Verwaltungsprozessrecht

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I. Ordnungsgemäße Klageerhebung

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Neben den sich aus §§ 81 f. VwGO ergebenden Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klageerhebung (zur elektronischen Dokumentenübermittlung siehe § 55a VwGO) gehört hierzu auch deren Unbedingtheit (Gegenbeispiel: Erhebung einer Klage unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO, PKH[11]).[12] Wenngleich diese Voraussetzung gesetzlich nicht ausdrücklich normiert ist, so ist ihre Einhaltung gleichwohl zwecks Wahrung der Sicherheit des Rechtsverkehrs zwingend geboten. Zulässig ist demgegenüber die Eventualklagehäufung. Zwar wird auch bei dieser ein (Hilfs-)Antrag vom Erfolg (uneigentliche Eventualklage, z.B. Stufenklage nach § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 254 ZPO wie etwa Anfechtungsklage und Annexantrag nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO; Rn. 137, 395 ff.) bzw. Misserfolg (eigentliche Eventualklage), d.h. Unzulässigkeit oder -begründetheit, eines anderen (Haupt-)Antrags abhängig gemacht (z.B. Klage auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit eines bestimmten Vorhabens, hilfsweise auf Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung hierfür). Doch ist hier nicht die Klageerhebung als solche bedingt, sondern es wird lediglich einer von mehreren Anträgen unter einer zulässigen innerprozessualen Bedingung gestellt. Das Gericht ist an diese vom Kläger vorgegebene Reihenfolge gebunden. Es darf erst dann über den Hilfsantrag entscheiden, wenn die vom Kläger insofern vorgegebene Bedingung – die Erfolg(-losigkeit) des Hauptantrags – erfüllt ist.

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JURIQ-Klausurtipp

Da über den Hilfsantrag erst bei Eintritt der jeweiligen innerprozessualen Bedingung entschieden werden darf, ist in der Klausur zunächst der Hauptantrag vollständig auf seine Zulässigkeit und Begründetheit hin zu prüfen. Erst im Anschluss daran sind, falls die betreffende innerprozessuale Bedingung eingetreten ist, Zulässigkeit und Begründetheit des Hilfsantrags abzuhandeln.[13]

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Ebenfalls zulässig ist die kumulative Klagehäufung als neben der Eventualklagehäufung (Rn. 47) weiterem (typischen) Fall der objektiven Klagehäufung i.S.v. § 44 VwGO. Bei der kumulativen Klagehäufung werden mehrere Klagebegehren nebeneinander geltend gemacht (z.B. Klage gerichtet sowohl auf Aufhebung der ausgesprochenen Gewerbeuntersagung als auch auf Erteilung einer Reisegewerbekarte nach § 55 Abs. 2 GewO). Mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig ist hingegen die alternative Klagehäufung, bei der es der Kläger dem Gericht anheimstellt, wahlweise über das eine oder das andere Klagebegehren zu entscheiden (z.B. Klage mit dem Antrag, den Beklagten entweder zur Herausgabe einer Sache oder zur Zahlung des Geldwerts der Sache zu verurteilen).

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Ob der Kläger von der rechtlich damit an sich bestehenden Möglichkeit der objektiven Klagehäufung (Klagenverbindung) auch im konkreten Fall Gebrauch machen darf, richtet sich nach § 44 VwGO. Nach dieser Vorschrift können mehrere Klagebegehren, d.h. mehrere Streitgegenstände (prozessuale Ansprüche; Rn. 58) – also entweder mehrere Anträge oder aber ein Antrag, der auf verschiedene Lebenssachverhalte (und nicht bloß auf mehrere rechtliche Gesichtspunkte wie z.B. die formelle und materielle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts) gestützt wird – vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden (objektive[14] Klagehäufung),[15] wenn sie


sich gegen denselben Beklagten richten,
im (rechtlichen oder – nach der Lebensanschauung bzgl. des Entstehungsgrunds oder des erstrebten Erfolgs – rein tatsächlichen) Zusammenhang stehen und
dasselbe Gericht zuständig ist.

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Liegen diese Voraussetzungen vor, so verhandelt und entscheidet das Gericht über sämtliche geltend gemachten Klagebegehren grundsätzlich gemeinsam (Ausnahmen: Verfahrenstrennung gem. § 93 S. 2 VwGO oder Vorwegentscheidung über einzelne Ansprüche durch Teilurteil nach § 110 VwGO). Andernfalls werden die Klagebegehren lediglich getrennt (§ 93 S. 1 VwGO) bzw. es findet eine Verweisung statt, § 83 S. 1 VwGO i.V.m. §§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG. Keinesfalls aber hat eine entgegen § 44 VwGO erfolgte Klageverbindung etwa die Unzulässigkeit der betreffenden Klage(n) zur Folge.

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JURIQ-Klausurtipp

Im Fall der kumulativen Klagehäufung kann es sich anbieten, die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klagen gemeinsam zu prüfen, sodann auf § 44 VwGO einzugehen – bei der objektiven Klagehäufung handelt es sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung (!) – und anschließend jeden Antrag für sich auf seine Begründetheit hin zu untersuchen, d.h. die objektive Klagehäufig zwischen der Zulässigkeit und der Begründetheit zu prüfen.[16]

2. Teil Verwaltungsgerichtliche Klage › B. Zulässigkeit › II. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

II. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

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Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, wenn entweder eine Spezialvorschrift einschlägig ist, die diese Rechtsfolge vorsieht (aufdrängende Sonderzuweisung) oder aber wenn die Voraussetzungen der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO erfüllt sind und die Streitigkeit nicht durch eine abdrängende Sonderzuweisungsnorm ausdrücklich einer anderen Gerichtsbarkeit zugewiesen wird.[17]

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JURIQ-Klausurtipp

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist in folgender Reihenfolge zu prüfen:


1. Entweder Einschlägigkeit einer aufdrängenden Sonderzuweisung (Rn. 66 f.) oder
2. der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO (Rn. 68 ff.) und
3.

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Gegenüber welchen anderen, untereinander gleichwertigen Gerichtsbarkeiten der Verwaltungsrechtsweg abzugrenzen ist, zeigt die auf Art. 95 Abs. 1 GG beruhende nachfolgende Übersicht (zum darin ausgesparten GmS-OGB siehe Rn. 13).


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Im Übrigen kann sich die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs auch aus der Anhängigkeit des Verfahrens in der Rechtsmittelinstanz (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG) oder aus dem Verweisungsbeschluss des Gerichts eines anderen Rechtswegs (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG; siehe Übungsfall Nr. 5) ergeben.

 

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Ein Verweisungsbeschluss ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 3 GVG. Wird der Verweisungsbeschluss nicht erfolgreich mit der Beschwerde (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, §§ 146 ff. VwGO) angegriffen, so regelt er – auch wenn er verfahrensfehlerhaft ergangen oder inhaltlich unrichtig ist – die Rechtswegfrage (nicht hingegen: die sachliche, örtliche oder instanzielle Zuständigkeit) endgültig, sofern keine offensichtliche Gesetzeswidrigkeit bzw. Willkür vorliegt. D.h., der Rechtsstreit kann weder zurück- noch an eine dritte Gerichtsbarkeit weiterverwiesen werden; lediglich eine Weiterverweisung innerhalb der gleichen Gerichtsbarkeit an das örtlich oder sachlich zuständige Gericht ist möglich. Das Gericht, an das – ggf. zu Unrecht – verwiesen wird, hat dessen eigenes Verfahrensrecht anzuwenden (z.B. ZPO); materiell hingegen gilt die objektive Rechtslage (z.B. öffentliches Recht).

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Ob der Verwaltungsrechtsweg nach einer der vorgenannten Bestimmungen eröffnet ist, ist in Bezug auf den konkreten Streitgegenstand zu prüfen. Insoweit sind die vom Kläger vorgebrachten tatsächlichen – nicht aber auch: rechtlichen – Behauptungen als wahr zu unterstellen (str.; Rn. 78); entscheidend ist die wahre Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses. Kann ein einheitlicher prozessualer Anspruch (z.B. auf Herausgabe einer sichergestellten Sache) kumulativ auf mehrere materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen (z.B. aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung und aus Folgenbeseitigung, FBA) gestützt werden, für die bei isolierter Betrachtung jeweils unterschiedliche Rechtswege gegeben sind, so entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit gem. § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 2 S. 1 GVG i.d.R. gleichwohl unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten (Ausnahme: Rn. 62). Diese Regelung (Rechtsweg kraft Sachzusammenhangs) dient dazu, die prozessuale Aufspaltung eines einheitlichen Anspruchs durch Konzentration des Rechtsschutzes bei einem Gericht zu vermeiden.


„Der Streitgegenstand […] ist identisch mit dem prozessualen Anspruch, der seinerseits durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringenden Rechtsfolge sowie den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist“[19], sog. zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff.[20]

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Unabhängig von § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 2 S. 1 GVG kann und muss das VG zudem im Rahmen der Entscheidung über die ihm zugewiesene Streitigkeit rechtswegfremde Vorfragen[21] erforderlichenfalls inzident mit klären (z.B. ob der vor dem VG gegen die seinem Nachbarn erteilte Baugenehmigung vorgehende Kläger zivilrechtlich wirklich Grundstückseigentümer ist). Da diese allerdings nicht zum Streitgegenstand gehören, erwächst die Entscheidung hierüber nicht in Rechtskraft. Alternativ besteht für das VG unter den Voraussetzungen des § 94 VwGO die Möglichkeit der Verfahrensaussetzung.

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Mangels einheitlichen prozessualen Anspruchs nicht von § 17 Abs. 2 S. 1 GVG (i.V.m. § 173 S. 1 VwGO) erfasst werden hingegen Fälle rechtlicher Alternativität (z.B. wenn die einzig in Betracht kommende vertragliche Anspruchsgrundlage entweder privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist) sowie solche Konstellationen, in denen mehrere prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden (z.B. im Rahmen der objektiven Klagehäufung nach § 44 VwGO, der subjektiven Klagehäufung gem. § 64 VwGO i.V.m. §§ 59 ff. ZPO, der Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO oder der Widerklage gem. § 89 VwGO); insofern ist die Rechtswegeröffnung vielmehr für jeden Anspruch gesondert zu prüfen. Im Fall der Eventualklagehäufung (Rn. 47) richtet sich der Rechtsweg zunächst allein nach dem Hauptantrag. Ist insoweit der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, so ist der Rechtsstreit gem. § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG ungeachtet des Hilfsantrags an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Erweist sich der Hauptantrag bei eröffnetem Verwaltungsrechtsweg dagegen als unbegründet, so wird – nach entsprechendem Ausspruch – der Rechtsstreit an das für den Hilfsantrag zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs verwiesen.

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Um einen nicht von § 17 Abs. 2 S. 1 GVG (i.V.m. § 173 S. 1 VwGO) erfassten Fall – und nicht wie teilweise[22] vertreten um einen „rechtlichen Gesichtspunkt“ i.S.d. Vorschrift bzw. lediglich um eine Vorfrage – handelt es sich nach wohl h.M.[23] auch bei der Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) mit einer rechtswegfremden (z.B. privatrechtlichen) Gegenforderung. Allein dann, wenn die Gegenforderung durch bestandskräftigen Verwaltungsakt bzw. durch rechtskräftiges Urteil festgestellt oder aber unbestritten ist, ist die Aufrechnung mit ihr auch nach h.M.[24] möglich.

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Eine historisch bedingte Ausnahme vom Grundsatz des § 17 Abs. 2 S. 1 GVG (i.V.m. § 173 S. 1 VwGO) besteht einzig in den Fällen des Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG und des Art. 34 S. 3 GG. Danach entscheiden jeweils allein die ordentlichen Gerichte (§ 12 GVG) – und nicht auch die VGe – über die Höhe einer Enteignungsentschädigung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG bzw. über Amtshaftungsansprüche gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, siehe § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 2 S. 2 GVG (Rechtswegspaltung).

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Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, so wird dieses Ergebnis durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der dessen Zulässigkeit begründenden Umstände nicht mehr berührt (perpetuatio fori, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 1 GVG). Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt (vgl. § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, §§ 146 ff. VwGO), so sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 1 GVG.

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Ergibt die Prüfung dagegen, dass der beschrittene Verwaltungsrechtsweg für die betreffende Streitigkeit schlechthin, d.h. mit allen für den Klageanspruch in Betracht kommenden Klagegründen, nicht gegeben ist, so wird die Klage nicht etwa durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen, sondern vielmehr – nach Anhörung der Parteien – dessen Unzulässigkeit von Amts wegen lediglich ausgesprochen und der Rechtsstreit durch Beschluss an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs verwiesen, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG (zu den ungeschriebenen Ausnahmen von diesem Grundsatz siehe Rn. 108).

1. Aufdrängende Sonderzuweisung

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Aufdrängende Sonderzuweisungen gehen als leges speciales der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO vor und verdrängen diese.[25] Ist im konkreten Fall der Verwaltungsrechtsweg aufgrund einer solchen – eher seltenen – Spezialvorschrift eröffnet (z.B. § 54 BAföG, § 22 Abs. 5 TierGesG, § 6 Abs. 1 UIG), die sich v.a. auf Klagen von Personen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis bezieht (z.B. § 45 BDG, §§ 83 Abs. 1, 106 BPersVG, §§ 46, 71 DRiG i.V.m. § 54 Abs. 1 BeamtStG, § 82 Abs. 1, 2 SG), so ist auf die allgemeine Regelung des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO folglich nicht mehr einzugehen. Insbesondere die klausurrelevanten (wortgleichen) Vorschriften der §§ 126 Abs. 1 BBG[26], 54 Abs. 1 BeamtStG[27] sind weit auszulegen.

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Da der Bund im Bereich der Rechtswegbestimmung mit § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des gerichtlichen Verfahrens nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht hat, ist für aufdrängende landesrechtliche Sonderzuweisungen grundsätzlich[28] kein Raum, vgl. Art. 72 Abs. 1 GG.

2. Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO

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Sofern im jeweiligen Fall keine aufdrängende Sonderzuweisung einschlägig ist (Rn. 66 f.), gelangt die Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO zur Anwendung. Nach dieser ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben.[29]

 

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Mit dieser „Schlüsselnorm“[30] des Verwaltungsprozessrechts verwirklicht der Gesetzgeber nicht nur das aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG resultierende Postulat nach lückenlosem Individualrechtsschutz gegen die „öffentliche Gewalt“ i.S.d. Vorschrift (Rn. 9), sondern geht mit der Erfassung beispielsweise auch von sog. Innenrechtsstreitigkeiten hierüber sogar noch hinaus (siehe Übungsfall Nr. 6). Im Gegensatz zu der vor dem Inkrafttreten der VwGO am 1.4.1960 geltenden Rechtslage, wonach verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz von der Form staatlichen Handelns – namentlich derjenigen des Verwaltungsakts (§ 35 S. 1 VwVfG) – abhängig war, eröffnet § 40 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO den Verwaltungsrechtsweg nicht enumerativ, sondern vielmehr generalklauselartig gegen grundsätzlich jedwedes hoheitliches Verwaltungshandeln (Rn. 125; Ausnahmen: Rn. 72 ff.). Positiv setzt diese Vorschrift das Vorliegen einer (Rechts-)Streitigkeit (Rn. 70 ff.) öffentlich-rechtlicher Natur (Rn. 76 ff.) voraus. Negativ darf es sich bei dieser öffentlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeit nicht um eine solche verfassungsrechtlicher Art handeln (Rn. 103 ff.); zum weiteren Erfordernis, dass keine abdrängende Sonderzuweisung Platz greifen darf, siehe Rn. 109 ff.

a) Rechtsstreit

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Eine rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn zwischen mindestens zwei verschiedenen Personen[31] um die Anwendung staatlichen – respektive supranationalen – (Innen- oder Außen-)Rechts gestritten wird. In der Klausurbearbeitung ist auf dieses Merkmal vornehmlich im Zusammenhang mit folgenden Konstellationen einzugehen:

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Beschlüsse parlamentarischer Untersuchungsausschüsse. Diese sind kraft ausdrücklicher Regelung in Art. 44 Abs. 4 S. 1 GG der richterlichen Erörterung entzogen. Entsprechendes gilt gem. Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. § 13 G10-Gesetz hinsichtlich Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Danach tritt an die Stelle des Rechtswegs die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane, siehe §§ 14 ff. G10-Gesetz und vgl. Art. 19 Abs. 4 S. 3 GG;

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Regierungsakte, d.h. staatsleitende Akte oberster Staatsorgane außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens wie beispielsweise die Anerkennung eines ausländischen Staats durch den Bundespräsidenten (Art. 59 Abs. 1 GG) oder die Ausübung der Richtlinienkompetenz durch den Bundeskanzler (Art. 65 S. 1 GG);

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