schulsozialarbeitenden.

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