Allgemeines Verwaltungsrecht

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2. Anwendbarkeit des Bundes- oder des Landes-VwVfG

152

Im Verhältnis zu den landesrechtlichen Regelungen betreffend das Verwaltungsverfahren (z.B. LVwVfG BW, BayVwVfG, VwVfG NRW) gilt das VwVfG (des Bundes) nach dessen § 1 Abs. 1 „für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden


1. des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2. der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen (…).“

Ferner beansprucht das (Bundes-)VwVfG gem. seinem § 1 Abs. 2 S. 1 im Grundsatz „auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden“ Geltung, „wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen.“ Allerdings ist nach § 1 Abs. 3 VwVfG das (Bundes-)VwVfG „für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder“ insoweit nicht anwendbar, als „die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist“. Entsprechende Regelungen haben sämtliche Bundesländer getroffen.[24] Danach gilt „für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ das jeweilige Landes-VwVfG, „soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten“, so beispielsweise § 1 Abs. 1 VwVfG NRW (vgl. ferner § 1 Abs. 1 LVwVfG BW, Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG). § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG sind daher obsolet geworden.

Im Ergebnis findet das VwVfG des Bundes damit nur Anwendung auf die öffentlich-rechtliche[25] Verwaltungstätigkeit von Bundesbehörden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), wohingegen das jeweilige Landes-VwVfG für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit von Landesbehörden gilt (unabhängig davon, ob die Landesbehörden Bundes- oder Landesrecht ausführen; Behördenprinzip).

JURIQ-Klausurtipp

Wenngleich es aufgrund der im Wesentlichen bestehenden Inhaltsgleichheit von Bundes-VwVfG und den VwVfGen der Länder (Ausnahmen z.B. Art. 3b BayVwVfG, § 7 VwVfGBbg, § 45 Abs. 2 VwVfG NRW, § 114 Abs. 2 S. 2 LVwG SH) für das Ergebnis der Klausurbearbeitung i.d.R. nicht darauf ankommt, welches VwVfG (das des Bundes oder des betreffenden Landes) anwendbar ist (zum Verwaltungsakt-Begriff siehe Rn. 41), so zeichnen sich Arbeiten im gehobenen Punktebereich gleichwohl durch eine entsprechend saubere Differenzierung aus.[26]

153

Der verfassungsrechtliche Hintergrund[27] dieser einfachgesetzlichen Regelungen ist in den Art. 83 ff. GG zu finden, die im Bereich der gesetzesausführenden[28] Verwaltung die allgemeine Grundsatznorm des Art. 30 GG konkretisieren. Nach dieser ist „die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben […] Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt“. Hieraus folgt u.a., dass der Vollzug von Landesrecht – ebenso wie die innerstaatliche Ausführung von EU-Recht[29] – den Ländern obliegt und es prinzipiell keine Bundesausführung von Landesgesetzen gibt. Eine Mischverwaltung im Sinne eines Zusammenwirkens von Bund und Ländern[30] ist nur für den Bereich der Gemeinschaftsaufgaben bzw. Verwaltungszusammenarbeit (Art. 91a bis Art. 91e GG) vorgesehen; vgl. ferner Art. 108 und Art. 120a Abs. 1 GG.

154

Nach dem in Art. 83 GG normierten Regelfall führen die Länder mit ihrem vergleichsweise größeren und leistungsstärkeren Verwaltungsapparat die Bundesgesetze „als eigene Angelegenheit aus“ (Landeseigenverwaltung), soweit im Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist. Dies bedeutet, dass die Länder die Gesetze in eigener Verantwortung ausführen – d.h. die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren selbst regeln (Art 84 Abs. 1 S. 1 GG) – und hierbei grundsätzlich (Ausnahme: Art. 84 Abs. 5 GG) keinen Weisungen des Bundes unterworfen sind. Vielmehr übt der Bund in diesem Bereich lediglich eine Rechtsaufsicht aus (Art. 84 Abs. 3 S. 1 GG), die sich allein auf die Gesetz-, nicht hingegen auch auf die Zweckmäßigkeit bzw. die politische Opportunität des Verwaltungshandelns bezieht (vgl. Rn. 50).

155

Sofern im Grundgesetz ausdrücklich so vorgesehen (obligatorisch z.B. in Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG; fakultativ z.B. in Art. 87c GG i.V.m. § 24 Abs. 1 S. 1 AtG), führen die Länder die Bundesgesetze ausnahmsweise „im Auftrage des Bundes“ aus, siehe Art. 85 Abs. 1 GG. Auf dem Gebiet dieser „Bundesauftragsverwaltung“ sind die Länder gegenüber dem Bund weisungsgebunden (Art. 85 Abs. 3 GG) und erstreckt sich die Bundesaufsicht „auf die Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Ausführung“ (Rechts- und Fachaufsicht; Rn. 50), siehe Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG. Daneben verfügt der Bund auch über die (ungeschriebene) Kompetenz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens.

156

Letzteres gilt ebenfalls, soweit das Grundgesetz die Gesetzesausführung durch „bundeseigene Verwaltung“ (unmittelbare Bundesverwaltung) oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes (mittelbare Bundesverwaltung) obligatorisch (so z.B. in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG) oder fakultativ (so z.B. in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m. BPolG) vorsieht, siehe Art. 86 GG.[31]


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3. Ausgeschlossene Rechtsbereiche; Subsidiaritätsklausel

157

Zusätzlich zur Abgrenzung zwischen dem Anwendungsbereich des VwVfG des Bundes und dem VwVfG des jeweiligen Landes (Rn. 152) ist gem. § 2 VwVfG weiter zu prüfen, ob die nach § 1 VwVfG an sich gegebene Anwendbarkeit des VwVfG nicht für bestimmte Rechtsbereiche insgesamt (§ 2 Abs. 1, 2 VwVfG) – oder doch zumindest teilweise bzgl. einzelner Vorschriften bzw. Tätigkeitsbereiche (§ 2 Abs. 3 VwVfG) – wieder ausgeschlossen wird. Entsprechendes gilt auf Landesebene, siehe etwa § 2 LVwVfG BW, Art. 2 BayVwVfG, § 2 VwVfG NRW. Zu diesen nach § 2 Abs. 2 VwVfG insgesamt ausgeschlossenen Bereichen gehören beispielsweise Verfahren der Bundes- oder Landesfinanzbehörden nach der Abgabenordnung (AO; § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) – deren Anwendbarkeit sich über § 1 AO hinaus partiell auch aus Normen wie § 3 KAG BW, Art. 13 bay. KAG, § 12 KAG NRW ergeben kann –, Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch (SGB; § 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) sowie die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (OWiG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG).

 

Beispiel[32]

Nach erfolgreich absolviertem erstem Staatsexamen bewirbt sich L um die Übernahme in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt. Im Hinblick auf mögliche Zweifel an der Verfassungstreue des L lud die zuständige rheinland-pfälzische Behörde B diesen zu einer mündlichen Anhörung. Die Bitte des L, die Anwesenheit eines Rechtsanwalts als Rechtsbeistand beim Einstellungsgespräch zu gestatten, lehnte B ab. Zu Recht?

Ja. Insbesondere ergibt sich Abweichendes nicht aus § 1 Abs. 1 LVwVfG RhPf i.V.m. § 14 Abs. 4 S. 1 VwVfG. Zwar handelt es sich bei der Einstellung von Beamtenbewerbern und der Vorbereitung der Entscheidung darüber um eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, hier des Landes Rheinland-Pfalz, i.S.v. § 1 Abs. 1 LVwVfG RhPf. Die Einstellung (Ernennung) eines Beamten ist ein Verwaltungsakt. Das Gebiet der Personalverwaltung ist auch nicht etwa generell – wie für Maßnahmen des Richterdienstrechts nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 LVwVfG RhPf – von der Geltung des LVwVfG RhPf ausgenommen. Jedoch schließt § 1 Abs. 4 Nr. 2 LVwVfG RhPf für die Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen u.a. die Geltung des § 14 VwVfG – und damit das Recht zum Erscheinen mit einem Beistand gemäß Absatz 4 Satz 1 dieser Vorschrift – aus. Darin kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, die Eigenart solcher Prüfungen stehe dem Recht auf Vertretung sowie auf Erscheinen mit einem Beistand entgegen (vgl. zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG die Einzelbegründung des Regierungsentwurfs in BT-Drucks. 7/910, S. 36). Eignungsprüfungen von Personen i.S.v. § 1 Abs. 4 Nr. 2 LVwVfG RhPf sind auch Vorstellungsgespräche, in denen die Einstellungsbehörde sich ein Urteil über die Eignung eines Beamtenbewerbers bildet. Unter den Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen i.S.d. Vorschrift sind nicht nur verselbständigte, in einem förmlichen Verfahren abzulegende Prüfungen im engeren Sinne zu verstehen, sondern unabhängig von der verfahrensmäßigen Gestaltung alle Fälle, in denen die Behörde der Sache nach die Leistung oder Eignung von Personen oder Ähnliches prüft. Denn die vom Gesetzgeber berücksichtigte Eigenart solcher Prüfungen besteht darin, dass es für die Urteilsbildung der Behörde auf höchstpersönliche Äußerungen oder Tätigkeiten des Betroffenen und den gerade hieraus gewonnenen Eindruck von seiner Persönlichkeit ankommt. Dies hängt nicht von der förmlichen oder formlosen, selbständigen oder unselbständigen Gestaltung des Verfahrens ab. Auch die Wortwahl des Gesetzgebers, der insbesondere durch die Ausdehnung der Vorschrift auf „ähnliche Prüfungen“ von einer engen und abschließenden Begrenzung gerade abgesehen hat, spricht für eine weite Auslegung. Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht dem Grundrecht des L aus Art. 2 Abs. 1 GG (betreffend die grundsätzliche Befugnis, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen) und ist ebenfalls mit Art. 33 GG vereinbar.

158

Schließlich findet das VwVfG sowohl des Bundes (siehe § 1 Abs. 1, 2 VwVfG) als auch des betreffenden Landes (z.B. § 1 Abs. 1 LVwVfG BW, Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG NRW) insoweit keine Anwendung, als das Bundes-[33] bzw. das jeweilige Landesrecht „inhaltsgleiche[34] oder entgegenstehende[35] Bestimmungen“ enthält (Subsidiaritätsklausel). Ob eine Bestimmung i.d.S. spezieller ist als die im (Bundes-/Landes-)VwVfG enthaltene allgemeine Regelung, ist im Wege der Auslegung der in Betracht kommenden Spezialvorschrift zu ermitteln. Sofern diese nicht abschließend ist, sind etwaige Lücken regelmäßig mit dem Inhalt des VwVfG zu schließen.[36]

4. Beteiligte

159

Wer die Fähigkeit besitzt, als Beteiligter an einem Verwaltungsverfahren in Betracht zu kommen, ist in § 11 VwVfG geregelt (Rn. 160). Um in einem solchen Verfahren Handlungen vor- bzw. entgegennehmen zu können, müssen diese – abstrakt – Beteiligungsfähigen zudem noch gem. § 12 VwVfG handlungsfähig sein (Rn. 161). Die Frage, wer am konkreten Verwaltungsverfahren tatsächlich beteiligt ist, beantwortet § 13 VwVfG (Rn. 162).

Hinweis

Die Beteiligteneigenschaft ist v.a. im Hinblick auf die im VwVfG enthaltenen Verfahrensrechte (v.a. Anhörung gem. § 28 Abs. 1 VwVfG; Rn. 182 ff.) von Bedeutung.

a) Beteiligungsfähigkeit

160

Die rechtliche Fähigkeit, überhaupt als Subjekt an einem Verfahren vor einer Behörde teilnehmen zu können (Beteiligungsfähigkeit), ist entsprechend der verwaltungsprozessualen Vorschrift des § 61 VwGO in § 11 VwVfG in Anknüpfung primär an die Rechtsfähigkeit geregelt (vgl. auch § 10 SGB X). Danach sind fähig, am Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein:


Nr. 3: Behörden (i.S.v. § 1 Abs. 4 VwVfG; Rn. 47), wobei die verfahrensleitende Behörde allerdings nicht zu den Beteiligten (mit entsprechenden Rechten) gehört (siehe § 13 VwVfG), ist sie doch vielmehr „Herrin des Verfahrens“. Die Behörden handeln nach § 11 Nr. 3 VwVfG in Verfahrensstandschaft für den Rechtsträger, dem sie angehören bzw. dem sie zuzurechnen sind. Ihre Verfahrenshandlungen wirken für und gegen den Rechtsträger, für den sie am Verfahren beteiligt sind.

b) Handlungsfähigkeit

161

Um im Verwaltungsverfahren selbst – aktiv – wirksame Verfahrenshandlungen vornehmen und seitens der Behörde erfolgende Verfahrenshandlungen – passiv – wirksam entgegennehmen zu können, muss der nach § 11 VwVfG Beteiligungsfähige (Rn. 160) handlungsfähig sein, siehe § 12 VwVfG (vgl. auch § 79 AO, § 11 SGB X). Ist er dies nicht, so bedarf er eines Vertreters, welcher wiederum streng vom Bevollmächtigten nach § 14 VwVfG (Rn. 165) zu unterscheiden ist.

Uneingeschränkt handlungsfähig sind nach dem gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG insoweit maßgebenden bürgerlichem Recht (§§ 2, 104 ff. BGB) voll geschäftsfähige natürliche Personen, sofern sie nicht unter Pflegschaft (§§ 1909 ff. BGB) stehen oder im Verfahren nach § 53 ZPO analog (§ 12 Abs. 3 VwVfG) durch einen dafür bestellten Pfleger vertreten werden (vgl. das Beispiel in Rn. 178). Allerdings kann auch ein an sich voll Geschäftsfähiger für bestimmte einzelne Verfahren handlungsunfähig sein, wenn ihm nämlich gerade in diesen die Fähigkeit für ein vernunftgetragenes Verhalten fehlt. Ist die natürliche Person dagegen nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist sie im Verwaltungsverfahren nur insoweit handlungsfähig, als sie für dessen Gegenstand durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts (z.B. §§ 112 f. BGB, nicht aber § 107 BGB) als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts (z.B. § 80 Abs. 1 AufenthG, § 2 Abs. 4 KDVG, § 5 RelKErzG) als handlungsfähig anerkannt wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Umstritten[41] ist, ob die Handlungsfähigkeit darüber hinaus auch in allen sonstigen Fällen der Grundrechtsmündigkeit[42] von Minderjährigen zu bejahen ist. Für juristische Personen und Vereinigungen (Rn. 160) handeln ihre gesetzlichen Vertreter (z.B. Geschäftsführer einer GmbH, § 35 Abs. 1 GmbHG; Vorstand einer AG, § 78 Abs. 1 AktG), d.h. Organe (organschaftliche Vertretung) oder besonders Beauftragte, siehe § 12 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG. Behörden schließlich werden nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte vertreten.

 

c) Beteiligte

162

Wer am konkreten Verwaltungsverfahren beteiligt ist, richtet sich nach § 13 VwVfG (vgl. auch § 78 AO, § 12 SGB X). Dies sind zum einen die kraft Gesetzes Beteiligten, nämlich gem. § 13 Abs. 1 VwVfG


Nr. 1: Antragsteller und Antragsgegner.


Antragsteller ist, wer in eigener Sache mit dem Ziel, den Erlass eines Verwaltungsakts zu erreichen, bei einer Behörde selbst einen entsprechenden Antrag stellt oder durch einen Bevollmächtigten (§ 14 VwVfG) oder Vertreter (§ 16 VwVfG) stellen lässt.[43]


Da das Verwaltungsverfahren nicht kontradiktorisch angelegt ist, ist Antragsgegner nicht etwa die das Verfahren durchführende Behörde (vgl. Rn. 160 a.E.), sondern vielmehr derjenige Dritte, in dessen Rechte nach dem Antrag des Antragstellers der beantragte Verwaltungsakt eingreifen, dessen Rechtsstellung er verändern oder dem gegenüber ein Rechtsverhältnis bzw. einzelne Rechte oder Pflichten durch Verwaltungsakt festgestellt werden soll(en) (Verwaltungsakt mit Drittwirkung; z.B. Konkurrent, gegen den ein ordnungsbehördliches Einschreiten begehrt wird). Ist ein solcher Dritter im konkreten Fall nicht vorhanden, so gibt es keinen Antragsgegner;


Nr. 3: diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (Rn. 94 ff.) schließen will oder geschlossen hat.

163

Neben den vorgenannten „geborenen Beteiligten“ sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG auch diejenigen am Verwaltungsverfahren beteiligt, die nach § 13 Abs. 2 VwVfG „von der Behörde zu dem Verfahren [durch konstitutiv wirkenden, verfahrensrechtlichen Verwaltungsakt] hinzugezogen worden sind“, vgl. auch § 65 VwGO. Gem. § 13 Abs. 2 S. 1 VwVfG „kann“ (Ermessen) die Behörde – auch noch im Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO) – „von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen“ (einfache Hinzuziehung, z.B. Antrag des Grundstückseigentümers auf Aufstellung von Halteverbotsschildern; in diesem Fall kann die Behörde die Nachbarn als Beteiligte hinzuziehen). Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen“ (notwendige Hinzuziehung nach § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG; z.B. Antrag des Grundstückseigentümers auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von nachbarschützenden Vorschriften, sog. Dispens; in diesem Fall ist der Nachbar, in dessen Rechte der Dispens eingreifen würde, notwendig zum Genehmigungsverfahren beizuziehen). Durch die Hinzuziehung erreicht die Behörde, dass sich die Bindungswirkung einer Entscheidung durch Verwaltungsakt nach ordnungsgemäßer Bekanntgabe an den hinzugezogenen Dritten auch auf diesen erstreckt. Umgekehrt erhält der hinzugezogene Dritte sämtliche Rechte und Pflichten eines Verfahrensbeteiligten. Entsprechendes gilt bzgl. einer Regelung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, wenn und soweit der Dritte sich am Vertrag beteiligt oder diesem zugestimmt hat.

164

Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 VwVfG, wonach jemand, der „anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen“, nicht allein schon dadurch zum Beteiligten wird, zielt v.a. auf Behörden, Vereinigungen, Sachverständige etc. ab, deren Anhörung allein den Zweck hat, der Behörde ein umfassendes Bild der für ihre Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte zu vermitteln.

165

Ein (handlungsfähiger) Beteiligter muss nicht persönlich am Verwaltungsverfahren teilnehmen, sondern er „kann“ (nicht: „muss“; vor Behörden besteht demnach grundsätzlich kein Vertretungszwang) sich auch durch einen rechtsgeschäftlich bestellten Bevollmächtigten (v.a. Rechtsanwalt) vertreten lassen bzw. zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen, siehe § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 VwVfG. Ein Beteiligter ohne Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) oder gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. § 9 AO, § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I), Sitz (vgl. § 11 AO) oder Geschäftsleitung (vgl. § 10 AO) im Inland „hat“ nach § 15 S. 1 VwVfG der Behörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen. In den Fällen des § 16 VwVfG wird von Amts wegen ein Vertreter bestellt.